Ein britisches Projekt zielt darauf ab, frühe Anzeichen von Klima-Kipppunkten zu identifizieren: In einem ehrgeizigen Versuch, Klimakatastrophen vorherzusagen, werden Wissenschaftler Drohnenflotten, kosmische Strahlungsdetektoren und die Muster von Planktonblüten einsetzen. Ziel des von der Forschungsagentur ARIA finanzierten Programms ist die Entwicklung eines Frühwarnsystems, das eine Vorhersage des Auslösens von Kipppunkten in der Größenordnung von Jahrzehnten liefern könnte. ARIA ist eine unabhängige Einrichtung des UK Ministeriums für Wissenschaft, Innovation und Technologie.
Das Programm, für das eine Kickstart-Finanzierung von 81 Millionen Pfund bewilligt wurde, bringt 27 Expertenteams aus den Bereichen Klimawissenschaft, Optik, Informatik, Mathematik, Statistik, Photonik und Kernphysik zusammen. Es konzentriert sich auf zwei Kipppunkte , bei denen ein besonders hohes Risiko besteht: der Zusammenbruch des grönländischen Eisschildes, der einen enormen Anstieg des Meeresspiegels zur Folge hätte, und der Zusammenbruch wichtiger Meeresströmungen im Nordatlantik, der globale Veränderungen der Niederschlagsmengen zur Folge hätte und die Nahrungsmittelversorgung schwer beeinträchtigen würde.
Eine solche Warnung wäre ein enormer Anreiz für die Welt, den Klimaschutz zu beschleunigen, sagte Prof. Tim Lenton von der Universität Exeter und Leiter eines der Aria-Teams. Selbst wenn der Kipppunkt nicht aufgehalten werden könnte, würde eine Warnung der Gesellschaft wertvolle Zeit verschaffen, sich auf die schwerwiegenden Auswirkungen vorzubereiten.
Wissenschaftler haben mindestens 16 gefährliche Kipppunkte identifiziert , vom Zusammenbruch des Permafrosts im Norden bis zur Verschiebung des Monsuns in Westafrika, und es ist möglich, dass einige davon bereits überschritten sind.
Trumps Regierung hat die NASA-Chefwissenschaftlerin Katherine Calvin und andere US-Beamte daran gehindert, diese Woche an einem Treffen in China teilzunehmen, bei dem es um die nächste Klimabewertung der Vereinten Nationen geht . Das Planungstreffen soll mit der Annahme eines Entwurfs für die siebte Klimabewertung des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) enden. Diese Bewertungen werden von Regierungen weltweit zur Gestaltung ihrer Klimapolitik verwendet. Laut einem US-Beamten hat die NASA auch einen Vertrag gekündigt, der ein Team finanzierte, das die Klimabewertung administrativ und technisch unterstützen sollte. Quelle: Nature, https://www.nature.com/articles/d41586-025-00596-0
Wenn es um die Notwendigkeit geht, die Systeme der Mobilität klimagerecht zu gestalten, spricht man in der öffentlichen Diskussion vorrangig mit physikalischen und technologischem Vokabular: Emissionswerte, Antriebssysteme, Geschwindigkeit, Wegelängen, Frequenzen…Diese Begriffe mögen für die Planung und Implementierung von Maßnahmen wichtig sein, für die individuelle Verhaltensänderung, von der letztlich der Erfolg der Mobilitätswende abhängt, sind sie sekundär. In der Gestaltung der Alltagsmobilität, bei der Wahl der Ziele, des Wohnortes, der Orte der Ausbildung und des Arbeitens dominiert die räumliche Wahrnehmung. Hier wirkt eine individuelle Psychogeografie: die Verortung des Selbst und die Einschätzung der räumlichen Möglichkeiten. Es werden vorrangig die Qualitäten von Wegen eingeschätzt, woraus sich auch die Wahrnehmung von Entfernung ergibt.
Angenehme Wege wirken kurz, unangenehme endlos. Befindet man/frau sich im semi-ruralen Raum, der österreichischen Version von Suburbia, wo etwa die Hälfte der Wohnbevölkerung zuhause ist1, schätzt man/frau etwa den Weg zur nächsten Bushaltestelle ein, die Bedingungen an der Haltestelle, im Bus selbst, am Zielort und entlang des restlichen Weges. Auf dieser Grundlage werden die Mobilitätsentscheidungen getroffen: Da geht es nicht allein um das Verkehrsmittel, sondern grundsätzlich um Wahl des Ziels, Häufigkeit des Weges, Uhrzeit und letztlich auch darum, ob der Weg überhaupt notwendig ist. Das gilt analog auch für städtische Gebiete, wobei sich niemand anmaßen sollte, zu definieren, wo diese „Stadt“ beginnt. Österreichische Städte bestehen zu großen Teilen aus „Flächenbezirken“, in denen die semi-rurale Psychogeografie dominiert.
Ob aus der individuellen Verortung und Einschätzung der Mobilitätsoptionen die Wahl auf ein öffentliches Verkehrsmittel, kombiniert mit Fußwegen, auf das Fahrrad oder auf das Auto, oder auf Kombinationen aus diesen Modi fällt, hängt also nicht allein vom technologischen Angebot, sondern wesentlich von qualitativen Faktoren ab, vor allem von räumlichen Qualitäten. Um es abzukürzen: Bei einem Großteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter2 führt die Conclusio dieser Abwägungen dazu, nicht zu Fuß aus dem Haus zu gehen, sondern in die Garage, wo die Erweiterung des eigenen Wohnzimmers auf Rädern bereitsteht. Unser Land ist dazu bestens ausgelegt. Wir sind tatsächlich ein „Autoland“.
So etwas wie Chancengleichheit zwischen den Verkehrsmodi gibt es nur in jenen Siedlungsgebieten, deren räumliche Konzeption aus der Zeit vor der Massenautomobilität stammt, also in jenen historischen Stadtvierteln und Ortskernen, die den Furor der automobilen Modernisierung überlebt haben: Autofahren und Parken ist kompliziert, öffentliche Verkehrsmittel sind gut erreichbar und meist ist auch der Weg dorthin dergestalt, dass man ihn unter Wahrung der Menschenwürde zurücklegen kann. Der Blick in die historischen Stadträume darf aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass der öffentliche Verkehrsraum in Österreich von den meisten Menschen als feindlich wahrgenommen und folglich gemieden wird – durchaus begründet – ist er doch fast durchgehend von der Logik des Autoverkehrs geprägt. Hier beginnt die Frage der Gerechtigkeit.
