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23. Juni 2022
mit
Prof. Dr. Klaus Dörre, Universität Jena, Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie
Dr. Halliki Kreinin, Universität Münster, ökologische Ökonomie, nachhaltige Arbeit
Dr. David Mum, Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp), Leiter der Grundlagenabteilung
Moderation: Martin Auer, Scientists for Future
Online über Zoom: https://jku.zoom.us/j/99132111924
Nachhaltiger Konsum bedeutet nicht nur, nachhaltige Produkte zu konsumieren, sondern auch, weniger zu konsumieren. Doch wie wirkt sich das auf die Arbeit der Menschen aus, die produzieren, was wir konsumieren, und die es im Handel verteilen? Wie kann nachhaltige Arbeit aussehen? Und wie eine Wirtschaft, die nicht immer mehr, besser, schneller produziert, sondern einfach "genug"?
Die Nachhaltigkeitsbewegung sagt den Menschen zum Beispiel: Tragt eure Kleidung länger, kauft keine Sachen, die ihr dann gar nicht anzieht. Was bedeutet das aber für die Verkäuferin bei H&M? Wenn die Menschen dem Aufruf der Klimaschützer:innen folgen würden, würden sie viel weniger oft shoppen gehen. Dann würde die Verkäuferin vielleicht nicht mehr gebraucht. Sie müsste zittern, ob sie oder ihre Kollegin "freigestellt" wird. Warum sollte die Verkäuferin also beim Klimastreik mitgehen?
Die Nachhaltigkeitsbewegung ist sich einig: Es dürfen in Zukunft nicht mehr so viele Autos fahren. Auch nicht, wenn sie elektrisch sind. In Österreich sind 150 Unternehmen mit 30.000 Beschäftigten direkt in der Fahrzeugindustrie tätig. Insgesamt hängen rund 370.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt von der Automobilwirtschaft und deren Zulieferern ab. Was also sagen wir diesen Menschen? Warum sollen sie sich uns anschließen?
"Grünes Wachstum" ist das große Schlagwort: Produktionen sollen umweltfreundlich gestaltet werden, umweltfreundliche Konsumgüter sollen weiter in immer größerer Menge zu haben sein, Arbeitsplätze und Einkommen dadurch gesichert werden. Nur gibt es keine Anzeichen dafür, dass grünes Wachstum tatsächlich stattfindet. Zunehmende Energie- und Materialeffizienz führt zu einer relativen Entkopplung des Ressourcenverbrauchs vom Wirtschaftswachstum, aber nicht, wie es notwendig wäre, zu einer absoluten Entkopplung.
Wie aber sieht eine Wirtschaft, eine Gesellschaft ohne Wachstum aus? Kann sie das "Gute Leben für alle" gewährleisten? Welche Narrative gibt es da, welche Erzählungen, die Menschen begeistern können? Welche konkreten Utopien? Und wie kommen wir von hier nach dort? In kleinen Schritten? Durch eine radikale Umwälzung?
Um zu einer Postwachstumsgesellschaft zu gelangen, müssen wir wissen, was die Treiber dieses rasanten Wachstums in den letzten 200 Jahren waren. Der Wunsch der Regierungen, die Armut zu bekämpfen? Der Wunsch der KonsumentIinnen nach immer mehr Gütern? Die Gier einzelner Unternehmer*innen nach immer größerem Reichtum? Oder die inneren Gesetzmäßigkeiten einer Wirtschaft, die auf Konkurrenz beruht?
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