Die Zukunft der Energieversorgung: dezentral und erneuerbar

Lesedauer 2 Minuten.   

„Die Energiewende braucht nicht nur motivierte und gut ausgebildete Menschen, denen eine nachhaltige Gesellschaft am Herzen liegt, sondern auch entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen sowie den Rückhalt politischer Akteure.“ (Dr.techn. Erwin Reichel, promovierter Mechatroniker, koordiniert und initiiert Projekte der Wasserstoff Vorzeigeregion WIVA P&G (wiva.at) und ist ehrenamtlich bei der Klima-Allianz OÖ tätig.))

Für eine gesicherte Energieversorgung wird es zukünftig einen klugen Mix aus emissionsfreien Energieträgern und Speicherlösungen geben müssen. Versuche, wie dezentrale Energieversorgungssysteme in OÖ gestaltet werden können, befinden sich zum Teil in Umsetzung und müssen massiv ausgebaut werden.

Wie versorgen wir uns in Zukunft mit Energie? Den nötigen Ausstieg aus fossilen Energieträgern stellt mittlerweile niemand ernsthaft mehr in Frage. Laut Klima-Allianz OÖ benötigt es in den nächsten sieben Jahren jährliche Einsparungen von mindestens sieben Prozent der Treibhausgasemissionen in Oberösterreich (im Vergleich zum Jahr 2005) um die erforderlichen Klimaziele zu erreichen. Die einzig saubere Lösung ist der Übergang zu 100% erneuerbaren Energien wie Photovoltaik, Windkraft, Wasserkraft und Biomasse, die in regional zur Verfügung stehen. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: die Energie wird dort erzeugt, wo sie verbraucht wird, und es entstehen keine Treibhausgasemissionen.


Transformationsszenario zum Ausstieg aus fossiler Energie in Oberösterreich bis 2040

Eine Herausforderung besteht dabei in der unterbrechungsfreien Versorgung. Die Sonne scheint und der Wind weht nicht immer. Intelligente elektrische Verbraucher könnten einen Teil der Energie in Akkus selbst speichern, um kürzere Unterbrechungen zu überbrücken. Für hauseigene PV-Anlagen werden Heimspeicher immer beliebter und erlauben einen hohen Grad an Selbstversorgung. Auch E-Autos können ihre Batterie als Puffer zur Verfügung stellen. Im Stromnetz kommen auch immer mehr Großspeicher zum Einsatz. Allerdings sind diese in der Kapazität immer begrenzt.

Wasserstoff als saisonale Speicherlösung

Um die saisonalen Schwankungen auszugleichen, sind andere Speicherlösungen gefragt. Eine Versuchsanlage ist vor kurzem in Gampern im Bezirk Vöcklabruck in Betrieb genommen worden. Dort wird Strom aus Sonnenenergie verwendet, um Wasser mit einer Elektrolyseanlage zu spalten. Der Wasserstoff wird, wie in großen Gasspeichern, in tiefliegendes poröses Gestein gepumpt. Dieser kann in den Wintermonaten wieder zurückgeholt werden und in Strom umgewandelt werden, am besten unter Nutzung der dabei entstehenden Abwärme.

Reallabor soll dezentrale Energiesysteme testen

Zusätzlich zu saisonalen Speicherlösungen sind neuartige, kleinere Energiesysteme in Verbrauchernähe nötig, wie sie im Rahmen eines Reallabors für 100% Erneuerbare Energien im Raum südlich der Traun von 19 Gemeinden gemeinschaftlich erprobt werden sollen (Projekt eingereicht). „Viele dort ansässige landwirtschaftliche Betriebe setzen jetzt schon auf große PV-Anlagen, und würden gerne noch größere in Betrieb nehmen. Allerdings hinkt der Ausbau Stromnetzes hinterher“ berichtet Dr. Erwin Reichel von WIVA P&G. Eine Lösung besteht in sogenannten Microgrids, also kleinen, eigenständigen Netzen, die dank moderner Leistungselektronik die Integration von Batteriespeichern, Elektrolyseanlagen oder Verbrauchern wie E-Ladestationen ermöglichen. Besonders naheliegend wäre der Betrieb eines solchen lokal abgegrenzten Stromnetzes entlang von Autobahnen, da hier in Zukunft großer Bedarf an elektrischer Energie für das Laden von E-Fahrzeugen entstehen wird und gleichzeitig die Flächen für Photovoltaik vorhanden sind. Wasserstoff nimmt dabei eine zentrale Rolle ein, da dieser einerseits als effizienter Energiespeicher mit hoher Kapazität, andererseits direkt für LKWs, Busse und schwere Nutzfahrzeuge als Energieträger eingesetzt werden kann.

In Zukunft wird es also nicht eine Konkurrenz der emissionsfreien Energieträger geben, sondern sinnvolle Synergien – den jeweiligen lokalen Anforderungen entsprechend.


