Interaktiver Atlas zeigt, wo in Österreich und in Europa die Menschen am stärksten durch den Klimawandel verwundbar sind

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Alter, Gesundheit, wirtschaftlicher Status, Wohnbedingungen − all das beeinflusst, wie gut Menschen Klimaextremen standhalten können. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Regionen in Europa sind groß.

In einer neuen Ergänzung zum Atlas der Demografie – einem interaktiven Tool der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) der Europäischen Kommission – können die einzelnen Regionen der Länder nach den erwähnten Verletzlichkeitskriterien abgefragt werden. Forscher des IIASA haben im Rahmen des SPARCCLE-Projekts eine detaillierte Analyse der regionalen Unterschiede in der sozioökonomischen Verwundbarkeit in der EU veröffentlicht.

Die Analyse zeigt, dass sich die Verletzlichkeitsgrade je nach Urbanisierungsgrad erheblich unterscheiden. Städtische und ländliche Gebiete bieten je nach Land und Art der betrachteten Verletzlichkeit unterschiedliche Schutzniveaus.

„Ländliche Gebiete, insbesondere in Ost- und Südeuropa, werden voraussichtlich am stärksten vom Klimawandel betroffen sein. Mit einer älteren Bevölkerung, einer höheren Rate chronischer Erkrankungen und einem niedrigeren Einkommensniveau sind diese Regionen stärker von unmittelbaren Klimaereignissen wie Überschwemmungen und Hitzewellen bedroht, die auch ihre langfristige Widerstandsfähigkeit schwächen“, sagt Anne Goujon, Leiterin der Sozioökonomie im von Horizon Europe finanzierten SPARCCLE-Projekt und Programmdirektorin des IIASA-Programms „Population and Just Societies“.

In Regionen mit einer stark alternden Bevölkerung verstärkt die Kombination aus physischer Gebrechlichkeit und sozioökonomischen Herausforderungen die Verletzlichkeit und erschwert Anpassungsbemühungen. Darüber hinaus sind Gebiete mit schlechten Gesundheitsindikatoren, insbesondere solche mit einer hohen Rate chronischer Krankheiten, schlechter darauf vorbereitet, wirksam auf Klimagefahren zu reagieren, während Haushalte mit niedrigem Einkommen erhebliche Hindernisse bei der Erholung von extremen Klimaereignissen haben.

Gezielte Maßnahmen für verschiedene Regionen sind notwendig

Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit gezielter politischer Maßnahmen, die die spezifischen Schwachstellen verschiedener Bevölkerungsgruppen und Regionen berücksichtigen und sicherstellen, dass die Schutzmaßnahmen angemessen auf die individuellen Bedürfnisse jeder Gemeinschaft zugeschnitten sind. Die Beseitigung dieser Schwachstellen erfordert gezielte Interventionen, die die einzigartigen demografischen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten jeder Region berücksichtigen und so sicherstellen, dass die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen beim Aufbau ihrer Widerstandsfähigkeit gegen die zunehmenden Bedrohungen durch den Klimawandel unterstützt werden.

Große Unterschiede in Österreich

Für Österreich sieht man zum Beispiel, dass in der östlichen Obersteiermark besonders viele alte Menschen leben, die Menschen im Weinviertel die geringste Lebenserwartung haben, der generelle Gesundheitszustand in Kärnten und der Steiermark sowie in Wien am schlechtesten ist, und Wien mit 56% der Bevölkerung die meisten chronisch kranken Menschen aufweist, gefolgt von großen Teilen Niederösterreichs und des Burgenlands. Besonders krass sind die wirtschaftlichen Unterschiede in Österreich: Während Salzburg beim GDP pro Kopf um 42 Prozent über dem Median liegt, bleibt das Weinviertel um fast 40 Prozent unter dem Median. Nicht viel besser sieht es im Süd- und Mittelburgenland, im Mühlviertel, Oberkärnten und im nördlichen Umland von Wien aus. Der krasse Unterschied zwischen dem nördlichen Wiener Umland (-26 %) und dem südlichen (+34%) ist besonders auffällig. Die schlechtesten Wohnverhältnisse weist mit Abstand Wien auf. Und auch das Risiko von Armut oder sozialem Ausschluss im Alter ist in Wien bei weitem am höchsten.

Über den Atlas der Demographie

Der Atlas der Demografie ist ein interaktives Tool, das von der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) der Europäischen Kommission entwickelt wurde und es politischen Entscheidungsträgern und Bürgern ermöglicht, demografische Herausforderungen zu beobachten, zu überwachen und vorherzusehen. Neben dem ökologischen und digitalen Wandel ist der demografische Wandel die dritte Transformation, die die Zukunft Europas prägt. Ein gutes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen dem demografischen Wandel und den lokalen, regionalen und nationalen Realitäten ist der Schlüssel, um die EU-Politik an die sich ändernden Bedingungen vor Ort anzupassen.

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In Österreich fährt man doppelt so viel mit der Bahn wie im EU-Durchschnitt.

