White Paper Wasserforschung in Österreich: Herausforderungen Hochwasser, Dürren und Rückgang der Biodiversität

FacebookredditlinkedinmailFacebookredditlinkedinmail
Lesedauer 2 Minuten.   

Das neue Whitepaper der Allianz für Biodiversität und Wasser (BiodiWa) hebt hervor, dass der österreichische Wassersektor und damit auch die österreichische Wasserforschung vor erheblichen Herausforderungen stehen, die durch den Klimawandel, Landnutzungsänderungen und die zunehmende gesellschaftliche Verwundbarkeit weiter verschärft werden. Die Verringerung eines Hochwasserrisikos und das Entgegenwirken von Dürren sind hier von wachsender Bedeutung. Zudem erfordert der Rückgang der aquatischen Biodiversität umfassende Maßnahmen zur Wiederherstellung von Lebensräumen.

Internationale Zusammenarbeit und integrative Ansätze

Fast die Hälfte der europäischen Binnengewässer ist gefährdet, den guten ökologischen Zustand nicht zu erreichen. Die Allianz betont, dass die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 nur durch verstärkte Anstrengungen erreicht werden können. Eine der zentralen Botschaften der Forschung ist dabei die Notwendigkeit verstärkter internationaler Zusammenarbeit. Die Expert:innen fordern zudem integrative Ansätze im Wassermanagement, die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigen.

Forschung und Innovation

Die österreichische Wasserforschung ist vielfältig und umfasst nahezu alle Lebensbereiche des Menschen. Das Whitepaper zeigt auf, dass es in der Forschung zahlreiche innovative Ansätze gibt, wie die Nutzung von künstlicher Intelligenz, Machine Learning und innovativer Monitoringmethoden wie Umwelt-DNA (eDNA). Diese Technologien sind entscheidend, um die komplexen Herausforderungen der Wasserforschung zu bewältigen.

Handlungsempfehlungen

Die Allianz für Biodiversität und Wasser ruft zu verstärkten Anstrengungen in der Wasserforschung auf. Zu den wichtigsten Empfehlungen gehören:

● Förderung der internationalen Zusammenarbeit: Stärkung der internationalenNetzwerke und Kooperationen.

● Integriertes Wassermanagement: Entwicklung und Umsetzung integrativer Ansätze,die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte vereinen.

● Ausbau der Forschung und des Monitorings: Verstärkung der Langzeitforschung unddes Monitorings zur Erfassung von Veränderungen in den Wassersystemen undEntwicklung neuer Lösungsansätze.

● Bildung und Bewusstsein: Förderung des Bewusstseins für die Bedeutung derWasserressourcen und der Biodiversität in der Öffentlichkeit.

Whitepaper in Langversion:
https://www.biodiversityaustria.at/allianz_biodiwa/WasserforschunginÖsterreich

Die Allianz BiodiWa wurde 2022 mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) aus Biodiversitätsrat (Netzwerk Biodiversität) und der ehemals „Austrian Joint Water Initiative“ gegründet. Ziel ist die verstärkte Zusammenarbeit dieser Fachbereiche, um den Fragen der gekoppelten globalen Herausforderungen, wie Biodiversitätsverlust, Klimakrise, Verminderung von Wasserqualität und Bedrohung durch Änderungen in der Wasserverfügbarkeit sowie den zunehmenden Nutzungskonflikten gemeinsam entgegenzutreten.

FacebookrssyoutubeinstagramFacebookrssyoutubeinstagram
Folge uns auch auf Bluesky

Der Aral-See ist schon fast verschwunden

FacebookredditlinkedinmailFacebookredditlinkedinmail
Lesedauer < 1 Minute.   

