Kumulierte Emissionen: Treibhausgas-Ausstoß entlang der gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigen

Lesedauer 3 Minuten.   

Von Claudia Kettner-Marx und Mark Sommer

Für die Erreichung der Klimaziele ist eine umfassende Transformation in Richtung einer klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise unerlässlich. Dafür ist ein breites Verständnis der kumulierten Emissionen entlang von Wertschöpfungsketten erforderlich. Das stellt sicher, dass Emissionsreduktionsmaßnahmen einzelner Sektoren im Gesamtkontext mit den Klimazielen vereinbar sind. Auch wird gezeigt, wo Emissionsreduktionsmaßnahmen im Inland und wo internationale Anstrengungen erforderlich sind. Eine WIFO-Studie schätzt die kumulierten Treibhausgasemissionen ausgewählter österreichischer Sektoren ab.

Es gibt unterschiedliche Ansätze, um die Treibhausgasemissionen eines Landes zu messen

Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden, die EU strebt Netto-Null-Emissionen bis 2050 an. Diese Ziele basieren auf der traditionellen Treibhausgasberichterstattung nach der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Diese herkömmliche Erfassung von Treibhausgasemissionen bezieht sich auf die Emissionen, die von Akteuren wie Unternehmen oder Haushalten innerhalb eines Landes verursacht werden (produktionsbasierte Treibhausgasemissionen). Eine andere Perspektive stellt die Erfassung von konsumbasierten Treibhausgasemissionen (auch „CO2-Fußabdruck“ genannt) dar. Dieser Zugang erfasst alle Emissionen, die durch den Konsum der Bevölkerung eines Landes entstehen, unabhängig davon, ob sie im In- oder Ausland anfallen. Eine weitere Betrachtungsweise fokussiert auf die kumulierten Treibhausgasemissionen von Gütergruppen entlang ihrer Wertschöpfungsketten. Hier können neben den direkten Emissionen in der Produktion auch die energiebedingten Emissionen (insbesondere Emissionen aus der fossilen Stromerzeugung) sowie andere Emissionen, die in der Herstellung von Vorleistungen entstehen, berücksichtigt werden.

Ermittlung der kumulierten Treibhausgasemissionen für vier ausgewählte Sektoren in Österreich

Im Rahmen einer WIFO-Studie im Auftrag der AK Niederösterreich wurden die kumulierten Treibhausgasemissionen von vier ausgewählten Sektoren abgeschätzt. Diese Sektoren umfassen die Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung, den Bau, die Herstellung von Kraftwagen und -teilen sowie Erziehung und Unterricht. Die Abschätzung erfolgte entlang ihrer Wertschöpfungsketten für das Jahr 2018 mit dem WIFO-Modell DEIO. Dabei wurden sowohl die direkt bei der Produktion bzw. Dienstleistungen anfallenden Treibhausgasemissionen als auch die indirekten, mit den Vorleistungen verbundenen Treibhausgasemissionen und die einkommensinduzierten Treibhausgasemissionen berücksichtigt. Die Ergebnisse zu den kumulierten Emissionen der vier Sektoren sind in der Grafik unten dargestellt.

Grafik: Kumulierte Treibhausgasemissionen  © A&W Blog

Unterschiedliche sektorale Emissionsprofile

Im Vergleich unterscheiden sich die kumulierten Emissionen der vier Sektoren sowohl in Hinblick auf das Niveau als auch auf die Zusammensetzung deutlich. Der Sektor Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung wies 2018 mit 16,5 Mio. Tonnen CO2 die höchsten kumulierten Emissionen auf, gefolgt vom Bausektor mit 10,9 Mio. Tonnen CO2. In den Sektoren Herstellung von Kraftwagen und -teilen bzw. Erziehung und Unterricht fielen kumulierte Emissionen von 4,3 bzw. 1,6 Mio. Tonnen CO2 an.

Die Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung sticht auch in Hinblick auf die Zusammensetzung der kumulierten Emissionen hervor: Hier lag der Anteil der direkten Emissionen 2018 bei 63 Prozent, während die Anteile in den übrigen Sektoren zwischen 2 und 8 Prozent betrugen. Demgegenüber wies der Bausektor den höchsten Anteil der indirekten inländischen Emissionen (39 Prozent) auf. Im Sektor Erziehung und Unterricht zeichneten die energiebedingten Emissionen für mehr als 90 Prozent der inländischen Emissionen verantwortlich, in den Kfz- und Bausektoren für je rund zwei Drittel. Nur in der Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung spielten die energiebedingten Emissionen mit einem Anteil von weniger als einem Viertel eine untergeordnete Rolle bei den inländischen Emissionen. Das zeigt die unterschiedlichen Potenziale für Emissionsreduktionen durch einen Shift zu erneuerbaren Energieträgern in den einzelnen Sektoren auf. Mit Ausnahme des Sektors Erziehung und Unterricht, in dem der Anteil der induzierten Emissionen 2018 rund 27 Prozent betrug, ist diese Emissionskategorie mit 1 bis 5 Prozent der kumulierten Emissionen nur von untergeordneter Bedeutung. Auch der Anteil der importierten Emissionen unterschied sich zwischen den vier Sektoren stark: Im Kfz-Sektor lag er bei rund drei Vierteln, in den Sektoren Bau sowie Erziehung und Unterricht jeweils bei knapp der Hälfte und in der Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung bei rund einem Viertel.