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In keinem anderen EU-Land werden pro Person so viele Kilometer mit Bahn, Bim und U-Bahn gefahren wie in Österreich, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von jetzt veröffentlichten Daten der EU-Kommission zeigt. Mit 2.160 Kilometer pro Person und Jahr werden in Österreich doppelt so viele Kilometer auf der Schiene gefahren wie im EU-Schnitt. Gleichzeitig wird auch weniger mit dem Auto gefahren als im EU-Schnitt. Pro Kopf und Jahr wurden in Österreich zuletzt 7.770 Kilometer mit dem Pkw gefahren, der EU-Schnitt liegt bei 9.200 Kilometern. Europameister im Schienenverkehr ist aber die Schweiz. Die Mobilitätsorganisation VCÖ betont, dass es in Österreich im Schienenverkehr vor allem bei den Stadt-Umland-Verbindungen und in den Regionen Verbesserungen braucht.  Beim Schienenverkehr braucht es in Österreich vor allem bei den Stadt-Umland-Verbindungen Verbesserungen. Neben dem Ausbau des S-Bahn-Netzes sind auch Straßenbahnlinien, die ins Umland der großen Städte gehen wichtig, heißt es vom VCÖ.
Quelle: VCÖ, https://vcoe.at/presse/presseaussendungen/detail/vcoe-oesterreich-ist-klarer-eu-spitzenreiter-im-schienenverkehr

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Österreichs Emissionen sinken: Kein Grund zur Zufriedenheit

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von Martin Auer

In den letzten beiden Jahren sind die Treibhausgasemissionen Österreichs deutlich gesunken. 2022 um 5.5 Prozent, 2023 um 6,4 Prozent.

Das Wegener Institut an der Uni Graz hat diese Entwicklung untersucht. Aus der Analyse lässt sich ablesen, dass die Reduktionen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil äußeren Einflüssen zu verdanken sind, vor allem den gestiegenen Energiepreisen infolge des Ukrainekriegs. Dazu kamen Faktoren wie ein milder Winter, ein Jahr wirtschaftlicher Flaute oder die Reduktion des Dieselexports im Tank. Also nicht Faktoren, die sich durch Politik wesentlich beeinflussen lassen.

In absoluten Zahlen betrug der Ausstoß im letzten Jahr 68,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Internationale Klimaabkommen haben als Referenz für ihre Zielvorgaben das Emissionsniveau von 1990. Das waren damals 79.05 Millionen Tonnen. Noch 2019 lagen wir mit fast 80 Millionen Tonnen über diesem Wert. Im Pandemiejahr 2020 sanken die Emissionen aufgrund der pandemiebedingt geringeren Wirtschaftstätigkeit, stiegen aber 2021 wieder und sanken erst 2022 deutlich unter den Referenzwert von 1990. Im letzten Jahr lagen sie dann um fast 14 Prozent darunter. „Österreich weiterhin auf dem Zielpfad“ hieß es auf der Homepage des Klimaschutzministeriums schon im März, nach den ersten Schätzungen des Umweltbundesamts.

Grafik von klimadashboard.at/

Wie sind nun diese Reduktionen zustandegekommen? Ein Team von Forscher:innen der Universität Graz unter der Leitung von Prof. Karl Steininger hat analysiert, worin diese Reduktion begründet liegt.1

Fortschritte im Gebäudesektor

Die größten Fortschritte wurden im Gebäudesektor gemacht. Hier sind die Emissionen um 50 Prozent niedriger als 1990 (in den anderen Sektoren um 6 Prozent).

Im Jahr 2022 sanken die Gebäudeemissionen um 17 Prozent. Davon sind 7 Prozentpunkte auf einen besonders milden Winter zurückzuführen, 4 Prozentpunkt auf Maßnahmen infolge des Ukrainekriegs – Temperaturabsenkungen in öffentlichen Gebäuden und Reduktionen der Gasnachfrage auch in privaten Haushalten. 6 Prozentpunkte, also etwas mehr als ein Drittel der Reduktion, gehen auf den gestiegenen Anteil von erneuerbaren Energien zurück.

Im Jahr 2023 sanken die Gebäudeemissionen um weitere 20,2 Prozent. Davon verdanken sich nur 0.7 Prozentpunkte dem milden Winter. Der Großteil der Reduktionen, nämlich 17 Prozentpunkte, ist dem größeren Anteil an erneuerbaren Energien zu verdanken. Den Anstieg der Erneuerbaren führen die Forscher:innen zu fast zwei Dritteln auf die gestiegenen Energiepreise infolge des Ukrainekriegs zurück.