Der Aralsee war einst der viertgrößte Salzwassersee der Welt und erstreckte sich über Teile von Kasachstan und Usbekistan. Bis 2011 hatte das Meer 85 Prozent seiner Oberfläche verloren. Nun drohen auch zwei Flüsse, die Wasser aus den Bergen ins Meer leiten, auszutrocknen und deutlich weniger Wasser zu liefern. Der Region drohen Dürre, Wüstenbildung und ein im Vergleich zum Rest der Welt beschleunigter Klimawandel, und sie könnte unbewohnbar werden.
Eine ausgezeichnete Fotodokumentation von National Public Radio: https://apps.npr.org/aral-sea-shrinking-map/

FacebookrssyoutubeinstagramFacebookrssyoutubeinstagram
Folge uns auch auf Bluesky

Earth Commission Report: Gerechtigkeit ist die Voraussetzung für die Sicherheit des Planeten und der Menschen

FacebookredditlinkedinmailFacebookredditlinkedinmail
Lesedauer 7 Minuten.   

Das erweiterte Konzept der „planetaren Grenzen“: Sichere und gerechte Erdsystemgrenzen

von Martin Auer

Wir müssen unsere Wirtschaftssysteme und Technologien drastisch ändern, um zumindest einen grundlegenden Lebensstandard für alle Menschen auf der Erde aufrechtzuerhalten. Das belegt ein bahnbrechendes Dokument, das letzten Monat in der Zeitschrift „Lancet Planetary Health“ veröffentlicht worden ist: der Bericht der Earth CommissionEine gerechte Welt auf einem sicheren Planeten1. Der Bericht ist das Ergebnis der dreijährigen Arbeit von über 60 führenden Wissenschaftler:innen aus den Natur- und Sozialwissenschaften, geleitet von Johan Rockström vom Stockholm Institut für Klimafolgenforschung, Joyeeta Gupta von der Universität Amsterdam und Qin Dahe von der chinesischen Akademie der Wissenschaften.

Die Forschung beruht auf drei Säulen: Erstens dem Konzept der „Planetaren Grenzen“, das bereits 2009 von einer Gruppe um Johan Rockström entwickelt (und seither von verschiedenen Wissenschaftler:innen ergänzt und erweitert) wurde, und das die ökologischen Grenzen der Belastbarkeit für verschiedene Erdsysteme untersuchte. Zweitens dem Konzept der „Doughnut-Economics“, das 2012 von Kate Raworth erstmals präsentiert wurde und auf den Planetaren Grenzen aufbauend den „sicheren und gerechten Bereich“ für die Menschheit zwischen den Minimalanforderungen für ein menschenwürdiges Leben und den maximalen Möglichkeiten des Planeten definierte. Als dritte Säule bezieht sich der Bericht der Earth Commission auf die UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 (SDGs).

Die Arbeit baut auf früheren Forschungsarbeiten auf , die zeigten, dass viele der wesentlichen Belastbarkeitsgrenzen der Erde, die für die Stabilität des Planeten und ein sicheres Leben der Menschen notwendig sind – die sogenannten Erdsystemgrenzen – bereits überschritten sind. In diesem Bericht konzentrieren sich die Forscher:innen auf fünf dieser Systeme: Klima, Wasserhaushalt, Nährstoffkreislauf, intakte Natur und Aerosole.

Für jedes dieser Systeme haben die Forscher:innen einen „sicheren und gerechten Bereich“ errechnet. Sie haben nicht nur die oberen Belastbarkeitsgrenzen für die Stabilität des Planeten untersucht – „safe boundaries“ – sondern auch die Belastungsgrenzen, die nicht überschritten werden können, ohne Menschen erheblichen Schaden zuzufügen – „just boundaries“.

Dazu haben sie auch noch für jedes Erdsystem das Mindestmaß an Belastung festgestellt, das notwendig ist, um allen Menschen das Notwendigste für ihr Wohlergehen zur Verfügung zu stellen. Der sichere und gerechte Bereich für das Gedeihen der Menschen und des Planeten wird nach unten durch dieses Minimum begrenzt, nach oben durch die gerechte“ oder die „sichere“ Grenze, je nachdem, welche die strengere ist.

