Eindruck der ersten Klimakonferenz der WKO

FacebooktwitterredditpinterestlinkedinmailFacebooktwitterredditpinterestlinkedinmail
Lesedauer 2 Minuten

von Ines Clarissa Schuster – Erfahrungsbericht

Celsius hat diese Woche an der ersten Klimakonferenz der WKO teilgenommen.  Viele top Manager:innen und ganze vier Mitglieder der Bundesregierung waren vertreten, standen auf der Bühne und teilten ihre Meinung (Bundeskanzler Karl Nehammer, Bundesministerin Leonore Gewessler, Bundesminister Martin Kocher, Finanzminister Magnus Brunner). Hier einige unserer Eindrücke der Konferenz:

Vielsagend ist zunächst schon das Timing:  Im Jahr 2022 (!) organisiert die WKO ihre erste (!) Klimakonferenz – und das ausgerechnet in einer Zeit immens steigender Energiepreise.  Ein Zufall?  

Vielleicht war es naiv zu glauben, es würde inhaltlich tatsächlich um den Klimaschutz gehen. Das Programm der Veranstaltung schien vielversprechend. Bereits in der Früh demonstrierten NGOs wie z.B. Fridays4Future vor dem Gebäude, um darauf aufmerksam zu machen, worum es heute gehen soll. Tatsächlich wurde von vielen Rednern erwähnt, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Aktivist:innen ist: Nur gemeinsam können wir die Herausforderung des Klimawandels lösen. 

Das sonstige Gesagte am Podium enttäuschte die Erwartungen allerdings gewaltig. Es wurde wenig über notwendige Maßnahmen gegen den Klimawandel diskutiert. Inhalt war nicht: was konkret getan werden muss, welche Industriezweige wachsen sollten und welche nicht, welche Technologien gebraucht werden, wo Forschung gefördert werden muss, welche Fachkräfte zukünftig ausgebildet / umgeschult werden sollen etc. Stattdessen standen Entscheidungsträger, Wirtschaftsvertreter und top Manager:innen auf der Bühne und verlangten laut und selbstbewusst von der Politik – in den Markt einzugreifen: 

  • Die Energiepreise sind zu hoch!  Es muss eine Energiepreisbremse geben: Einen Deckel. (Darüber, wie genau der Deckel realisiert werden sollte, war man sich allerdings nicht einig). Die Wirtschaft braucht Planungssicherheit und daher stabile Preise.  Klingt logisch, nur dass genau dieselben Menschen vor wenigen Jahren propagiert haben, der Preis bildet sich im gesunden kapitalistischen Wirtschaftssystem durch Nachfrage und Angebot – daher gibt er wieder, was ein bestimmtes Gut wert ist.  Der Markt regelt sich selbst. Manipulierte Preise geben falsche Signale an die Entscheidungsträger.

In diesem Fall stimmt die letztere Annahme. Energie ist wertvoll, ein hoher Preis ist ein riesiger Motivator so energieeffizient wie möglich zu agieren.

  • Die Wirtschaft braucht Zuschüsse und Förderungen vom Staat.  Mit Verweis auf Deutschlands riesige Hilfspakete (der 200 Mrd. “Doppelwumms“) Die Vertreter:innen bei dieser „Klimakonferenz“ wollen vor allem, dass so etwas auch in Österreich kommt, um den Industriestandort wettbewerbsfähig zu halten.

Solche Steuergeschenke für die Reichen wurden beispielsweise umfassend vom Momentum Institut analysiert.

  • Während auf der einen Seite ganz selbstverständlich direkt Geld vom Steuerzahler eingefordert wird, wird andererseits auch darauf bestanden, Bürokratie und die Einflussnahme von Politik zu senken.  Kürzere Genehmigungsverfahren, weniger Umweltschutz, weniger Regulierung, bloß keine zusätzlichen Steuern wie die Übergewinnsteuer, so der Tenor fast aller Sprecher:innen.  Von denselben Akteur:innen hörte man früher: „Wer zahlt schafft an.“ 

Aus unserer Sicht müssen Zuschüsse (von unserem Geld) sowie Preisdeckel an Bedingungen wie mehr Transparenz und Entscheidungsrechte über z.B. Gewinn-Ausschüttungen / Investitionen geknüpft sein.