Grafik von klimadashboard.at/

Andere Sektoren fallen zurück

In den anderen Sektoren sanken die Emissionen 2022 um 4,5 Prozent. Zu einem Viertel geht dieser Rückgang auf den Einsatz erneuerbarer Energien zurück. Den größten Anteil haben stark erhöhte Preise für fossile Energie, die zu einer geringeren Nachfrage führen. Zu etwas mehr als einem Viertel trug ein Rückgang der Verkehrsemissionen um 4,5 Prozent bei. Doch dieser Rückgang ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Dieselpreise zwischen Österreich und dem Ausland sich in etwa angeglichen haben, und die Schwerlaster deshalb nicht mehr in Österreich noch einmal volltanken, bevor sie über die Grenze fahren. Dieser „Dieselexport im Tank“ musste den österreichischen Verkehrsemissionen zugerechnet werden. Der Rückgang der Verkehrsemisisonen ist also hauptsächlich auf diesen Buchungsvorteil zurückzuführen. Der Rückgang der Emissionen wäre größer ausgefallen, wenn nicht eine relativ starke Konjunktur die Emissionen um 1,73 Punkte hochgetrieben hätte.

2023 sanken die Emissionen im Nicht-Gebäude-Bereich um rund 3 Millionen Tonnen, das sind 4,9 Prozent. Davon gehen 0,86 Prozentpunkte auf eine schwache Entwicklung des BIP zurück. Zum größeren Teil geht dieser Rückgang auf das Anwachsen der erneuerbaren Enegien um 15 Prozent zurück. Der Umstieg auf Erneuerbare wurde wieder durch gestiegene Energiepreise angetrieben.

„Darüber hinaus“, schreiben die Forschenden, „war somit zudem das Bündel an weiteren Maßnahmen für die Emissionsreduktion grundlegend, von Energiesparinitiativen in der Energiekrise, über Gebäude-Sanierungsprogramme bis zu Initiativen im öffentlichen und Radverkehr.“

Konsumbasierte Emissionen

Die konsumbasierten Emissionen Österreichs lagen zuletzt um 50 Prozent über den produktionsbasierten. Konsumbasierte Emissionen werden berechnet, indem die von exportierten Gütern verursachten Emissionen und die von importierten Gütern verursachten gegeneinander aufgerechnet werden. Dafür werden konsistente Außenhandelsdaten über alle Länder benötigt, und diese sind immer erst mit einigen Jahren Verzögerung verfügbar. Für jene Jahre wo Daten vorliegen, hat sich für Österreich gezeigt, dass der Überhang an konsumbasierten Emissionen über produktionsbasierte recht konstant war. Daraus ließe sich ableiten, dass auch die konsumbasierten Emissionen ziemlich parallel gesunken sind.

Erfolg der Klimapolitik?

Aus der Analyse des Grazer Wegener Instituts lässt sich ablesen, dass die Reduktionen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil äußeren Einflüssen zu verdanken sind, vor allem den gestiegenen Energiepreisen infolge des Ukrainekriegs. Dazu kamen Faktoren wie ein milder Winter, ein Jahr wirtschaftlicher Flaute oder die Reduktion des Dieselexports im Tank. Also nicht Faktoren, die sich durch Politik wesentlich beeinflussen lassen.

Positiv wirkten sich sicherlich aus die CO2-Bepreisung mit Klimabonus (obwohl sie bei Weitem nicht die wahren Schäden durch Treibhasgasemissionen abdeckt), die (ebenfalls bescheidene) Flugticketabgabe. und das Klimaticket. Richtig war es auch, dass die Regierung auf den Anstieg der Energiepreise nicht, wie es vielfach gefordert wurde, mit einer Subventionierung der Energiepreise, sondern mit Förderungen für die Haushalte reagiert hat. Auch dass die Regierung die Mineralölsteuer nicht, wie es ebenfalls gefordert wurde, gesenkt hat, hat zum Rückgang des erwähnten „Dieselexports im Tank“ beigetragen. Positive Beiträge kamen sicherlich auch durch Verhaltensänderungen in der Bevölkerung und durch Maßnahmen auf der Ebene von Gemeinden oder Unternehmen. Doch zu einem großen Teil ist der Rückgang der Emissionen nicht positiven Anstrengungen, sondern krisenhaften Entwicklungen zu danken.

Und was weiterhin vor allem fehlt, ist ein Klimaschutzgesetz, das einen klaren Reduktionspfad bis zum Zieljahr 2040 festlegt. Um die Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 zu erreichen, müssen wir bis 2030 jedes Jahr rund 4,5 Millionen Tonnen CO2e einsparen und von 2030 bis 2040 jährlich 3,5 Millionen Tonnen. Das können wir nicht erreichen, indem wir uns auf äußere Einflüsse verlassen.

Quelle: G. Kirchengast und K. Steininger (2022):Treibhausgasbudget für Österreich
https://wegccloud.uni-graz.at/s/LoLkG7YkGoJ9ZwR

Zu denken gibt auch, dass wir mit 6,88 Tonnen energiebedingter CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr um die Hälfte höher liegen als Ländern wie Großbritannien, Frankreich oder die Schweiz.

Auch wenn wir mit den Reduktionen der letzten beiden Jahre zahlenmäßig „auf dem richtigen Weg“ sind, sind wir es klimapolitisch noch lange nicht.


1 Tobias Eibinger, Hans Manner, Karl W. Steininger (2024): Die Entwicklung der österreichischen Treibhausgasemissionen seit 2021
https://wegccloud.uni-graz.at/s/LoLkG7YkGoJ9ZwR

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