Greenwashing: Amazon-Beschäftigte legen „NICHT-Nachhaltigkeitsreport“ vor

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Lesedauer 5 Minuten.   

Eine Streikdrohung von Amazon-Beschäftigten im Rahmen des globalen Klimastreiks 2019 veranlasste Amazon, eine „Klimaverpflichtung“ zu veröffentlichen. Nun haben Amazon-Mitarbeiter:innen einen Bericht vorgelegt, in dem sie zeigen, dass Amazons Engagement für Klimaschutz einer näheren Untersuchung nicht standhält.

Im Jahr 2018 hatte Amazon keinen umfassenden Plan zum eigenen Beitrag in der Bewältigung der Klimakrise. Es wurden nicht einmal Daten zum CO2-Fußabdruck veröffentlicht. Also kam eine Gruppe von IT-Arbeiter:innen zusammen und beschloss, das zu ändern. Einen Teil ihres Arbeitslohns hatten sie in Form von Aktien bekommen. Daher versuchten sie, ihre Macht als Aktionär:innen zu nutzen, um als Gruppe eine Resolution einzureichen, in der sie Amazon aufforderten, einen Klimaplan zu veröffentlichen. Sie schrieben und verteilten einen offenen Brief und sammelten über 8.700 Unterschriften von Mitarbeiter:innen. Amazon reagierte mit seiner ersten öffentlichen Klimaverpflichtung, sogar datiert, die den Titel Shipment Zero trug [bis 2030 sollten 50 % aller Sendungen CO2-neutral zugestellt werden]. Es forderte die Gruppe auf, ihre Resolution zurückzuziehen. Als Reaktion bevölkerte diese die jährliche Aktionärsversammlung mit besorgten Mitarbeiter:innen. Unter der Federführung durch den Vorstand wurde die Resolution abgelehnt. Also beschlossen sie, im Rahmen des globalen Klimastreiks 2019 ihren eigenen Streik zu organisieren und sammelten über 1.700 Zusagen von Mitarbeiter:innen aus aller Welt, sich dem Streik anzuschließen.

Am Abend vor dem Streik tat Amazon endlich, was seine Beschäftigen gefordert hatten: Jeff Bezos hielt eine Überraschungspressekonferenz ab und verkündete die Klimaverpflichtung [Climate Pledge]. Die Klimaverpflichtung erfordert von Amazon und jedem Unternehmen, das sie unterzeichnet, bis 2040 in allen seinen Betrieben Netto-Null-Emissionen zu erzielen. Amazon bekräftigte auch sein Ziel von Shipment Zero (eine Verpflichtung, die es später aufkündigte) und kündigte Initiativen für Elektrofahrzeuge und Wiederaufforstungen an. Und es veröffentlichte zum ersten Mal seine CO2-Bilanzdaten und verpflichtete sich, regelmäßig über CO2-Emissionen zu berichten.

Die Klimaverpflichtung war ein großer Sieg für die Arbeiter:innen und für den Planeten. Dies war auch der Ursprung der Gruppe: Amazon Employees for Climate Justice (AECJ). Aber obwohl der Konzern seitdem jedes Jahr einen glänzenden Nachhaltigkeitsbericht eröffentlicht, erreicht Amazon seine Ziele nicht. Daher fand es die Gruppe an der Zeit, selber einzugreifen. Hier sind einige die wichtigsten Erkenntnisse:

Amazon bewegt sich bei seinem wichtigsten Ziel in die falsche Richtung. Das Unternehmen hat versprochen, bis 2040 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Aber es hat keine Zwischenziele, um dieses Ziel zu erreichen, und seine jährlichen CO2-Emissionen sind seit 2019 um satte 40 % gestiegen. Tatsächlich stößt Amazon mehr CO2 aus als zum Beispiel Österreich, und mehr als die 72 Länder mit den niedrigsten Emissionen zusammengenommen.

Amazon unterschätzt seine CO2-Emissionen dramatisch. Beispielsweise umfassen diese nicht die Lebenszyklus-Emissionen aller Produkte, die das Unternehmen verkauft; hingegen zählt es nur die Emissionen von Produkten der Marke Amazon, die läppische 1 % des Umsatzes ausmachen. Amazon hinkt hinter anderen großen Einzelhändlern wie Target und Walmart zurückliegt, die in ihre Kalkulationen auch die Emissionen von Produkten von Drittanbietern einbeziehen.

Anstatt Transparenz zu praktizieren, hat Amazon still und leise ein Ziel gelöscht, das es nicht erreichen konnte. Ein Investigativreporter fand heraus, dass das Unternehmen sein Ziel „Shipment Zero“, das heißt die Hälfte aller Sendungen bis 2030 auf Netto-Null zu bringen, entfernt und den ursprünglichen Blog-Beitrag gelöscht hat, in dem dieses Ziel angekündigt wurde. Amazon wurde auch aus der Initiative „Science Based Targets Initiative“, die die evidenzbasierten Ziele von Unternehmen validiert, entfernt, nachdem Amazon seiner Verpflichtung zur Teilnahme nicht nachgekommen war.

Auf einer Deponie bei Seattle wurden diese Lebensmittel aus dem „analogen“ Supermarkt Amazon Go gefunden.