Mit welchem Recht konsumieren Autofahrer und Autofahrerinnen einen überproportionalen Anteil an dieser öffentlichen Ressource, nicht nur in Form quantitativer Inanspruchnahme, sondern auch durch qualitative Degradierung? Warum wird es akzeptiert, dass Menschen in Autos in ihrem optimierten persönlichen Ambiente durch Straßen gleiten und dabei die Effekte ihrer Mobilitätspräferenz in vielfältiger Weise externalisieren? Warum werden Dauerlärm, städtebauliche Verödung, Entwertung von Wohnungen und Geschäftsstandorten, Unsicherheit und Marginalisierung politisch legitimiert? Ohne hier die Komplexität der Motive zu kleinzureden: die Persistenz dieses Dauerskandals liegt darin, dass er von einer Bevölkerungsmehrheit verursacht wird. Doch auch in einer Demokratie ist ist nicht alles recht, was einer Mehrheit recht ist.
In Fragen der Gerechtigkeit geht es um Grundbedingungen des Zusammenlebens. Das gilt auch für räumliche Gerechtigkeit, wie sie in den Sozialwissenschaften unter dem Titel Spatial Justice3 behandelt wird. Hier geht es um die gerechte Allokation öffentlicher Güter, um Umweltgerechtigkeit, Generationengerechtigkeit, Entwicklungsfähigkeit und um gleichberechtigten Zugang aller Bevölkerungsgruppen zur Entscheidungsfindung. Blickt man auf die anerkannten Maßnahmen zur Verwirklichung der Mobilitätswende – Förderung des Fuß- und Radverkehrs, Rückbau der automobilen Infrastruktur, Ausbau der öffentlichen Mobilitätsangebote – so dienen diese und so rechtfertigen sich diese gleichermaßen aus Gründen der Rettung des Weltklimas als auch der Gerechtigkeit unter Menschen.
2021: Bewohner:innen von Ein- und Zweifamilienhäusern: 48,3% (Statistik Austria) ↩︎
BMViT: Österreich unterwegs 2013/2024: Werktäglicher Modal Split, (S. 81). Der Anteil der Kfz-Wege liegt bei den Alterskohorten 20-60 Jahre zwischen 55% und 62%. ↩︎
Literatur Susan FAINSTEIN: The Just City, Cornell University Press, 2010; Johannes FIEDLER, Melanie HUMANN, Manuela KÖLKE: Radical Standard – zur Umsetzung von Spatial Justice in der städtebaulichen Planung; TU Braunschweig 3/2013; Peter MARCUSE, James CONOLLY, Johannes NOVY, Ingrid OLIVO, Cuz Potter, Justin STEIL et al.: Searching for the Just City, Routledge, Oxon 2009; John RAWLS: A Theory of Justice, The President and Fellows of Harvard College, 1971, deutsch: Eine Theorie der Gerechtigkeit; Suhrkamp Frankfurt/Main 1979; Edward SOJA: Seeking Spatial Justice, University of Minnesota Press, Minneapolis 2010 ↩︎
Wie der Guardian berichtet, endete die UN-Biodiversitätskonferenz (COP16) in Rom mit einer brüchigen Einigung, doch Fragen zur Finanzierung bleiben bestehen. Das Abkommen stellt einen Fahrplan für die Finanzierung des Biodiversitätsschutzes dar. Die Einigung beendete eine Sackgasse bei den UN-Gesprächen, die als Test für die internationale Zusammenarbeit angesichts geopolitischer Spannungen angesehen werden.
Trotz einiger Erfolge wurden schwierige Fragen auf die lange Bank geschoben, darunter die Schaffung eines neuen Fonds zur Verteilung der Gelder. Und auch bei wichtigen Themen wie naturzerstörenden Subventionen und der Reduzierung der Umweltverschmutzung kam man nicht voran.
Viele Entwicklungsländer forderten ein neues Bankkonto zur Verteilung von Naturfinanzierungen. Sie argumentieren, dass der derzeitige Fonds – der Teil der Globalen Umweltfazilität (GEF) ist – zu aufwändig zu bedienen sei und von reichen Ländern kontrolliert werde. Dies war das Thema der angespanntesten Verhandlungen.
Im Jahr 2028 werden sich die Länder darüber einigen, was mit dem neuen Fonds geschehen soll. Bis dahin liegen alle Optionen auf dem Tisch: Es könnte sich um einen neuen Fonds handeln oder um einen bestehenden Fonds, der ansprechender gestaltet wurde.
Bei der COP16 im Jahr 2022 einigten sich die Länder, jährlich 700 Milliarden Dollar an Finanzmitteln für die Natur bereitzustellen, beginnend mit 200 Milliarden Dollar jährlich bis 2030. Wissenschaftler schätzen, dass 700 Milliarden Dollar der Betrag sind, der erforderlich ist, um die Artenvielfalt nachhaltig zu bewirtschaften und die Zerstörung von Ökosystemen und Arten zu stoppen. Diese Zahl umfasst alle Finanzierungen – auch die des privaten Sektors, von gemeinnützigen Organisationen, NGOs und Regierungen. Im Rahmen dieser Summe haben reichere Länder versprochen, ärmeren Ländern bis 2025 jährlich 20 Milliarden Dollar an öffentlichen Mitteln zur Verfügung zu stellen. eine Frist, die bisher nicht eingehalten wurde. Die Verhandlungsführer einigten sich auf einen Fahrplan zur Beschaffung der Mittel, der die Suche nach neuen Finanzierungsformen sowie die Förderung höherer Ausgaben der Entwicklungsbanken für die Biodiversität umfasst.
Zum ersten Mal wird es einen „internationalen Dialog“ zwischen den Finanz- und Umweltministern geben (wie es auch im Rahmen des UN-Klimaabkommens geschieht), der sicherstellen soll, dass die Finanzierung der Biodiversität nicht auf die Umweltministerien beschränkt bleibt.
Bei der COP17 im Jahr 2026 wird es darum gehen, zu messen, wie gut die Länder im Vergleich zu ihren Zielen abschneiden. In Rom haben sie beschlossen, welche Indikatoren sie für die Vorlage ihrer nationalen Berichte verwenden werden.
Der Cali-Fonds, der beim Treffen in Cali, Kolumbien geschaffen wurde, soll eine Möglichkeit schaffen, Geld von Unternehmen zu verteilen, die von der Genetik der Natur profitieren. Der Fonds wurde ohne jegliche Zusagen ins Leben gerufen, aber die UN sagte, dass Zusagen „sehr bald“ erfolgen würden. Laut der Vereinbarung müssten Unternehmen, die zwei von drei Kriterien erfüllen – Umsatz von mehr als 50 Millionen Dollar (39 Millionen Pfund), Gewinn von mehr als 5 Millionen Dollar und Gesamtvermögen von 20 Millionen Dollar – 1 Prozent ihres Gewinns oder 0,1 Prozent ihres Umsatzes in den Fonds einzahlen.
Das Abkommen ist freiwillig und die Regierungen müssen die entsprechenden Regeln auf nationaler Ebene umsetzen, damit es Wirkung zeigt.