Internationale Handelsverflechtungen und ihre Bedeutung für Treibhausgasemissionen

Bezüglich des Anteils der exportbedingten Emissionen unterschieden sich die Sektoren beträchtlich. Während Exporte als Treiber der Emissionen im Bauwesen und im Sektor Erziehung und Unterricht kaum eine Rolle spielten, zeichneten sie bei der Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung für rund zwei Drittel der kumulierten Emissionen und bei der Herstellung von Kraftwagen und -teilen für etwa drei Viertel verantwortlich. Diese Unterschiede verdeutlichen, dass nachfrageseitige Maßnahmen für diese beiden Sektoren in Bezug auf die Reduktion von Treibhausgasemissionen nur ein begrenztes Potenzial haben.

Die Analyse unterstreicht die große Relevanz internationaler Handelsverflechtungen für die Entstehung von Treibhausgasemissionen und die sektoralen Unterschiede in den Emissionskategorien. Einerseits gibt es Sektoren, in denen die heimische Nachfrage die Gesamtemissionen maßgeblich bestimmt (wie die Sektoren Bauwesen sowie Erziehung und Unterricht); anderseits gibt es Sektoren, wo sowohl der importierte Anteil der Emissionen als auch die Exportnachfrage eine zentrale Rolle spielen (wie in der Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung). Besonders in Hinblick auf letztere Sektoren ist eine globale Klimapolitik bzw. internationale Bepreisung von Treibhausgasemissionen erforderlich, um die Klimaziele zu erreichen.

Claudia Kettner-Marx ist Ökonomin am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), Forschungsgruppe Klima-, Umwelt- und Ressourcenökonomie. 

Mark Sommer ist Ökonom am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), Forschungsgruppe Klima-, Umwelt- und Ressourcenökonomie. Er ist Experte in der Modellierung von multisektoralen makroökonomischen Modellen und Energiesystemen.

Der Beitrag ist unter der Lizenzm CC BY-SA 4.0 im A&W Blog erschienen.

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Nur vier Streitkräfte melden ihre militärischen Emissionen

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Einer Schätzung zufolge ist das Militär für 5,5 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die wahren Zahlen halten die meisten Streitkräfte jedoch streng geheim. Im Jahr 2023 waren Deutschland, Großbritannien, die USA und Norwegen die einzigen Streitkräfte, die im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung ihre CO2-Emissionen gemeldet haben. Einige haben versprochen, die Emissionen drastisch zu senken – die NATO hat sich verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu sein –, aber ohne Transparenz wird es schwierig sein, Fortschritte zu verfolgen.

Quelle: Context

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Die 10 größten Exporteure von Emissionen aus fossilen Brennstoffen

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Auf der COP29 ist der Einfluss der fossilen Brennstoffindustrie allgegenwärtig. Climate Action Tracker wirft in einem aktuellen Blogbeitrag einen Blick auf die zehn Länder, die für etwa 60 % der weltweiten Emissionen aus exportierten fossilen Brennstoffen verantwortlich sind:

Russland hat den größten absoluten Beitrag zu den exportierten Emissionen, mit erheblichen Mengen an Öl- und Gasexporten sowie Kohle. Australien und Indonesien stechen durch ihre großen Kohleexporte hervor; die USA verursachen den größten Anteil der Emissionen aus Gasexporten und Saudi-Arabien aus Ölexporten.

Die sechs führenden Länder (Russland, Australien, USA, Indonesien, Saudi-Arabien und Kanada) repräsentieren 50 % der gesamten exportierten Emissionen. Diese Länder spielen eine Schlüsselrolle bei der Ermöglichung eines schnellen Übergangs weg von fossilen Brennstoffen. Während die Käufer dieser Brennstoffe die Nachfrage reduzieren müssen, ist das Geschäftsmodell des Exports fossiler Brennstoffe nicht im Einklang mit dem Ziel des „transitioning away“ von fossilen Brennstoffen.

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State of the Climate: Wir steuern immer noch auf 2,7°C zu

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Der jährliche Report State of the Climate untersucht 35 Vitalparameter des Planeten. Laut dem jüngsten Report haben im letzten Jahr 25 davon Rekordhöhen erreicht – in Richtung zum Schlechteren. Hier nur eine Übersicht über die wichtigsten Zahlen:

Die durchschnittliche menschliche Fruchtbarkeit ist zwar im Jahr 2023 etwas gesunken, aber die Weltbevölkerung ist um 200.000 pro Tag gestiegen, die Zahl der Wiederkäuer pro Tag um 170.000. Die Fleischproduktion pro Kopf ist weiter im Steigen, ebenso das globale GDP.

Der Verbrauch von fossilen Brennstoffen ist um 1,5 % gestiegen, davon Kohle um 1,6 % und Öl um 2,5 %. Erneuerbare Energien wachsen schneller − 2023 um 15 % . Aber es ist nicht so, dass Erneuerbare bereits einen Teil der Fossilen ersetzen würden. Nur ein Teil des zusätzlichen Energieverbrauchs wird durch Erneuerbare abgedeckt.

