Den En-ROADS-Weltklima-Simulator habe ich vor kurzem auf einem Seminar kennengelernt. Mit diesem Simulator kann die Wirksamkeit von verschiedenen Klimaschutzmaßnahmen bestimmt werden. Als erstes habe ich gleich meine Lieblingsmeinung getestet: Wenn die regenerativen Energien stark gefördert werden, dann kann die Erderhitzung locker unter 2 Grad Celsius gehalten werden.
Ich war maßlos enttäuscht, als fast kein Effekt zu sehen war! Das hat mein Interesse geweckt.
Sie können das selbst überprüfen. Der En-ROADS-Simulator (Energy Rapid Overview and Decision Support) ist frei verfügbar.
Das Fenster öffnet sich und Sie sehen im oberen Teil zwei Diagramme. Das linke Diagramm zeigt die gesamte globale Energie aus jeder Quelle, die zur Deckung des globalen Energiebedarfs bis 2100 erforderlich ist. Im rechten Diagramm sind die Treibhaus-Nettoemissionen pro Jahr bis 2100 dargestellt. Die Zahl rechts oben (3,6 °C) ist der Temperaturanstieg bis 2100. Diesen Anstieg der globalen Temperatur könnten wir erwarten, wenn die Menschheit mehr oder weniger so weitermacht wie bisher.
Im unteren Teil des Fensters finden Sie 18 Schieberegler. Damit können Sie die verschiedenen Klimaschutzmaßnahmen simulieren. In meinem Fall stellte ich den Schieberegler „Erneuerbare Energien ganz nach rechts.
Der Temperaturanstieg reduzierte sich aber nur um 0,1 Grad von 3,6 auf 3,5 Grad. So wenig! Ich war echt verblüfft.
Ich habe also weiter versucht, die Pariser Klimaziele zu erreichen, also die Temperaturerhöhung weit unter 2 Grad zu bringen. Dazu habe ich den Kohlenstoffpreis sehr hoch angesetzt. Ich bewegte den Schieberegler bei “CO2-Preis” ganz nach rechts.
Die Erwärmung im Jahr 2100 wurde jetzt von +3,5°C auf +2,6°C reduziert. Das war zwar ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung, aber der Temperaturanstieg war immer noch viel zu hoch. Diese Erwärmung könnte zum Beispiel den Untergang des Amazonas-Regenwaldes verursachen.
Die Verteuerung der Energie könnte auch zu sozialen Problemen führen. In der Grafik für „Energiekosten“ kann der Preisanstieg überprüft werden. Der Energiepreis würde sich am Anfang verdoppeln. Das zusätzlich eingenommene Geld könnte wieder an die Bürger verteilt werden oder zur Förderung kohlenstofffreier Technologien genutzt werden.
Ich habe mir jetzt angesehen, welche Gase noch zur Erderwärmung beitragen. In der Grafik „Treibhausgas-Netto-Emissionen nach Gas“ stellte ich fest, dass Methan einen großen Beitrag leistet (blaue Fläche)
Meine Idee war jetzt, die Methanemissionen radikal zu senken. In der Beschreibung der Maßnahme konnte ich lesen, dass ein großer Anteil der Methanemissionen aus der Landwirtschaft stammt. Die Landwirtschaft würde sich in diesem Fall radikal ändern.
Ich bewegte also den Schieberegler bei “Methan & andere” ganz nach links und sah, dass die Erwärmung auf 2,2°C reduziert wird. Leider hatte ich mein Ziel immer noch nicht erreicht.
Ich probierte nun weitere Maßnahmen aus, indem ich die entsprechenden Schieberegler betätigte. Dabei stellte ich fest, dass eine weitere Reduzierung des Temperaturanstieges schwierig zu verwirklichen war. Nur durch die Kombination von verschiedenen Maßnahmen konnte ich am Ende mein Ziel erreichen, die Temperaturerhöhung auf deutlich unter 2 Grad zu senken.
Was mich überraschte, war, dass zum Beispiel der Ausbau der Kernkraft oder die Aufforstung als Einzelmaßnahmen relativ wenig bringen. Auch die E-Mobilität alleine kann den Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhundert nicht maßgeblich beeinflussen. Nur die Kombination von verschiedenen Maßnahmen führt am Ende zum Erfolg. Es gibt leider keinen Königsweg im Klimaschutz.
En-ROADS ist ein idealer Ausgangspunkt für Gespräche über den Klimaschutz. Wir könnten zu Beispiel über eine klimagerechte Zukunft reden, die ein gutes Leben für uns alle ermöglichen würde. Wie wollen wir uns ernähren, wie uns fortbewegen? Wie wollen wir als Gemeinschaft in Deutschland und auch als Weltgemeinschaft leben?
En-ROADS ist auch sehr gut geeignet für den Unterricht. Die Wirksamkeiten der verschiedenen Klimaschutzmaßnahmen werden gut veranschaulicht und diverse Rebound-Effekte (Abprall-Effekte) sind gut zu erkennen.
Allgemeine Informationen zu En-ROADS:
Der En-ROADS-Simulator wurde von dem US-Think Tank Climate Interactive zusammen mit der UML Climate Change Initiative, der Sloan Management School des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Softwarefirma Ventana entwickelt. Der Simulator wird laufend aktualisiert. Das Simulationsmodell wurde bereits bei den verschiedensten Zielgruppen eingesetzt, von Regierungsvertretern über Führungskräfte aus der Wirtschaft bis hin zu Schülern und Studenten.
Weitere Informationen:
Wenn Sie an einem kostenlosen Webinar zur Einführung in den Simulatior interessiert sind, können Sie sich unter der Mailadresse anmelden.
Interaktive Rollenspiele: Den Klimawandel in die Klasse holen
Welche Lösungen sind wirklich wirksam im Kampf gegen den Klimawandel?
Interview mit Florian Kapmeier, Professor für Strategie an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen, der seit vielen Jahren mit Climate Interactive zusammenarbeitet.
Die Links wurden am 03-07-2021 abgerufen.
Folge uns auch auf Bluesky