Ideen gefragt: Globale Taskforce will Hunderte Milliarden für Klima, Natur und Gerechtigkeit durch Solidaritätssteuern aufbringen

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Die Global Solidarity Levies Task Force , eine unabhängige Expertengruppe, die nach der Cop28 eingerichtet wurde, hat 16 konkrete Ideen zur öffentlichen Konsultation vorgelegt, mit denen Hunderte Milliarden Dollar pro Jahr zur Bekämpfung der globalen Erwärmung aufgebracht werden könnten, von Steuern auf Kryptowährungen bis hin zum Fliegen. Bis 28. Februar kann jede/r zu den einzelnen Vorschlägen Stellung nehmen. Gefragt sind Stellungnahmen von Organisationen, Universitäten, Unternehmen und anderen Institutionen ebenso wie von Privatpersonen.

Die Ergebnisse werden den Regierungen der Welt auf dem Cop30-Gipfel im November in Brasilien präsentiert. Viele dieser Steuern existieren in einigen Ländern bereits, sodass die Aussicht auf eine flächendeckende Einführung weniger weit hergeholt ist, als man vielleicht annehmen möchte.

Die Task Force wird von den Staatschefs Frankreichs, Kenias und Barbados vorangetrieben, unter den Mitgliedern sind Dänemark, Senegal und Kolumbien. Sie arbeitet mit den Vereinten Nationen, der Weltbank, den G20, der Europäischen Kommission und der Afrikanischen Union zusammen, ist also nicht ohne Einfluss.

Die Lücke zwischen den Milliarden Dollar, die derzeit zur Bekämpfung der Klimakrise mobilisiert werden, und den Billionen, die benötigt werden, ist riesig . Das Ziel der Taskforce ist einfach: durch international koordinierte Abgaben Geld zu sammeln, Umweltverschmutzer zu bestrafen und das globale Steuersystem gerechter zu machen.

In der Konsultation werden die Vor- und Nachteile jeder möglichen Abgabe dargelegt.

Am naheliegendsten ist die Abgabe auf fossile Brennstoffe, die die globale Erwärmung verursachen, aber derzeit jährlich mit 7 Billionen Dollar subventioniert werden . Die fünf größten Ölkonzerne der Welt erzielten allein im Jahr 2022-23 zusammen einen Gewinn von 281 Milliarden Dollar. Die Förderung von fossilen Brennstoffen soll zuerst 5 Dollar pro Tonne CO2 betragen und bis 2030 jedes Jahr um 5 Dollar steigen. Bis 2035 könnte sie eine Billion Dollar pro Jahr einbringen. Die Förderung von Kohle, Öl und Gas wird oft bereits besteuert, was den Verwaltungsaufwand vereinfacht. „Die Macht der Lobby der fossilen Brennstoffe würde es politisch schwer machen, dies durchzusetzen“, stellt die Taskforce zu Recht fest. „Jedes Land, das die Abgabe einführt, könnte jedoch einen erheblichen Anstieg der Steuereinnahmen erzielen.“

Nur 1 % der Weltbevölkerung verursacht die Hälfte aller Emissionen des Luftverkehrs. Die Taskforce schlägt eine Steuer auf Tickets oder Kerosin für internationale Flüge vor. Die Ticketsteuer könnte 100 Milliarden Dollar pro Jahr einbringen, die Kerosinsteuer 10 Milliarden. Auch eine Vielfliegersteuer wird in Erwägung gezogen, bei der die Steuer mit jedem Flug steigt, aber jeder Passagier eine Identifikationsnummer haben muss. Mehrere Länder haben bereits eine Flugticketsteuer erhoben, um den Kampf gegen Aids und andere Krankheiten zu finanzieren.

Wie die Luftfahrt zahlt auch die internationale Schifffahrtsindustrie keine Steuern, die proportional zu den Schäden sind, die sie anrichtet. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation erhebt jedoch bereits Gelder von den Betreibern, um Ölverschmutzungen auszugleichen, und die meisten Länder unterstützen bereits eine CO2-Abgabe. Dadurch könnten zwischen 2027 und 2030 jährlich bis zu 127 Milliarden Dollar eingenommen werden .

Plastik ist auf fossile Brennstoffe angewiesen, verursacht hohe Emissionen und ist umweltschädlich. Derzeit werden seine Produzenten jedoch überhaupt nicht besteuert. In den laufenden Verhandlungen über ein globales Plastikabkommen wird eine Abgabe vorgeschlagen , der jährlich etwa 30 Milliarden Dollar einbringen würde. Da es relativ wenige Plastikproduzenten gibt, wäre die Erhebung dieser Steuer einfacher. Auch die Auswirkungen auf den Geldbeutel der Menschen wären gering, da die Kosten für Primärpolymere nur einen Bruchteil der Endproduktpreise ausmachen.