  • Weitere nachvollziehbare Forderungen der Wirtschaft: Unvoreingenommene Politik im Sinne von Technologie-Offenheit und Ideologie-Freiheit, sowie Tempo bei Entscheidungen und stabile Rahmenbedingungen.

Diesen Punkten kann sich Celsius anschließen.

Fazit

Es ging nur auf dem Etikette ums Klima, die eigentlichen Anliegen der Wirtschaftsvertreter:innen waren:  

  • Unterstützung vom Staat in Form von Zuschüssen und Preisdeckeln
  • Ansonsten möglichst wenig Staat, wenig Regulierung, keine Belastungen … das Übliche.

Es ist erschreckend und beängstigend, wie viel politische Aufmerksamkeit und Macht die Wirtschaftskammer hat. Unter anderem die Ankündigung von WKO Generalsekretär Karlheinz Kopf, dass er gemeinsam mit WKO Präsident Harald Mahrer am nächsten Tag den Finanzminister Martin Kocher persönlich besuchen werde, um nächste Schritte und Entlastungspakete auszuarbeiten, zeigen das riesige Ungleichgewicht der Interessenvertreter. Es ist ganz selbstverständlich, dass Wirtschafsvertreter mit der Politik Regelungen vereinbaren. Aber wie oft haben Vertreter der Umwelt und des Klimas die Möglichkeit gemeinsam mit der Regierung notwendige Normen und Unterstützungsmöglichkeiten zu erarbeiten?

Titelbild: System Change not Climate Change via flickr



FacebooktwitterrssyoutubeinstagramFacebooktwitterrssyoutubeinstagram

US „Inflation Reduction Act“ bringt Milliarden USD für grüne Industrie und Emissionsreduktion um ca. 42 % bis 2030
von Martin Auer

FacebooktwitterredditpinterestlinkedinmailFacebooktwitterredditpinterestlinkedinmail
Lesedauer 3 Minuten

Nach langem Tauziehen hat der „Inflation Reduction Act“ der Biden-Administration am 7. August 2022 den US-Senat passiert. Entgegengestellt hatte sich dem Plan vor allem der demokratische Senator Joe Manchin, Gründer des Unternehmens Enersystems, Inc., das im Bereich Kohlebergbau und Kohleverstromung tätig ist. Da die Demokraten auf seine Stimme unbedingt angewiesen waren, konnte er eine Reihe von Verwässerungen durchsetzen. Vor allem konnte er erreichen, dass neue Bohrrechte für Öl und Gas auf der Bundesregierung unterstehenden Gebieten im Golf von Mexiko und in Alaska vergeben werden1.

Dieses Gesetz soll einerseits neue Steuereinnahmen in Höhe von 739 Mrd. USD bringen, andererseits Ausgaben in Höhe von 370 Mrd. USD für die Bekämpfung des Klimawandels und die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit bewilligen. Der Rest soll der Verringerung des Budgetdefizits dienen. Eine vorläufige Analyse durch das REPEAT-Projekt (Rapid Energy Policy Evaluation and Analysis Toolkit) der Princeton-Universität2 gibt eine positive Einschätzung der Klimawirkungen, auch wenn das Gesetz hinter den Erfordernissen des Netto-Null-Plans der Biden-Administration noch weit zurückbleibt.

Laut Hauptautor Jesse Jenkins von der Princeton University würde das Gesetz die Senkung der US-Emissionen bis 2030 um ca. 42 Prozent im Vergleich zu 2005 bringen und so bis zwei Drittel der Arbeit erledigen, die zur Erreichung des Netto-Null-Zieles bis 2050 notwendig ist. Indem es die Kosten für saubere Energie weiter senken würde, würde es Bundesstaaten und Städten leichter machen, eigene Klimamaßnahmen zu setzen und so zur Schließung der Emissionslücke beizutragen3.

Der Inflation Reduction Act würde laut der Studie im Vergleich zum gegenwärtigen Pfad die jährlichen Emissionen der USA bis 2030 um eine Milliarde Tonnen reduzieren. Dadurch würde er zwei Drittel der Emissionslücke zwischen der gegenwärtigen Politik und dem Ziel der Halbierung der Emissionen bis 2030 schließen. Die USA wären damit immer noch eine halbe Milliarde Tonnen CO2e von ihrem Klimaziel entfernt, der Halbierung der Emissionen bis 2030 (im Vergleich zu 2005).

