Wenn es um die Notwendigkeit geht, die Systeme der Mobilität klimagerecht zu gestalten, spricht man in der öffentlichen Diskussion vorrangig mit physikalischen und technologischem Vokabular: Emissionswerte, Antriebssysteme, Geschwindigkeit, Wegelängen, Frequenzen…Diese Begriffe mögen für die Planung und Implementierung von Maßnahmen wichtig sein, für die individuelle Verhaltensänderung, von der letztlich der Erfolg der Mobilitätswende abhängt, sind sie sekundär. In der Gestaltung der Alltagsmobilität, bei der Wahl der Ziele, des Wohnortes, der Orte der Ausbildung und des Arbeitens dominiert die räumliche Wahrnehmung. Hier wirkt eine individuelle Psychogeografie: die Verortung des Selbst und die Einschätzung der räumlichen Möglichkeiten. Es werden vorrangig die Qualitäten von Wegen eingeschätzt, woraus sich auch die Wahrnehmung von Entfernung ergibt.
Angenehme Wege wirken kurz, unangenehme endlos. Befindet man/frau sich im semi-ruralen Raum, der österreichischen Version von Suburbia, wo etwa die Hälfte der Wohnbevölkerung zuhause ist1, schätzt man/frau etwa den Weg zur nächsten Bushaltestelle ein, die Bedingungen an der Haltestelle, im Bus selbst, am Zielort und entlang des restlichen Weges. Auf dieser Grundlage werden die Mobilitätsentscheidungen getroffen: Da geht es nicht allein um das Verkehrsmittel, sondern grundsätzlich um Wahl des Ziels, Häufigkeit des Weges, Uhrzeit und letztlich auch darum, ob der Weg überhaupt notwendig ist. Das gilt analog auch für städtische Gebiete, wobei sich niemand anmaßen sollte, zu definieren, wo diese „Stadt“ beginnt. Österreichische Städte bestehen zu großen Teilen aus „Flächenbezirken“, in denen die semi-rurale Psychogeografie dominiert.
Ob aus der individuellen Verortung und Einschätzung der Mobilitätsoptionen die Wahl auf ein öffentliches Verkehrsmittel, kombiniert mit Fußwegen, auf das Fahrrad oder auf das Auto, oder auf Kombinationen aus diesen Modi fällt, hängt also nicht allein vom technologischen Angebot, sondern wesentlich von qualitativen Faktoren ab, vor allem von räumlichen Qualitäten. Um es abzukürzen: Bei einem Großteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter2 führt die Conclusio dieser Abwägungen dazu, nicht zu Fuß aus dem Haus zu gehen, sondern in die Garage, wo die Erweiterung des eigenen Wohnzimmers auf Rädern bereitsteht. Unser Land ist dazu bestens ausgelegt. Wir sind tatsächlich ein „Autoland“.
So etwas wie Chancengleichheit zwischen den Verkehrsmodi gibt es nur in jenen Siedlungsgebieten, deren räumliche Konzeption aus der Zeit vor der Massenautomobilität stammt, also in jenen historischen Stadtvierteln und Ortskernen, die den Furor der automobilen Modernisierung überlebt haben: Autofahren und Parken ist kompliziert, öffentliche Verkehrsmittel sind gut erreichbar und meist ist auch der Weg dorthin dergestalt, dass man ihn unter Wahrung der Menschenwürde zurücklegen kann. Der Blick in die historischen Stadträume darf aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass der öffentliche Verkehrsraum in Österreich von den meisten Menschen als feindlich wahrgenommen und folglich gemieden wird – durchaus begründet – ist er doch fast durchgehend von der Logik des Autoverkehrs geprägt. Hier beginnt die Frage der Gerechtigkeit.
Mit welchem Recht konsumieren Autofahrer und Autofahrerinnen einen überproportionalen Anteil an dieser öffentlichen Ressource, nicht nur in Form quantitativer Inanspruchnahme, sondern auch durch qualitative Degradierung? Warum wird es akzeptiert, dass Menschen in Autos in ihrem optimierten persönlichen Ambiente durch Straßen gleiten und dabei die Effekte ihrer Mobilitätspräferenz in vielfältiger Weise externalisieren? Warum werden Dauerlärm, städtebauliche Verödung, Entwertung von Wohnungen und Geschäftsstandorten, Unsicherheit und Marginalisierung politisch legitimiert? Ohne hier die Komplexität der Motive zu kleinzureden: die Persistenz dieses Dauerskandals liegt darin, dass er von einer Bevölkerungsmehrheit verursacht wird. Doch auch in einer Demokratie ist ist nicht alles recht, was einer Mehrheit recht ist.
In Fragen der Gerechtigkeit geht es um Grundbedingungen des Zusammenlebens. Das gilt auch für räumliche Gerechtigkeit, wie sie in den Sozialwissenschaften unter dem Titel Spatial Justice3 behandelt wird. Hier geht es um die gerechte Allokation öffentlicher Güter, um Umweltgerechtigkeit, Generationengerechtigkeit, Entwicklungsfähigkeit und um gleichberechtigten Zugang aller Bevölkerungsgruppen zur Entscheidungsfindung. Blickt man auf die anerkannten Maßnahmen zur Verwirklichung der Mobilitätswende – Förderung des Fuß- und Radverkehrs, Rückbau der automobilen Infrastruktur, Ausbau der öffentlichen Mobilitätsangebote – so dienen diese und so rechtfertigen sich diese gleichermaßen aus Gründen der Rettung des Weltklimas als auch der Gerechtigkeit unter Menschen.
2021: Bewohner:innen von Ein- und Zweifamilienhäusern: 48,3% (Statistik Austria) ↩︎
BMViT: Österreich unterwegs 2013/2024: Werktäglicher Modal Split, (S. 81). Der Anteil der Kfz-Wege liegt bei den Alterskohorten 20-60 Jahre zwischen 55% und 62%. ↩︎
Literatur Susan FAINSTEIN: The Just City, Cornell University Press, 2010; Johannes FIEDLER, Melanie HUMANN, Manuela KÖLKE: Radical Standard – zur Umsetzung von Spatial Justice in der städtebaulichen Planung; TU Braunschweig 3/2013; Peter MARCUSE, James CONOLLY, Johannes NOVY, Ingrid OLIVO, Cuz Potter, Justin STEIL et al.: Searching for the Just City, Routledge, Oxon 2009; John RAWLS: A Theory of Justice, The President and Fellows of Harvard College, 1971, deutsch: Eine Theorie der Gerechtigkeit; Suhrkamp Frankfurt/Main 1979; Edward SOJA: Seeking Spatial Justice, University of Minnesota Press, Minneapolis 2010 ↩︎
Degrowth oder Postwachstum bezeichnet eine grundlegende Transformation unserer Wirtschaftsweise und Gesellschaft, die ein gutes Leben für alle zum Ziel hat. Durch die Etablierung eines bedürfnisorientierten und kooperativen Wirtschaftssystems sollen bestehende, umweltschädigende Profit- und Wachstumszwänge von Unternehmen sowie die daraus resultierende Ausbeutung von Menschen und Natur überwunden werden. Zugleich sollen strukturelle Ungleichheiten verringert werden. Für diese ökonomische Re-Orientierung ist eine grundlegende Veränderung unserer Lebensweise und ein kultureller Wandel notwendig [1].
Der Beitrag von Degrowth zum Klimaschutz
Zur Einhaltung der Pariser Klimaziele braucht es gemäß des Weltklimarats IPCC schnelle, weitreichende und beispiellose Maßnahmen auf allen Ebenen [2], entsprechend auch Veränderungen des Wirtschaftssystems. Degrowth steht für einen gezielten Rückbau von treibhausgas-intensiven, nichtnachhaltigen Sektoren und Industrien auf globaler Ebene. Dazu zählen u. a. Werbe-, Waffen-, Fast-Fashion-, Kreuzfahrt-, Flugverkehrs- und fossile Industrien, der spekulative Börsen- und Finanzsektor sowie die chemisch-industrielle Landwirtschaft. Zudem würden verlängerte Nutzungsdauern, die einfache Reparierbarkeit von Produkten und Kreislaufwirtschaft zum Standard werden. Degrowth bedingt zugleich einen gezielten Ausbau sozial-ökologischer Infrastrukturen (z. B. erneuerbare Energien, öffentlicher Verkehr & Daseinsvorsorge), die eine gerechte und klimafreundliche Versorgung für alle ermöglichen [3].
Transformation als komplexe Herausforderung
Der Umbau zu einer Postwachstums-Wirtschaft benötigt eine breite gesellschaftliche Debatte, da diese Transformation mit Konflikten und Widersprüchen konfrontiert ist. So sind z. B. unsere sozialen Sicherungssysteme und unser Wohlstand aktuell von Wirtschaftswachstum abhängig. Die Erhöhung des Lebensstandards in Ländern wie Österreich im 20. Jhd. ging stets mit Steigerungen materiellen Besitzes einher [4]. Aus dieser Perspektive wird Wachstum als gesellschaftlich positiv gewertet, während negative Wachstumsraten mit Wohlstandsverlusten gleichgesetzt werden.
Degrowth vs. Rezession
Mit Degrowth ist keine wirtschaftliche Rezession gemeint, sondern ein Paradigmenwechsel hin zu einer Wirtschaft und Gesellschaft, die auch ohne ökonomisches Wachstum florieren können. Das zentrale Stichwort ist: “change by design, not by disaster” [4]. Dabei stellen sich Fragen von Verteilungsgerechtigkeit, Machtverhältnissen und der Rolle von Institutionen. Degrowth will einerseits die ökologische Notwendigkeit des Wandels und andererseits die möglichen Schritte zu einer Postwachstumsökonomie in ihrer Vielfalt, Widersprüchlichkeit und Komplexität darstellen.
Hauptaussagen
Degrowth bezeichnet eine ökonomische Strömung bzw. eine Bewegung für eine Transformation unserer Wirtschafts- und Lebensweisen im Sinne der Klima- und Biodiversitätsziele.
Ziele von Degrowth sind u. a. eine gerechtere Verteilung von Wohlstand und die Schonung von Ressourcen, um ein gutes Leben für alle innerhalb planetarer Grenzen zu ermöglichen.
Degrowth ist primär als Konzept für den Globalen Norden zu sehen, um eine nachhaltigere Zukunftsperspektive für Länder wie Österreich zu entwickeln.
Historische Verantwortung des Globalen Nordens
Die Länder des Globalen Nordens, u. a. Europa, USA, Kanada, Australien und Japan, haben durch ihre frühe Industrialisierung historisch am stärksten zur Erderhitzung beigetragen und zugleich am meisten von den materiellen und technischen Fortschritten profitiert – nicht zuletzt durch die Kolonialisierung und Ausbeutung anderer Kulturen und Ökosysteme, insbesondere im Globalen Süden. Degrowth ist daher vorrangig als Konzept für den Globalen Norden zu sehen, um die ökonomische Aktivität der reichsten Länder auf ein global faires Maß innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen zu senken. Ein gezielter Umbau der Wirtschaft soll Ländern des Globalen Südens ermöglichen, ihren Lebensstandard ohne Wachstumsdruck klimaschonend und sozial gerecht zu heben, Stichwort „ein gutes Leben für alle“ [5],[6].
Ressourcenverbrauch in Österreich als Gerechtigkeitsfrage
Österreich liegt heute mit jährlichen CO2-Emissionen pro Kopf von 8,3 Tonnen (für das Jahr 2020) [7] über dem globalen Durchschnitt von 6,7 Tonnen CO2-Emissionen pro Kopf und Jahr [8]. Laut dem Global Footprint Network verbraucht Österreich jährlich die natürlichen Ressourcen der Erde in einem Ausmaß, als stünden uns 3,8 Planeten zur Verfügung [9]. Zugleich besteht innerhalb des Landes ein Gerechtigkeits-Gefälle: Die reichsten 10% der Bevölkerung emittierten im Jahr 2019 durchschnittlich 42 Tonnen CO2-Äquivalente [10]. Degrowth zielt auf eine Schrumpfung des Material- und Energiemetabolismus [11] sowie eine sozial gerechte Umverteilung materiellen Wohlstands auch innerhalb von Staaten ab.
„Grünes Wachstum“ durch Entkopplung?
Bisherige Strategien setzen vorwiegend auf Effizienz, um Treibhausgas-(THG)-Emissionen und Wirtschaftswachstum zu entkoppeln [12]. Meta-Studien zeigen jedoch: Die benötigte Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch bzw. THG-Emissionen kann aktuell nicht ansatzweise erzielt werden [13]. Mit wachstumsorientierten Strategien würden Länder wie Österreich im Schnitt 220 Jahre benötigen, um ihre Emissionen um 95% zu reduzieren [14] – statt wie geplant bis zum Jahr 2040. Sogenanntes „grünes Wachstum“, mit dem Klimaziele eingehalten werden können, bleibt unerreicht.
Differenzierte Transformation von Industrien in einer Postwachstumsgesellschaft [16]
BIP-Problematik und alternative Wohlstandsindikatoren
Schon die Vorstellung von „Wachstum“, die durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als zentrale Maßzahl repräsentiert wird, ist irreführend und reformbedürftig. Das BIP verbucht Schäden und Verluste für Menschen und Natur als wachstumsfördernd, wenn dafür Kosten anfallen. Wenn Wiesen, Felder und Wälder für klimaschädliche Infrastruktur versiegelt werden, dann trägt das zum BIP-Wachstum bei und vermittelt eine falsche Vorstellung von „Fortschritt“. Wirksame Klimaschutz-Maßnahmen ohne eine finanzielle Transaktion werden hingegen nicht erfasst.
Alternative Wohlstandsindikatoren, wie der Genuine Progress Indicator (GPI), der Nationale Wohlfahrtsindex (NWI) oder auch der Happy Planet Index (HPI) sollten verstärkt in Entscheidungsprozessen herangezogen werden [15].
Konkrete Maßnahmen und Ansätze von Degrowth
Auf politisch-ökonomischer Ebene sieht Degrowth z. B. Folgendes vor: Umbau von Finanzinstitutionen, Arbeitszeitverkürzung [5], demokratische Unternehmensformen, Einkommensobergrenzen, progressive Besteuerung von Reichtum, Erbe und Materialverbrauch, bedingungsloses Grundeinkommen bzw. staatliche Grundversorgung, Priorisierung von Bildung, Pflege, Nachhaltigkeit und Gesundheit. Auf gesellschaftlich-kultureller Ebene forciert Degrowth: Achtsamkeit, Solidarität und Kooperation als Basis für eine neue Wirtschaftsordnung [1], Überwindung patriarchaler, sexistischer und rassistischer Strukturen, Schaffung von nicht-hierarchischen Kulturen der Partnerschaft und Verbundenheit mit allen Lebewesen.
[2] Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle (2018): Sonderbericht 1,5 °C globale Erwärmung (SR1.5). www.deipcc.de/256.php.
[3] Barlow, N., et al. (2022). Degrowth & Strategy. How to bring about social-ecological transformation. Mayfly Books. mayflybooks.org/degrowth-strategy/. [
4] Haderer, M., et al. (2022): Perspektiven zur Analyse und Gestaltung von Strukturen klimafreundlichen Lebens. In: APCC Special Report: Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben). Springer Spektrum: Berlin/Heidelberg. link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-662-66497-1 32?pdf=chapter%20toc .