Zu den Ideen der Taskforce gehört auch eine Steuer für Milliardäre. Die Superreichen haben in der Regel einen extrem hohen CO2-Fußabdruck , zahlen oft viel weniger Steuern als normale Arbeitnehmer. Eine jährliche Steuer von 2% des Vermögens von Milliardären würde nur 3.000 Menschen betreffen, aber 200 bis 250 Milliarden Dollar einbringen. „Die politische Durchführbarkeit einer Einigung auf einen globalen Standard ist sehr anspruchsvoll“, sagt die Taskforce. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass die Abgabe bei den normalen Bürgern unpopulär wäre.

Schließlich schlägt die Taskforce eine Steuer auf Finanztransaktionen vor, die „enorm von der Globalisierung profitiert haben, ohne in den meisten Ländern besteuert zu werden“, sowie auf Kryptowährungen, deren Erzeugung enorme Mengen an Energie benötigt. Eine Steuer von 0,5 Prozent auf den Transaktionswert der Aktien würde 270 Milliarden Dollar pro Jahr einbringen. Dreißig Länder haben bereits eine ähnliche Steuer eingeführt und Frankreich stellt sogar einen Teil seiner Abgabe für Klima und Entwicklung zur Verfügung.

Eine 0,1-prozentige Steuer auf Kryptowährungstransaktionen würde etwa 16 Milliarden Dollar pro Jahr einbringen, wäre aber nicht einfach umzusetzen. „Angesichts der Anonymität und der dezentralen Natur von Kryptowährungen besteht eine hohe Möglichkeit der Steuerhinterziehung“, sagt die Taskforce. Positiv ist, dass Kasachstan, ein großer Krypto-Miner, bereits die verbrauchte Energie besteuert.

Hier kann man zu den Vorschlägen der Taskforce Stellung nehmen.

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Studie zu 20 Jahren Klimapolitik: Was wirkt und was nicht wirkt

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1.500 Politikmaßnahmen aus 41 Ländern über 6 Kontinente im ausführlichen Check: Die Ergebnisse einer beispiellosen Analyse klimapolitischer Maßnahmen der letzten 20 Jahre hat ein internationales Forschungsteam jetzt im renommierten Fachjournal Science veröffentlicht. Erstmals liefern die Ökonominnen und Ökonomen damit ein detailliertes Bild zur Wirksamkeit von Politikinterventionen der Vergangenheit und zeigen, dass viele politische Maßnahmen keine Emissionsreduktion im erforderlichen Ausmaß erzielen. Sie identifizieren nur 63 Fälle erfolgreicher Klimapolitik, die zu nennenswerten Emissionsminderungen von durchschnittlich 19 Prozent geführt haben. Was diese Erfolgsfälle eint und den entscheidenden Unterschied ausmacht: Diese Politikpakete setzen auf die Hebelwirkung von Steuer- bzw. Preisanreizen.

Welche Politikmaßnahmen beim Klimaschutz wirken und welche nicht, wird viel diskutiert. Wissenschaftlich analysiert wurde bislang jedoch lediglich die Wirkung einzelner Politikinstrumente, während hunderte andere umgesetzte Maßnahmen nicht evaluiert wurden. Unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) sowie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) wollen die Forschenden in Zusammenarbeit mit Fachleuten der Universität Oxford, der Universität Victoria und der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) diese Lücke jetzt schließen. Der „Climate Policy Explorer“ gibt als begleitendes Dashboard zusätzlichen Überblick über die Ergebnisse, Analyse und Methoden und steht als interaktives Angebot öffentlich zur Verfügung.