1.5°C ist sicher, aber nicht gerecht

Ein Beispiel mach das deutlich: Die sichere Grenze für die Klimaerwärmung sind die bekannten 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau. Die Einhaltung dieser Grenze verhindert, dass wesentliche Subsysteme des Planeten kippen, beispielsweise, dass das Grönlandeis abschmilzt oder der Amazonas-Regenwald zur Savanne wird. Doch bei dieser Temperatur würden bereits 200 bis 500 Millionen Menschen erheblichen Schaden erleiden: durch den Anstieg des Meeresspiegels, eine jährliche Durchschnittstemperatur von mehr als 29°C oder eine Feuchtkugeltemperatur über 35°C an mindestens einem Tag im Jahr – das ist eine Kombination von Hitze und Luftfeuchtigkeit, bei der der Körper sich nicht mehr durch Schwitzen abkühlen kann, und bei der ein längerer Aufenthalt im Freien daher tödlich ist. Deshalb liegt die gerechte Grenze weit unterhalb der sicheren Grenze, nämlich bei 1°C über dem vorindustriellen Niveau. Es ist offensichtlich, dass die gerechte Grenze bereits überschritten ist.

Konkrete Zahlen als Leitlinien

Die Earth Commission stellte sich zur Aufgabe, die sicheren ökologischen und die gerechten sozialen Grenzen nicht nur begrifflich darzustellen, sondern zu beziffern. Das gibt der Politik die Möglichkeit, konkrete Schritte zu planen und des gibt auch der Zivilgesellschaft handfeste Grundlagen, um Forderungen an die Politik zu stellen. Der Bericht zielt aber auch darauf ab, Städten und Unternehmen die Möglichkeit zu geben, die Grenzen auf ihren eigenen Maßstab herunterzubrechen, konkrete Schritte danach auszurichten. Städte und Unternehmen sind oft flexibler als Staaten, einige von ihnen sind nicht nur in ihren Nachhaltigkeitszielen, sondern auch in der praktischen Umsetzung viel weiter als die Staaten.

Klima

Eine globale Erwärmung um 1°C über das vorindustrielle Niveau − die bereits überschritten ist − würde eine mäßige Wahrscheinlichkeit für Kipppunkte wie den Zusammenbruch des Grönlandeises oder das plötzliche Auftauen des borealen Permafrosts bedeuten und würde erheblichen Schaden für Millionen Menschen vermeiden. Derzeit beträgt die Erwärmung schon 1,2°C. Da eine Rückkehr zu 1°C und zu einem CO2-Gehalt von 350ppm in absehbarer Zeit nicht möglich ist, sind Anpassungsmaßnahmen und Entschädigungen um so dringender.

Biosphäre

Für dieses Erdsystem werden zwei komplementäre Bereiche untersucht: Die Fläche von großteils intakten natürlichen Ökosystemen und die funktionelle Integrität aller Ökosysteme, städtische und landwirtschaftliche mit eingeschlossen. Auf Grundlage von Klima- Wasser- und Artenerhaltungsmodellen werden großteils intakte natürliche Gebiete im Ausmaß von 50 bis 60 Prozent der globalen Landflächen für erforderlich gehalten, dazu auch Meeresgebiete in einer ähnlichen Größenordnung. Das ist sowohl für die Kohlenstoffbindung an Land und im Wasser notwendig als auch um weiteres Artensterben an Land und im Wasser großteils zu vermeiden. Derzeit sind 45 bis 50 Prozent der Landfläche noch großteils intakte Ökosysteme.

Da die Biosphäre eng vernetzt ist, müssen auch naturnahe Flächen relativ gleichmäßig verteilt sein. Die Forscher schlagen vor, dass auf jedem Quadratkilometer 20 bis 25 Prozent naturnahe Fläche vorhanden sein sollen. Es ist leicht einsehbar, dass Bestäuber oder Nützlinge, die Pflanzenschädlinge erbeuten, nur jeweils in einem relativ kleinen Umkreis wirksam sind, dass manche Pflanzen ihre Samen nur wenige Meter weit verbreiten können, dass kleine Säugetiere zu einander finden müssen, um sich fortpflanzen zu können und so weiter. Kleinräumigkeit von naturnahen Flächen ist auch notwendig für den den Wasserhaushalt, die Wasserqualität, Bodenschutz, Schutz vor Naturgefahren und die Erholungsmöglichkeiten für Menschen. Derzeit liegt nur ein Drittel der von Menschen bewohnten Landfläche innerhalb dieser Grenze.