[5] Kreinin, H., Aigner, E. (2021). From “Decent work and economic growth” to “Sustainable work and economic degrowth”: a new framework for SDG 8. Empirica (2022) 49:281–311. doi.org/10.1007/s10663-021-09526-5.
[6] D’Alisa, G., et al. (2015). Degrowth. A Vocabulary for a New Era. Routledge. www.routledge.com/Degrowth-A-Vocabulary-for-a-New-Era/DAlisa-Demaria-Kallis/p/book/9781138000773.[7] https://de.statista.com/ statistik/daten/studie/962397/umfrage/treibhausgasemissionen-pro-kopf-in-oesterreich/.
[10] Essletzbichler, J., et al. (2023). Kapitel 17. Soziale und räumliche Ungleichheit. In: APCC Special Report: Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben). Springer Spektrum: Berlin/Heidelberg. ssrn.com/abstract=4225615.
[11] Kallis, G., et al. (2018). Reserach On Degrowth. Annual Review of Environment and Resources Volume 43:291-316, 2018. doi.org/10.1146/annurev-environ-102017-025941 .
[12] APCC Special Report: Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben) [Görg, C., Madner, V., Muhar, A., Novy, A., Posch, A., Steininger, K. W., Aigner, E. (Hrsg.)]. Springer Spektrum: Berlin/Heidelberg. klimafreundlichesleben.apcc-sr.ccca.ac.at/wp-content/uploads/2023/04/ APCC2023 KapitelI ZusammenfassungFuerEntscheidungstragende.pdf.
[13] Parrique T., et al. (2019). Decoupling Debunked: Evidence and arguments against green growth as a sole strategy for sustainability. European Environmental Bureau. eeb.org/library/decoupling-debunked/.
[14] Vogel, J. & Hickel, J. (2023). Is green growth happening? An empirical analysis of achieved versus Paris-compliant CO2-GDP decoupling in high-income countries. The Lancet Planetary Health, Vol. 7, Issue 9. doi.org/10.1016/S2542-5196(23)00174-2.
[15] Rocklage, M., (2015). Indikatorensystem für Nachhaltigkeit. In: FHM Jahresmotto 2014/15: Values for Future. [Dreier, A., Merk, R., Seel, B. (Hrsg.)]. Schriftenreihe der FHM, Bielefeld (Heft 6). www.fh-mittelstand.com/fileadmin/fhm-corporate/fe/publikationen/heft6 web.pdf#page=79.
[16] Duprez and Litchfield, 2022. Network for Business Sustainability. nbs.net/degrowth-can-support-business-sustainability/
Wo: vor der Uni Wien (Universitätsring 1), gefolgt von einem Marsch zum Votivpark mit Kundgebung 15 Uhr
Am 07. März 2025 werden Wissenschaftler:innen der USA ihre Stimmen für eine freie Wissenschaft erheben. In Solidarität mit unseren amerikanischen Kolleg:innen rufen wir zu einem Marsch der Wissenschaft: Gemeinsam wollen wir daran erinnern, wie viel wir einer freien Wissenschaft zu verdanken haben!
Fassungslos blicken wir in diesen Tagen auf die Vorgänge in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo ein beispielloser Angriff auf die Freiheit des Wissenschaft stattfindet. Mit einer Vielzahl von Dekreten werden Institutionen zerschlagen, Finanzierung gestrichen, ganze Forschungszweige verboten und Forschende sowie Disziplinen diskreditiert. Daten von immenser Wichtigkeit – etwa zur Kontrolle von Krankheitsausbrüchen oder zum Weltklima – sind nicht länger verfügbar. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind verunsichert und viele Kolleg:innen von Kündigung bedroht. Bereits wenige Wochen nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten erfordert es großen Mut, sich weiterhin zu vielen Themen frei nach bestem Wissen und Gewissen zu äußern.
Die wachsende Skepsis gegenüber Wissenschaften und Forschenden ist kein rein amerikanisches Problem. Auch in Europa und Österreich nehmen die Bedrohungen eines wissenschaftsfeindlichen Klimas zu. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden zunehmend durch Fehlinformationen in Frage gestellt. Mediale Ignoranz und ein fahrlässiger Umgang mit dem Stand der Wissenschaft bedrohen schon heute den barrierefreien Zugang zur Bildung der Bürger:innen. Es ist an der Zeit, dieser Entwicklung entschlossen entgegenzutreten, um eine Entwicklung, wie wir sie in den USA erleben, zu verhindern.
Unfreie Wissenschaft birgt vielfache Gefahren: Wenn wir als Gesellschaft aufhören, auf der Grundlage des besten verfügbaren Wissens zu entscheiden, gerät das Wohl der Menschen unmittelbar in Gefahr. Unüberlegte Maßnahmen gegen Naturkatastrophen oder das Streuen von Zweifeln an medizinischen Behandlungsmethoden bis hin zur pseudowissenschaftlich motivierten Abschaffung staatlicher Gesundheitsprogramme sind Beispiele dafür, wie eine Regierung eine große Gefahr für die eigene Bevölkerung darstellen kann, wenn sie sich weigert, auf wissenschaftlicher Grundlage zu handeln.
March for Science 2017 in San Francisco. Foto: DarTar, via Wikimedia, Public Domain
Eine freie Wissenschaft hat die besondere Fähigkeit, fehlerhafte Theorien zu widerlegen oder zu korrigieren, so dass wir zu jedem Zeitpunkt von dem besten verfügbaren Wissen profitieren können. Ob Technik, Medizin oder Rechtsstaat – die Welt, in der wir heute leben, wurde durch Forscher:innen ermöglicht, sei es in Naturwissenschaft (Technik, Medizin), Geistes- oder Rechtswissenschaften (Philosophie, Soziologie, Recht), welche nach wissenschaftlichen Grundsätzen ohne Zwang und Zensur belegtes und überprüfbares Wissen schufen.
Mit diesem Wissen konnten wir Krankheiten besiegen, die Jahrhunderte lang Geißeln der Menschheit waren. Wir können die Ernährung von Milliarden Menschen ermöglichen und sichern. Menschen können über Kontinente hinweg miteinander sprechen, arbeiten oder spielen. In wenigen Stunden können wir an jeden Winkel des Planeten reisen. Wir haben Menschen in den Weltraum und sogar auf den Mond gesandt.
Handys, Computer, Internet, Autos und Züge sind zentrale Errungenschaften von Wissenschaft und Technik. Sie ermöglichen uns den Zugang zu umfangreichen Wissensquellen und erlauben uns einen vernetzten Lebensstil. Unsere Medizin vollbringt täglich Wunder, indem sie Herzen und andere Organe transplantiert, Krebs und viele weitere Krankheiten heilt und mit alltäglichen Eingriffen Leben rettet. Unsere durchschnittliche Lebenserwartung steigt immer weiter. Ohne Forschung wäre all dies nicht möglich gewesen.
Leuchtfeuer der Hoffnung
Die Erfolge wissenschaftlicher Arbeit sprechen für sich – die Wissenschaft hat unser Vertrauen verdient. Stärken wir dieses Vertrauen und stehen wir allen Kolleg:innen bei, die durch den dunklen Schatten der Wissenschaftsleugnung bedroht werden. Setzen wir ein Zeichen und zeigen wir gemeinsam, dass das Licht der Aufklärung in Europa nicht erloschen ist, sondern gerade in dunklen Tagen als Leuchtfeuer der Hoffnung für die Welt erstrahlt.
Unsere Redner*innen im Zitat:
WissenSchafft – gute Entscheidungsgrundlagen“ Im Projekt UniNEtZ haben sich hunderte Wissenschafter:innen von österreichischen Universitäten zusammengeschlossen um Maßnahmen-Vorschläge für die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals der UN-Agenda 2030) in Österreich zu erarbeiten. Die so entwickelten Handlungsoptionen (siehe www.uninetz.at) wurden in Form von „Zukunftsbausteinen“ für ein gutes Regierungsprogramm veröffentlicht, und – gemeinsam mit der Einladung zu einen Zukunftsdialog mit der Wissenschaft – an die Regierungsparteien weitergegeben.Franz Fehr ist SDG-Koordinator der Universität für Bodenkultur Wien und Scientist4Future
Keine Angst vor Nebenwirkungen – sich weiterbilden kann gesund sein! Die Effekte von Erwachsenenbildung gehen weit über den unmittelbaren Nutzen hinaus. Erwachsenenbildung hat in der langen europäischen Tradition im Rahmen von aufklärerischen, demokratiebasierten und arbeitsmarktpolitischen Zielen gerade in Krisenzeiten einen großen Nutzen für den Einzelnen sowie positive Spill-Over-Effekte in die Familien und Gesamtgesellschaft hinein erzielen können.Univ.-Prof. Dr. phil. habil. Monika Kil, Weiterbildungsforschung und Bildungsmanagement
WissenSchafft – das System, das Wissen schafft! Damit Wissenschaft das beste und genaueste Wissen hervorbringen kann, muss sie frei von Einflussnahme sein. Doch politische Eingriffe und prekäre Beschäftigungsverhältnisse bedrohen derzeit ihre Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit – und damit auch den gesellschaftlichen Fortschritt. Das Netzwerk Unterbau Wissenschaft (NUWiss) setzt sich deshalb für bessere Arbeitsbedingungen und mehr demokratische Mitbestimmung ein – für eine starke Wissenschaft in einer starken Demokratie! Dr. Julia Partheymüller, Institut für Staatswissenschaft, Universität Wien
WissenSchafft Leben – Bodenforschung hilft unserer Ernährung zu sichern, die fruchtbarsten Böden zu erhalten, die hohe Qualität des Trinkwassers zu gewährleisten, Wasser zu speichern und damit Überschwemmungen zu reduzieren und im Sommer die Umgebung zu kühlen. Sie trägt dazu bei, dass Kohlenstoff vermehrt in Ackerböden gespeichert werden kann und dass unsere Wälder durch die Wahl geeigneter Baumarten erhalten bleiben. Die Erforschung der Biodiversität des Bodenlebens bietet wichtige Informationen dazu wie unser Immunsystem durch die Zusammensetzung des Bodenlebens mit dem wir direkt oder über unsere Nahrung in Kontakt kommen gestärkt werden kann. DI Dr. Sigrid Schwarz, Univ.Lekt BOKU, Österreichische Bodenkundliche Gesellschaft
WissenSchafft – Bedürfnisbefriedigung. Für wirtschaftlichen Erfolg sind Innovation, gebildete Arbeitskräfte und Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb nötig. Wissenschaftliche Analysen tragen dazu bei. Univ. Prof. Dr Sigrid Stagl, Leiterin des Instituts Ecological Economics an der WU, Wissenschaftlerin des Jahres 2024
Unterzeichner*innen aus dem Fachkollegium der Scientists4Future Österreich:
Dipl.-Ing. Dr.nat.techn. Benedikt Becsi, Institute of Meteorology and Climatology, BOKU
Univ.-Prof.in Dr.-Ing.inAnke Bockreis, Universität Innsbruck
assoc. Prof. Dr. Karlheinz Erb Institut für Soziale Ökologie, BOKU
ehm.Univ. Prof. Dr. Marina Fischer-Kowalski, Institute of Social Ecology, BOKU
Dr. Horst Peter Groß, Präsident der „Landschaft des Wissens|Wissenschaftsverein Kärnten“ Statement: Nur eine offene demokratische Gesellschaft und die Freiheit der Wissenschaft können Wege zu denken und Räume zum Handeln aufmachen, die ein selbstbestimmtes, menschenwürdiges und kollektiv gutes Leben in unserer Weltgesellschaft ermöglichen. Daher müssen wir uns entschlossen gegen Demagogie und politischen Machtmissbrauch zur Wehr setzen – aber auch gegen die Gleichgültigkeit der digital verführten Masse. Fake-News, Lügen und der Beliebigkeit, in der jeder alles behaupten und beanspruchen kann, müssen Fakten und die wissenschaftliche Suche nach der Wahrheit entgegen gehalten werden.
Mag. Hans Holzinger Senior Adviser der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen, Mitglied der Scientists for Future Salzburg
ehm. Univ. Prof. Dr.Dr.h.c. Helga Kromp-Kolb, Meteorologin und Klimawissenschaftlerin, BOKU, Wissenschaftlerin des Jahres 2005 Statement: Wer, wenn nicht Universitäten, sollte die Gesellschaft, sollte die Politik jetzt, in der Zeit des Umbruchs, wegweisend begleiten? Wir müssen sicherstellen, dass sie dafür gerüstet sind und ihre Verantwortung verstehen! Als Wissenschaftler:innen müssen wir uns sowohl gegen Einschränkungen von außen, als auch gegen Verengung des wissenschaftlichen Diskurses von innen wehren, und die Unabhängigkeit des Denkens und Forschens verteidigen.
Dr. Thomas Schinko, Equity & Justice (EQU) Research Group, IIASA Statement: Angesichts der multiplen globalen Krisen, denen wir gegenüberstehen, würde eine Einschränkung der freien Wissenschaft ein existenzielles Risiko für die Menschheit darstellen. Theoriegestützte und evidenzbasierte fächerübergreifende Forschung, nicht pseudowissenschaftliche Scheinlösungen oder das kollektive Verdrängen der globalen Klima-, Biodiversitäts- und Ungleichheitskrisen, werden es uns ermöglichen diese Herausforderungen zu meistern und ein hohes menschliches Wohlbefinden für alle zu gewährleisten.
assoc. Prof. Dr. Reinhard Steurer, BOKU Statement: Unser moderne Existenz baut auf freien Wissenschaften auf. Dieses Fundament in Frage zu stellen wird die darauf errichtete Zivilisation ins Wanken bringen.
Mag. Dr. Ulli Weisz, Sozialökologin und Gesunden- und Krankenpflegerin, Scientists4Future Österreich, Mitglied der Lancet Commission on Sustainable Healthcare Statement: Wissenschaft ist für alle da. Das ist für mich die zentrale Botschaft des March for Science.
Verena Winiwarter, Umwelthistorikerin, Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften & Wissenschaftlerin des Jahres 2013
Weitere Unterzeichner*innen:
Mag.arch. Stefan Breuer, Senior Researcher and Lecturer, FH Kärnten, Statement: Nicht Wissenschaft in Frage stellen, sondern die Wissenschaft Fragen stellen lassen. Fragen hat unsere Gesellschaft in dieser Zeit viele zu beantworten. Wer sonst soll Fragen erforschen, Fakten ermitteln und damit Wahrheit finden? Ideologie? Das kann nur eine freie Wissenschaft – ein hohes Gut unserer Demokratie – die es täglich zu leben und zu verteidigen gilt!