Der oft befürchtete Zusammenbruch eines der wichtigsten Meeresströmungssysteme, nämlich der „Atlantischen Meridionalen Umwälzströmung“ (AMOC), angesichts drastischer Klimaveränderungen ist laut einer in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Studie unwahrscheinlich . Die AMOC ist die atlantische Komponente des globalen Ozean-Förderbands, eines großräumigen Ozeanzirkulationssystems, das auf seinem Weg Wärme, Salz, Kohlenstoff und andere biogeochemische Elemente transportiert. Somit ist die AMOC eine entscheidende Komponente des globalen Wärme-, Salz-, Nährstoff- und Kohlenstoffhaushalts im Ozean, der das regionale Klima, den Meeresspiegel und die marinen Ökosysteme beeinflusst.
Ein Team um J. A. Baker vom UK Met Office hat herausgefunden, dass die AMOC zumindest bis zum Ende des Jahrhunderts bestehen bleibt, obwohl frühere Vorhersagen lauteten, dass sie bei weiterer Erwärmung der Erde zerfallen würde. Die vereinten Kräfte verschiedener Meeresströmungen und Winde würden das System selbst unter den pessimistischsten Klimaszenarien stabil halten, sagen die Wissenschaftler:innen. Die Studie zeigte jedoch auch, dass die AMOC schwächer werden könnte, was schädliche Folgen haben könnte.
Baker und sein Team untersuchten anhand von 34 Klimamodellen, wie die AMOC auf zwei Extremszenarien reagieren könnte: eine Vervierfachung des Kohlendioxidgehalts gegenüber vorindustriellen Werten und die Zugabe enormer Süßwassermengen duch das Abschmelzen des grönländischen Eisschildes . Das Team kam zu dem Ergebnis, dass die AMOC in beiden Szenarien schwächer würde, aber nicht zusammenbrechen würde.
Degrowth oder Postwachstum bezeichnet eine grundlegende Transformation unserer Wirtschaftsweise und Gesellschaft, die ein gutes Leben für alle zum Ziel hat. Durch die Etablierung eines bedürfnisorientierten und kooperativen Wirtschaftssystems sollen bestehende, umweltschädigende Profit- und Wachstumszwänge von Unternehmen sowie die daraus resultierende Ausbeutung von Menschen und Natur überwunden werden. Zugleich sollen strukturelle Ungleichheiten verringert werden. Für diese ökonomische Re-Orientierung ist eine grundlegende Veränderung unserer Lebensweise und ein kultureller Wandel notwendig [1].
Der Beitrag von Degrowth zum Klimaschutz
Zur Einhaltung der Pariser Klimaziele braucht es gemäß des Weltklimarats IPCC schnelle, weitreichende und beispiellose Maßnahmen auf allen Ebenen [2], entsprechend auch Veränderungen des Wirtschaftssystems. Degrowth steht für einen gezielten Rückbau von treibhausgas-intensiven, nichtnachhaltigen Sektoren und Industrien auf globaler Ebene. Dazu zählen u. a. Werbe-, Waffen-, Fast-Fashion-, Kreuzfahrt-, Flugverkehrs- und fossile Industrien, der spekulative Börsen- und Finanzsektor sowie die chemisch-industrielle Landwirtschaft. Zudem würden verlängerte Nutzungsdauern, die einfache Reparierbarkeit von Produkten und Kreislaufwirtschaft zum Standard werden. Degrowth bedingt zugleich einen gezielten Ausbau sozial-ökologischer Infrastrukturen (z. B. erneuerbare Energien, öffentlicher Verkehr & Daseinsvorsorge), die eine gerechte und klimafreundliche Versorgung für alle ermöglichen [3].
Transformation als komplexe Herausforderung
Der Umbau zu einer Postwachstums-Wirtschaft benötigt eine breite gesellschaftliche Debatte, da diese Transformation mit Konflikten und Widersprüchen konfrontiert ist. So sind z. B. unsere sozialen Sicherungssysteme und unser Wohlstand aktuell von Wirtschaftswachstum abhängig. Die Erhöhung des Lebensstandards in Ländern wie Österreich im 20. Jhd. ging stets mit Steigerungen materiellen Besitzes einher [4]. Aus dieser Perspektive wird Wachstum als gesellschaftlich positiv gewertet, während negative Wachstumsraten mit Wohlstandsverlusten gleichgesetzt werden.
Degrowth vs. Rezession
Mit Degrowth ist keine wirtschaftliche Rezession gemeint, sondern ein Paradigmenwechsel hin zu einer Wirtschaft und Gesellschaft, die auch ohne ökonomisches Wachstum florieren können. Das zentrale Stichwort ist: “change by design, not by disaster” [4]. Dabei stellen sich Fragen von Verteilungsgerechtigkeit, Machtverhältnissen und der Rolle von Institutionen. Degrowth will einerseits die ökologische Notwendigkeit des Wandels und andererseits die möglichen Schritte zu einer Postwachstumsökonomie in ihrer Vielfalt, Widersprüchlichkeit und Komplexität darstellen.
Hauptaussagen
Degrowth bezeichnet eine ökonomische Strömung bzw. eine Bewegung für eine Transformation unserer Wirtschafts- und Lebensweisen im Sinne der Klima- und Biodiversitätsziele.
Ziele von Degrowth sind u. a. eine gerechtere Verteilung von Wohlstand und die Schonung von Ressourcen, um ein gutes Leben für alle innerhalb planetarer Grenzen zu ermöglichen.
Degrowth ist primär als Konzept für den Globalen Norden zu sehen, um eine nachhaltigere Zukunftsperspektive für Länder wie Österreich zu entwickeln.
Historische Verantwortung des Globalen Nordens
Die Länder des Globalen Nordens, u. a. Europa, USA, Kanada, Australien und Japan, haben durch ihre frühe Industrialisierung historisch am stärksten zur Erderhitzung beigetragen und zugleich am meisten von den materiellen und technischen Fortschritten profitiert – nicht zuletzt durch die Kolonialisierung und Ausbeutung anderer Kulturen und Ökosysteme, insbesondere im Globalen Süden. Degrowth ist daher vorrangig als Konzept für den Globalen Norden zu sehen, um die ökonomische Aktivität der reichsten Länder auf ein global faires Maß innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen zu senken. Ein gezielter Umbau der Wirtschaft soll Ländern des Globalen Südens ermöglichen, ihren Lebensstandard ohne Wachstumsdruck klimaschonend und sozial gerecht zu heben, Stichwort „ein gutes Leben für alle“ [5],[6].