Süßwasser

Strömungsveränderungen von Flüssen gehören zu den Hauptursachen für den Artenverlust im Süßwasser, der noch schlimmer ist als in terrestrischen oder marinen Systemen. Das beeinträchtigt die Ökosystemleistungen für Menschen wie Küsten- und Flussfischerei, von der Millionen Menschen abhängig sind. Als sichere Grenze wird angenommen, dass die Wasserführung von Flüssen zu 80 Prozent auf dem natürliche Niveau verbleiben muss und nur 20 Prozent für Bewässerung, Stromerzeugung etc. abgezweigt werden dürfen. Zwei Drittel der globalen Landfläche erfüllen diese Vorgaben.

Für Grundwasser liegt auf der Hand, dass nicht mehr Wasser entnommen werden darf, als in einem Jahr wieder aufgefüllt wird. Es wird geschätzt, dass in 47 Prozent der Wasserscheiden der Grundwasserspiegel immer mehr absinkt, weil zu viel Wasser entnommen wird.

Nährstoffkreisläufe

Stickstoff und Phosphor sind unentbehrliche Bausteine für alles Leben. Die Ernährung von Milliarden Menschen ist von Stickstoff-. und Phosphordüngung abhängig. Doch wenn mehr Stickstoff und Phosphor ausgebracht wird, als die zu düngenden Pflanzen aufnehmen, wird der Überschuss ausgespült und gelangt in die Gewässer. Hohe Konzentrationen vor allem in ursprünglich nährstoffarmen Gewässern beeinträchtigen Ökosysteme und ihre Leistungen durch Eutrophierung, also übermäßiges Wachstum von Algen und Wasserpflanzen, die anderen Spezies die Lebensgrundlage entziehen. So können Fischbestände zusammenbrechen, Algenblüten Giftstoffe abgeben. Nitratverseuchtes Trinkwasser gefährdet die Gesundheit ebenso wie Luftverschmutzung durch aus Ammoniak entstehende Aerosole. Daher wird eine sichere und gerechte Grenze von 61 Gigatonnen Stickstoffüberschuss und 4,5 bis 9 Gigatonnen Phosphorüberschuss pro Jahr festgelegt. Derzeit werden pro Jahr 232 Gigatonnen Stickstoff eingesetzt, wovon mehr als die Hälfte, nämlich 119 Gigatonnen überschüssig sind. Gleichzeitig sind manche Menschen vom Zugang zu Düngemitteln ausgeschlossen. Der Phosphor-Überschuss beträgt ca. 10 Gigatonnen pro Jahr, die jährliche Förderung ca. 17 Gigatonnen. Dazu ist zu bedenken, dass mineralisches Phosphat eine begrenzte Ressource ist, und der Abbau arme und marginalisierte Gemeinschaften durch Bergbauabfälle, Zerstörung von Land und Verletzung von Menschenrechten schädigt.

Luftverschmutzung durch Aerosole

Einerseits ist Luftverschmutzung durch Aerosole, insbesondere Feinstaub, gesundheitsgefährdend. Andererseits wirken sich Aerosole auf die Sonneneinstrahlung aus. Ein zu großer Unterschied zwischen dem Aerosolgehalt auf der Nord- und auf der Südhalbkugel könnte eine Verschiebung des Monsunregens nach Norden oder Süden bewirken. Der Unterschied sollte daher nicht mehr als 15 Prozent betragen.

Um die Wahrscheinlichkeit von erheblichem Schaden durch Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislaufsystems zu minimieren, sollte der Schadstoffgehalt der Luft nicht mehr als 15 μg pro m³ betragen. 85 Prozent der Weltbevölkerung sind derzeit höheren Feinstaubkonzentrationen ausgesetzt, was bewirkt, dass jedes Jahr 4,2 Millionen Menschen vorzeitig sterben.