Priv.-Doz. Dr. Pamela Burger, Senior Researcher, Research Institute of Wildlife Ecology, Vetmeduni
Univ.Prof. DI Dr. Thomas Ertl, Head of Institute of Sanitary Engineering and Water Pollution Control, BOKU
DI Constanze Frech, MEng.FH Technikum Wien, Kompetenzfeld Climate-fit Buildings and Districts
Assoc. Prof. Dr. Thomas Kolbe, Department for Biological Sciences and Pathobiology, Vetmeduni
Julia Knogler, MA BEd, BOKU Zentrum für globalen Wandel und Nachhaltigkeit
a.o. Univ.Prof. Dr. Wolfgang Kromp, Risikoforscher, BOKU
Univ.-Prof. i. R. Dr. Richard Parncutt, Institut für Psychologie, Uni GrazUniv.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Alexander Passer, MSc., Professur für Nachhaltiges Bauen, TU Graz, Statement: WissenSchafft die Grundlage für eine nachhaltige Zukunft.
Mag.rer.soc.oec. Ph.D. Anna Pauls, Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, BOKU
Dipl.-Ing.in Jana Plöchl, BSc Wissenschaftliche Projektmitarbeiterin Institut für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik, BOKU
Dr.nat.techn. Martin Riegler, Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe, BOKU Statement: Demokratie erfordert freie Wissenschaften.
Dr. Barbara Smetschka, Institut für Soziale Ökologie, BOKU
Laura Wallenko, MSc, Klimaökonomin, Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz
Dr. Anja Marie Westram, Researcher, Faculty of Biosciences & Aquaculture, Nord University, Norway
Dr. Susanne Wrighton, BOKU, Department of Economics and Social Sciences, Institute of Production and Logistics, Statement: As a scientist, I am committed to a just and sustainable future and call for immediate, science-based action to address the climate and ecological crisis through bold political, societal, and economic changes that align with scientific evidence.
Dr. Andre Zogholy,Vizerektor für Forschung, Kunstuniversität Linz
Energie aus Biomasse gewinnen und das anfallende CO2 zu speichern, könnte helfen, dieses Treibhausgas aus der Atmosphäre zu holen. Doch wo diese Biomasse anbauen, ohne die Natur zu zerstören?
Wie kann man CO2 aus der Atmosphäre wieder entfernen? Das wird notwendig, wenn es uns nicht gelingt, unsere Emissionen rechtzeitig auf Null zu bringen. Eine Möglichkeit, die diskutiert wird, ist, schnell wachsende Pflanzen anzubauen, sie zur Energiegewinnung nutzen, und das CO2, das dabei anfällt, einzufangen und irgendwo sicher zu lagern. Beispielsweise könnten Pappel- oder Weidenplantagen Holz zum Verbrennen in thermischen Kraftwerken liefern. Pflanzen wie Mais, Hirse oder Elefantengras eignen sich zur Herstellung von Biogas. Rapsöl und andere Ölpflanzen liefern Biodiesel. Im Fachjargon werden diese Methoden „Bioenergy with Carbon Capture and Storage (BECCS)“ genannt, also „Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Lagerung“. Die Frage ist: Wo soll man diese Pflanzen anbauen? Wo könnte man „Klimaplantagen“ anlegen?
Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in Nature Communications Earth & Environment hat das Potenzial solcher neuartiger „Klimaplantagen“ berechnet. Dabei muss nicht nur die CO2-Bilanz berücksichtigt werden, sondern auch andere planetare Belastungsgrenzen müssen bedacht werden.
Planetare Grenzen
Das Forschungsteam setzt am Konzept der planetaren Grenzen an, das 2009 unter Leitung des jetzigen PIK-Direktors Johan Rockström entwickelt wurde: Neun Prozesse, vom Klima über den Zustand der Wälder und Ozeane bis zur biologischen Vielfalt, bilden die Lebensgrundlage der Menschheit – und für alle Prozesse gibt es Belastungsgrenzen. Wie kürzlich der vom PIK vorgelegte erste planetare Gesundheitscheck belegte, sind sechs Grenzen bereits überschritten. Vier davon sind landbezogen und damit für die Flächenausweisung und Bewirtschaftung von Klima-Plantagen relevant; sie betreffen den Stickstoff-Eintrag durch Düngung, den Süßwasserverbrauch, die Entwaldung und den Verlust der durch Artenvielfalt bedingten Integrität der Biosphäre. Die neue Studie liefert nun erstmals eine systematische, prozessbasierte Modellierung dazu, wie das BECCS-Potenzial eingeschränkt wird, wenn diese Belastungsgrenzen nicht weiter überschritten werden sollen.
Rein theoretisch könnten Klimaplantagen bis 20250 jährlich mehr als 7,5 Mrd. Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entfernen. Mit ähnlichen Größenordnungen rechnen viele Klimaszenarien zur Beschränkung der Erderwärmung auf 1,5°C. Dazu müssten alle biophysikalisch geeigneten Flächen außerhalb der heutigen Landwirtschaft umgewandelt werden. Wenn man aber die planetaren Belastungsgrenzen mit einbezieht, zeigt sich: Die Milliarden Tonnen sind über diese Technologie bei weitem nicht erreichbar.
Für die Studie wurde das globale Biosphären-Modell LPJmL verwendet. Was tut dieses Modell? Das Modell „Lund-Potsdam-Jena Managed Land“ simuliert sowohl für natürliche als auch für landwirtschaftliche Ökosysteme die Zusammensetzung und Verteilung der Vegetation, die Kohlenstoff- und Wasserbestände und die entsprechenden Austausch-Ströme zwischen Land und Atmosphäre. Es kann Prozesse darstellen wie Photosynthese, Pflanzenwachstum, Erhaltungs- und Regenerationsverluste, Brandstörungen, Bodenfeuchtigkeit, Abfluss, Evapotranspiration, Bewässerung und Vegetationsstruktur. Als Input dienen Daten über Klima, menschliche Landnutzung, Bodeneigenschaft und Strömungsrichtungen von Flüssen.
Aus den Berechnungen ergibt sich, wie stark die einzelnen Belastungsgrenzen überschritten würden, wenn diese mehr als 7,5 Milliarden Tonnen CO2 durch Klimaplantagen entnommen werden sollen: Die Obergrenze für Stickstoffeintrag durch Dünger würde um 21 Prozent überschritten werden, der Schutz von Süßwassersystemen um 59 Prozent, die Begrenzung der Entwaldung um 61 Prozent und die Vermeidung von Biosphärenschäden um 93 Prozent. Wenn natürliche Flächen durch Klimaplantagen ersetzt werden, bleibt von der Artenvielfalt praktisch nichts mehr übrig. Begrenzt man aber die Flächen für Klimaplantagen so, dass die Belastungsgrenzen nicht überschritten werden, bleibt ein Potenzial von 200 Millionen Tonnen – anstatt 7,5 Milliarden.
Wolfgang Lucht, Leiter der Forschungsabteilung Erdsystemanalyse am PIK und ein Co-Autor der Studie, erklärt in einer Aussendung.„Unsere Computersimulation ist eine der bisher anspruchsvollsten Anwendungen des am PIK entwickelten Biosphären-Modells. Sie bringt in der aktuellen Klimadiskussion, angesichts der derzeit erfolgenden Überschreitens des 1,5-Grad-Limits, eine wichtige Erkenntnis: Wir dürfen bei unserer Reaktion auf die Klimakrise nicht nur auf die CO2-Bilanz von Maßnahmen schauen, sondern müssen auch andere planetare Grenzen im Blick behalten. Letztlich hängt die Widerstandsfähigkeit des Erdsystems von einer Vielzahl miteinander verknüpfter Prozesse ab.“
Weniger Fleischkonsum könnte Platz für Klimaplantagen schaffen
Könnte man Klimaplantagen auf Land anlegen, das derzeit für Landwirtschaft genutzt wird? Nicht, wenn auf diesem Land Getreide, Gemüse oder Obst angebaut wird. Eine Verringerung des Fleischkonsums könnte Flächen frei machen, die derzeit für Viehfuttererzeugung oder Weiden genutzt werden.
„Die wichtigste aller Klimaschutz-Strategien bleibt die schnelle Emissionssenkung in Richtung null“, sagt Johanna Braun, PIK-Forscherin und Leitautorin der Studie. „Um das CO2-Entnahme-Potenzial der Klima-Plantagen doch noch zu steigern, also die verfügbare Fläche, müsste die Welt bei der Landwirtschaft mit weniger Platz und Ressourcen auskommen. So könnte eine insgesamt mehr pflanzenbasierte Ernährung theoretisch erhebliche Weideflächen für andere Verwendung verfügbar machen.“ Die Studie weist damit auf einen wichtigen Zusammenhang hin, betont Braun: „Weniger tierische Produkte zu produzieren und zu konsumieren, hilft nicht nur dem Klima durch verringerte Emissionen der Landwirtschaft – es sorgt auch für Entspannung beim Kampf um knappe Ressourcen und schützt dadurch das Erdsystem insgesamt.“
Quelle: Braun, J., Werner, C., Gerten, D. et al. Multiple planetary boundaries preclude biomass crops for carbon capture and storage outside of agricultural areas. Commun Earth Environ 6, 102 (2025). https://doi.org/10.1038/s43247-025-02033-6
Viel Freude herrscht jedes Mal, wenn Statistiken berichten, dass der Anteil der Erneuerbaren am weltweiten Energieverbrauch wieder gestiegen ist und die Erzeugung erneuerbarer Energie billiger geworden ist. Im vergangenen Jahr wurden weltweit 473 Gigawatt an Kapazitäten für erneuerbare Energien geschaffen. Vier Fünftel davon erzeugen Strom billiger als fossile Brennstoffe. Die weltweiten Durchschnittskosten für Strom aus Windkraft an Land sanken auf 3,3 Cent pro Kilowattstunde. Und die Kosten für Photovoltaik im Großmaßstab sanken auf 4,4 Cent/kWh. Dem Bericht der Internationalen Argentur für erneuerbare Energie IRENA zufolge werden die Preise für fossile Brennstoffe bis 2023 auf zehn Cent/kWh steigen. Die Kosten für neue Atomkraftwerke werden auf bis zu 25 bis 30 Cent/kWh geschätzt.
Bringen uns diese neuen Energiequellen einer Energiewende näher? Bis jetzt noch nicht. Sieht man sich die folgende Grafik an, sieht man, dass die Erneuerbaren ohne Wasserkraft im Jahr 2000 noch einen verschwindend geringen Anteil am gesamten globalen Energieverbrauch hatten, und 2022 ihr Anteil schon mehr als sieben Prozent betrug. Der Anteil aller Erneuerbaren zusammen hat sich von sieben Prozent auf fast 14 Prozent verdoppelt. Nur ist der gesamte Energieverbrauch in dieser Zeit um 50 Prozent gestiegen. Und obwohl der Anteil von Kohle, Öl und Gas in Prozenten naturgemäß kleiner geworden ist, ist in absoluten Zahlen der Verbrauch von Kohle und Gas um mehr als zwei Drittel gestiegen und der Verbrauch von Öl um ein Drittel.
Der Anteil aller erneuerbaren Energien hat sich von sieben Prozent auf fast 14 Prozent verdoppelt. Aber auch der gesamte Energieverbrauch ist gestiegen.
Energiewende oder Energiezugang?
2019 stellten die Soziolog:innen Richard York (Universität Oregon) und Shannon Elizabeth Bell (Viginia Tech) die Frage: „Energiewende oder Energiezugang?“. Bis heute handelt es sich eindeutig um einen Zugang. Und es war bis jetzt in der Geschichte noch nie der Fall, dass die Erschließung neuartiger Energiequellen einen nachhaltigen Rückgang der Nutzung etablierter Energiequellen verursacht hat.
Bei jeder der großen historischen Verschiebungen der Energiequellenanteile stieg der Verbrauch der älteren Energiequelle weiterhin an, obwohl der Verbrauch der neu eingeführten Energiequelle explosionsartig anstieg.
Brennholz (traditionelle Biomasse) war bis 1800 beinahe die einzige nennenswerte Energiequelle. Um 1900 war der Anteil von Brennholz am gesamten Energieverbrauch nur mehr 50 Prozent und seit den 1970er Jahren beträgt er ungefähr zehn Prozent. Doch tatsächlich wird heute doppelt so viel Holz verbrannt wie vor 200 Jahren. Kohle war um 1800 noch völlig unbedeutend und machte um 1900 die Hälfte des Energieverbrauchs aus. Die andere Hälfte, wie zuvor erwähnt, war Brennholz. Hatte also die Kohle die Hälfte des Brennholzverbrauchs ersetzt? Nein, denn der gesamte Energieverbrauch hatte sich verdoppelt!
Bei jeder der großen historischen Verschiebungen der Energiequellenanteile – traditionelle Biobrennstoffe zu Kohle, Kohle zu Öl und Öl zu Erdgas, stieg der Verbrauch der älteren Energiequelle weiterhin an, obwohl der Verbrauch der neu eingeführten Energiequelle explosionsartig anstieg. Tatsächlich hat die Hinzufügung neuerer Energiequellen lediglich ein weiteres Wachstum des Gesamtenergieverbrauchs ermöglicht, anstatt als Ersatz für ältere Quellen zu dienen.
Energieverbrauch pro Kopf verdoppelt
Natürlich hängt die Zunahme des globalen Energieverbrauchs mit der Zunahme der Weltbevölkerung zusammen. Aber das ist nicht die ganze Geschichte. In den letzten 75 Jahren hat sich die Weltbevölkerung etwas mehr als verdreifacht, der Gesamtenergieverbrauch aber mehr als versechsfacht. Das heißt, der Energieverbrauch pro Kopf hat sich verdoppelt. York und Bell weisen darauf hin, dass es wahrscheinlich mehrere Gründe dafür gibt, warum Energiequellen dazu neigen, nicht stark miteinander zu konkurrieren. Aber ein Hauptgrund ist die Struktur der Marktwirtschaften, die von einer Wachstumsdynamik zur Gewinnmaximierung und nicht von der Sorge um die Erhaltung der Umwelt getrieben werden.
Die Erschließung neuer Energiequellen kann unter bestimmten Umständen den Verbrauch anderer Ressourcen sogar beschleunigen. Holz zum Beispiel wird nicht nur als Brennstoff verwendet, sondern auch für andere Materialien wie Schnittholz und Papier. Der Aufstieg fossiler Brennstoffe beschleunigte die Abholzung und Entwaldung enorm, da sie Kettensägen, Bulldozer, Holztransporter und Sägewerke antrieben und gleichzeitig den Bau größerer Häuser und anderer Bauten aus Holz vorantrieben.
Es heißt auch oft, dass die Entdeckung des Erdöls den Verbrauch von Walöl verringert und so zur Rettung der Wale beigetragen hat. Aber die wahre Geschichte ist, dass Schiffe mit fossilen Brennstoffen schneller mehr und größere Wale fangen konnten als Segel- und Ruderboote, und dass sich für Walöl neue Verwendungsmöglichkeiten entwickelten.