Ressourcenverbrauch in Österreich als Gerechtigkeitsfrage
Österreich liegt heute mit jährlichen CO2-Emissionen pro Kopf von 8,3 Tonnen (für das Jahr 2020) [7] über dem globalen Durchschnitt von 6,7 Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr [8]. Laut dem Global Footprint Network verbraucht Österreich jährlich die natürlichen Ressourcen der Erde in einem Ausmaß, als stünden uns 3,8 Planeten zur Verfügung [9]. Zugleich besteht innerhalb des Landes ein Gerechtigkeits-Gefälle: Die reichsten 10% der Bevölkerung emittierten im Jahr 2019 durchschnittlich 42 Tonnen CO2-Äquivalente [10]. Degrowth zielt auf eine Schrumpfung des Material- und Energiemetabolismus [11] sowie eine sozial gerechte Umverteilung materiellen Wohlstands auch innerhalb von Staaten ab.
„Grünes Wachstum“ durch Entkopplung?
Bisherige Strategien setzen vorwiegend auf Effizienz, um Treibhausgas-(THG)-Emissionen und Wirtschaftswachstum zu entkoppeln [12]. Meta-Studien zeigen jedoch: Die benötigte Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch bzw. THG-Emissionen kann aktuell nicht ansatzweise erzielt werden [13]. Mit wachstumsorientierten Strategien würden Länder wie Österreich im Schnitt 220 Jahre benötigen, um ihre Emissionen um 95% zu reduzieren [14] – statt wie geplant bis zum Jahr 2040. Sogenanntes „grünes Wachstum“, mit dem Klimaziele eingehalten werden können, bleibt unerreicht.
Differenzierte Transformation von Industrien in einer Postwachstumsgesellschaft [16]
BIP-Problematik und alternative Wohlstandsindikatoren
Schon die Vorstellung von „Wachstum“, die durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als zentrale Maßzahl repräsentiert wird, ist irreführend und reformbedürftig. Das BIP verbucht Schäden und Verluste für Menschen und Natur als wachstumsfördernd, wenn dafür Kosten anfallen. Wenn Wiesen, Felder und Wälder für klimaschädliche Infrastruktur versiegelt werden, dann trägt das zum BIP-Wachstum bei und vermittelt eine falsche Vorstellung von „Fortschritt“. Wirksame Klimaschutz-Maßnahmen ohne eine finanzielle Transaktion werden hingegen nicht erfasst.
Alternative Wohlstandsindikatoren, wie der Genuine Progress Indicator (GPI), der Nationale Wohlfahrtsindex (NWI) oder auch der Happy Planet Index (HPI) sollten verstärkt in Entscheidungsprozessen herangezogen werden [15].
Konkrete Maßnahmen und Ansätze von Degrowth
Auf politisch-ökonomischer Ebene sieht Degrowth z. B. Folgendes vor: Umbau von Finanzinstitutionen, Arbeitszeitverkürzung [5], demokratische Unternehmensformen, Einkommensobergrenzen, progressive Besteuerung von Reichtum, Erbe und Materialverbrauch, bedingungsloses Grundeinkommen bzw. staatliche Grundversorgung, Priorisierung von Bildung, Pflege, Nachhaltigkeit und Gesundheit. Auf gesellschaftlich-kultureller Ebene forciert Degrowth: Achtsamkeit, Solidarität und Kooperation als Basis für eine neue Wirtschaftsordnung [1], Überwindung patriarchaler, sexistischer und rassistischer Strukturen, Schaffung von nicht-hierarchischen Kulturen der Partnerschaft und Verbundenheit mit allen Lebewesen.
[2] Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle (2018): Sonderbericht 1,5 °C globale Erwärmung (SR1.5). www.deipcc.de/256.php.
[3] Barlow, N., et al. (2022). Degrowth & Strategy. How to bring about social-ecological transformation. Mayfly Books. mayflybooks.org/degrowth-strategy/. [
4] Haderer, M., et al. (2022): Perspektiven zur Analyse und Gestaltung von Strukturen klimafreundlichen Lebens. In: APCC Special Report: Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben). Springer Spektrum: Berlin/Heidelberg. link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-662-66497-1 32?pdf=chapter%20toc .
[5] Kreinin, H., Aigner, E. (2021). From “Decent work and economic growth” to “Sustainable work and economic degrowth”: a new framework for SDG 8. Empirica (2022) 49:281–311. doi.org/10.1007/s10663-021-09526-5.
[6] D’Alisa, G., et al. (2015). Degrowth. A Vocabulary for a New Era. Routledge. www.routledge.com/Degrowth-A-Vocabulary-for-a-New-Era/DAlisa-Demaria-Kallis/p/book/9781138000773.[7] https://de.statista.com/ statistik/daten/studie/962397/umfrage/treibhausgasemissionen-pro-kopf-in-oesterreich/.
[10] Essletzbichler, J., et al. (2023). Kapitel 17. Soziale und räumliche Ungleichheit. In: APCC Special Report: Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben). Springer Spektrum: Berlin/Heidelberg. ssrn.com/abstract=4225615.
[11] Kallis, G., et al. (2018). Reserach On Degrowth. Annual Review of Environment and Resources Volume 43:291-316, 2018. doi.org/10.1146/annurev-environ-102017-025941 .
[12] APCC Special Report: Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben) [Görg, C., Madner, V., Muhar, A., Novy, A., Posch, A., Steininger, K. W., Aigner, E. (Hrsg.)]. Springer Spektrum: Berlin/Heidelberg. klimafreundlichesleben.apcc-sr.ccca.ac.at/wp-content/uploads/2023/04/ APCC2023 KapitelI ZusammenfassungFuerEntscheidungstragende.pdf.
[13] Parrique T., et al. (2019). Decoupling Debunked: Evidence and arguments against green growth as a sole strategy for sustainability. European Environmental Bureau. eeb.org/library/decoupling-debunked/.
[14] Vogel, J. & Hickel, J. (2023). Is green growth happening? An empirical analysis of achieved versus Paris-compliant CO2-GDP decoupling in high-income countries. The Lancet Planetary Health, Vol. 7, Issue 9. doi.org/10.1016/S2542-5196(23)00174-2.
[15] Rocklage, M., (2015). Indikatorensystem für Nachhaltigkeit. In: FHM Jahresmotto 2014/15: Values for Future. [Dreier, A., Merk, R., Seel, B. (Hrsg.)]. Schriftenreihe der FHM, Bielefeld (Heft 6). www.fh-mittelstand.com/fileadmin/fhm-corporate/fe/publikationen/heft6 web.pdf#page=79.
[16] Duprez and Litchfield, 2022. Network for Business Sustainability. nbs.net/degrowth-can-support-business-sustainability/
Die Global Solidarity Levies Task Force , eine unabhängige Expertengruppe, die nach der Cop28 eingerichtet wurde, hat 16 konkrete Ideen zur öffentlichen Konsultation vorgelegt, mit denen Hunderte Milliarden Dollar pro Jahr zur Bekämpfung der globalen Erwärmung aufgebracht werden könnten, von Steuern auf Kryptowährungen bis hin zum Fliegen. Bis 28. Februar kann jede/r zu den einzelnen Vorschlägen Stellung nehmen. Gefragt sind Stellungnahmen von Organisationen, Universitäten, Unternehmen und anderen Institutionen ebenso wie von Privatpersonen.