Der weltweite Verlust an Baumbestand stieg von 22,8 Megahektar (Mha) pro Jahr auf 28,3 Mha. Zum Teil sind Waldbrände die Ursache. 2023 kam es zu einem dramatischen Rückgang der Kohlenstoffsenke an Land. Positiv ist, dass die Entwaldungsrate im brasilianischen Amazonasgebiet weiter zurückgegangen ist, von 1,16 Mha auf 0,9 Mha.

Die jährlichen energiebezogenen Emissionen stiegen 2023 um 2,1 % und liegen nun erstmals über 40 Gigatonnen Kohlendioxidäquivalenten. Größte Emittenten sind China, USA und Indien. Die Emissionen von Aerosolschadstoffen haben abgenommen, was die Luftqualität verbessert, aber den kühlenden Effekt von Aerosolen verringert. Die Wachstumsrate der Methanemissionen hat sich beschleunigt, ebenso die von Lachgas.

Die Oberflächentemperatur hat einen Rekordwert erreicht, 2024 wird voraussichtlich eines der heißesten Jahre sein. Jede globale Erwärmung um 0,1°C setzt zusätzliche 100 Millionen Menschen (oder mehr) beispiellos hohen Durchschnittstemperaturen aus

Der Versauerungsgrad der Ozeane und auch ihr Wärmegehalt haben Rekordwerte erreicht, was zu Hitzewellen und zu einem Massensterben von Meerestieren geführt hat. Der durchschnittliche Meeresspiegel liegt auf einem Rekordhoch und die neuesten Daten deuten darauf hin, dass die Eismasse Grönlands, die Eismasse der Antarktis und die durchschnittliche Gletscherdicke allesamt auf einem Rekordtief liegen.

Die zunehmenden Hitze- und Niederschlagsextreme liegen mittlerweile weit außerhalb des historischen Klimas. Der Klimawandel hat bereits dazu beigetragen, dass Milliarden von Menschen extremer Hitze ausgesetzt sind . Die Zahl der hitzebedingten Todesfälle in den USA ist von 1999 bis 2023 um 117 % gestiegen .

Geoengineering-Forschung hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Dabei handelt es sich um potenziell riskante Techniken, um Sonnenlicht von der Erde weg zu reflektieren und so die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern.

Eine Meinungsumfrage aus dem Jahr 2024 enthüllte die Vorhersagen von Hunderten prominenten Klimaforschern des IPCC, leitenden Autoren und Herausgebern von Gutachten. Aus persönlicher Sicht prognostizieren fast 80 % dieser Wissenschaftler, dass die globale Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um mindestens 2,5°C über das vorindustrielle Niveau ansteigen wird . Fast die Hälfte von ihnen prognostiziert einen Anstieg von mindestens 3°C. Lediglich 6 % glauben, dass die international vereinbarte Grenze von 1,5°C erreicht wird.

Mindestens 28 verstärkende Rückkopplungsschleifen wurden identifiziert. Eine besonders besorgniserregende Rückkopplungsschleife ist die Permafrost-Rückkopplungsschleife, bei der steigende Temperaturen das Auftauen des Permafrosts verursachen. Dieser Prozess setzt mehr Kohlendioxid und Methan frei und führt zu weiterer Erwärmung. Bereiche, in denen aktive Forschung zu Klima-Rückkopplungsschleifen stattfindet, umfassen die Wechselwirkungen zwischen Permafrost und Wolken, Gletscherschmelzwasser und Biodiversität. Da Rückkopplungsschleifen noch nicht vollständig in Klimamodelle integriert sind, könnten die aktuellen Pläne zur Emissionsreduzierung nicht ausreichen, um die künftige Erwärmung ausreichend zu begrenzen.

Einige Klima-Rückkopplungsschleifen sind mit Kipppunkten verknüpft und können ohne weiteren menschlichen Einfluss große und irreversible Veränderungen im Erdsystem auslösen. Fünf von sechzehn Klima-Kippelementen überschreiten ihren Kipppunkt wahrscheinlich bei 1,5°C: das grönländische Eisschild, das westantarktische Eisschild, der boreale Permafrost, die Korallenriffe in niedrigen Breiten und das Barentssee-Eis.

Der Klimawandel ist ein eklatantes Symptom eines tieferen systemischen Problems: der ökologischen Überlastung, bei der der menschliche Konsum die Regenerationsfähigkeit der Erde übersteigt . Immer mehr Wissenschaftler beginnen, die Möglichkeit eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs zu erforschen . Die Zahl der veröffentlichten Artikel, in denen die Sprache des Klimawandels und des gesellschaftlichen Zusammenbruchs verwendet wird , hat dramatisch zugenommen. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte etwa ein Drittel der Weltbevölkerung außerhalb der menschlichen Klimanische leben und einem erhöhten Risiko von Krankheit und frühem Tod, Hungersnöten und einer Reihe anderer negativer Folgen ausgesetzt sein .

Quelle: https://academic.oup.com/bioscience/advance-article/doi/10.1093/biosci/biae087/7808595

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Haben Chinas Emissionen bald den Gipfel erreicht?