Wenn erneuerbare Energiequellen bis jetzt die fossilen nicht ersetzt haben, so sollte doch die Steigerung der Energieeffizienz dazu beitragen, den Gesamtenergieverbrauch zu senken. Ein Auto, das für 100 Kilometer sechs Liter Treibstoff verbraucht, ist effizienter als eines, das acht Liter benötigt. Die technologische Entwicklung führt in allen Bereichen zu immer besserer Energieeffizienz. Trotzdem sinkt der Energieverbrauch nicht. Schuld daran ist der Rebound-Effekt. Eine extreme Form dieses Effekts ist das „Jevons Paradox„. James Watt hat die – kohlebetriebene – Dampfmaschine zwar nicht erfunden, aber sie weitaus effizienter gemacht. Das Ergebnis war aber nicht, dass der Verbrauch von Kohle in England gesunken wäre. Im Gegenteil, er stieg rasant. William Stanley Jevons, nach dem der Effekt benannt ist, beschrieb ihn 1865 in seinem Buch „The Coal Question„. Zwei Erklärungen für das Phänomen ergänzen einander: Durch die Effizienzsteigerung wird pro erzeugter Einheit weniger Kohle verbraucht. Also wird Kohle als Energiequelle für Unternehmen interessanter und führt zu Investitionen in Technologien, die Kohle nutzen. Gleichzeitig ermöglicht die Kostenersparnis aber, dass das Unternehmen die Produktion ausweitet und so durch verringerte Kosten und höhere Verkaufszahlen den Profit steigert.
„Drill, baby, drill“
Ein Blick auf den Kampf der IT-Giganten um die Vorherrschaft auf dem Markt für künstliche Intelligenz illustriert das. (Den Energiehunger der Kryptowährungen lassen wir einmal außen vor.) Google hat Pläne für die Erweiterung oder den Bau von Rechenzentren in Mexiko, Malaysia, Thailand, Neuseeland, Griechenland, Norwegen, Österreich und Schweden. Das gerade in Bau befindliche Rechenzentrum in Kansas City soll eine Milliarde US-Dollar kosten, ein zweites in Cedar Rapids mehr als eine halbe Milliarde. Microsoft will seine Kapazitäten noch in diesem Jahr verdreifachen. Meta baut in Lousiana ein Rechenzentrum für zehn Milliarden US-Dollar. Drohnenaufnahmen zeigen die Errichtung riesiger Ventilatoren für die Kühlung von Teslas neuem Datenzentrum mit einer geplanten Kapazität von 500 Megawatt für Teslas eigene KI und die von Nvidia.
Apple rühmt sich, seit 2014 ausschließlich mit erneuerbarer Energie zu arbeiten, Google will seine Rechenzentren bis 2030 zu 100 Prozent fossilfrei betreiben. Alle anderen machen ähnliche Versprechen. Dafür gehen sie immer mehr dazu über, die Energie gleich selber zu produzieren. Das ist schön und gut, aber diese ausschließlich für die Unternehmen erzeugte Energie geht in die schönen Zahlen für das Wachstum der Erneuerbaren ein.
Die Unternehmensberatungsfirma McKinsey schätzt, dass bis 2030 die Nachfrage nach Rechenzentrums-Kapazität jährlich um 19 bis 22 Prozent steigen wird. Der größte Teil dieser Kapazitäten (rund 70 Prozent) wird für KI gebraucht. Laut Statista soll sich der Markt für KI bis 2030 von 184 Milliarden US-Dollar auf 826 Milliarden mehr als vervierfachen. Das Wachstum erneuerbarer Energie – obwohl gigantisch – kann mit diesem Tempo derzeit nicht mithalten. Die Kapazität erneuerbarer Energiequellen stieg laut IRENA letztes Jahr um 14 Prozent.
Je billiger Energie durch den Zuwachs an Erneuerbaren, umso mehr wird das − dem Gesetz von Angebot und Nachfrage folgend − den Energieverbrauch in allen Sparten weiter ankurbeln.
Das Wachstum der erneuerbaren Energie kann uns nicht zur Klimaneutralität führen, solange der gesamte Energieverbrauch weiter wächst. So lange bleibt „Drill, baby, drill“ nicht nur eine zynische Provokation, sondern eine ökonomische Realität. Es braucht drastische politische Maßnahmen zur raschen Einschränkung der Produktion fossiler Energie, und zwar auf staatlicher und überstaatlicher Ebene. York und Bell schreiben, dass möglicherweise die Verstaatlichung der Erdöl- und Erdgasindustrie der einzige Weg dazu ist. Jedenfalls, wenn wir die Energiewende den Marktkräften überlassen, wird sie einfach nicht stattfinden.
Der Beitrag erschien ursprünglich in „DerStandard“ vom 3. Februar 2025 Titelgrafik KI-generiert
Anmerkungen zu den Grafiken:
1 Primärenergie
Primärenergie ist die Energie, die als Ressourcen verfügbar ist – wie etwa die in Kraftwerken verbrannten Brennstoffe – bevor sie umgewandelt wurde. Dies betrifft die Kohle vor ihrer Verbrennung, das Uran oder die Barrel Öl.
Primärenergie umfasst Energie, die der Endverbraucher in Form von Elektrizität, Transport und Heizung benötigt, sowie Ineffizienzen und Energie, die verloren geht, wenn Rohressourcen in eine nutzbare Form umgewandelt werden.
2 Substitutionsmethode
Die „Substitutionsmethode“ wird von Forschern verwendet, um den Primärenergieverbrauch um Effizienzverluste bei fossilen Brennstoffen zu korrigieren. Sie versucht, nicht-fossile Energiequellen an die Inputs anzupassen, die erforderlich wären, wenn sie aus fossilen Brennstoffen erzeugt würden. Sie geht davon aus, dass Wind- und Solarstrom genauso ineffizient sind wie Kohle oder Gas.
Dazu wird die Energieerzeugung aus nicht-fossilen Quellen durch einen standardmäßigen „thermischen Effizienzfaktor“ geteilt – normalerweise etwa 0,4
3 Wattstunde
Eine Wattstunde ist die Energie, die ein Watt Leistung in einer Stunde liefert. Da ein Watt einem Joule pro Sekunde entspricht, entspricht eine Wattstunde 3600 Joule Energie.
Für Vielfache der Einheit werden metrische Präfixe verwendet, normalerweise: Kilowattstunden (kWh) oder tausend Wattstunden. Megawattstunden (MWh) oder eine Million Wattstunden. Gigawattstunden (GWh) oder eine Milliarde Wattstunden. Terawattstunden (TWh) oder eine Billion Wattstunden.
Die Kryosphäre (Altgriechisch krýos = Frost) ist die Gesamtheit gefrorenen Wassers auf der Erde: Schnee, Meereis, Gletscher, Eisschilde, Schelfeis, Permafrost, zugefrorene Flüsse und Seen. Für das Klima ist die Kryosphäre besonders wichtig, weil ihre helle Oberfläche Sonnenergie ins Weltall zurück reflektiert, die sonst die Erde aufheizen würde. Gletscher sind aber auch Wasserspeicher, die die Niederschläge im Winter zurückhalten und in der wärmeren Jahreszeit nach und nach freigeben. Das Grönlandeis und das Eis der Antarktis halten Wassermassen fest, die sonst die Küsten überschwemmen würden. Und schließlich ermöglichen Schnee und Eis allerhand Vergnügen und sportliche Betätigung.
Die Verluste in den weltweiten Schnee- und Eisgebieten nehmen weiter zu. Die aktuellen Klimaverpflichtungen der Staaten bringen – wenn sie überhaupt eingehalten werden – die Erde auf den Weg zu einer Erwärmung von weit über zwei Grad Celsius. Das hätte durch den globalen Eisverlust katastrophale und unumkehrbare Folgen für Milliarden von Menschen.
Doch wenn die nationalen Klimapläne nicht eingehalten werden und das Niveau der Treibhausgasemissionen anhält wie bisher, wird das zu einer Steigerung der Temperatur um drei Grad Celsius oder mehr führen, stellt der Bericht fest, und das würde zu noch viel höheren Kosten für Verluste und Schäden führen. Viele Regionen könnten dann einen Anstieg des Meeresspiegels oder einen Verlust an Wasserreserven erleben, an den sich die Menschen nicht mehr anpassen können.
Wenn das Eis schmilzt, kann es in Europa kalt werden
Zum ersten Mal stellt der Bericht einen wachsenden wissenschaftlichen Konsens darüber fest, dass das Schmelzen der Eisflächen Grönlands und der Antarktis wichtige Meeresströmungen an beiden Polen verlangsamen könnte, was möglicherweise verheerende Folgen für ein deutlich kälteres Nordeuropa und einen stärkeren Anstieg des Meeresspiegels an der US-Ostküste hätte.
Wohin führen die aktuellen Klimapläne der Staaten?
Die aktuellen national festgelegten Klimaziele (NDCs) reichen nicht aus, um eine erhebliche Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze zu verhindern. Viele Regierungen verschieben sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen auf 2040, 2050 oder noch später. Kurzfristig sieht das zwar ökonomisch vorteilhaft aus, weil es heute die Energiekosten senkt. Aber eine schleppende Abkehr von fossilen Brennstoffen führt dazu, dass künftig große Verluste und Schäden in der Kryosphäre entstehen, die sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte auswirken. Sich daran anzupassen wird – wenn es technisch überhaupt möglich ist – weitaus teurer als schnelle Maßnahmen in der Gegenwart.
Eisschilde und Meeresspiegelanstieg: Eine überzeugende Anzahl neuer Studien, die Eisdynamik, Paläoklimaaufzeichnungen aus der Erdgeschichte und aktuelle Beobachtungen des Verhaltens von Eisschilden berücksichtigen, legen nahe, dass für den Zusammenbruch des Grönlandeises und auch von Teilen der Antarktis der Schwellenwert deutlich unter 2,2 Grad Celsius liegt. Viele Forscher:innen gehen mittlerweile davon aus, dass schon ein Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius ausreichen würde, um große Teile Grönlands und der Westantarktis und bestimmte gefährdete Teile der Ostantarktis zum Abschmelzen zu bringen. Dies würde zu einem unaufhaltsamen Anstieg des Meeresspiegels um über zehn Meter in den kommenden Jahrhunderten führen, selbst wenn die Lufttemperaturen später wieder sinken. Dieser unaufhaltsame Anstieg des Meeresspiegels wird alle Küstenregionen vor große, dauerhafte Herausforderungen stellen. Er wird zu weitreichenden Verlusten und Schäden an wichtiger Infrastruktur führen – etwa 75 Prozent aller Städte mit mehr als fünf Millionen Einwohnern liegen weniger als zehn Meter über dem Meeresspiegel. Es wird landwirtschaftliche Flächen zerstören und die Lebensgrundlage all derer, die von diesen gefährdeten Regionen abhängen, massiv gefährden.
Gebirgsgletscher und Schneedecken: Auch nur zwei Grad Celsius würden während des gesamten Jahrhunderts zu steigenden Verlusten und Schäden führen und die Anpassungsfähigkeit vieler Gemeinschaften in den Bergen und an Flussläufen bei weitem überschreiten. Fast alle Gletscher der Tropen und mittleren Breiten würden schließlich vollständig verschwinden. Die besonders wichtigen asiatischen Hochgebirgsgletscher würden etwa 50 Prozent ihres Eises verlieren. Katastrophenereignisse, die wir heute schon beobachten, wie Ausbrüche von Gletscherseen und massive Erdrutsche, werden an Häufigkeit und Ausmaß zunehmen. Besonders hoch sind die Risiken in Asien, wo plötzliche Überschwemmungen ohne große Vorwarnung innerhalb weniger Stunden Infrastruktur und Städte wegschwemmen können. Ernsthafte und möglicherweise dauerhafte Veränderungen des Wasserkreislaufs aufgrund des Rückgangs der Schneedecke und des Abschmelzens von Eis während der warmen Sommerwachstumsperiode werden Auswirkungen auf die Nahrungsmittel-, Energie- und Wassersicherheit haben.
„Eis-Stupas in Ladakh. Stupas sind Bauwerke, die Buddha und seine Lehre versinnbildlichen. Diese künstlichen Gletscher in Form von Stupas dienen als Wasserreservoir. Diese beiden wurden von Studierenden des Himalayan Institute of Alternatives, Ladakh, errichtet. Foto: Crb43, via Wikimedia, CC BY-SA
Polarmeere: Die aktuellen NDCs verzögern eine ausreichende Emissionsminderung und werden zu CO2-Werten in der Atmosphäre von nahezu 500 ppm führen. Damit liegt der Wert deutlich über dem kritischen Wert von 450 ppm, den Polarmeereswissenschaftler:innen vor Jahrzehnten ermittelt haben, sagen die Forscher:innen. Extreme Umweltbelastungen werden sich auf Muscheln und Schnecken auswirken, deren kalkhaltige Schalen vom CO2-haltigen Meerwasser angegriffen werden, sowie auf wertvolle Arten in der Nahrungskette, wie Krill, Kabeljau, Lachs, Hummer und Königskrabben. Eine Belastung dieser polaren Ökosysteme wird zu Verlusten und Schäden in der kommerziellen Fischerei führen, die wir letztlich auch an den Preisen im Supermarkt zu spüren bekommen. Und auch die lokalen Gemeinschaften in den Polargebieten, die sich von Fischerei ernähren, werden schwer darunter leiden. Diese ätzenden Bedingungen halten Zehntausende von Jahren an. Zusätzliche Verluste entstehen durch Hitzewellen im Meer. Es gibt keine bekannte Möglichkeit für gefährdete polare Meeresarten, sich rechtzeitig an solche Veränderungen anzupassen. Ohne eine dringende Verbesserung der aktuellen NDCs werden Störungen der Meeresströmungen durch das Eindringen von Süßwasser aus beiden Eisschichten immer wahrscheinlicher.
Permafrost: Wenn der Permafrost, der dauernd gefrorene Boden in den arktischen Gebieten und in den Bergen, auftaut, führt das in den direkt betroffenen Gebieten zu schweren Schäden an Straßen, Bahnlinien und Gebäuden. Doch die Schäden betreffen uns alle, denn der Prozess setzt Kohlendioxid und Methan frei. Je mehr dieser Treibhausgase austreten, umso dringender und teurer werden Maßnahmen, um die menschengemachten Emissionen zu senken. Sobald sie einmal in Gang gesetzt sind, sind die Emissionen aus Permafrost nicht mehr aufzuhalten und werden für die nächsten ein bis zwei Jahrhunderte nicht aufhören. Künftige Generationen werden dann Mengen von CO2 aus der Atmosphäre entfernen müssen, die dem derzeitigen Ausstoß von großen Staaten entsprechen. Wenn die aktuellen NDCs nicht deutlich verbessert werden, könnten die jährlichen Emissionen aus Permafrost bis 2100 die Größe der gesamten Emissionen der Europäischen Union erreichen und bis 2300 etwa das Doppelte davon. Dadurch, dass die Arktis sich schneller erwärmt als andere Gebiete, gibt es mehr extreme Hitzeereignisse, die zu „abrupten Tauprozessen“ führen können, wo Küstenlinien oder Berghänge einstürzen oder sich Seen bilden. Dadurch kann der Permafrost in noch größeren Tiefen auftauen, was bedeutet, dass die Emissionen noch höher ausfallen könnten als prognostiziert.