Die Ergebnisse werden den Regierungen der Welt auf dem Cop30-Gipfel im November in Brasilien präsentiert. Viele dieser Steuern existieren in einigen Ländern bereits, sodass die Aussicht auf eine flächendeckende Einführung weniger weit hergeholt ist, als man vielleicht annehmen möchte.
Die Task Force wird von den Staatschefs Frankreichs, Kenias und Barbados vorangetrieben, unter den Mitgliedern sind Dänemark, Senegal und Kolumbien. Sie arbeitet mit den Vereinten Nationen, der Weltbank, den G20, der Europäischen Kommission und der Afrikanischen Union zusammen, ist also nicht ohne Einfluss.
Die Lücke zwischen den Milliarden Dollar, die derzeit zur Bekämpfung der Klimakrise mobilisiert werden, und den Billionen, die benötigt werden, ist riesig . Das Ziel der Taskforce ist einfach: durch international koordinierte Abgaben Geld zu sammeln, Umweltverschmutzer zu bestrafen und das globale Steuersystem gerechter zu machen.
Am naheliegendsten ist die Abgabe auf fossile Brennstoffe, die die globale Erwärmung verursachen, aber derzeit jährlich mit 7 Billionen Dollar subventioniert werden . Die fünf größten Ölkonzerne der Welt erzielten allein im Jahr 2022-23 zusammen einen Gewinn von 281 Milliarden Dollar. Die Förderung von fossilen Brennstoffen soll zuerst 5 Dollar pro Tonne CO2 betragen und bis 2030 jedes Jahr um 5 Dollar steigen. Bis 2035 könnte sie eine Billion Dollar pro Jahr einbringen. Die Förderung von Kohle, Öl und Gas wird oft bereits besteuert, was den Verwaltungsaufwand vereinfacht. „Die Macht der Lobby der fossilen Brennstoffe würde es politisch schwer machen, dies durchzusetzen“, stellt die Taskforce zu Recht fest. „Jedes Land, das die Abgabe einführt, könnte jedoch einen erheblichen Anstieg der Steuereinnahmen erzielen.“
Nur 1 % der Weltbevölkerung verursacht die Hälfte aller Emissionen des Luftverkehrs. Die Taskforce schlägt eine Steuer auf Tickets oder Kerosin für internationale Flüge vor. Die Ticketsteuer könnte 100 Milliarden Dollar pro Jahr einbringen, die Kerosinsteuer 10 Milliarden. Auch eine Vielfliegersteuer wird in Erwägung gezogen, bei der die Steuer mit jedem Flug steigt, aber jeder Passagier eine Identifikationsnummer haben muss. Mehrere Länder haben bereits eine Flugticketsteuer erhoben, um den Kampf gegen Aids und andere Krankheiten zu finanzieren.
Wie die Luftfahrt zahlt auch die internationale Schifffahrtsindustrie keine Steuern, die proportional zu den Schäden sind, die sie anrichtet. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation erhebt jedoch bereits Gelder von den Betreibern, um Ölverschmutzungen auszugleichen, und die meisten Länder unterstützen bereits eine CO2-Abgabe. Dadurch könnten zwischen 2027 und 2030 jährlich bis zu 127 Milliarden Dollar eingenommen werden .
Plastik ist auf fossile Brennstoffe angewiesen, verursacht hohe Emissionen und ist umweltschädlich. Derzeit werden seine Produzenten jedoch überhaupt nicht besteuert. In den laufenden Verhandlungen über ein globales Plastikabkommen wird eine Abgabe vorgeschlagen , der jährlich etwa 30 Milliarden Dollar einbringen würde. Da es relativ wenige Plastikproduzenten gibt, wäre die Erhebung dieser Steuer einfacher. Auch die Auswirkungen auf den Geldbeutel der Menschen wären gering, da die Kosten für Primärpolymere nur einen Bruchteil der Endproduktpreise ausmachen.
Zu den Ideen der Taskforce gehört auch eine Steuer für Milliardäre. Die Superreichen haben in der Regel einen extrem hohen CO2-Fußabdruck , zahlen oft viel weniger Steuern als normale Arbeitnehmer. Eine jährliche Steuer von 2% des Vermögens von Milliardären würde nur 3.000 Menschen betreffen, aber 200 bis 250 Milliarden Dollar einbringen. „Die politische Durchführbarkeit einer Einigung auf einen globalen Standard ist sehr anspruchsvoll“, sagt die Taskforce. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass die Abgabe bei den normalen Bürgern unpopulär wäre.
Schließlich schlägt die Taskforce eine Steuer auf Finanztransaktionen vor, die „enorm von der Globalisierung profitiert haben, ohne in den meisten Ländern besteuert zu werden“, sowie auf Kryptowährungen, deren Erzeugung enorme Mengen an Energie benötigt. Eine Steuer von 0,5 Prozent auf den Transaktionswert der Aktien würde 270 Milliarden Dollar pro Jahr einbringen. Dreißig Länder haben bereits eine ähnliche Steuer eingeführt und Frankreich stellt sogar einen Teil seiner Abgabe für Klima und Entwicklung zur Verfügung.
Eine 0,1-prozentige Steuer auf Kryptowährungstransaktionen würde etwa 16 Milliarden Dollar pro Jahr einbringen, wäre aber nicht einfach umzusetzen. „Angesichts der Anonymität und der dezentralen Natur von Kryptowährungen besteht eine hohe Möglichkeit der Steuerhinterziehung“, sagt die Taskforce. Positiv ist, dass Kasachstan, ein großer Krypto-Miner, bereits die verbrauchte Energie besteuert.
Der erste Monat des Jahres 2025 war der weltweit wärmste Januar und setzte damit die Serie von Rekord- oder beinahe Rekordtemperaturen der letzten zwei Jahre fort. Laut dem monatlichen Bulletin des Copernicus Climate Change Service (C3S) für Januar 2025 betrug die durchschnittliche globale Oberflächentemperatur im ERA5-Reanalysedatensatz 13,23ºC und lag damit 0,79ºC über dem klimatologischen Durchschnitt für Januar im Zeitraum 1991-2020. Die Arktis verzeichnete im Januar ihre geringste Meereisausdehnung seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900, dem vorindustriellen Referenzzeitraum, war der Januar 2025 um 1,75ºC wärmer als der Monatsdurchschnitt.
Der Januar 2025 war der 18. Monat in einem 19-Monats-Zeitraum, in dem die globale durchschnittliche Lufttemperatur an der Erdoberfläche mehr als 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau lag.