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Chinas Treibhausgasemissionen könnten kurz vor ihrem Höhepunkt stehen, wenn sie es nicht schon getan haben. Das geht aus einem Beitrag in der Zeitschrift Nature hervor, der gerade erschienen ist. Dieser Wendepunkt wäre ein wichtiger Meilenstein für das Klima und käme deutlich früher als Pekings Versprechen, die Emissionen vor 2030 zu begrenzen. Einige Forscher sind sich jedoch über die Genauigkeit der aktuellen Vorhersagen nicht sicher und befürchten, dass Chinas Weg zu Netto-Null danach eine Herausforderung sein wird. Dennoch könnte Chinas Dekarbonisierung „wertvolle Lehren für andere Entwicklungsländer bieten, die versuchen, ihr Wirtschaftswachstum von ihren Emissionen abzukoppeln“, sagt der Klimaökonom Sun Yongping.

Lauri Myllyvirta, Fellow am Asia Society Policy Institute ist, einem Thinktank mit Sitz in Washington DC verfolgt Chinas Emissionstrends seit mehr als einem Jahrzehnt.
Bewertungen von Myllyvirta deuten darauf hin, dass Chinas Emissionen seit März zurückgehen. Dies könnte auf einen möglichen Höhepunkt im Jahr 2023 hinweisen, sagt er, aber nur, wenn Chinas Produktion sauberer Energie 2024 die rekordverdächtige Wachstumsrate des letzten Jahres beibehalten kann und sein Energieverbrauch auf das Niveau vor der Pandemie sinkt. China hat allein im Jahr 2023 unglaubliche 217 Gigawatt an Solarstromkapazität installiert. Die Vereinigten Staaten haben in ihrer gesamten Geschichte 137 Gigawatt installiert.

Ryna Cui, eine auf die Kohlewende spezialisierte Forscherin an der University of Maryland in College Park ist vorsichtiger. Laut ihr werden die Emissionen vor 2025 ihren Höhepunkt erreichen. Cuis Team fand heraus, dass die schnelle Einführung grüner Technologien und die sinkende Nachfrage nach emissionsintensiven Produkten wie Stahl und Zement die Emissionen nach unten drücken. Cui warnt jedoch: „Das Erreichen des Emissionshöhepunkts kann kein einzelner Punkt, sondern ein komplexer Prozess sein, bei dem es möglicherweise kleine Schwankungen gibt.“

Andere Analysten glauben, dass es noch etwa ein Jahr dauern wird, um mit Sicherheit beurteilen zu können, ob Chinas jüngster Emissionsrückgang vorübergehend ist oder der Beginn eines langfristigen Trends. „Es gibt sehr, sehr große Unsicherheiten“, sagt Bill Hare, Klimaforscher und Geschäftsführer von Climate Analytics mit Sitz in Berlin. Normalerweise bräuchten Forscher Emissionsdaten aus fünf Jahren, um einen Trend vorherzusagen, erklärt er.

Quelle: Nature, https://www.nature.com/articles/d41586-024-02877-6

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Österreichs Emissionen sinken: Kein Grund zur Zufriedenheit

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von Martin Auer

In den letzten beiden Jahren sind die Treibhausgasemissionen Österreichs deutlich gesunken. 2022 um 5.5 Prozent, 2023 um 6,4 Prozent.

Das Wegener Institut an der Uni Graz hat diese Entwicklung untersucht. Aus der Analyse lässt sich ablesen, dass die Reduktionen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil äußeren Einflüssen zu verdanken sind, vor allem den gestiegenen Energiepreisen infolge des Ukrainekriegs. Dazu kamen Faktoren wie ein milder Winter, ein Jahr wirtschaftlicher Flaute oder die Reduktion des Dieselexports im Tank. Also nicht Faktoren, die sich durch Politik wesentlich beeinflussen lassen.

In absoluten Zahlen betrug der Ausstoß im letzten Jahr 68,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Internationale Klimaabkommen haben als Referenz für ihre Zielvorgaben das Emissionsniveau von 1990. Das waren damals 79.05 Millionen Tonnen. Noch 2019 lagen wir mit fast 80 Millionen Tonnen über diesem Wert. Im Pandemiejahr 2020 sanken die Emissionen aufgrund der pandemiebedingt geringeren Wirtschaftstätigkeit, stiegen aber 2021 wieder und sanken erst 2022 deutlich unter den Referenzwert von 1990. Im letzten Jahr lagen sie dann um fast 14 Prozent darunter. „Österreich weiterhin auf dem Zielpfad“ hieß es auf der Homepage des Klimaschutzministeriums schon im März, nach den ersten Schätzungen des Umweltbundesamts.

Grafik von klimadashboard.at/

Wie sind nun diese Reduktionen zustandegekommen? Ein Team von Forscher:innen der Universität Graz unter der Leitung von Prof. Karl Steininger hat analysiert, worin diese Reduktion begründet liegt.1

Fortschritte im Gebäudesektor

Die größten Fortschritte wurden im Gebäudesektor gemacht. Hier sind die Emissionen um 50 Prozent niedriger als 1990 (in den anderen Sektoren um 6 Prozent).

Im Jahr 2022 sanken die Gebäudeemissionen um 17 Prozent. Davon sind 7 Prozentpunkte auf einen besonders milden Winter zurückzuführen, 4 Prozentpunkt auf Maßnahmen infolge des Ukrainekriegs – Temperaturabsenkungen in öffentlichen Gebäuden und Reduktionen der Gasnachfrage auch in privaten Haushalten. 6 Prozentpunkte, also etwas mehr als ein Drittel der Reduktion, gehen auf den gestiegenen Anteil von erneuerbaren Energien zurück.