Meereis: Bei einer Erwärmung um über zwei Grad Celsius wäre der Arktische Ozean von Juli bis Oktober praktisch eisfrei. Das weniger reflektierende, offene Wasser würde mehr Wärme aufnehmen. Diese wärmere Arktis würde das Auftauen des Permafrosts an den Küsten verstärken, wodurch mehr Kohlenstoff in die Atmosphäre gelangt und die Küstenerosion zunimmt. Das Abschmelzen des Grönlandeises und der Anstieg des Meeresspiegels würden noch einmal beschleunigt werden. Das hätte unvorhersehbare und wahrscheinlich extreme Auswirkungen auf die Wettermuster in den mittleren Breiten. Wärmere Gewässer bedeuten auch, dass die Erholung des Meereises viele Jahrzehnte dauern kann, auch wenn die Lufttemperaturen wieder sinken, da der Ozean die Wärme viel länger speichert. Während einige Wirtschaftsanalysten den Verlust des arktischen Meereises aufgrund des größeren regionalen Wirtschaftspotenzials als positiv betrachten, würde das extreme Ausmaß von Verlust und Schäden sowie der erhöhte Anpassungsbedarf mit ziemlicher Sicherheit alle vorübergehenden wirtschaftlichen Gewinne bei weitem übertreffen, sogar für die Arktisanrainer selbst.
Was passiert, wenn der CO2-Anstieg im jetzigen Tempo weitergeht?
Sollte der CO2-Anstieg in der Atmosphäre weiterhin im heutigen Tempo anhalten und trotz aktueller Klimaschutzversprechen nicht zum Stillstand kommen, werden die globalen Temperaturen bis zum Ende dieses Jahrhunderts um mindestens drei Grad Celsius ansteigen. Die Verluste und Schäden in der Kryosphäre auf diesem Niveau werden extrem sein und für viele Gemeinschaften und Nationen die Anpassungsgrenzen deutlich überschreiten.
Eisdecken und Anstieg des Meeresspiegels: Sobald die Drei-Grad-Marke überschritten wird, beschleunigt sich der Eisverlust in Grönland und insbesondere in der Westantarktis und damit der Anstieg des Meeresspiegels extrem. 2100 könnte die Drei-Meter-Marke überschritten werden, 2200 fünf Meter, 2300 bis zu 15 Meter.
Gletscher und Schneedecke: Mit dieser raschen Erwärmung sind katastrophale und kaskadierende Auswirkungen des Gletscher- und Schneeverlusts verbunden. Einige gefährdete Gemeinschaften in Höhenlagen und flussabwärts gelegenen Gebieten werden bereits Mitte des Jahrhunderts wegen Wassermangels im Sommer oder zerstörerischer Überschwemmungen unter Bedingungen leiden, unter denen sie nicht überleben können. Selbst viele der größten Gletscher in den Hochgebirgen Asiens und Alaskas werden mit der Zeit wahrscheinlich nicht überleben. In derzeit fruchtbaren landwirtschaftlichen Regionen wie den Einzugsgebieten des Tarimflusses im Westen Chinas und des Colorado River im Südwesten Nordamerikas wird Landwirtschaft wahrscheinlich kaum mehr möglich sein.
Polarmeere: Im gesamten Arktischen Ozean und im Südpolarmeer wird es zu einer zerstörerischen Versauerung kommen. Bei diesen CO2-Werten würde auch in einigen Meeren in Polarnähe, insbesondere in der Barentsee sowie der Nord- und Ostsee, ein kritischer Versauerungsgrad erreicht werden. Es würde 30.000 bis 70.000 Jahre dauern, bis der pH-Wert wieder den heutigen Wert erreicht. Das wird mit ziemlicher Sicherheit zu einem Massenaussterben polarer Arten führen, insbesondere in Kombination mit der Erwärmung der Ozeane und der Langlebigkeit der im Ozean gespeicherten Wärme. Eine extreme Erwärmung wird außerdem schwerwiegende Folgen für das heutige System der globalen Meeresströmungen haben und zu unvorhersehbaren Störungen der atlantischen und antarktischen Zirkulationssysteme führen.
Permafrost: Wenn die derzeitige rasche Erwärmung und das Auftauen des Permafrosts anhalten, wird es praktisch unmöglich werden, Netto-Null-Emissionen aufrechtzuerhalten. Bei derart hohen Temperaturen werden große Teile des arktischen Permafrosts und fast der gesamte Permafrost in den Bergen auftauen. Dadurch werden bis zum Ende dieses Jahrhunderts jährliche Kohlendioxid-Emissionen in der Größenordnung der heutigen Emissionen Chinas freigesetzt, was die globale Erwärmung enorm beschleunigen würde.
Nur 1,5 Grad Celsius kann das Schlimmste verhindern
Nur bei einem CO2-Maximum bei 430 ppm lassen sich die Verluste in der Kryosphäre auf ein Niveau verlangsamen, das insbesondere vielen Küsten- und Berggemeinden eine praktikable Anpassung ermöglicht und so Verluste und Schäden deutlich minimiert.
Eisschichten und Anstieg des Meeresspiegels: Die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs würde sich bis 2100 stabilisieren. Dies erfordert aber dringendes Handeln, wobei die Verpflichtungen zur Eindämmung des Klimawandels dringend verschärft und die Emissionen fossiler Brennstoffe bis 2030 um 40 Prozent gesenkt werden müssen. Leider zeigen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass selbst 1,5 Grad Celsius möglicherweise nicht ausreichen, um beide Eisschilde zu schützen. Im schlimmsten Fall würde sich der Anstieg des Meeresspiegels zwar verlangsamen, aber andauern.
Gletscher und Schneedecke: Den Klimawandel so weit einzudämmen, ist die einzige Chance, in einigen Regionen wie Skandinavien, den Alpen und Island zumindest 15 bis 35 Prozent des Gletschereises zu erhalten. Bis zu 50 Prozent des gegenwärtigen Eises im Kaukasus, in Neuseeland und in großen Teilen der Anden könnten erhalten bleiben. In den asiatischen Hochgebirgen würden zwei Drittel des Gletschereises erhalten bleiben. In den meisten Gemeinschaften würden die Veränderungen nicht über die Anpassungsgrenzen hinausgehen und die Geschwindigkeit der Gletscherschmelzen würde sich bis Mitte des Jahrhunderts verlangsamen und bis 2100 stabilisieren.
Polarmeere: Sofortige Eindämmungsmaßnahmen führen zu Temperaturen nahe der 1,5-Grad-Grenze und halten den CO2-Gehalt in der Atmosphäre zuverlässig deutlich unter 450 ppm. Die ehrgeizigsten Maßnahmen führen zu einem CO2-Höchstwert von 430 ppm. Dadurch werden die korrosiven Belastungen auf kleinere Teile der Arktis und des Südpolarmeers beschränkt, wo heute schon Schalenschäden und veränderte Lebensprozesse beobachtet werden. Verluste werden dennoch auftreten: Zerstörerische kombinierte Ereignisse aus marinen Hitzewellen und extremer Versauerung haben bei den heutigen 1,2 Grad Celsius bereits zu einem Einbruch von Populationen geführt. Dazu mehren sich die Anzeichen für eine gewisse Verlangsamung der großen Meeresströmungen.
Permafrost: Selbst wenn die durchschnittliche Erderwärmung unter 1,5 Grad Celsius bleibt, wird es immer noch zu erheblichem Auftauen des Permafrosts und damit verbundenen Emissionen kommen, wenn auch nicht so schlimm wie in den anderen Szenarien. Die Schäden an der Infrastruktur in Russland, Kanada und Alaska sowie dem tibetischen Plateau und anderen Bergregionen werden viel geringer ausfallen, wenn die globale Durchschnittstemperatur unter 1,5 Grad Celsius bleibt. Die jährlichen Permafrost-Emissionen müssen zwar noch von künftigen Generationen ausgeglichen werden, sollten aber um 30 Prozent (etwa 120 bis 150 Gigatonnen bis 2100) geringer ausfallen, als dies bei den aktuellen NDCs der Fall wäre.
Meereis: Das arktische Meereis wird sogar bei 1,5 Grad Celsius in manchen Sommern fast vollständig schmelzen, aber nicht jedes Jahr und nur für Tage bis wenige Wochen. Dadurch werden die Auswirkungen und Rückkopplungen sowohl in der Arktis als auch auf der gesamten Erde deutlich abnehmen und die Anpassungslasten sich verringern. Allerdings wird es auch weiterhin zu Verlusten und Schäden kommen, insbesondere für die indigenen Völker der Arktis und die Küstengemeinschaften. Die Prognosen zum Meereisverlust im Südpolarmeer rund um die Antarktis sind freilich unsicherer, die Schwelle zum vollständigen Meereisverlust im Sommer könnte dort sogar noch niedriger sein als in der Arktis. „Sehr geringe“ Emissionen könnten bis 2100 zu einer gewissen Erholung des Meereises an beiden Polen führen, wenn die Temperaturen beginnen, unter 1,4 Grad Celsius zu fallen.
Quelle: International Cryosphere Climate Initiative (ICCI) (2024): State of the Cryosphere 2024 – Lost Ice, Global Damage. Stockholm. Online verfügbar unter https://www.iccinet.org/statecryo24, zuletzt geprüft am 12.01.2025.
In einem offenen Brief, initiiert von der Ökonomin Sigrid Stagl, äußert sich eine Gruppe von führenden österreichischen Wissenschaftler:innen auf Grund ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit besorgt über die derzeitigen Regierungsverhandlungen. Es sind Expert:innen aus den Bereichen Ökonomie, soziale Ökologie, industrielle Ökologie, Meteorologie, Klimawissenschaft, Politikwissenschaft, Umweltwissenschaft und anderen Fachgebieten.
Sie rufen die Verhandler:innen dazu auf, Klima- und Umweltpolitik als integralen Bestandteil der Standortpolitik zu verstehen und konsequent weiterzuentwickeln, um die Voraussetzungen für einen zukunftsorientierten und innovativen Wirtschaftsstandort zu schaffen, der sich langfristig in einem krisensicheren europäischen Wirtschaftsraum im Kontext globaler Herausforderungen behaupten kann. Sie sehen das als Grundlage für ein wirtschaftlich erfolgreiches Österreich, das zukünftige Schadenskosten aufgrund Klimawirkungen in enormer Höhe vermeidet.
Adressat:innen Der Bundespräsident, der Bundeskanzler, die Klubdirektor:innen der im Nationalrat vertretenen Parteien, die Vorsitzenden und Generalsekretär:innen der im Nationalrat vertretenen Parteien, die Landeshauptfrauen und Landeshauptmänner der Bundesländer, die Präsident:innen der Kammern und der Industriellenvereinigung.
Wir rufen Sie dazu auf, Klima- und Umweltpolitik als integralen Bestandteil der Standortpolitik zu verstehen und konsequent weiterzuentwickeln. Dadurch schaffen Sie heute die Voraussetzungen für einen zukunftsorientierten und innovativen Wirtschaftsstandort, der sich langfristig in einem krisensicheren europäischen Wirtschaftsraum im Kontext globaler Herausforderungen behaupten kann. Das ist die Grundlage für ein wirtschaftlich erfolgreiches Österreich, das zukünftige Schadenskosten aufgrund Klimawirkungen in enormer Höhe vermeidet.
Die weltweiten ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels werden immer deutlicher spürbar. Um die Natur – und in Folge uns selbst als Gesellschaft – vor Zerstörung zu bewahren, ist davon auszugehen, dass alle Länder weltweit die Transition zur Klimaneutralität vollziehen werden. Dies wird klare Konsequenzen für die Nachfrage nach Produkten und Geschäftsmodellen mit sich bringen und jene begünstigen, die frühzeitig Expertise und Marktanteile in diesen Bereichen aufgebaut haben.
Ein Beispiel hierfür ist China, das seit 2001 in seinen 5-Jahres-Plänen systematisch die eigenen Kompetenzen im Bereich erneuerbarer Energien ausgebaut hat und heute in mehreren Segmenten Weltmarktführer ist. Um seine Standortstärke zu sichern, muss auch Österreich durch gezielte wirtschaftspolitische Maßnahmen sicherstellen, dass bestehende Kompetenzen strategisch genutzt werden, um innovative und zukunftsfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln und auszubauen. Dabei wird es unerlässlich sein, dass alle diese Geschäftsmodelle einen äußerst verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen im Sinne der Kreislaufwirtschaft gewährleisten.
Um dies zu erreichen, braucht es eine klar strukturierte Wirtschaftspolitik, die Entwicklungsziele präzise kommuniziert und Wirtschafts-, Ressourcen- sowie Klimapolitik eng miteinander verbindet, um die notwendige mitelfristige Transformation der Wirtschaft zu sichern. Österreich kann bereits auf erfolgreiche Beispiele verweisen. Während in der Automobilzulieferindustrie vielerorts Insolvenzen drohen, haben innovative österreichische Unternehmen frühzeitig auf globale Entwicklungen reagiert und ihre Technologieführerschaft in Schlüsselbereichen der Energiewertschöpfungskete – von Windkraftanlagen über Energiespeicher bis hin zu Elektrofahrzeugen – konsequent ausgebaut. Österreich ist auch das viertgrößte Ausfuhrland weltweit für Bahnindustriegüter in absoluten Zahlen, hinter Deutschland, China und den USA.
Diese und andere Beispiele zeigen trotz der Herausforderungen, die sich unter anderem durch die wachsende Innovationskraft des asiatischen Raums für eine zukunftsfähige Wirtschaft ergeben, dass Österreich – ebenso wie Europa insgesamt – über solide Ausgangsbedingungen und kritische Kompetenzen verfügt. Diese bilden die Basis, auf der eine zukunftsorientierte Industrie- und Wirtschaftspolitik aufbauen muss, um den Wirtschaftsstandort zukunftsorientiert zu stärken.
Auch aus einer engen wirtschaftspolitischen Sicht sind Klimaschutzinvestitionen in Zukunft notwendig. Wie eine Studie des Umweltbundesamts, des Instituts für Höhere Studien, und der TU Wien im Auftrag der österreichischen Sozialpartner zeigt, können bis 2040 zusätzlich 1,3 bis 2,3% des BIP pro Jahr für Investitionen für die Klimaneutralität 2040 mobilisiert werden. Diese Investitionen erbringen in der Industrie sowie im Verkehrs-, Energie- und Gebäudesektor eine hohe inländische Wertschöpfung, eine spürbare Entlastung des Arbeitsmarktes, und verbessern die Handelsbilanz und Auslandsabhängigkeit durch weniger fossile Energieimporte.
Durch die Umlenkung öffentlicher Investitionen und den Abbau fossiler Subventionen können zukünftige Emissionen vermieden und gleichzeitig der Staatshaushalt entlastet werden. Diese Entlastung umfasst geringere Schadenskosten (z.B. in den Bereichen Gesundheit und Vermögenswerte in Form von zerstörten Gebäuden, Infrastrukturen und auf landwirtschaftlichen Flächen in Milliardenhöhe mit steigender Tendenz; der Vermögensschaden für Haushalte und Unternehmen der Unweter in Niederösterreich im September 2024 belief sich z.B. auf 1,3 Mrd. EUR, ohne Berücksichtigung der Schäden an der Infrastruktur), der Wegfall der fossilen Subventionen an sich (bis zu 7 Mrd. EUR) sowie eine deutliche Reduktion von Strafzahlungen bei Nichterreichung der Klimaziele (bis zu 5,8 Mrd. EUR). Darüber hinaus profitieren die Wirtschaft und Gesellschaft durch eine höhere Lebensqualität, etwa durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs bzw. die Belebung von Siedlungskernen. Die geplanten Maßnahmen führen zudem zu einer sozial gerechteren Lastenverteilung, da die Kosten stärker von den Verursachern getragen werden.