Gefahr von negativen Kipppunkten

Die Autor:innen warnen, dass dieser sichere und gerechte Bereich immer kleiner wird und dass es ohne drastische Veränderungen im Jahr 2050 nicht mehr möglich sein könnte, im Rahmen der Erdsystem-Grenzen allen Menschen auch nur grundlegende Ressourcen wie Nahrung, Wasser und Energie zur Verfügung zu stellen.

„Es besteht die Gefahr, dass die Systeme der Erde Kipppunkte überschreiten und weiteren Schaden anrichten, wenn wir nicht unsere Energie-, Nahrungsmittel- und Stadtsysteme grundlegend verändern“, erklärt IIASA-Forscherin Caroline Zimm, eine der Studienautor:innen.

Ungleichheit ist das Hauptproblem

Die Studie hebt hervor, dass Ungleichheit und der übermäßige Verbrauch von Ressourcen durch einen kleinen Teil der Weltbevölkerung die Hauptursachen für diesen schrumpfenden Lebensraum sind, und dass ärmere Gemeinschaften, die bereits jetzt am stärksten unter Klimawandel, Artensterben und Umweltverschmutzung leiden, am stärksten gefährdet sind.

In einer früheren Arbeit stellte sich die Earth Commission die Frage: Was würde es für die Erdsystem bedeuten, wenn man allen Menschen, die heute in Armut leben, die Mindestmenge an Ressourcen zur Verfügung stellen würde, die einen grundlegenden Lebensstandard ermöglichen? Das Ergebnis war, dass die Gewährleistung eines Mindestzugangs in der heutigen ungleichen Welt den Druck auf die natürlichen Erdsysteme nur gering vergrößern würde. Mit einer Ausnahme: dem Klima. Auswirkungen auf das Klimasystem könnten erheblich sein. Die Annahme, dass Wirtschaftswachstum zur Verringerung der Armut führt, weil es den Wohlstand für alle, also auch die Ärmsten, erhöht, stimmt nicht mehr. Die Ressourcen der Erde geben das nicht mehr her. Aber der Druck, der entstehen würde, wenn etwa das ärmste Drittel der Menschheit in der Größenordnung des „Mindestzugangs“ konsumieren würde, wäre genauso hoch wie der Druck, der durch den Konsum der reichsten 1 bis 4 Prozent entsteht. Dies bedeutet, dass zur Erreichung gesellschaftlicher und ökologischer Ziele ein transformativer Wandel Ressourcenverbrauch von den „Überkonsument:innen“ zu den „Unterkonsument:innen“ umverteilen muss.

Auch die Wohlhabenden sind gefährdet

Niemand ist jedoch vor den Folgen einer anhaltenden Schädigung der Erdsysteme sicher. Selbst die Wohlhabenden, die die Auswirkungen zunächst vielleicht weniger spüren, sind auf lange Sicht gefährdet, wenn die Umweltsysteme, die Leben und Wirtschaft ermöglichen, zusammenbrechen.

„Wir beginnen zu erkennen, welchen Schaden die Ungleichheit der Erde zufügt. Zunehmende Umweltverschmutzung und schlechte Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen fügen Menschen und Natur erheblichen Schaden zu. Je länger wir die Kluft zwischen denen, die zu viel haben, und denen, die nicht genug haben, vergrößern, desto extremer sind die Folgen für alle, da die Unterstützungssysteme, die unsere Lebensweise, unsere Märkte und unsere Volkswirtschaften stützen, zusammenbrechen“, erklärt Studienleiterin Joyeeta Gupta, ehemalige Co-Vorsitzende der Earth Commission und Professorin für Umwelt und Entwicklung im globalen Süden an der Universität Amsterdam.

Drei Schlüsselbereiche

Um weiteren Schaden zu verhindern und eine stabile Zukunft zu gewährleisten, fordern die Autor:innen dringendes Handeln in drei Schlüsselbereichen:

  • Wirtschaft und Gesellschaft: Regierungen, Unternehmen und Gemeinschaften müssen zusammenarbeiten, um Strategien zu entwickeln, die die Ungleichheit verringern und gleichzeitig den Druck auf den Planeten senken.
  • Ressourcenmanagement: Ressourcen müssen gerechter und effizienter geteilt werden.
  • Nachhaltige Technologien: Wir brauchen mehr Investitionen in nachhaltige Technologien, die weniger Ressourcen verbrauchen und den schrumpfenden sicheren und gerechten Raum wieder öffnen .