Im Jahr 2023 sanken die Gebäudeemissionen um weitere 20,2 Prozent. Davon verdanken sich nur 0.7 Prozentpunkte dem milden Winter. Der Großteil der Reduktionen, nämlich 17 Prozentpunkte, ist dem größeren Anteil an erneuerbaren Energien zu verdanken. Den Anstieg der Erneuerbaren führen die Forscher:innen zu fast zwei Dritteln auf die gestiegenen Energiepreise infolge des Ukrainekriegs zurück.

Grafik von klimadashboard.at/

Andere Sektoren fallen zurück

In den anderen Sektoren sanken die Emissionen 2022 um 4,5 Prozent. Zu einem Viertel geht dieser Rückgang auf den Einsatz erneuerbarer Energien zurück. Den größten Anteil haben stark erhöhte Preise für fossile Energie, die zu einer geringeren Nachfrage führen. Zu etwas mehr als einem Viertel trug ein Rückgang der Verkehrsemissionen um 4,5 Prozent bei. Doch dieser Rückgang ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Dieselpreise zwischen Österreich und dem Ausland sich in etwa angeglichen haben, und die Schwerlaster deshalb nicht mehr in Österreich noch einmal volltanken, bevor sie über die Grenze fahren. Dieser „Dieselexport im Tank“ musste den österreichischen Verkehrsemissionen zugerechnet werden. Der Rückgang der Verkehrsemisisonen ist also hauptsächlich auf diesen Buchungsvorteil zurückzuführen. Der Rückgang der Emissionen wäre größer ausgefallen, wenn nicht eine relativ starke Konjunktur die Emissionen um 1,73 Punkte hochgetrieben hätte.

2023 sanken die Emissionen im Nicht-Gebäude-Bereich um rund 3 Millionen Tonnen, das sind 4,9 Prozent. Davon gehen 0,86 Prozentpunkte auf eine schwache Entwicklung des BIP zurück. Zum größeren Teil geht dieser Rückgang auf das Anwachsen der erneuerbaren Enegien um 15 Prozent zurück. Der Umstieg auf Erneuerbare wurde wieder durch gestiegene Energiepreise angetrieben.

„Darüber hinaus“, schreiben die Forschenden, „war somit zudem das Bündel an weiteren Maßnahmen für die Emissionsreduktion grundlegend, von Energiesparinitiativen in der Energiekrise, über Gebäude-Sanierungsprogramme bis zu Initiativen im öffentlichen und Radverkehr.“

Konsumbasierte Emissionen

Die konsumbasierten Emissionen Österreichs lagen zuletzt um 50 Prozent über den produktionsbasierten. Konsumbasierte Emissionen werden berechnet, indem die von exportierten Gütern verursachten Emissionen und die von importierten Gütern verursachten gegeneinander aufgerechnet werden. Dafür werden konsistente Außenhandelsdaten über alle Länder benötigt, und diese sind immer erst mit einigen Jahren Verzögerung verfügbar. Für jene Jahre wo Daten vorliegen, hat sich für Österreich gezeigt, dass der Überhang an konsumbasierten Emissionen über produktionsbasierte recht konstant war. Daraus ließe sich ableiten, dass auch die konsumbasierten Emissionen ziemlich parallel gesunken sind.

Erfolg der Klimapolitik?

Aus der Analyse des Grazer Wegener Instituts lässt sich ablesen, dass die Reduktionen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil äußeren Einflüssen zu verdanken sind, vor allem den gestiegenen Energiepreisen infolge des Ukrainekriegs. Dazu kamen Faktoren wie ein milder Winter, ein Jahr wirtschaftlicher Flaute oder die Reduktion des Dieselexports im Tank. Also nicht Faktoren, die sich durch Politik wesentlich beeinflussen lassen.

Positiv wirkten sich sicherlich aus die CO2-Bepreisung mit Klimabonus (obwohl sie bei Weitem nicht die wahren Schäden durch Treibhasgasemissionen abdeckt), die (ebenfalls bescheidene) Flugticketabgabe. und das Klimaticket. Richtig war es auch, dass die Regierung auf den Anstieg der Energiepreise nicht, wie es vielfach gefordert wurde, mit einer Subventionierung der Energiepreise, sondern mit Förderungen für die Haushalte reagiert hat. Auch dass die Regierung die Mineralölsteuer nicht, wie es ebenfalls gefordert wurde, gesenkt hat, hat zum Rückgang des erwähnten „Dieselexports im Tank“ beigetragen. Positive Beiträge kamen sicherlich auch durch Verhaltensänderungen in der Bevölkerung und durch Maßnahmen auf der Ebene von Gemeinden oder Unternehmen. Doch zu einem großen Teil ist der Rückgang der Emissionen nicht positiven Anstrengungen, sondern krisenhaften Entwicklungen zu danken.

Und was weiterhin vor allem fehlt, ist ein Klimaschutzgesetz, das einen klaren Reduktionspfad bis zum Zieljahr 2040 festlegt. Um die Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 zu erreichen, müssen wir bis 2030 jedes Jahr rund 4,5 Millionen Tonnen CO2e einsparen und von 2030 bis 2040 jährlich 3,5 Millionen Tonnen. Das können wir nicht erreichen, indem wir uns auf äußere Einflüsse verlassen.