„Der Januar 2025 ist ein weiterer überraschender Monat, in dem die Rekordtemperaturen der letzten zwei Jahre fortgesetzt werden, trotz der Entwicklung von La Niña-Bedingungen im tropischen Pazifik und ihrer vorübergehenden Abkühlung der globalen Temperaturen. Copernicus wird die Meerestemperaturen und ihren Einfluss auf unser sich entwickelndes Klima im Jahr 2025 weiterhin genau überwachen“, sagte Samantha Burgess, strategische Leiterin für Klima beim ECMWF.
Im Jänner wurde auch die niedrigste Ausdehnung des arktischen Meereises seit Beginn der Wetteraufzeichnungen festgestellt.
Wo: vor der Uni Wien (Universitätsring 1), gefolgt von einem Marsch zum Votivpark mit Kundgebung 15 Uhr
Am 07. März 2025 werden Wissenschaftler:innen der USA ihre Stimmen für eine freie Wissenschaft erheben. In Solidarität mit unseren amerikanischen Kolleg:innen rufen wir zu einem Marsch der Wissenschaft: Gemeinsam wollen wir daran erinnern, wie viel wir einer freien Wissenschaft zu verdanken haben!
Fassungslos blicken wir in diesen Tagen auf die Vorgänge in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo ein beispielloser Angriff auf die Freiheit des Wissenschaft stattfindet. Mit einer Vielzahl von Dekreten werden Institutionen zerschlagen, Finanzierung gestrichen, ganze Forschungszweige verboten und Forschende sowie Disziplinen diskreditiert. Daten von immenser Wichtigkeit – etwa zur Kontrolle von Krankheitsausbrüchen oder zum Weltklima – sind nicht länger verfügbar. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind verunsichert und viele Kolleg:innen von Kündigung bedroht. Bereits wenige Wochen nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten erfordert es großen Mut, sich weiterhin zu vielen Themen frei nach bestem Wissen und Gewissen zu äußern.
Die wachsende Skepsis gegenüber Wissenschaften und Forschenden ist kein rein amerikanisches Problem. Auch in Europa und Österreich nehmen die Bedrohungen eines wissenschaftsfeindlichen Klimas zu. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden zunehmend durch Fehlinformationen in Frage gestellt. Mediale Ignoranz und ein fahrlässiger Umgang mit dem Stand der Wissenschaft bedrohen schon heute den barrierefreien Zugang zur Bildung der Bürger:innen. Es ist an der Zeit, dieser Entwicklung entschlossen entgegenzutreten, um eine Entwicklung, wie wir sie in den USA erleben, zu verhindern.
Unfreie Wissenschaft birgt vielfache Gefahren: Wenn wir als Gesellschaft aufhören, auf der Grundlage des besten verfügbaren Wissens zu entscheiden, gerät das Wohl der Menschen unmittelbar in Gefahr. Unüberlegte Maßnahmen gegen Naturkatastrophen oder das Streuen von Zweifeln an medizinischen Behandlungsmethoden bis hin zur pseudowissenschaftlich motivierten Abschaffung staatlicher Gesundheitsprogramme sind Beispiele dafür, wie eine Regierung eine große Gefahr für die eigene Bevölkerung darstellen kann, wenn sie sich weigert, auf wissenschaftlicher Grundlage zu handeln.
March for Science 2017 in San Francisco. Foto: DarTar, via Wikimedia, Public Domain
Eine freie Wissenschaft hat die besondere Fähigkeit, fehlerhafte Theorien zu widerlegen oder zu korrigieren, so dass wir zu jedem Zeitpunkt von dem besten verfügbaren Wissen profitieren können. Ob Technik, Medizin oder Rechtsstaat – die Welt, in der wir heute leben, wurde durch Forscher:innen ermöglicht, sei es in Naturwissenschaft (Technik, Medizin), Geistes- oder Rechtswissenschaften (Philosophie, Soziologie, Recht), welche nach wissenschaftlichen Grundsätzen ohne Zwang und Zensur belegtes und überprüfbares Wissen schufen.
Mit diesem Wissen konnten wir Krankheiten besiegen, die Jahrhunderte lang Geißeln der Menschheit waren. Wir können die Ernährung von Milliarden Menschen ermöglichen und sichern. Menschen können über Kontinente hinweg miteinander sprechen, arbeiten oder spielen. In wenigen Stunden können wir an jeden Winkel des Planeten reisen. Wir haben Menschen in den Weltraum und sogar auf den Mond gesandt.
Handys, Computer, Internet, Autos und Züge sind zentrale Errungenschaften von Wissenschaft und Technik. Sie ermöglichen uns den Zugang zu umfangreichen Wissensquellen und erlauben uns einen vernetzten Lebensstil. Unsere Medizin vollbringt täglich Wunder, indem sie Herzen und andere Organe transplantiert, Krebs und viele weitere Krankheiten heilt und mit alltäglichen Eingriffen Leben rettet. Unsere durchschnittliche Lebenserwartung steigt immer weiter. Ohne Forschung wäre all dies nicht möglich gewesen.
Leuchtfeuer der Hoffnung
Die Erfolge wissenschaftlicher Arbeit sprechen für sich – die Wissenschaft hat unser Vertrauen verdient. Stärken wir dieses Vertrauen und stehen wir allen Kolleg:innen bei, die durch den dunklen Schatten der Wissenschaftsleugnung bedroht werden. Setzen wir ein Zeichen und zeigen wir gemeinsam, dass das Licht der Aufklärung in Europa nicht erloschen ist, sondern gerade in dunklen Tagen als Leuchtfeuer der Hoffnung für die Welt erstrahlt.