Landschaft im Gebiet des geplanten Reallabors 100% Erneuerbare Energien nahe der Westautobahn

Weiterführende Informationen:

Wasserstoff Vorzeigeregion WIVA P&G: www.wiva.at

Klima-Allianz Oberösterreich: klimaallianz-ooe.at

Projekt Underground Sun-Storage 2030: www.uss-2030.at

Klima- und Energiefonds: www.klimafonds.gv.at

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Energiestrategie 2040 der Klimaallianz Oberösterreich

Lesedauer 4 Minuten.   

Erwin K. Reichel, Scientists4Future Regionalgruppe OÖ

Wenn die in der oberösterreichischen Klima- und Energiestrategie [1] festgehaltenen Ziele einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 48% bis 2030 ernstgenommen werden, dann sind, neben Energiesparmaßnahmen von mindestens 10% auch entsprechende Ausbaupläne für erneuerbare Energien vorzulegen. Hier wird ein quantitatives Szenario präsentiert, das die Energiewende bis 2040 abbildet. Ausgegangen wird von den Daten aus dem letzten veröffentlichten Energiebericht OÖ [2].

Wird vorwiegend auf Photovoltaik (PV) gesetzt, sind für diese Ziele etwa 13000 Hektar an Fläche und 1200 neue Windkraftanlagen bis 2030 notwendig. Das entspricht einem Investitionspaket von ca. 30 Milliarden Euro. Dagegen können die von Landeshaupthauptmann Stelzer [3] angekündigten 135 Millionen Euro nur als Anschubfinanzierung verstanden werden. Viel wichtiger wäre es von Landesseite aber, die strikten Richtlinien für Windkraft und PV-Freiflächen umgehend anzupassen, um es privaten Geldgebern wie ambitionierten Landwirtschaftsbetrieben zu ermöglichen, nachhaltig zu investieren.

Eine gesicherte und saubere Energieversorgung ist nicht nur für den Erhalt der Lebensqualität notwendig, sondern besonders für die Sicherung des Industriestandortes. Wünschenswert wäre eine klare Aufforderung der Unternehmen an die Landesregierung, hier für eine entsprechende Planungssicherheit zu sorgen. Der zukünftige Bedarf ist der energieintensiven Industrie bestens bekannt. Obwohl ein Teil davon durch den Import nachhaltiger Energieträger wie grünem Wasserstoff abgedeckt werden kann, ist die daraus entstehende Abhängigkeit nachteilig für die inländische Wertschöpfung und die Resilienz gegenüber globalen Krisen. Ein zunehmender Import von Strom aus nicht nachhaltiger Erzeugung wie Atomkraft ist aus denselben Gründen strikt abzulehnen. Dass eine Versorgung der Industrie mit 100% Erneuerbaren möglich ist, wurde bereits 2019 vom Austrian Institute of Technolog (AIT) publiziert [4].

Betrachtet wird der Verbrauch aller Energieträger (Bruttoinlandsverbrauch) – die Umwandlung zu Strom hat einen Anteil von etwa 21% [2]. Im hier gezeigten Transitionsszenario wird von einer praktisch vollständigen Ausphasung (<5%) fossiler Energieträger bis 2040 ausgegangen. Zusätzlich wird die Annahme getroffen, dass durch Effizienzgewinne synergetisch integrierter Energiesysteme eine Einsparung von mindestens 15% erreicht wird.

Die Aufteilung unter den erneuerbaren Energieformen ist mit großen Unsicherheiten behaftet. Es wäre etwa nachhaltiger, die Raumwärme noch stärker mit elektrisch betriebenen Wärmepumpen als mit Biomasseheizungen zu decken. Allerdings stellt sich die Frage, wie im Winter der ohnehin schon steigende Bedarf an Strom zur Verfügung gestellt werden kann.

Hier wird ein Szenario skizziert, bei dem sich der Zubau zwischen PV und Wind im Verhältnis 70:30 aufteilt, siehe Abbildung 1. Dies ist dadurch motiviert, dass der Ausbau der Windkraft in Oberösterreich teils mit sehr irrationalen politischen Argumenten blockiert wird, wohingegen PV grundsätzlich positiv gesehen wird. Allerdings ist anzumerken, dass dadurch das saisonale Erzeugungsprofil stärker vom Verbrauchsprofil abweicht, was sich ungünstig auf den Speicherbedarf auswirkt. Derzeit steht als Speichertechnologie primär die unterirdische Einlagerung von elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff zur Verfügung, die allerding auch erst erprobt wird, [5]. Saisonale Wärmespeicher können ebenfalls einen nennenswerten Beitrag leisten.