Quelle: G. Kirchengast und K. Steininger (2022):Treibhausgasbudget für Österreich
https://wegccloud.uni-graz.at/s/LoLkG7YkGoJ9ZwR

Zu denken gibt auch, dass wir mit 6,88 Tonnen energiebedingter CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr um die Hälfte höher liegen als Ländern wie Großbritannien, Frankreich oder die Schweiz.

Auch wenn wir mit den Reduktionen der letzten beiden Jahre zahlenmäßig „auf dem richtigen Weg“ sind, sind wir es klimapolitisch noch lange nicht.


1 Tobias Eibinger, Hans Manner, Karl W. Steininger (2024): Die Entwicklung der österreichischen Treibhausgasemissionen seit 2021
https://wegccloud.uni-graz.at/s/LoLkG7YkGoJ9ZwR

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Konferenzkultur: Akademiker:innen fliegen, obwohl sie es für schädlich halten

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Mehr als 80 % der Umfrageteilnehmer einer Spitzenforschungsuniversität stimmten zu, dass Flugreisen umweltschädlich sind, dennoch flogen 2022 mehr als 35 % von ihnen – insbesondere Professoren und Doktoranden – zu mindestens einem Meeting. Die Präsenzkultur von Konferenzen bringt Akademiker in eine schwierige Lage: Sie fliegen, um teilzunehmen, oder riskieren, Chancen zu verpassen.

„Es ist das erste Mal, dass diese Kluft zwischen Einstellung und Verhalten tatsächlich sehr direkt angesprochen wird“, sagt Sebastian Jäckle, Politikwissenschaftler an der Universität Freiburg, der einmal mit dem Fahrrad zu einer Konferenz nach Polen gefahren ist. „„Solange es notwendig ist, internationale Konferenzen im Lebenslauf zu haben, um eine Professur zu bekommen, kann der Einzelne eigentlich nicht viel tun“.

Laut Jonas De Vos, Professor für Transportgeographie am University College London haben for allem Forschende Angst, Gelegenheiten zu verpassen, ihre Forschung vorzustellen und sich mit potenziellen Partnern zu vernetzen. „Internationale Mobilität ist oft noch immer wichtig für die Beförderung und die Beschaffung von Forschungsgeldern“, sagt er. Lehrendes Personal fliegt weniger oft. Auch weibliche Forschende fliegen weniger oft als männliche.

Susann Görlinger, Mitbegründerin von iilo, einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Zürich, die Organisationen dabei hilft, Flugemissionen zu reduzieren, schlägt vor, dass Institutionen Kohlenstoffbudgets festlegen und diese bedarfsgerecht unter den Forschern aufteilen. Ebenso wichtig, sagt Görlinger, sei es, dass Konferenzorganisatoren Alternativen wie hochwertige virtuelle und hybride Meetings sowie Multi-Hub-Meetings anbieten, die mit dem Zug in die nächste Großstadt erreichbar sind. Die Umstellung auf solche Alternativen könnte auch die Vernetzungsmöglichkeiten für Forscher:innen mit begrenzten Mitteln und solchen, die Angehörige pflegen, inklusiver machen, sagt sie.
https://www.nature.com/articles/d41586-024-02965-7
De Vos, J., Hopkins, D., Hickman, R. & Schwanen, T. (2024): Tackling the academic air travel dependency. An analysis of the (in)consistency between academics’ travel behaviour and their attitudes. Glob. Environ. Change. 88, 102908. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959378024001122

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PIK-Studie: 0,5 Meter Meeresspiegelanstieg oder 4,4 Meter? Es hängt von uns ab!

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10.09.2024, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
Anhaltend hohe Emissionen könnten nach 2100 zu einem rapiden Masseverlust des antarktischen Eisschilds und einem daraus resultierenden drastischen Anstieg des Meeresspiegels führen. Eine neue Studie im Fachjournal Earth’s Future zeigt, wie dramatisch die Unterschiede zwischen Szenarien mit niedrigen und hohen Emissionen langfristig ausfallen werden und was dies für künftige Generationen bedeuten könnte.

„Im Falle unvermindert hoher Emissionen könnte der Antarktische Eisschild bis 2300 bis zu 4,4 Meter zum globalen Meeresspiegelanstieg beitragen, verglichen mit nur 0,5 Metern bei reduzierten Emissionen. Die wahren Auswirkungen unserer derzeitigen Klimapolitik werden erst deutlich, wenn wir uns diese langfristigen Folgen bewusst machen“, sagt Torsten Albrecht, Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Mitautor der Studie. Ein wachsender Beitrag des Antarktischen Eisschildes zum Meeresspiegelanstieg von 1,4 Metern bis 2200 auf 4,4 Meter bis 2300 würde einem Anstieg von weltweit 3 Zentimetern jährlich entsprechen – das Zehnfache des derzeit beobachteten globalen Anstiegs.