Mut zu transformativen Innovationen
Auch die Unterstützung transformativer Innovationen wird eine zentrale Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein. Dringenden Handlungsbedarf gibt es in den Bereichen Wohnen, Energieversorgung, Mobilität, Landwirtschaft und Industriestandort. Als Leuchturmprojekte für ein Regierungsprogramm bieten sich z.B. ein innovativer Ansatz im Bereich Bauen und Wohnen sowie die Unterstützung weitreichender Transformationen in der energie- und emissionsintensiven Industrie an.
Ein Innovationspaket für Bauen und Wohnen würde enormes Innovationspotenzial im Gebäudesektor mobilisieren. Inspirierende Beispiele finden sich in der Schweiz, wo sogenannte Quartiere oder Areale zu Vorreitern zukunftsweisender Stadtentwicklungskonzepte geworden sind. Diese Projekte kombinieren moderne städtebauliche Ansätze mit energieeffizienten Gebäuden und lokalisierten Energiesystemen. Wärme und Kühlung werden vollständig lokal durch Erdsonden bereitgestellt, während mehr als die Häle des Elektrizitätsbedarfs durch gebäudeintegrierte Photovoltaik und andere erneuerbare Energiequellen gedeckt wird.
Im Bereich alternativer Baumaterialien, insbesondere dem Holzbau, sind österreichische Unternehmen international bereits sehr erfolgreich. Besonders innovativ sind Gebäudesanierungen und Bestandserneuerungen einzuschätzen, weil sie einerseits positive Effekte auf Arbeitsmarkt und Bauindustrie haben und andererseits den Energiebedarf senken und einer zusätzlichen Bodenversiegelung entgegenwirken. Solche Ansätze demonstrieren eindrucksvoll, wie Nachhaltigkeit und technologische Innovaon in der Praxis umgesetzt werden können.
Ein Innovationspaket zur Transformation der Industrie fördert die konsequente Kreislaufführung von Rohstoffen sowie sektorübergreifende Kooperationen. Der öffentliche Sektor übernimmt dabei die Schlüsselrolle eines Ermöglichers (Enablers), indem er gezielt die Entwicklung und den Ausbau von Infrastruktur unterstützt. Dazu zählen vor allem Transport- und Speicherlösungen. Diese Maßnahmen schaffen die notwendigen Rahmenbedingungen, um industrielle Transformation und nachhaltige Wertschöpfung zu ermöglichen.
Ein Innovationspaket zur Finanzierung der Transformation ermöglicht die zügige Umsetzung strategischer Innovationsziele. Für das Innovationspaket Bauen und Wohnen könnte die reakvierte Wohnbau-Invesonsbank, die bereits vor Jahren gesetzlich eingerichtet wurde, eine zentrale Rolle spielen. Für das Innovationspaket Transformation der Industrie wäre die Schaffung eines neuen Finanzinstruments, des Austrian Innovaon and Transion Fund, sinnvoll. Hierbei könnte der noch verfügbare Fonds des European Recovery Programs (ERP) aus der Nachkriegszeit gezielt aktiviert werden.
Diese neuen Finanzierungsinstrumente sollten durch eine Evaluierung bestehender Fördermechanismen begleitet werden, um ineffiziente oder kontraproduktive Maßnahmen zu identifizieren und zu eliminieren. Zusätzliche finanzielle Unterstützung könnten Mittel aus der Wohnbauförderung sowie Erlöse aus den Auktionen des EU-Emissionshandelssystems bieten. Diese Maßnahmen schaffen kurz- bis mittelfristig die notwendigen Ressourcen, um nachhaltige Transformationen in Schlüsselbereichen effektiv zu fördern. Für längerfristige Maßnahmen hat Mario Draghi in seinem Bericht für die Europäische Kommission (The future of European competitiveness) zukunftsweisende Vorschläge unterbreitet.
Ein Innovationspaket zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktivität und Ernährungssicherheit ist nötig, um zukünftige Ertragsschwankungen bis hin zu gänzlichen Ernteausfällen, langfristig sinkende Produktivität und teure Anpassungsmaßnahmen zu verringern. Während die Kosten von Klimaschutzmaßnahmen oft im Mitelpunkt des Interesses stehen, übersteigen die Folgekosten des Nichthandelns die Kosten von Klimaschutzmaßnahmen um ein Vielfaches. Zentrale Maßnahmen umfassen die Förderung von Forschung zu diversifizierten, klima- und biodiversitätsfreundlichen Produktionsmethoden, die Unterstützung ressourcenschonender und resilienter Wertschöpfungsketen (Biodiversitätsförderung, Widerstandsfähigkeit gegen Klimaschäden) sowie die substanzielle Reduzierung von Lebensmitelabfällen entlang der gesamten Wertschöpfungskete. Diese Ansätze sind essenziell, um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen und langfristige Ernährungssicherheit zu gewährleisten.
Um Österreich als attraktiven Wirtschaftsstandort zu sichern, ist es auch wichtig, die Abhängigkeit von teuren und knappen Rohstoffimporten zu reduzieren. Kreislaufwirtschaft und ressourcenschonende Bioökonomie bieten hierfür die passenden Ansätze. Sie fördern Wertschöpfung in Österreich, erhöhen die Versorgungssicherheit, stärken handwerkliche Fähigkeiten, schützen den natürlichen Lebensraum und unterstützen die Landwirtschaft. Darüber hinaus steigern sie die Wetbewerbsfähigkeit, stärken bestehende Umweltechnikunternehmen und erschließen neue Geschäftsfelder. Damit sichern sie regionale, zukunftsorientierte Arbeitsplätze, fördern die Wirtschaftsleistung und verbessern das Exportpotenzial.
Ein Innovationspaket nachhaltige Mobilität leistet einen Beitrag zu einer lebenswerten Zukunft und stärkt die bereits bestehenden österreichischen Kompetenzen im Hoch- und Tiefbau auf den internationalen Märkten. Ein gut ausgebauter öffentlicher Verkehr ist mehr als nur eine Ergänzung zum Individualverkehr in Österreich. Der Ausbau des schienengebundenen öffentlichen Verkehrs ist eine strategische Investition in Österreichs Zukunft. Er bietet Pendlerinnen und Pendlern sichere, kostengünstige und stressfreie Mobilität, erhöht die Lebensqualität und reduziert Verkehrsunfälle. Wirtschaftlich stärkt er die heimische Schienenfahrzeug- und Tiefbauindustrie, sichert Arbeitsplätze und mindert die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen und Importen. Zudem entlastet eine moderne Schieneninfrastruktur Straßen und ermöglicht eine umweltfreundliche Verlagerung des Güterverkehrs.
Ein Innovationspaket Stop der Versiegelung ist nötig, da m it jedem Grad Erwärmung die mögliche Niederschlagsmenge um rund 10%, bei den derzeitigen 2,9°C Erwärmung also um fast 30% steigt. Das bedeutet, dass in Siedlungsräumen und außerhalb mehr Fläche zur Aufnahme des Wassers bereitgestellt werden muss, sollen Hochwasserkatastrophen verhindert werden. In den letzten 20 Jahren wurden in Österreich hingegen 130.000 Hektar Äcker und Wiesen versiegelt.
Österreich ist mit vielfältiger Natur und zahlreichen Kulturgütern gesegnet und daher für Touristen aus aller Welt attraktiv. Extremereignisse bedrohen nicht nur Menschen, Natur und Kultur, sie schrecken auch Touristen ab. Soll der klimawandelbedingte Rückgang der Schneedeckendauer und damit des Wintertourismus durch Sommertourismus kompensiert werden, müssen neben Emissionsreduktionen auch Anpassungsmaßnahmen gesetzt werden um Menschen, Infrastruktur und Wirtschaft zu schützen. Viele der Klimawandelanpassungsmaßnahmen sind auch aus anderen Gründen wünschenswert: Renaturierung von Industriebrachen, Flussläufen und Ackerrainen, Ausbau von Schwammstraßen und Schwammstädten mit mehr Grün in den Siedlungsgebieten, Wärmedämmung und Verschatung heben die Lebensqualität für Einheimische und die Attraktivität für Touristen. Die Maßnahmen können Teil eines Konjunkturpaketes zur Förderung von Klein- und Mitelbetrieben sein und sich günstig auf die Arbeitsplatzsituation, insbesondere in den ländlichen Regionen, auswirken. Zusätzlich können Kosten im Gesundheitsbereich eingespart werden, weniger Boden geht durch Erosion verloren, Städte und Gemeinden sparen Straßenreinigungs- und Bewässerungskosten, usw.
Steigende Jahresdurchschnittstemperaturen und deren weitreichende Auswirkung, die auch Bedrohungen der menschlichen Gesundheit umfassen, zählen unzweifelhaft zu den größten Herausforderungen dieses Jahrhunderts. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist der Klimawandel „die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit“ (WHO, COP26 Report, 2021). Wir benötigen daher ein Innovationspaket für den Gesundheitsbereich.
Der Klimawandel bedroht die menschliche Gesundheit auf vielen Ebenen u.a. aufgrund von Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen mit Überflutungen und Sturmschäden, durch Veränderungen bei der UV- und Luftschadstoffbelastung, neu oder verstärkt auftretende Pollenbelastungen mit erhöhtem Allergierisiko bis hin zu Infektionskrankheiten mit bisher nicht heimischen Erregern. Besonders bedeutsam bei Extremwetterereignissen, die in kurzer Zeit das Lebenswerk eines Menschen und einer Familie zerstören können, sind auch die Folgen für die psychische Gesundheit.
Hitzewellen, eine direkte und spürbare Folge des Klimawandels, gefährden Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen (z.B. Asthma), ältere oder sehr junge Personen sowie diejenigen, die in Berufen mit hoher körperlicher Belastung arbeiten. Jeder zusätzliche Tag mit Temperaturen von 30 Grad im Sommer führt zu einem Anstieg der Sterblichkeit um 2,4% in den betroffenen Regionen.
Der Klimawandel verändert das Erkrankungsspektrum und den damit verbundenen medizinischen Versorgungs- und Pflegebedarf maßgeblich. Die Folgen betreffen bereits heute fast alle medizinischer Fachdisziplinen, speziell Notfall- und Innere Medizin, Infektiologie, Allergologie und Psychiatrie. Die Herausforderungen auch für das öffentliche Gesundheitssystem sind absehbar.
In dieser Hinsicht müssen auch gesundheitsökonomische Betrachtungen angestellt werden. Beispielsweise hat die zunehmende Vorbereitung von Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) mit seinen hoch-allergenen Pollen neben den ernsten gesundheitlichen Auswirkungen (Allergien) auch erhebliche Gesundheitskosten zur Folge. Berechnungen zeigen, dass in Europa 13,5 Millionen Menschen von einer Ambrosia-Allergie betroffen sind, was Gesundheitskosten von 7,4 Milliarden EUR pro Jahr verursacht. Effektiver Klimaschutz kann jedoch nicht nur Todesfälle und Krankheitsjahre verhindern, sondern auch die allgemeine Gesundheit der Bevölkerung verbessern, indem er zu gesünderer Ernährung und mehr Bewegung im Alltag anregt. Gleichzeitig trägt Klimaschutz durch eine gesündere Bevölkerung zur Entlastung des Gesundheitswesens bei. Die Gesundheit aller Menschen sollte daher ein gemeinsames Anliegen sein.
Eine ambionierte Innovations- und Wirtschaftspolitik
Diese Argumente sollten die Basis für eine ambitionierte Innovations- und Wirtschaftspolitik der nächsten Bundesregierung sein. Um die Zielorientierung, Machbarkeit und Akzeptanz sicherzustellen, empfehlen wir, die einzelnen Maßnahmen unter Einbeziehung aller relevanten Stakeholder:innen zu entwickeln. Hierfür bieten wir unsere wissenschaftliche Expertise an.