„Wir haben uns systematisch wirksame politische Maßnahmen angeschaut, die bislang selten untersucht wurden. Unser Ansatz liefert insbesondere neue Erkenntnisse zur wirksamen Kombination von Klimapolitikinstrumenten. Daraus leiten wir bewährte Best-Practises ab – quer durch die Sektoren Gebäude, Strom, Industrie und Verkehr und sowohl in Industrieländern als auch in den oft vernachlässigten Entwicklungsländern“, erklärt Leitautor Nicolas Koch vom PIK und MCC. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen: Viel hilft nicht automatisch viel, es kommt vielmehr auf den richtigen Mix der Maßnahmen an. So reicht es zum Beispiel nicht auf Subventionen oder Regulierung allein zu setzen, nur im Zusammenspiel mit preisgestützten Instrumenten, wie etwa CO2- und Energiesteuern, können Emissionen wirklich maßgeblich gesenkt werden“. Verbote für Kohlekraftwerke im Stromsektor oder von Verbrennerautos im Verkehr sind Beispiele hierfür: Die Forschenden finden keinen Fall mit deutlicher Emissionsreduktion, wenn das Verbot allein eingeführt wurde. Erst im Tandem mit Steuer- bzw. Preisanreizen führen die Maßnahmen zum Erfolg, wie es etwa für Großbritannien bei der Kohleverstromung oder in Norwegen bei Autos gezeigt wird.

1.500 Maßnahmen aus zwei Jahrzehnten, 63 Erfolgsbeispiele

Die erste systematische Evaluierung von Politikmaßnahmen berücksichtigt mit 1.500 untersuchten Interventionen aus der Zeit 1998 bis 2022 die ganze Palette von Politikinterventionen, von zum Beispiel energetischen Bauvorschriften über Kaufprämien für klimafreundliche Produkte bis hin zu CO2-Steuern. Die Forschenden arbeiten dabei mit einer neuen Datenbank der OECD, die die bisher umfassendste Bestandsaufnahme der weltweit umgesetzten Klimapolitik darstellt. Ein innovativer Ansatz, der Methoden des maschinellen Lernens mit etablierten statistischen Verfahren kombiniert, ermöglicht den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstmals eine detaillierte Analyse aller erfassten Politiken und identifiziert diejenigen Maßnahmen, welche Emissionsreduktionen im großen Rahmen erzielen konnten. 

„Auch wenn es schwierig bleibt, die Wirkung einzelner Maßnahmen in einem Mix genau zu entschlüsseln, gewinnen wir aus unseren 63 Erfolgsfällen systematische Erkenntnisse darüber, welche Maßnahmen sich gut ergänzen und wie der Erfolg von Instrumenten vom Sektor aber auch vom Entwicklungsstand der Länder abhängt“, erklärt Leitautorin Annika Stechemesser vom PIK und MCC. „Wir glauben, dass dieses Orientierungswissen von großer Bedeutung ist, um Politik und Gesellschaft bei der Transformation zur Klimaneutralität zu unterstützen.“  

Interaktiv: Climate Policy Explorer gibt Überblick nach Ländern und Politikmaßnahmen

Diese und weitere Ergebnisse der Studie lassen sich im begleitend veröffentlichten Climate Policy Explorer interaktiv nachvollziehen. Im Industriesektor zeigt das Beispiel China, wie nach der Einführung von Emissionshandelssystemen im Pilotprojekt nach einigen Jahren effektiv Emissionen reduziert werden konnten. Entscheidend waren hier jedoch auch der Abbau von Subventionen auf fossile Brennstoffe und stärkere Finanzierungshilfen bei Energieeffizienzmaßnahmen. Im Stromsektor stellen die Forschenden deutliche Emissionsreduktionen in Großbritannien heraus, die sowohl auf die Einführung eines CO2-Mindestpreises zurückgeführt werden können, aber auch Teil eines breiteren Politikmixes mit Subventionen für erneuerbare Energien und einem Ausstiegplan aus Kohlekraftwerken waren. Die USA sind ein Beispiel für erfolgreiche Emissionsreduktionen im Verkehrssektor, die unter anderem auf Steueranreize und Subventionen für umweltfreundliche Fahrzeuge als auch auf CO2-Effizienzstandards zurückgeführt wird. In Deutschland wird für den Verkehr die Ökosteuerreform ab 1999 und die Einführung der LKW-Maut in 2005 als Erfolgsfall identifiziert. 
Der „Climate Policy Explorer“ ist unter der Adresse http://climate-policy-explorer.pik-potsdam.de/ als eigenständige Internetseite frei verfügbar und ermöglicht tiefergehenden Einblick in spezifische Länder, Sektoren und politische Maßnahmen.

https://www.science.org/doi/10.1126/science.adl6547

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist eines der weltweit führenden Institute in der Forschung zu globalem Wandel, Klimawirkung und nachhaltiger Entwicklung. Natur- und Sozialwissenschaftler erarbeiten hier interdisziplinäre Einsichten, welche wiederum eine robuste Grundlage für Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft darstellen. Das PIK ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

Titelbild: KI, bearbeitet

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