In ihrer Untersuchung kombinierten die Forschenden erstmals Daten aus 16 verschiedenen Eisschildmodellen, um das Verhalten des antarktischen Eisschildes bis zum Jahr 2300 zu untersuchen. Während der Zeitpunkt des prognostizierten Gletscherrückgangs in der Antarktis je nach gewähltem Eisflussmodell variiert, stimmen alle Modelle darin überein, dass sich dieser Rückzug des Eisschildes rasant beschleunigen wird, sobald er einmal begonnen hat. Der Antarktische Eisschild könnte sich dadurch langfristig zu einer der Hauptursachen des steigenden Meeresspiegels entwickeln.

Artikel: Hélène Seroussi, Tyler Pelle, William H. Lipscomb, Ayako Abe-Ouchi, Torsten Albrecht, Jorge Alvarez-Solas, Xylar Asay-Davis, Jean-Baptiste Barre, Constantijn J. Berends, Jorge Bernales, Javier Blasco, Justine Caillet, David M. Chandler, Violaine Coulon, Richard Cullather, Christophe Dumas, Benjamin K. Galton-Fenzi, Julius Garbe, Fabien Gillet-Chaulet, Rupert Gladstone, Heiko Goelzer, Nicholas Golledge, Ralf Greve, G. Hilmar Gudmundsson, Holly Kyeore Han, Trevor R. Hillebrand, Matthew J. Hoffman, Philippe Huybrechts, Nicolas C. Jourdain, Ann Kristin Klose, Petra M. Langebroek, Gunter R. Leguy, Daniel P. Lowry, Pierre Mathiot, Marisa Montoya, Mathieu Morlighem, Sophie Nowicki, Frank Pattyn, Antony J. Payne, Aurélien Quiquet, Ronja Reese, Alexander Robinson, Leopekka Saraste, Erika G. Simon, Sainan Sun, Jake P. Twarog, Luke D. Trusel, Benoit Urruty, Jonas Van Breedam, Roderik S. W. van de Wal, Yu Wang, Chen Zhao, Thomas Zwinger (2024): Evolution of the Antarctic Ice Sheet over the next three centuries from an ISMIP6 model ensemble. Earth’s Future. [DOI: 10.1029/2024EF004561]

Weblink zum Artikelhttp://dx.doi.org/10.1029/2024EF004561

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Studie zu 20 Jahren Klimapolitik: Was wirkt und was nicht wirkt

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1.500 Politikmaßnahmen aus 41 Ländern über 6 Kontinente im ausführlichen Check: Die Ergebnisse einer beispiellosen Analyse klimapolitischer Maßnahmen der letzten 20 Jahre hat ein internationales Forschungsteam jetzt im renommierten Fachjournal Science veröffentlicht. Erstmals liefern die Ökonominnen und Ökonomen damit ein detailliertes Bild zur Wirksamkeit von Politikinterventionen der Vergangenheit und zeigen, dass viele politische Maßnahmen keine Emissionsreduktion im erforderlichen Ausmaß erzielen. Sie identifizieren nur 63 Fälle erfolgreicher Klimapolitik, die zu nennenswerten Emissionsminderungen von durchschnittlich 19 Prozent geführt haben. Was diese Erfolgsfälle eint und den entscheidenden Unterschied ausmacht: Diese Politikpakete setzen auf die Hebelwirkung von Steuer- bzw. Preisanreizen.

Welche Politikmaßnahmen beim Klimaschutz wirken und welche nicht, wird viel diskutiert. Wissenschaftlich analysiert wurde bislang jedoch lediglich die Wirkung einzelner Politikinstrumente, während hunderte andere umgesetzte Maßnahmen nicht evaluiert wurden. Unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) sowie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) wollen die Forschenden in Zusammenarbeit mit Fachleuten der Universität Oxford, der Universität Victoria und der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) diese Lücke jetzt schließen. Der „Climate Policy Explorer“ gibt als begleitendes Dashboard zusätzlichen Überblick über die Ergebnisse, Analyse und Methoden und steht als interaktives Angebot öffentlich zur Verfügung.

„Wir haben uns systematisch wirksame politische Maßnahmen angeschaut, die bislang selten untersucht wurden. Unser Ansatz liefert insbesondere neue Erkenntnisse zur wirksamen Kombination von Klimapolitikinstrumenten. Daraus leiten wir bewährte Best-Practises ab – quer durch die Sektoren Gebäude, Strom, Industrie und Verkehr und sowohl in Industrieländern als auch in den oft vernachlässigten Entwicklungsländern“, erklärt Leitautor Nicolas Koch vom PIK und MCC. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen: Viel hilft nicht automatisch viel, es kommt vielmehr auf den richtigen Mix der Maßnahmen an. So reicht es zum Beispiel nicht auf Subventionen oder Regulierung allein zu setzen, nur im Zusammenspiel mit preisgestützten Instrumenten, wie etwa CO2- und Energiesteuern, können Emissionen wirklich maßgeblich gesenkt werden“. Verbote für Kohlekraftwerke im Stromsektor oder von Verbrennerautos im Verkehr sind Beispiele hierfür: Die Forschenden finden keinen Fall mit deutlicher Emissionsreduktion, wenn das Verbot allein eingeführt wurde. Erst im Tandem mit Steuer- bzw. Preisanreizen führen die Maßnahmen zum Erfolg, wie es etwa für Großbritannien bei der Kohleverstromung oder in Norwegen bei Autos gezeigt wird.