Trotz Behauptungen, dass das Unternehmen auf dem besten Weg sei, bald 100 % erneuerbare Energie zu erreichen, ist die Realität, dass seine Rechenzentren die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen in die Höhe treiben. Die Untersuchungen der Gruppe zeigen, dass Amazon kreative Buchführung betreibt und sich übermäßig auf minderwertige Zertifikate für erneuerbare Energien (RECs) verlässt. Wenn man sich die Standorte in den USA ansieht, an denen Amazon tatsächlich seine Rechenzentren betreibt, zeigt sich, dass Amazon nur 22 % erneuerbare Energie von den lokalen Versorgungsunternehmen in diesen Regionen bezieht. Und das Unternehmen investiert in den Ausbau von Rechenzentren an Standorten, die stark von Öl, Gas und Kohle abhängig sind – wie Nord-Virginia und Saudi-Arabien.

Amazon verdient Milliarden mit dem Verkauf maßgeschneiderter KI-Dienste an fossile Brennstoffunternehmen und hilft ihnen, mehr Öl und Gas zu fördern. Es ist davon auszugehen, dass Amazon Web Services (AWS) im nächsten Jahr allein mit der Öl- und Gasindustrie jährlich 9,6 Milliarden US-Dollar verdienen könnte – etwa 10 % des AWS-Umsatzes.

Amazons aktuelle Verpflichtungen für Elektrofahrzeuge werden wahrscheinlich nicht einmal ein Drittel der Pakete abdecken, die das Unternehmen im Jahr 2030 zustellen soll. Amazons bestehende Einsätze von Elektrolieferfahrzeugen decken nur Fahrten für etwa 2 % der Pakete ab, die es im letzten Jahr ausgeliefert hat.

Amazons Lagerhäuser verursachen massive Luftverschmutzung, die vor allem die umliegenden Communitys von People of Color betrifft. Bei 69 % der Amazon-Lagerhäuser in den USA leben im Umkreis von einer Meile mehr People of Color als im Rest der Region.

Der Bezirk San Bernardino, ein Gebiet voller Amazon-Lagerhäuser, wurde als das Gebiet mit der schlimmsten Ozonverschmutzung in den USA eingestuft und litt kürzlich an durchschnittlich 175 Tagen im Jahr unter ungesunder Luft. Wie kann Amazon behaupten, gegenüber der Umwelt und den Gemeinden verantwortlich zu sein, wenn seine Geschäftsaktivitäten die Asthma-, Herzkrankheits-, Lungenkrebs- und vorzeitigen Todesfälle in den umliegenden Gemeinden in die Höhe treiben?

Amazon-Lager- und Liefer-Arbeiter:innen leiden unter extremer Hitze. Als Reaktion auf die Beschwerden von Arbeiter:innen in einem Lager in San Bernardino behauptete das Unternehmen, dass die Temperaturen in der Anlage nie 25 Grad Celsius überschritten hätten. Arbeiter:innen schmuggelten Thermometer hinein und registrierten Temperaturen von bis zu 32 Grad im Lager, 35 Grad in Lastwagen und 49 Grad auf dem Rollfeld, wo die Arbeiter:innen einen Großteil ihrer Tage damit verbrachten, Flugzeuge zu entladen. Das Amazon-Management verteilte in Chicago Eis am Stiel, anstatt eine Klimaanlage zu installieren, weigerte sich, kaputte Ventilatoren in der Region Seattle zu reparieren, und weigerte sich sogar am Standort Bessemer, Alabama, die vorhandenen Ventilatoren einzuschalten. Extreme Hitze ist eine Frage von Leben und Tod – Arbeiter:innen in New Jersey sind während Hitzewellen zusammengebrochen und gestorben. Wie kann Amazon behaupten, dass es danach strebt, „der sicherste Arbeitsplatz der Welt“ zu sein, während es die Arbeiter:innen bei extremem Wetter um angemessene Bedingungen betteln lässt?

Amazon-Lagerarbeiter:innen fordern das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren,, um sich gegen schlechte Arbeitsbedingungen wehren zu können.

Die Verletzungsraten für schlecht bezahlte Logistik-Arbeiter:innen bei Amazon gehören zu den höchsten in der Branche. Amazons Verletzungsrate ist fast dreimal so hoch wie die von Walmart. Über 40 % der Lagerarbeiter:innen bei Amazon berichten von Arbeitsunfällen. Unterdessen wendet Amazon beträchtliche Ressourcen auf, um die Versuche der Arbeiter:innen zu unterdrücken, sich zusammenzuschließen und sicherere Arbeitsbedingungen zu fordern. Amazon stellt sogar die Existenz des National Labor Relations Board, der US-Bundesbehörde, die das Recht der Arbeiter:innen auf Mitsprache am Arbeitsplatz durchsetzt, rechtlich in Frage. Wie kann Amazon behaupten, es strebe danach, „der beste Arbeitgeber der Welt zu sein“, während es gleichzeitig versucht, den Arbeiter:innen jegliche Rechtsmittel zu entziehen, wenn ihre Rechte verletzt werden?

Der Bericht enthält auch Verbesserungsvorschläge und Visionen für einen ehrlicheren und nachhaltigeren Plan für die Zukunft. Die Verfasser:innen rufen auf:

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