Mit freundlichen Grüßen
Univ.-Prof. Dr. Sigrid Stagl, Ökonomin, Wirtschaftsuniversität Wien
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Stefan P. Schleicher, Ökonom, Karl-Franzens-Univ. Graz
Univ.-Prof. DI Dr. mont. Reinhold W. Lang, Kunststoftechnik, Johannes Kepler Univ. Linz
Univ.-Prof. Dr. Michael Getzner, PhD, Finanzwissenschaft, TU Wien
Univ.-Prof. Dr. Helmut Haberl, Soziale Ökologie, BOKU Wien
Univ.-Prof. Dr. Karl Steininger, Ökonom, Universität Graz
Assoc.Prof. Dr. Karlheinz Erb, Universität für Bodenkultur Wien
Univ.-Prof. Dr. Melanie Pichler, Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
DI Dr. Florian Borgwardt, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Barbara Smetschka, Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
Assoc.Prof. Dr. Simone Gingrich, Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Nicolas Roux, Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Dominik Wiedenhofer, Industrielle Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Veronika Gaube, Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Helga Kromp-Kolb, Meteorologie, Universität für Bodenkultur Wien
Univ.-Doz. Dr. Herbert Formayer, Klimawissenschaft, Universität für Bodenkultur
Univ.-Prof. Dr. Ulrich Brand, Institut für Politikwissenschaft, Universität Wien
Univ.-Prof. Dr. Fridolin Krausmann, Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
Univ.-Prof. Dr. Günter Emberger, Verkehrswissenschaften, TU Wien
OA Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Huter, Umweltmedizin, Meduni Wien
Assoc.Prof. Dr. Stefan Giljum, Ecological Economics, Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Stephan Luter, Ecological Economics, Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Martin Bruckner, Ecological Economics, Wirtschaftsuniversität Wien
Priv. Doz. DI Dr. phil. Willi Haas, Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
DI Dr. Daniel Huppmann, Energiemodellierung und Integrierte Systemanalyse, Internationales Institut für Angewandte Systemanalyse
Univ. Prof. Dr. Michael Kundi, Umweltmedizin, Public Health, Medizinische Universität Wien Univ. Prof. Dr. Georg Gratzer, Waldökologie, Universität für Bodenkultur
Univ.-Prof. Dr. Ingolfur Blühdorn, Gesellschaftswandel & Nachhaltigkeit, Wirtschaftsuniversität Wien
Univ.-Prof. Dr. Patrick Sakdapolrak, Geographie und Regionalforschung, Universität Wien
Univ.-Prof. Dr. Eva Vetter, Zentrum für Lehrer*innenbildung, Universität Wien
Dr. Andreas Exner, Transformationsforschung, Universität Graz
Univ. Prof. Dr. Harald Wilfing, Evolutionäre Anthropologie, Universität Wien
Univ.-Prof. (i.R.) Ing. Dr. phil. Dr. h.c. Verena Winiwarter, Österreichische Akademie der Wissenschaften
Univ.-Prof. Dr. Michael Finus, Volkswirtschaft, Universität Graz
Dr. Leonard C. Pasqualini, Chemie, HBLFA Tirol
Univ.Prof. Dr. Dr.h.c. Josef Christian Aigner, Psychologe, Bildungswissenschaftler, Psychotherapeut, ehem. Leopold Franzens-Universität Innsbruck
Markus Palzer-Khomenko, MSc, Geologie, Universität Wien Prof. Dr. Karl Aiginger, Europaplatform Wien Brüssel, WU Wien
Univ.-Prof. Dr. Daniel Ennöckl, Institut für Rechtswissenschaften, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Klaus Jäger, Biochemiker im Ruhestand
Assoz. Prof. Dr. Nils Carqueville, Physik, Universität Wien
Univ.-Ass. Mag. Dr. Susanne Hochreiter, Germanistik, Universität Wien
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Anke Bockreis, Abfallbehandlung und Ressourcenmanagement, Uni Innsbruck
Johannes Stangl, MSc – PhD Student am Complexity Science Hub & an der Wirtschaftsuniversität Wien
Univ.- Prof. Dr. Dorothee Bohle, Polikwissenschaft, Universität Wien
Univ.Prof. i.R. Dipl.-Phys. Dr. phil.nat Wolfgang Liebert, Sicherheits- und Risikowissenschaften, BOKU
Univ.-Prof. Dr.phil. Lukas Meyer, Philosophie, Universität Graz
Dr. Michael Bürkle, Innsbruck
Dr. Michael Busse, S4F-Koordinationsteam West
Univ.-Prof. Dr. Anja Lembens, Didaktik der Chemie, Universität Wien
Dr. Rainer Bauböck, Professor i.R. für soziale und politische Theorie, Europäisches Hochschulinstitut, Florenz
Ao. Univ.-Prof. i. R. Dr. Wolfgang Kromp, Risikowissenschaften, Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien
Univ.-Prof. Dr. Christa Schleper, Funktionelle und Evolutionäre Ökologie, Universität Wien
Univ. Prof. i.R. Dr. Georg Kaser, Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften, Universität Innsbruck
Assoz.-Prof- Dr. Franz Essl, Botanik und Biodiversitätsforschung, Universität Wien
PD DI Dr Andreas H. Melcher, Entwicklungsforschung, Universität für Bodenkultur Wien
Prof. Gernot Wagner, PhD, Columbia Business School, New York
Dr. Christina Plank, Politische Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
Univ.Prof Dr Petra Heffeter, Krebsforschung, Med. Uni Wien
Univ.Prof. Dr. Johann Stötter, Geographie, Universität Innsbruck
Dr. Ines Omann, ÖFSE − Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung
Assoz. Prof. Dr. Daniel Hausknost, Gesellschaftswandel & Nachhaltigkeit, Wirtschaftsuniversität Wien
Assoz.Prof. Mag. Dr. Carmen Konzet-Firth, Romanistik, Universität Innsbruck
Dr.in Friederike Frieß, Sicherheits-Risikowissenschaften, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Fabian Schipfer, Technikfolgenabschätzung, International Institute for Applied Systems Analysis
Mag. rer. nat. Dr. techn. René Sedmik, Atomic and Subatomic Physics, TU Wien
Dr. Heinz Fuchsig, Arbeits- und Umweltmedizin, Innsbruck
Konstann Weber, MSc, PhD student in Climate Science, ETH Zürich
Univ.-Prof. Dr. Susanne Pernicka, Soziologie, Johannes Kepler University Linz
Dr. Patrick Scherhaufer, Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolik, Universität für Bodenkultur
Assoz.-Prof. Dr. Thomas Brudermann, Umweltsystemwissenschaften, Universität Graz
Mag. Dr. Norbert Mayr, Kunstwissenschaft, Architekturgeschichte und -theorie
Prof. (FH) Dr. Johannes Jäger, Volkswirtschaft, Fachhochschule des BFI Wien
Dr. Ulrich Morawetz, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität für Bodenkultur Wien
Univ.-Prof. Dr. Sigi Atteneder, Architektur, Kunstuniversität Linz
Dr Heinz Nabielek, Energy Research, Forschungszentrum Jülich, retired
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. MSc Alexander Passer, Nachhaltiges Bauen, TU Graz
Dr. Leonore Theuer, Juristin
Univ.-Prof. DI Dr. Wolfgang Schöfberger, Organische Chemie, Johannes Kepler Universität Linz
Ass.Prof. DI Dr. Verena Radinger-Peer, Landschaftsentwicklung, Erholungs-& Naturschutzplanung, BOKU
Dr. Martin Hagmüller, Signalverarbeitung und Sprachkommunikation, Technische Universität Graz
Ao.Univ.-Prof.Mag.Dr. Katrin Schäfer, Evolutionäre Anthropologie, Universität Wien
Univ.Prof. Mag. Dr. Harald Rieder, Meteorologie und Klimatologie, Universität für Bodenkultur Wien
Mag.a Katrin Sippel, M.A., Österreichische Gesellscha für Exilforschung
Dr. Rudolf Scheutz, Anthering
Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. René Mayrhofer, Networks and Security, Johannes Kepler Universität Linz
Univ.-Prof. Wolfgang Streicher, Konstruktion und Materialwissenschaften, Universität Innsbruck Dr. Alexander Behr, Politikwissenschaft, Universität Wien
Assoc. Prof. Mag. Dr. Martin Schmid, Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur
Dr. Chrisan Plas, Sustainability Services, EY Denkstatt
Mag. Dr. Harald Büchele, Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt, Innsbruck
Mag. Simon Tschannet, Meteorologe, Stadtklimatologie, Geschäsführer Weatherpark GmbH
Univ. Doz. Dr. Peter Ambros, Wien
Dipl.-Ing. Dr. Lukas Daniel Klausner, Informatik und Security, FH St. Pölten
Univ.-Prof. Dr. Dietmar W. Winkler, Dekan Theologische Fakultät, Universität Salzburg
Dr. Thomas Weber, Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Klinik Donaustadt
Dr. Teresa Weber-Rössler, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Wien
ao.Univ.-Prof.i.R. Dr. Bernd Thaller, Mathematik, Universität Graz
Univ. Prof. i.R. Dr. Heribert Insam, Umweltmikrobiologe, Universität Innsbruck
Dr. Valerie Lenikus, Polikwissenschaft, Universität Wien
Univ.-Prof. DI Dr. Thomas Ertl, Siedlungswasserwirtschaft, Boku Wien
Dr. Stefanie Linser, Wald-, Umwelt-, und Ressourcenpoliti, Universität für Bodenkultur Wien
Assoz. Prof. i. R. Dr. Petra Seibert, Meteorologie, Univ. f. Bodenkultur Wien und Univ. Wien
Dr.in Irene Kloimüller MBA, Arbeitsfähigkeiterhalten KG
Univ.Prof. Dr. Werner Müller, Statistik, JKU Linz
Dr. Anne Sophie Meincke, M.A., Philosophie, Universität Wien
Prof.FH Dr.Dr.h.c. Alexander Jäger, Umwelt- und Bioenergie, FH Oberösterreich
Dr. Anja Marie Westram, Biologie, Norwegen
DI Dr. Mirko Javurek, Mechatronik, Johannes Kepler Universität Linz
Dr. Andreas Weber, M.A., Soziologie, Universität Wien
Univ. Prof. Dr, Gerhard J. Herndl, Funktionelle und Evolutionäre Ökologie, Universität Wien
Prof. Dr. Klaus Hubacek, Science, Technology and Society, University of Groningen
Univ.-Prof. Dr. Stefan Perner, Privatrecht, Wirtschaftsuniversität Wien
Univ.-Prof. Mag. Dr. Alfred Posch, Umweltsystemwissenschaften, Universität Graz
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Michael Tost, Mining Engineering and Mineral Economics, Montanuniversität Leoben
Univ.-Prof. Andreas Dür, PhD, Internationale Politik, Universität Salzburg
Univ.-Prof. Dr. Leonhard Dobusch, Betriebswirtschaftslehre, Universität Innsbruck
Ao.Univ.-Prof.Mag.Dr. Irmgard Greilhuber, Biodiversität, Mykologie, Universität Wien
Dagmar Henner, MSc PhD, Umweltsystemwissenschaften, Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz
Univ.Prof. Dr. DI Marianne Penker, Ländliche Entwicklung, Universität für Bodenkultur Wien
Mag.Dr. Nikolaus Muellner, University of Natural Resources and Life Sciences,
Institute for Safety and Risk Research, Vienna
Univ.Prof. Kyoko Shinozaki, Social Change and Mobilities, Universität Salzburg
Dr. Ernest Aigner, Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland
Dr. Maria von Balthazar, Botanik und Biodiversitätsforschung, Universität Wien
Univ.-Prof. DI Dr. Christian Paulik, Institut für Chemische Technologie Organischer
Stoffe, Johannes Kepler Universität Linz
Dr. Maximilian Sohmen, Medizinische Universität Innsbruck
Gabriele Hadl, MA. Ph.D., Medien- und Kommunikationswissenschaft, Alpen-Adria
Universität Klagenfurt
Priv.-Doz. DI Dr. Günter Langergraber, Siedlungswasserwirtschaft, Universität für
Bodenkultur Wien
Prof. Dr. Stefanie Wöhl, Politikwissenschaft, Fachhochschule des BFI Wien
Univ.-Prof. (i.R.) Mag. Dr. Kurt Kotrschal, Universität Wien Sprecher der AG Wildtiere
am Forum Wissenschaft & Umwelt
Dr. Gerald Raab, Erdsystemwissenschaften, Universität Graz
Vis.-Prof. Univ.-Prof. (i.R.) Dr. Ferdinand Kerschner, Johannes Kepler Universität Linz
DI Dr. Stefan Hörtenhuber, Nutztierwissenschaften, Universität für Bodenkultur Wien
Prof. Mag. Nieves Anna Cavic-Podgornik, Slawistik, Universität Wien
Dr. Holger Faby, FB Soziologie & Sozialgeographie, Paris Lodron-Universität Salzburg
Univ Prof Dr Barbara Prainsack, Politologin, Universitat Wien
Dr.med.univ. Patrick Forstner, Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin, Medizinische Universität Graz
Univ.-Prof. Dr. habil Franzisca Weder, Communication Management and Media,
Department of Business Communication, Wirtschaftsuniversität Wien
Doz. Dr. Hanns Moshammer, Umwelthygiene und Umweltmedizin (ZPH),
Medizinischen Universität Wien
Dipl.-Ing. Dr. Daniel C. Rosenfeld, Abfall- und Ressourcenmanagement, TU Wien
DI Dr. Paul Pfaffenbichler, Verkehrswesen, Universität für Bodenkultur Wien
Univ.-Prof. Mag. Katrin Watschinger, PhD, Molekulare Biochemie, Medizinische Universität Innsbruck
Prof. Mag. Dr. Karin Mauracher, BEd, Pädagogische Hochschule Tirol
Univ.Prof. Dr. Werner Zollitsch, Centre for Global Change and Sustainability,
Universität für Bodenkultur Wien
Dr.techn. Andrea Jany, Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz
Univ.-Prof. Dr. Laurenz Ennser-Jedenastik, Österreichische Politik im europäischen
Kontext, Universität Wien
Univ.-Prof. Dr. Michael Rosenberger, Institut für Moraltheologie, Katholische
Privatuniversität Linz
Univ.Prof. Dr. Hermine Mitter, Umweltsystemwissenschaften, Universität Graz
Univ. Prof. Dr. Michael Bahn, Department of Ecology, Universität Innsbruck
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Markus Aufleger, Wasserbau, Universität Innsbruck
Raphaela Maier, PhD, Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz
Dr. Gerhard Wotawa, Umweltmeteorologe, Vorsitzender Österreichische Gesellschaft
für Meteorologie/Co-Vorsitzender Climate Change Center Austria
Assoz. Prof. (FH) Dr. Harald A. Friedl, FH JOANNEUM GesmbH
Dr. Klaus Rheinberger, Forschungszentrum Energie, FH Vorarlberg
Prof. Dr. Barbara Horejs, Direktorin ÖAI, ÖAW
a.o. Univ.Prof.Dr. Ruth Simsa, Soziologin, Wirtschaftsuniversität Wien
Univ. Prof. Simone Pokrant, Fachbereich Chemie und Physik der Materialien, Universität Salzburg
Assoz.-Prof. Dr. Jakob Abermann, Glaziologie und Klimatologie, Universität Graz
Priv.-Doz. Dr. Heide Spiegel, Bodengesundheit und Pflanzenernährung, AGES –
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit
Andreas Kellerer-Pirklbauer, Geograph und Klimawandelfolgenforscher, Universität Graz
Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Helmut Rechberger, Ressourcenmanagement, TU Wien
Univ.-Prof. Dr. Günther Stocker, Institut für Germanistik, Universität Wien
Univ.-Prof. Dr. Kerstin Neumann, Betriebswirtschaft (Corporate Sustainability), Universität Innsbruck
Dr. Klaus Schuch, Wissenschaftlicher Leiter des ZSI – Zentrum für Soziale Innovation
Ass.-Prof. Dr. Manuela Hirschmugl, Geographie und Raumforschung, Universität Graz
Dr.in DIin Rita Mayrhofer, Landschaftsplanung, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Katrin Hagen, Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung, TU Wien
HS-Prof. Mag. Dr. Bernhard Koch, Pädagogische Hochschule Tirol
Nina Knittel, Ökonomin, Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz
Dr. Julia Danzer, Klimaforschung, Universität Graz
Priv. Doz. Dr. Ivo Ponocny, Psychologie, Sigmund Freud Privatuniversität
Univ.-Prof. i. R. Dr. Richard Parncutt, Universität Graz
Dr. Anna Wawra, Bodenforscherin, AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit
Univ.-Prof. Axel Maas, Physik, Universität Graz
Univ.-Prof. Dr. Thomas Kienberger, Energy Network Technology, Montanuniversität Leoben
Dr.techn. Dipl.-Ing. Hartmut Dumke, Institut für Raumplanung, TU Wien