Große Veränderungen sind nötig

Diese Veränderungen erfordern große Veränderungen in der Funktionsweise von Gesellschaften, Unternehmen und Volkswirtschaften. Die Autor:innen betonen jedoch, dass das Wissen und die Instrumente für diese Transformationen bereits vorhanden sind.

„Städte und Unternehmen sind besonders gut positioniert, um diese Bemühungen anzuführen, da sie über die Flexibilität verfügen, die Transformation hin zu einem positiven Kippen menschlicher Systeme zu leiten, um ein negatives Kippen des Erdsystems zu vermeiden. Indem sie wissenschaftlich fundierte Ziele setzen und sich auf die Verbesserung der Effizienz und Angemessenheit bei der Nutzung planetarischer Ressourcen und Erdsystemdienste konzentrieren, können sie eine Schlüsselrolle bei der Schaffung einer sicheren und gerechten Zukunft für alle spielen“, sagt der Co-Autor der Studie und IIASA Distinguished Emeritus Research Scholar, Nebojsa Nakicenovic.

Die Autor:innen kommen zu dem Schluss, dass der einzige Weg in eine nachhaltige und gerechte Zukunft darin besteht, die Ungleichheit zu verringern und die Art und Weise zu verändern, wie wir die Ressourcen der Erde nutzen. Wenn wir jetzt handeln, können wir immer noch sicherstellen, dass jede und jeder auf dem Planeten der Armut entkommt und vor Schäden durch Umweltveränderungen geschützt ist. Das Zeitfenster für Maßnahmen schließt sich jedoch schnell.

Referenz
Gupta, J., Bai, X., Liverman, DM, Rockström, J., Qin, D., Stewart-Koster, B., Rocha, JC, Jacobson, L., et al. (2024). Eine gerechte Welt auf einem sicheren Planeten: ein Bericht der Lancet Planetary Health–Earth Commission über Grenzen, Verschiebungen und Transformationen des Erdsystems. The Lancet Planetary Health DOI: 10.1016/S2542-5196(24)00042-1

FacebookrssyoutubeinstagramFacebookrssyoutubeinstagram
Folge uns auch auf Bluesky

Frauen brauchen durch Klimawandel bis zu 30 Prozent mehr Zeit, um Trinkwasser zu holen   

FacebookredditlinkedinmailFacebookredditlinkedinmail
Lesedauer 3 Minuten.   

 Die Zeit, die Frauen in Haushalten ohne Trinkwasseranschluss mit Wasserholen verbringen, könnte infolge des Klimawandels bis 2050 um bis zu 30 Prozent steigen, so das Ergebnis einer neuen Studie, die in Nature Climate Change veröffentlicht wurde. Aufgrund höherer Temperaturen könnte sich in Regionen Südamerikas und Südostasiens der Zeitaufwand für das Wasserholen sogar verdoppeln. Forschende des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) haben die großen Wohlstandsverluste ermittelt, die sich daraus ergeben könnten. Sie heben hervor, dass Frauen besonders betroffen von den sich ändernden Klimabedingungen sind. Weltweit haben derzeit 2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Verantwortung für das Wasserholen liegt in der Regel bei Frauen und Mädchen.

„Der Klimawandel führt zu steigenden Temperaturen und verändert die Niederschlagsmuster – das wirkt sich auf die Verfügbarkeit von Wasser aus. Unsere Studie zeigt, dass die Zeit, die Frauen in Haushalten ohne fließendes Wasser mit Wasserholen beschäftigt sind, in fast allen untersuchten Regionen durch den Klimawandel steigen wird“, sagt Studienautor Robert Carr, Gastwissenschaftler am PIK. Im Durchschnitt verbrachten Frauen in Haushalten ohne fließendes Wasser im Zeitraum von 1990 bis 2019 weltweit täglich 22,84 Minuten mit dem Wasserholen, wobei die Spanne von 4 Minuten in Teilen Indonesiens bis zu 110 Minuten in Regionen in Äthiopien reicht. „Verglichen mit diesen Zahlen, werden Frauen bis 2050 in einem Szenario mit hohen Emissionen bis zu 30 Prozent mehr Zeit pro Tag für das Wasserholen aufwenden müssen. Dieser Anstieg kann auf 19 Prozent reduziert werden, wenn die globale Erwärmung unter 2 Grad Celsius gehalten wird“, so Robert Carr.