Abbildung 1: Transitionsszenario für die Energieversorgung Oberösterreichs (70:30 Aufteilung von Windkraft und Photovoltaik), mit dem Ziel der Klimaneutralität 2040

Ein auf erneuerbarer Energie basierendes Energiesystem muss aufgrund der volatilen Erzeugung bei PV und Windkraft entsprechende Speicherkapazitäten aufweisen. Die Detailplanung von Speichern im Stromsystem ist komplex, da hier die zeitlichen und örtlichen Schwankungen und die Verbrauchsmuster aufeinander abgestimmt werden müssen, um eine Stabilität zu garantieren. Zum Speichern muss Strom in andere Energieformen umgewandelt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder ins Netz eingespeist werden. Spontane Lastschwankungen werden derzeit mit rotierenden Massen ausgeglichen. Elektrochemische Speicher wie Batterien oder Redox-Flow-Speicher können Engpässe in der Erzeugung über Stunden ausgleichen. Spitzen im täglichen Verbrauch werden derzeit durch Pumpspeicherkraftwerke kompensiert. Saisonal wird Energie derzeit in unterirdischen Gasspeichern eingelagert. In Zukunft können diese mit Wasserstoff, Biomethan oder aus CO2 mithilfe von Methanisierung hergestelltem grünen Gas befüllt werden. Die Umwandlungsverluste nehmen in dieser Aufzählung der Reihe nach zu, jedoch auch die Speicherkapazität. Diese Verluste sollten möglichst in die Wärmeversorgung integriert werden. Eine Optimierung des gekoppelten Gesamtsystems garantiert eine höchstmögliche Effizienz.

In Abbildung 2 ist einerseits ein generischer Verlauf der saisonalen Schwankungen in der Erzeugung gemeinsam mit dem Verbrauchsprofil und dem Speicherstand für zwei Fälle dargestellt. Im obigen Szenario mit einem hohen PV-Anteil ist ein Speicherbedarf von etwa 10 TWh notwendig. Dieser würde sich in einem Szenario mit mehr Windkraft etwa halbieren.

Abbildung 2: Saisonaler Speicherbedarf in erneuerbaren Szenarien: Links in einem vorwiegend auf PV basierenden Energiesystem, rechts mit mehr Windkraft – wo sich der saisonale Speicherbedarf etwa halbiert.

Der hier dargestellt Vorschlag beruht auf dem Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 und einer möglichst hohen Autarkie im oberösterreichischen Energiesystem. Der Import von erneuerbaren Energieträgern wie Wasserstoff ist nicht dargestellt. Dieser kann berücksichtigt werden, indem dieser andernorts aus PV und Windkraft hergestellt wird und über die derzeit für Erdgas genutzten PipelineInfrastruktur nach Österreich gelangt. Nennenswerte Kapazitäten dafür gibt es allerdings noch nicht, so dass diese Möglichkeit mit erheblichen Risiken verbunden ist. Eine langfristig realistische Größenordnung ist der Import von ca. 150000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr für den Verbrauch in der oberösterreichischen Industrie. Das würde etwa ein Drittel des Bedarfs bei gleichbleibender Produktion von Stahl und Düngemittel decken.

Literaturverzeichnis

[1] Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Umweltschutz, „DIE Oberösterreichische Klima- und Energiestrategie,“ 2022. [Online]. Available: https://www.landoberoesterreich.gv.at/287726.htm.

[2] O. Energiebericht, „Energiesparverband,“ 2021. [Online]. Available: https://www.energiesparverband.at/fileadmin/esv/Broschueren/weitere-downloads/2021- Energiebericht.pdf.

[3] Landeskorrespondenz, „Presseaussendung vom 28.4.2023,“ 2023. [Online]. Available: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/295722.htm.

[4] AIT Center for Energy, „IndustRiES – Energieinfrastruktur für 100% Erneuerbare Energie in der Industrie,“ 2019. [Online]. Available: https://www.klimafonds.gv.at/wpcontent/uploads/sites/16/Studie_IndustRiES-2019_RZ.pdf.

[5] WIVA P&G, „Underground Sun Storage 2030,“ 2021. [Online]. Available: https://www.wiva.at/project/uss2030/.

[6] Umweltbundesamt, „GHG Projections and Assessment of Policies and Measures in Austria,“ 2019. [Online]. Available: https://www.umweltbundesamt.at/studienreports/publikationsdetail?pub_id=2318

Anhang: Jährliche Ausbauziele

Im dargestellten Szenario müssen bis 2030 mindestens 11 GW PV zusätzliche Leistung in Oberösterreich installiert werden, bis 2040 etwa 23 GW. An Windkraft ist in diesem Szenario ein Ausbau bis 2030 von 3 GW notwendig, das entspricht 600 Windturbinen mit jeweils 5 MW Leistung. Bis 2040 sollen insgesamt etwa 5 GW Leistung, also insgesamt 1000 Windturbinen errichtet werden. Ein vorgeschlagener Pfad für diese Ausbauziele ist in Tabelle 1 angeführt.

Jahr PV-Zubau / MW Windkraft-Zubau / MW
2023703151
2024888191
20251100237
20261330286
20271561336
20281770381
20291931416
20302019434
20312019434
20321931416
20331770381
20341561336
20351330286
20361100237
2037888191
2038703151
2039548118
Tabelle 1: Jährliche Ausbauziele für PV und Windkraft in Oberösterreich
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