Unsere Redner*innen im Zitat:
WissenSchafft – gute Entscheidungsgrundlagen“ Im Projekt UniNEtZ haben sich hunderte Wissenschafter:innen von österreichischen Universitäten zusammengeschlossen um Maßnahmen-Vorschläge für die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals der UN-Agenda 2030) in Österreich zu erarbeiten. Die so entwickelten Handlungsoptionen (siehe www.uninetz.at) wurden in Form von „Zukunftsbausteinen“ für ein gutes Regierungsprogramm veröffentlicht, und – gemeinsam mit der Einladung zu einen Zukunftsdialog mit der Wissenschaft – an die Regierungsparteien weitergegeben.Franz Fehr ist SDG-Koordinator der Universität für Bodenkultur Wien und Scientist4Future
Keine Angst vor Nebenwirkungen – sich weiterbilden kann gesund sein! Die Effekte von Erwachsenenbildung gehen weit über den unmittelbaren Nutzen hinaus. Erwachsenenbildung hat in der langen europäischen Tradition im Rahmen von aufklärerischen, demokratiebasierten und arbeitsmarktpolitischen Zielen gerade in Krisenzeiten einen großen Nutzen für den Einzelnen sowie positive Spill-Over-Effekte in die Familien und Gesamtgesellschaft hinein erzielen können.Univ.-Prof. Dr. phil. habil. Monika Kil, Weiterbildungsforschung und Bildungsmanagement
WissenSchafft – das System, das Wissen schafft! Damit Wissenschaft das beste und genaueste Wissen hervorbringen kann, muss sie frei von Einflussnahme sein. Doch politische Eingriffe und prekäre Beschäftigungsverhältnisse bedrohen derzeit ihre Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit – und damit auch den gesellschaftlichen Fortschritt. Das Netzwerk Unterbau Wissenschaft (NUWiss) setzt sich deshalb für bessere Arbeitsbedingungen und mehr demokratische Mitbestimmung ein – für eine starke Wissenschaft in einer starken Demokratie! Dr. Julia Partheymüller, Institut für Staatswissenschaft, Universität Wien
WissenSchafft Leben – Bodenforschung hilft unserer Ernährung zu sichern, die fruchtbarsten Böden zu erhalten, die hohe Qualität des Trinkwassers zu gewährleisten, Wasser zu speichern und damit Überschwemmungen zu reduzieren und im Sommer die Umgebung zu kühlen. Sie trägt dazu bei, dass Kohlenstoff vermehrt in Ackerböden gespeichert werden kann und dass unsere Wälder durch die Wahl geeigneter Baumarten erhalten bleiben. Die Erforschung der Biodiversität des Bodenlebens bietet wichtige Informationen dazu wie unser Immunsystem durch die Zusammensetzung des Bodenlebens mit dem wir direkt oder über unsere Nahrung in Kontakt kommen gestärkt werden kann. DI Dr. Sigrid Schwarz, Univ.Lekt BOKU, Österreichische Bodenkundliche Gesellschaft
WissenSchafft – Bedürfnisbefriedigung. Für wirtschaftlichen Erfolg sind Innovation, gebildete Arbeitskräfte und Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb nötig. Wissenschaftliche Analysen tragen dazu bei. Univ. Prof. Dr Sigrid Stagl, Leiterin des Instituts Ecological Economics an der WU, Wissenschaftlerin des Jahres 2024
Unterzeichner*innen aus dem Fachkollegium der Scientists4Future Österreich:
Dipl.-Ing. Dr.nat.techn. Benedikt Becsi, Institute of Meteorology and Climatology, BOKU
Univ.-Prof.in Dr.-Ing.inAnke Bockreis, Universität Innsbruck
assoc. Prof. Dr. Karlheinz Erb Institut für Soziale Ökologie, BOKU
ehm.Univ. Prof. Dr. Marina Fischer-Kowalski, Institute of Social Ecology, BOKU
Dr. Horst Peter Groß, Präsident der „Landschaft des Wissens|Wissenschaftsverein Kärnten“ Statement: Nur eine offene demokratische Gesellschaft und die Freiheit der Wissenschaft können Wege zu denken und Räume zum Handeln aufmachen, die ein selbstbestimmtes, menschenwürdiges und kollektiv gutes Leben in unserer Weltgesellschaft ermöglichen. Daher müssen wir uns entschlossen gegen Demagogie und politischen Machtmissbrauch zur Wehr setzen – aber auch gegen die Gleichgültigkeit der digital verführten Masse. Fake-News, Lügen und der Beliebigkeit, in der jeder alles behaupten und beanspruchen kann, müssen Fakten und die wissenschaftliche Suche nach der Wahrheit entgegen gehalten werden.
Mag. Hans Holzinger Senior Adviser der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen, Mitglied der Scientists for Future Salzburg
ehm. Univ. Prof. Dr.Dr.h.c. Helga Kromp-Kolb, Meteorologin und Klimawissenschaftlerin, BOKU, Wissenschaftlerin des Jahres 2005 Statement: Wer, wenn nicht Universitäten, sollte die Gesellschaft, sollte die Politik jetzt, in der Zeit des Umbruchs, wegweisend begleiten? Wir müssen sicherstellen, dass sie dafür gerüstet sind und ihre Verantwortung verstehen! Als Wissenschaftler:innen müssen wir uns sowohl gegen Einschränkungen von außen, als auch gegen Verengung des wissenschaftlichen Diskurses von innen wehren, und die Unabhängigkeit des Denkens und Forschens verteidigen.
Dr. Thomas Schinko, Equity & Justice (EQU) Research Group, IIASA Statement: Angesichts der multiplen globalen Krisen, denen wir gegenüberstehen, würde eine Einschränkung der freien Wissenschaft ein existenzielles Risiko für die Menschheit darstellen. Theoriegestützte und evidenzbasierte fächerübergreifende Forschung, nicht pseudowissenschaftliche Scheinlösungen oder das kollektive Verdrängen der globalen Klima-, Biodiversitäts- und Ungleichheitskrisen, werden es uns ermöglichen diese Herausforderungen zu meistern und ein hohes menschliches Wohlbefinden für alle zu gewährleisten.
assoc. Prof. Dr. Reinhard Steurer, BOKU Statement: Unser moderne Existenz baut auf freien Wissenschaften auf. Dieses Fundament in Frage zu stellen wird die darauf errichtete Zivilisation ins Wanken bringen.
Mag. Dr. Ulli Weisz, Sozialökologin und Gesunden- und Krankenpflegerin, Scientists4Future Österreich, Mitglied der Lancet Commission on Sustainable Healthcare Statement: Wissenschaft ist für alle da. Das ist für mich die zentrale Botschaft des March for Science.
Verena Winiwarter, Umwelthistorikerin, Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften & Wissenschaftlerin des Jahres 2013
Weitere Unterzeichner*innen:
Mag.arch. Stefan Breuer, Senior Researcher and Lecturer, FH Kärnten, Statement: Nicht Wissenschaft in Frage stellen, sondern die Wissenschaft Fragen stellen lassen. Fragen hat unsere Gesellschaft in dieser Zeit viele zu beantworten. Wer sonst soll Fragen erforschen, Fakten ermitteln und damit Wahrheit finden? Ideologie? Das kann nur eine freie Wissenschaft – ein hohes Gut unserer Demokratie – die es täglich zu leben und zu verteidigen gilt!
Priv.-Doz. Dr. Pamela Burger, Senior Researcher, Research Institute of Wildlife Ecology, Vetmeduni
Univ.Prof. DI Dr. Thomas Ertl, Head of Institute of Sanitary Engineering and Water Pollution Control, BOKU
DI Constanze Frech, MEng.FH Technikum Wien, Kompetenzfeld Climate-fit Buildings and Districts
Assoc. Prof. Dr. Thomas Kolbe, Department for Biological Sciences and Pathobiology, Vetmeduni
Julia Knogler, MA BEd, BOKU Zentrum für globalen Wandel und Nachhaltigkeit
a.o. Univ.Prof. Dr. Wolfgang Kromp, Risikoforscher, BOKU
Univ.-Prof. i. R. Dr. Richard Parncutt, Institut für Psychologie, Uni GrazUniv.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Alexander Passer, MSc., Professur für Nachhaltiges Bauen, TU Graz, Statement: WissenSchafft die Grundlage für eine nachhaltige Zukunft.