„Regional könnte sich die tägliche Zeit zur Wasserbeschaffung bis 2050 bei einem Szenario mit weiterhin hohen Emissionen sogar verdoppeln, etwa in Regionen in Südamerika und Südostasien. Für Regionen in Ost- und Zentralafrika, in denen die Zeit, die mit Wasserholen verbracht wird, heute weltweit am höchsten ist, könnten die Wasserholzeiten um 20 bis 40 Prozent ansteigen aufgrund von höheren Temperaturen in einem Szenario mit hohen Emissionen“, sagt Autor Maximilian Kotz vom PIK. Weltweit verbringen Frauen und Mädchen insgesamt bis zu 200 Millionen Stunden pro Tag mit dieser lebenswichtigen Aufgabe (Stand 2016), die auch eine physische und psychische Belastung darstellt und dazu führen kann, dass ihnen weniger Zeit für Bildung, Arbeit und Freizeit bleibt.

Kosten verlorener Arbeitszeit könnten Dutzende bis Hunderte von Millionen US-Dollar pro Land und Jahr betragen

Auf der Grundlage von Haushaltserhebungen in 347 Regionen auf vier Kontinenten aus den Jahren 1990 bis 2019 untersuchten die Forschenden zunächst, wie sich veränderte Klimabedingungen in der Vergangenheit auf die Wasserholzeiten ausgewirkt haben. „Höhere Temperaturen und weniger Niederschlag haben in der Vergangenheit zu längeren täglichen Wasserholzeiten geführt“, sagt Maximilian Kotz. Dafür gebe es mehrere mögliche Erklärungen: „Aus rein physikalischer Sicht verändern höhere Temperaturen und weniger Niederschlag das Gleichgewicht zwischen Verdunstung und Niederschlag, wodurch die Wasserspiegel sinken. Dadurch wird der Zugang zu Süßwasser erschwert. Außerdem kann der Weg zu Wasserquellen aufgrund von Hitzestress unangenehmer werden und länger dauern.“ Die Forschenden kombinierten die beobachteten Muster mit Temperatur- und Niederschlagsprognosen modernster Klimamodelle (CMIP-6) und analysierten dann die Auswirkungen künftiger Klimaveränderungen auf die täglichen Wasserholzeiten unter verschiedenen Emissionsszenarien.

„Unsere Ergebnisse beleuchten eine geschlechterspezifische Dimension der Folgen des Klimawandels“, sagt Leonie Wenz, Autorin und Leiterin der Forschungsgruppe „Datenbasierte Analyse klimarelevanter Entscheidungsprozesse“ am PIK. „Sie zeigen, wie stark sich der Klimawandel auf das Wohlbefinden von Frauen auswirken wird. Durch längere Wasserholzeiten verlieren sie Zeit für Bildung, Arbeit und Freizeit. Allein die Kosten der verlorenen Arbeitszeit, berechnet anhand des länderspezifischen Mindestlohns, sind bis 2050 beträchtlich. Bei einem Szenario mit hohen Emissionen würden sie sich auf Dutzende bis Hunderte von Millionen US-Dollar pro Land und Jahr belaufen.“

Artikel: Robert Carr, Maximilian Kotz, Peter-Paul Pichler, Helga Weisz, Camille Belmin & Leonie Wenz (2024): Climate change to exacerbate the burden of water collection on women’s welfare globally. Nature Climate Change. [DOI: 10.1038/s41558-024-02037-8]

Weblink zum Artikel: https://www.nature.com/articles/s41558-024-02037-8

FacebookrssyoutubeinstagramFacebookrssyoutubeinstagram
Folge uns auch auf Bluesky