1.500 Maßnahmen aus zwei Jahrzehnten, 63 Erfolgsbeispiele

Die erste systematische Evaluierung von Politikmaßnahmen berücksichtigt mit 1.500 untersuchten Interventionen aus der Zeit 1998 bis 2022 die ganze Palette von Politikinterventionen, von zum Beispiel energetischen Bauvorschriften über Kaufprämien für klimafreundliche Produkte bis hin zu CO2-Steuern. Die Forschenden arbeiten dabei mit einer neuen Datenbank der OECD, die die bisher umfassendste Bestandsaufnahme der weltweit umgesetzten Klimapolitik darstellt. Ein innovativer Ansatz, der Methoden des maschinellen Lernens mit etablierten statistischen Verfahren kombiniert, ermöglicht den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstmals eine detaillierte Analyse aller erfassten Politiken und identifiziert diejenigen Maßnahmen, welche Emissionsreduktionen im großen Rahmen erzielen konnten. 

„Auch wenn es schwierig bleibt, die Wirkung einzelner Maßnahmen in einem Mix genau zu entschlüsseln, gewinnen wir aus unseren 63 Erfolgsfällen systematische Erkenntnisse darüber, welche Maßnahmen sich gut ergänzen und wie der Erfolg von Instrumenten vom Sektor aber auch vom Entwicklungsstand der Länder abhängt“, erklärt Leitautorin Annika Stechemesser vom PIK und MCC. „Wir glauben, dass dieses Orientierungswissen von großer Bedeutung ist, um Politik und Gesellschaft bei der Transformation zur Klimaneutralität zu unterstützen.“  

Interaktiv: Climate Policy Explorer gibt Überblick nach Ländern und Politikmaßnahmen

Diese und weitere Ergebnisse der Studie lassen sich im begleitend veröffentlichten Climate Policy Explorer interaktiv nachvollziehen. Im Industriesektor zeigt das Beispiel China, wie nach der Einführung von Emissionshandelssystemen im Pilotprojekt nach einigen Jahren effektiv Emissionen reduziert werden konnten. Entscheidend waren hier jedoch auch der Abbau von Subventionen auf fossile Brennstoffe und stärkere Finanzierungshilfen bei Energieeffizienzmaßnahmen. Im Stromsektor stellen die Forschenden deutliche Emissionsreduktionen in Großbritannien heraus, die sowohl auf die Einführung eines CO2-Mindestpreises zurückgeführt werden können, aber auch Teil eines breiteren Politikmixes mit Subventionen für erneuerbare Energien und einem Ausstiegplan aus Kohlekraftwerken waren. Die USA sind ein Beispiel für erfolgreiche Emissionsreduktionen im Verkehrssektor, die unter anderem auf Steueranreize und Subventionen für umweltfreundliche Fahrzeuge als auch auf CO2-Effizienzstandards zurückgeführt wird. In Deutschland wird für den Verkehr die Ökosteuerreform ab 1999 und die Einführung der LKW-Maut in 2005 als Erfolgsfall identifiziert. 
Der „Climate Policy Explorer“ ist unter der Adresse http://climate-policy-explorer.pik-potsdam.de/ als eigenständige Internetseite frei verfügbar und ermöglicht tiefergehenden Einblick in spezifische Länder, Sektoren und politische Maßnahmen.

https://www.science.org/doi/10.1126/science.adl6547

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist eines der weltweit führenden Institute in der Forschung zu globalem Wandel, Klimawirkung und nachhaltiger Entwicklung. Natur- und Sozialwissenschaftler erarbeiten hier interdisziplinäre Einsichten, welche wiederum eine robuste Grundlage für Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft darstellen. Das PIK ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

Titelbild: KI, bearbeitet

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Climate Action Tracker: neues interaktives Datenportal

Lesedauer < 1 Minute.   

Der Climate Action Tracker hat ein neues Datenportal. Der Daten-Explorer führt Daten aus den Länderanalysen, Länderbewertungen und 1,5°C-kompatiblen Benchmarks zusammen, um dabei zu helfen, die Fortschritte (oder auch nicht) der Länder beim Klimaschutz besser zu verstehen.

Die CAT-Daten lassen sich jetzt in einem interaktiven Format auf der CAT-Website erkunden und man kann die Daten herunterladen, um eigene Diagramme zu erstellen.

So lassen sich Emissionen und Ziele verschiedener Länder nebeneinander darstellen. Wie schneiden beispielsweise die USA, EU und China im Vergleich ab? Auch spezifische Sektoren wie Gebäude, Elektrizität, Industrie oder Transport und verschiedene Indikatoren dazu wie zum Beispiel Anteil von Kohle an der Elektrizitätserzeugung oder die Emissionsintensität der Zementindustrie können nach Ländern verglichen werden.

Öffnet man die Seite, findet man zuerst den Ländervergleich anhand ihrer CAT-Bewertungen. Welche Länder sind auf dem Weg zu 1,5°C? (Spoiler: Keine)

Temperatur-, CAT-Thermometer- und Emissionslückendaten können weiterhin von ihren eigenen Seiten auf der Website heruntergeladen werden. Länderdaten können weiterhin von den Länderseiten heruntergeladen werden.

Hier geht es zum CAT Data Explorer

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