Mag.rer.soc.oec. Ph.D. Anna Pauls, Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, BOKU
Dipl.-Ing.in Jana Plöchl, BSc Wissenschaftliche Projektmitarbeiterin Institut für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik, BOKU
Dr.nat.techn. Martin Riegler, Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe, BOKU Statement: Demokratie erfordert freie Wissenschaften.
Dr. Barbara Smetschka, Institut für Soziale Ökologie, BOKU
Laura Wallenko, MSc, Klimaökonomin, Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz
Dr. Anja Marie Westram, Researcher, Faculty of Biosciences & Aquaculture, Nord University, Norway
Dr. Susanne Wrighton, BOKU, Department of Economics and Social Sciences, Institute of Production and Logistics, Statement: As a scientist, I am committed to a just and sustainable future and call for immediate, science-based action to address the climate and ecological crisis through bold political, societal, and economic changes that align with scientific evidence.
Dr. Andre Zogholy,Vizerektor für Forschung, Kunstuniversität Linz
Am ersten Tag seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident unterzeichnete Donald Trump Dutzende von Erlassen, die die US-Wissenschaft grundlegend veränderten. Dazu gehörte das Verbot von Bundesprogrammen zur Förderung von Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion. Kurz darauf wurden alle Bundeszuschüsse und -darlehen eingefroren, was Behörden wie die National Institutes of Health (NIH) – den weltweit größten Geldgeber für biomedizinische Forschung – ins Chaos stürzte, ein Chaos, das auch nach der vorübergehenden Blockierung des Erlasses durch einen Bundesrichter anhält. In Zusammenarbeit mit dem Milliardär und Unternehmer Elon Musk hat Trump auch den Personalbestand der Regierung, zu dem auch Wissenschaftler gehören, reduziert. Experten warnen, dass noch weitere Disruptionen bevorstehen könnten . Viele der bisher verabschiedeten Maßnahmen entsprechen den Vorschlägen des Projekts 2025, einer Blaupause der rechtsgerichteten Denkfabrik Heritage Foundation. Das Dokument forderte auch Kürzungen bei der Klimaforschung und neue Vorschriften, die die Entlassung von Regierungsangestellten erleichtern könnten, darunter auch Wissenschaftler, die aufgrund ihrer Expertise und nicht aufgrund politischer Ernennungen eingestellt wurden.
Auswirkungen auf die Wissenschaft: Ein Monat Trump 2.0
20. Januar: Trumps Durchführungsverordnungen vom ersten Tag
In wichtigen Verordnungen wurde der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation angekündigt. Andere Verordnungen sahen drastische Kürzungen bei den Bundesbediensteten vor, froren die Auslandshilfe ein und zielten darauf ab, Diversitätsprogramme, -finanzierungen und -bemühungen in der gesamten US-Regierung zu streichen.
21. Januar: NIH-Aktivitäten eingestellt
Eine langwierige Unterbrechung der Kommunikation zwischen dem Gesundheitsministerium und den National Institutes of Health (NIH), veranlasste die NIH dazu, Prüfgremien für Forschungsstipendien sowie Reisen und Schulungen auszusetzen.
27. Januar: Einfrieren aller Bundeszuschüsse
Ein Memo des US-amerikanischen Office of Management and Budget fror sämtliche Bundesmittel in Höhe von mehreren Billionen US-Dollar ein. Ein Richter hob die Sperrung am nächsten Tag vorübergehend auf, doch einige US-Behörden, darunter die US-amerikanische National Science Foundation (NSF), hielten weiterhin Gelder zurück.
31. Januar: Datenbanken des Center for Disease Control and Prevention (CDC) verschwinden und Dokumente werden zensiert
In Übereinstimmung mit Trumps Anordnungen zur Diversität und zur Ersetzung geschlechtsbezogener Terminologie sperrte das US-amerikanische Center for Disease Control and Prevention (CDC) Webseiten, darunter solche zu HIV-Statistiken und zur Gesundheit von Teenagern. Außerdem forderte es seine Wissenschaftler auf, alle Manuskripte, die bei wissenschaftlichen Zeitschriften zur Begutachtung standen, zurückzuziehen , um geschlechtsbezogene Begriffe zu entfernen. Nach einem Gerichtsbeschluss vom 11. Februar wurden die Webseiten vorübergehend wiederhergestellt.
2. Februar: National Science Foundation (NSF) gibt Gelder frei und prüft Zuschüsse
Die NSF gab die Mittel infolge eines Gerichtsbeschlusses vom 28. Januar frei, durchsuchte jedoch, wie Nature erfuhr, weiterhin alle Zuschüsse nach möglichen Verstößen gegen Trumps Durchführungsverordnungen und kennzeichnete Zuschüsse, die Wörter wie „Frauen“ enthielten.
Nach dem Einfrieren der Entwicklungshilfe wurden Beamte der US-Behörde für internationale Entwicklung darüber informiert, dass die Trump-Regierung plant, ihre Belegschaft von mehr als 10.000 Mitarbeitern auf etwa 290 zu reduzieren, was die Bemühungen zur Bekämpfung von Krankheiten wie AIDS und Malaria gefährdet. Am 13. Februar ordnete ein US-Richter vorübergehend an, die Einfrierung der Hilfsgelder wieder aufzuheben.
7. Februar: Kürzungen der Gelder für laufende Kosten des NIH angekündigt
Das NIH gab bekannt, dass es die Mittel für „indirekte Kosten“ kürzen werde, die für Strom, Müllabfuhr, Verwaltungsgebühren und andere Notwendigkeiten von US-Forschungseinrichtungen aufgewendet werden. Es schlug vor, den Satz von durchschnittlich rund 40 % auf 15 % zu senken, was das Budget der Behörde um Milliarden entlasten würde. Bevor die Richtlinie am 10. Februar in Kraft trat, stoppte ein Richter die Richtlinienänderung vorübergehend .
14. Februar: Entlassungen bei US-Wissenschaftsbehörden beginnen
Tausende von Mitarbeitern von Behörden wie dem NIH, dem CDC, der NSF und der US-Umweltschutzbehörde erhielten im Zuge der Bemühungen der Trump-Regierung, die Zahl der Bundesbediensteten umzustrukturieren und zu reduzieren, Kündigungen. Die Mitarbeiter befanden sich in „Probezeiten“, was in der Regel bedeutete, dass sie weniger als zwei Jahre in ihrem Job waren, obwohl einige gerade befördert worden waren oder die Abteilung gewechselt hatten