Die Reduktion der Emissionen soll vor allem durch beschleunigten Ausbau sauberer Elektrizität und die Förderung der Elektromobilität geschehen. Dadurch sollen jeweils 360 Millionen und 280 Millionen Tonnen CO2e eingespart werden. Das Gesetz bietet auch steuerliche Anreize für Investitionen in Energieeffizienz und CO2-Sequestriereung in der Industrie, was weitere 130 Millionen Tonnen einsparen soll. Laut Jenkins soll dadurch in den Industrien mit den höchsten Emissionen wie Stahl- und Zementproduktion und Raffinerien das Einfangen und Speichern des bei den Prozessen entstehenden CO2 praktikabel werden.

Steuernachlässe, Steuergutschriften und Subventionen sollen die Elektrifizierung und Energieeffizienz von Gebäuden fördern. Die Reduktion von Methanemissionen im Öl- und Gassektor soll durch eine Methangebühr aber auch durch Subventionen erreicht werden. Schutzmaßnahmen in der Land- und Forstwirtschaft und Maßnahmen zur natürlichen Kohlenstoffspeicherung werden ebenfalls gefördert.

Durch das Gesetz sollen die Energiekosten in den USA bis 2030 um 4% sinken. Elektrische und Null-Emissions-Fahrzeuge sowie Wärmepumpen und Investitionen in Energieeffizienz sollen sowohl für Unternehmen wie für Haushalte billiger werden. Verringerter Verbrauch von Ölprodukten und Erdgas sollen die Rohölpreise um 5% und die Erdgaspreise um 10 bis 20% senken. Das Wachstum der Kapazität von Windanlagen könnte sich verdoppeln und das von Solaranlagen verfünffachen.

Die Studie veranschlagt, dass der Inflation Reduction Act im nächsten Jahrzehnt Investitionen im Wert von 3.500 Mrd USD in neue Energieinfrastruktur anstoßen wird, vor allem in Windkraft- und Solaranlagen, aber auch in die Produktion von Wasserstoff und in die Bereitstellung von Komponenten für saubere Energie wie Batterien oder die Gewinnung und Verarbeitung kritische Minerale.

Ein Paket von 60 Mrd. USD soll Klimagerechtigkeit fördern. Dazu gehören Programme zur Reduktion der Luftverschmutzung in einkommensschwachen Gebieten, Ersetzung von schmutzigen Schwerfahrzeugen wie Müllabfuhr oder Stadtbussen durch Null-Emissions-Fahrzeuge und die Verbesserung der Raumluft in Schulen in einkommensschwachen Gebieten. Ein Fonds von 27 Mrd USD soll benachteiligten Communities Zugang zu sauberer Energie bringen.

Der Report macht keine Erwähnung von möglichen Rebound-Effekten, also durch verbilligte saubere Energie verursachten höheren Verbrauch an Energie und Rohstoffen.

In der Einleitung wird betont, dass alle Ergebnisse vorläufige Schätzungen sind und durch weitere Studien aktualisiert werden können.

Gesichtet: Markus Palzer-Khomenko
Titelfoto: Bosox4duke via Wikipedia, CC BY-SA


1 https://www.bloomberg.com/news/articles/2022-07-28/manchin-deal-mandates-oil-and-gas-lease-sales-in-gulf-and-alaska

2 Jenkins, J.D., Mayfield, E.N., Farbes, J., Jones, R., Patankar, N., Xu, Q., Schivley, G., “Preliminary Report: The Climate and Energy Impacts of the Inflation Reduction Act of 2022 ,” REPEAT Project, Princeton, NJ, August 2022. Online: https://repeatproject.org/docs/REPEAT_IRA_Prelminary_Report_2022-08-04.pdf

3 https://governorswindenergycoalition.org/how-the-new-climate-bill-would-reduce-emissions/



FacebooktwitterrssyoutubeinstagramFacebooktwitterrssyoutubeinstagram

Bäume verbrennen ist nicht nachhaltig
von Martin Auer

FacebooktwitterredditpinterestlinkedinmailFacebooktwitterredditpinterestlinkedinmail
Lesedauer 5 Minuten

Am 17. Mai stimmte der Umweltausschuss des Europaparlaments über einen Vorschlag zur Überarbeitung der Verordnung über Landnutzung und Forstwirtschaft und der Richtlinie über erneuerbare Energie ab1. Laut diesem Entwurf soll die Energiegewinnung aus „primärer holzartiger Biomasse“ nicht mehr als nachhaltig gelten. Gemeint sind damit Bäume, die zur Energiegewinnung gefällt werden. Diese Form der Energieerzeugung aus Biomasse könnte dann nicht mehr von Förderungen für erneuerbare Energien profitieren, sondern wäre der CO2-Bepreisung unterworfen.

Ausgenommen wäre „sekundäre holzartige Biomasse“, also Abfälle, die bei anderen Arten der Holznutzung entstehen, wie Sägespäne, Rinde, Schwarzlauge aus der Papierherstellung und Abfälle bei der Holzgewinnung wie Äste und Wipfel.

Freilich ist noch unklar, ab das Europäische Parlament sich diesem Entwurf anschließen wird. Martin Pigeon, Wald- und Klimabeauftragter der Umweltorganisation Fern: „Die Bioenergiebranche ist vor allem dank dieser Anreize gewachsen und wird sich gegen diese Begrenzung ihres Angebots heftig wehren. Dabei kann sie leider auf die Unterstützung einiger verbündeter EU-Regierungen zählen, wie beispielsweise die der derzeitigen Regierungen Schwedens, Finnlands oder Österreichs.“2

„Bäume verbrennen ist nicht nachhaltig
von Martin Auer
weiterlesen


FacebooktwitterrssyoutubeinstagramFacebooktwitterrssyoutubeinstagram

Aussetzung der CO2-Steuer ist keine Hilfe für Menschen mit geringem Einkommen
Stellungnahme des Climate Change Center Austria

FacebooktwitterredditpinterestlinkedinmailFacebooktwitterredditpinterestlinkedinmail
Lesedauer 2 Minuten

In den vergangenen Wochen haben verschiedene Parteien und Organisationen eine Aussetzung oder Verzögerung der wichtigsten Komponente einer öko-sozialen Steuerreform gefordert: die Steuer auf klimaschädliche CO2-Emissionen und die Rückvergütung der Einnahmen an alle Haushalte als Klimabonus.

Maßnahmen zur sozialen Abfederung der hohen Energiepreise und des Inflationsdrucks sind aus menschlicher, aber auch aus sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht zweifellos dringend notwendig. Allerdings trägt die Aussetzung dieser klimapolitischen Maßnahme als Reaktion auf hohe Energiepreise und Inflation nicht dazu bei. Dies beruht auf drei groben Missverständnissen:

„Aussetzung der CO2-Steuer ist keine Hilfe für Menschen mit geringem Einkommen
Stellungnahme des Climate Change Center Austria
weiterlesen


FacebooktwitterrssyoutubeinstagramFacebooktwitterrssyoutubeinstagram

1 Jahr nach dem Referenz-Klimaplan der Wissenschaft – Wo steht Österreich mit seiner Klimapolitik?

FacebooktwitterredditpinterestlinkedinmailFacebooktwitterredditpinterestlinkedinmail
Lesedauer < 1 Minute

Am 9. September 2019 stellte die wissenschaftliche Community den von ihr als Referenz ausgearbeiteten Nationalen Energie- und Klimaplan (Ref-NEKP) für Österreich vor, der darlegt wie unser Land seinen Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele gewährleisten kann, wie der Übergang zu einer nahezu treibhausgasemissionsfreien und klimarobusten Wirtschaft und Gesellschaft gelingen kann. Auf welchem Weg befindet
sich Österreich seit damals, was ist zur Bewältigung der Klimakrise geboten?

Corona hat die globale Erwärmung nur minimal beeinflusst, die klimapolitische Arbeit aber
stark überlagert!
Die erforderliche strukturelle Umstellung der österreichischen Wirtschaft
ist im Herbst 2020 gebotener denn je.


Lesen Sie die gesamte Presseaussendung des CCCA vom 9. September 2020.



FacebooktwitterrssyoutubeinstagramFacebooktwitterrssyoutubeinstagram