Univ.-Prof. Mag. Dr. Christian Sturmbauer, Institut für Biologie, Karl-Franzens- Universität Graz
Dr. Annina Thaller, Institut für Umweltsystemwissenschaften, Universität Graz
DI Dr. Tania Berger, Social sPACe based research in built Environment (SPACE), Universität für Weiterbildung Krems
Dr. Gunter Sperka, ehem. Klimaschutzkoordinator des Landes Salzburg Mag.a Dr.in Dr.in Henrike Winkler, FB Sport- und Bewegungswissenschaft, Universität Salzburg
Univ.Prof.Dr. Ulrike Tappeiner, Ökosystem- und Landschaftsökologie, Universität Innsbruck
Univ.-Prof. Dr. Alice Pechriggl, Institut für Philosophie, Universität Klagenfurt
PD Dr. Sieghart Sopper, Flow Cytometry Unit, Tumor Immunology Lab, Hämatologie und Onkologie, TKFI, Medizinische Universität Innsbruck
Univ. Prof. Dr. Bettina Weber, Pflanzenökologie und globale Prozesse, Universität Graz
Univ.-Prof. Dr. Ernst Langthaler, Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte, Johannes Kepler Universität Linz
DI Dr. Klaus Jorde, KJ Consult
Prof. Ulrike Stamm, PH Oberösterreich Assoc. Prof. Dr. Johannes Schmidt, Energie- und Ressourcenökonom, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Matthias Jonas, Advancing Systems Analysis, International Institute for Applied Systems Analysis
Univ. Prof. Yuri Kazepov PhD, Soziologie, Universität Wien
Michael J Kuba, MSc., Ph.D, Department of Biology, University of Naples Federico II
Ao.Univ.Prof. DI Dr. Klaus Katzensteiner, Institut für Waldökologie, Department für Ökosystemmanagement, Klima und Biodiversität, Universität für Bodenkultur, Wien
Assoc. Prof. Dr. Birgit Bednar-Friedl, Institute of Economics and Wegener Center for Climate and Global Change, Universität Graz
Dr. Thomas Schinko, Ökonom und Systemwissenschafter, IIASA Laxenburg
Dr. Mathias Kirchner, Zentrum für globalen Wandel und Nachhaltigkeit, Universität für Bodenkultur Wien
ao.Univ.Prof. Dr. Christian Rammel, Kompetenzzentrum für Sustainability Transformation and Responsibility, Wirtschaftsuniversität Wien
Prof.(FH) DI Dr. Christian Wartha, Energie und Umwelt, Hochschule für Angewandte
Wissenschaften Burgenland GmbH
DI Gerald Gmachmeir, Physik, Johannes Kepler Universität Linz
Priv.-Doz. Dr. Christa Schafellner, Dept. Ökosystemmanagement, Klima und Biodiversität, Universität für Bodenkultur Wien
Univ.Prof. Dr. Jürgen Essletzbichler, Spatial and Social-Ecological Transformations (ISSET), Wirtschaftsuniversität Wien
Univ.-Prof. Dr. Wouter Dorigo, Klima und Umweltfernerkundung, TU Wien
Dr. Reinhard Mechler, Klimarisiko und -resilienz, Internationales Institut für Angewandte Systemanalyse
Dr.in Anna-Katharina Brenner Leibniz Institut für ökologische Raumentwicklung, Dresden & Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
ao. Univ.-Prof. i.R. Dr. Johann Hohenegger, Universität Wien
Prof. Dr. Eva Horn, Germanistik, Universität Wien
Assoc.Prof. Dr. Nina Eisenmenger, Soziale Ökologie, Universität für Bodenkultur Wien
Assoz.-Prof. Dr. Andreas Tribsch, Fachbereich für Umwelt und Biodiversität, Universität Salzburg
Assoc.Prof. DI Dr. Franz Zehetner, Universität für Bodenkultur Wien
Univ.Prof. i.R. DDr. Ingrid Kubin, Ökonomin, Wirtschaftsuniversität Wien
Univ.Doz. Dr. Peter Rosner, Ökonom, Universität Wien
Prof.inMag.a Dr.in Ingrid Geier, MA, Institut f. Bildungswissenschaften, Pädagogische Hochschule Salzburg
Univ.Prof. Mag.Dr. Thomas Hein, Hydrobiologie und Gewässermanagement, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Stefan Nabernegg, Wegener Center for Climate and Global Change, Universität Graz
Mag. Sarah Haslinger, Senior Scientist, Universität Mozarteum Salzburg
Dipl. Psych. Andrea Stitzel, Gesundheit und Soziales, FH Kärnten
Univ.Prof.Dr. Anna Durnova, Ph.D., Politische Soziologie, Universität Wien
DI Karl Hagen, Institut für Naturgefahren, Bundesforschungszentrum für Wald
Dipl.Ing. Alfred Mar, Nationaldelegierter Österreichs in der Int. Association of Cereal Science and Technology (ICC)
Univ.-Prof. Dipl.-Biol. Dr. Ulrich Technau, Department für Neurowissenschaften und Entwicklungsbiologie, Universität Wien
Mag. Dr. Marc Schwärz, Klimawissenschaft, Universität Graz
DI Barbara Laa, Verkehrswissenschaften, TU Wien
DI Ulrich Leth, Verkehrswissenschaften, TU Wien
Prof. Dr. Josef Strobl, Österreichsiche Akademie der Wissenschaften
ao. Universitätsprofessor i.R. Dipl. Dr. Wolfgang Blaas, TU Wien
DI Gerald Gmachmeir, Experimentalphysik, Johannes Kepler Universität Linz
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. mont. Rupert J. Baumgartner, Nachaltigkeitsmanagement, Universität Graz
Dr. Cornelia Franz-Schaider, Institut für Biologie, Universität Graz
Dipl. Geoökol. Steffen Kittlaus, Wassergütewirtschaft, TU Wien
Dr. Johannes Rüdisser, Ökologe, Universität Innsbruck
Tobias Pesendorfer, MSc, Chemical Engineering and Ecotoxicology, FH Technikum Wien
aoUniv.Prof. DI Dr Marie-Theres Hauser, Dept. of Biotechnology and Food Sciences, Universität für Bodenkultur, Wien
Mag. Dr. Marc Olefs, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Meteorologie (ÖGM), Wien
Ass.Prof. Dr. Markus Bösenhofer, Verfahrenstechnik, TU Wien
a.o. Prof. Dr. Joachim Becker, Volkswirtschaft, Wirtschaftsuniversität Wien
Maximilian Muhr, M.Sc. M.Sc., Umwelt- und Ressourcenpolitik, Universität für Bodenkultur Wien
Assoc. Prof. Dr. Alice Vadrot, Politikwissenschaft, Universität Wien
em.o.Univ.Prof.DI.Dr. Gerd Sammer, Institut für Verkehrswesen, Universität für Bodenkultur Wien
a.o.Univ.Prof. i.R.DI Dr. Hans Schnitzer, TU Graz
Univ.-Prof. i. R. Dr. Hans Heinz Fabris, Kommunikationswissenschaft, Universität Salzburg
Ass.Prof. DI Dr. Günter Getzinger, Science and Technology Studies, TU Graz
Ao. Prof. Dr. HH Florian Buchner, Veterinärmedizinische Universität Wien
Dr. Michael Kuhn, Economic Frontiers, International Institute for Applied Systems Analysis
PD Dr. Werner Raza, Ökonom, 1090 Wien
Univ.-Prof. Dr. Enrico Arrigoni, Theoretische Physik, TU Graz
DP DI Franz Fehr, MSc, SDG-Koordinator, Universität für Bodenkultur Wien
Assoc.-Prof. Stefanie Peer, Transportökonomik, Wirtschaftsuniversität Wien
Ökologische, soziale und ökonomische Krisen wie der Verlust der Artenvielfalt, Wasser- und Nahrungsmittelknappheit, Gesundheitsrisiken und der Klimawandel sind alle miteinander verknüpft. Sie interagieren, verstärken und verschärfen sich gegenseitig auf eine Art und Weise, die einzelne Bemühungen zu ihrer Bewältigung wirkungslos und kontraproduktiv macht.
Die Zwischenstaatliche Plattform für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen ( IPBES ) hat am 17. Dezember einen wegweisenden neuen Bericht veröffentlicht. Der Assessment Report on the Interlinkages Among Biodiversity, Water, Food and Health (Sachstandsbericht über die Zusammenhänge zwischen Biodiversität, Wasser, Nahrung und Gesundheit) – genannt Nexus-Bericht – bietet Entscheidungsträgern in aller Welt die anspruchsvollste wissenschaftliche Bewertung dieser komplexen Zusammenhänge, die jemals durchgeführt wurde, und untersucht mehr als fünf Dutzend konkrete Möglichkeiten zur Maximierung von gemeinsamen Vorteilen in fünf „Nexus-Elementen“: Biodiversität, Wasser, Nahrung, Gesundheit und Klimawandel.
Der Bericht wurde auf der 11. Sitzung des IPBES-Plenums angenommen, das sich aus Vertretern der 147 Regierungen zusammensetzt, die Mitglied des IPBES sind. Auch Österreich gehört dazu. Er ist das Ergebnis der dreijährigen Arbeit von 165 führenden internationalen Expert:innen aus 57 Ländern aus allen Regionen der Welt. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die bestehenden Maßnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen der Komplexität den zusammenhängenden Problemen nicht gerecht werden und zu einer uneinheitlichen Verwaltung führen.
Copyright: IPBES (übersetzt)
Maßnahmen nicht nur in einzelnen Schubladen setzen
„Wir müssen Entscheidungen und Maßnahmen über die Schubladen hinweg planen, um die Auswirkungen von Maßnahmen in einem Nexus-Element auf andere Elemente besser steuern zu können“, sagte Prof. Paula Harrison (Vereinigtes Königreich), die gemeinsam mit Prof. Pamela McElwee (USA) die Vorsitzende des Wissenschafsteams ist. „Nehmen wir zum Beispiel die gesundheitliche Herausforderung der Bilharziose – eine parasitäre Krankheit, die lebenslange Gesundheitsprobleme verursachen kann und weltweit mehr als 200 Millionen Menschen betrifft, vor allem in Afrika. Wird sie nur als gesundheitliche Herausforderung behandelt – normalerweise mit Medikamenten –, tritt das Problem erneut auf, wenn sich Menschen wieder infizieren. Ein innovatives Projekt im ländlichen Senegal verfolgte einen anderen Ansatz: die Wasserverschmutzung wurde verringert und invasive Wasserpflanzen entfernt, um den Lebensraum der Schnecken zu verkleinern, in denen die parasitären Würmer leben, die die Krankheit übertragen. Das hat zu einer 32-prozentigen Verringerung der Infektionen bei Kindern, zu einem verbesserten Zugang zu Süßwasser und zu neuen Einnahmen für die örtlichen Gemeinden geführt.“
„Die beste Möglichkeit, die Schubladen einzelner Themen zu überbrücken, ist eine integrierte und adaptive Entscheidungsfindung. ‚Nexus-Ansätze‘ bieten zusammenhängendere und besser abgestimmte Strategien und Maßnahmen, und bringen uns so dem transformativen Wandel näher, der erforderlich ist, um unsere Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen“, sagte Prof. McElwee.
Vergangene und aktuelle Herausforderungen
Der Bericht stellt fest, dass die Artenvielfalt – der Reichtum und die Vielfalt allen Lebens auf der Erde – auf allen Ebenen, von global bis lokal, und in allen Regionen abnimmt. Diese anhaltenden Rückgänge der Natur, die größtenteils auf menschliche Aktivitäten, einschließlich des Klimawandels, zurückzuführen sind, haben direkte und verheerende Auswirkungen auf die Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung, die Wasserqualität und -verfügbarkeit, die Gesundheit und das Wohlbefinden, die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und fast alle anderen Leistungen der Natur für die Menschen.
Aufbauend auf früheren IPBES-Berichten, insbesondere dem Values Assessment Report 2022 und dem Global Assessment Report 2019 , in welchen die wichtigsten direkten Ursachen des Biodiversitätsverlusts identifiziert wurden, darunter Land- und Meeresnutzungsänderungen, nicht nachhaltige Ausbeutung, invasive gebietsfremde Arten und Umweltverschmutzung, unterstreicht der aktuelle Nexus-Bericht ferner, wie indirekte sozioökonomische Ursachen, darunter zunehmende Abfallproduktion, übermäßiger Konsum und Bevölkerungswachstum, die direkten Ursachen verstärken – und so die negativen Auswirkungen auf alle Teile des Nexus verstärkten. Die Mehrheit der 12 erhobenen Indikatoren dieser indirekten Ursachen – wie BIP, Bevölkerungszahl und allgemeine Nahrungsmittelversorgung – sind seit 2001 allesamt gestiegen oder haben sich beschleunigt.
„Regierungen und andere Interessengruppen haben es bei ihren Bemühungen oft versäumt, indirekte Einflussfaktoren und deren Auswirkungen auf die Interaktionen zwischen Nexus-Elementen zu berücksichtigen, da diese nach wie vor fragmentiert sind und viele Institutionen isoliert arbeiten. Dies führt häufig zu Zielkonflikten, Ineffizienzen und negativen Anreizen und hat unbeabsichtigte Konsequenzen zur Folge“, so Prof. Harrison.
Mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung ist von der Natur abhängig
Der Bericht hebt hervor, dass mehr als die Hälfte des globalen Bruttoinlandsprodukts – mehr als 50 Billionen Dollar jährlicher Wirtschaftsleistung weltweit – mäßig bis stark von der Natur abhängig ist. „Die derzeitigen Entscheidungen priorisieren jedoch kurzfristige finanzielle Erträge und ignorieren dabei die Kosten für die Natur. Zudem werden die Akteure nicht für den negativen wirtschaftlichen Druck auf die Natur zur Verantwortung gezogen. Schätzungen zufolge betragen die nicht berücksichtigten Kosten der derzeitigen Wirtschaftsweise – die Auswirkungen auf die Artenvielfalt, das Wasser, die Gesundheit und den Klimawandel, einschließlich der Lebensmittelproduktion – mindestens 10 bis 25 Billionen Dollar pro Jahr“, sagte Prof. McElwee.
Dass solche nicht berücksichtigte Kosten exisitieren verstärkt neben den die direkten öffentlichen Subventionen für Wirtschaftsaktivitäten, die negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben (ca. 1,7 Billionen US-Dollar jährlich), die privaten finanziellen Anreize, in Wirtschaftstätigkeiten zu investieren, die der Natur direkten Schaden zufügen (ca. 5,3 Billionen Dollar pro Jahr), obwohl es immer mehr Beweise für biophysikalische Risiken für den wirtschaftlichen Fortschritt und die finanzielle Stabilität gibt.
Eine Verzögerung der zur Erreichung politischer Ziele erforderlichen Maßnahmen erhöht auch die Kosten für deren Umsetzung. Verzögerungen bei der Erreichung von Biodiversitätszielen könnten beispielsweise die Kosten verdoppeln – und auch die Wahrscheinlichkeit unwiederbringlicher Verluste wie das Aussterben von Arten erhöhen. Verzögerungen bei der Bekämpfung des Klimawandels verursachen zusätzliche Kosten von mindestens 500 Milliarden Dollar pro Jahr für eine entsprechend verzögerte Erreichung politischer Ziele.
Ungleiche Auswirkungen und die Notwendigkeit einer inklusiven Entscheidungsfindung
„Eine weitere zentrale Botschaft des Berichts ist, dass die zunehmend negativen Auswirkungen der miteinander verflochtenen globalen Krisen sehr ungleiche Auswirkungen haben und manche Menschen unverhältnismäßig stärker treffen als andere“, sagte Prof. Harrison.
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Gebieten, die am stärksten vom Rückgang der Artenvielfalt, der Wasserverfügbarkeit und -qualität und der Nahrungsmittelsicherheit betroffen sind, sowie von zunehmenden Gesundheitsrisiken und negativen Auswirkungen des Klimawandels. Diese Belastungen treffen insbesondere Entwicklungsländer, darunter kleine Inselentwicklungsländer, indigene Völker und lokale Gemeinschaften, sowie verwundbare Menschen in Ländern mit höherem Einkommen. 41 % der Menschen leben in Gebieten, in denen die Artenvielfalt zwischen 2000 und 2010 extrem stark zurückgegangen ist, 9 % in Gebieten mit sehr hohen Gesundheitsbelastungen und 5 % in Gebieten mit hoher Unterernährung.
Einige Bemühungen – etwa in den Bereichen Forschung und Innovation, Bildung und Umweltschutz – haben teilweise dazu beigetragen, die Trends in allen Nexus-Elementen zu verbessern. Doch der Bericht kommt zu dem Schluss, dass diese Bemühungen kaum zum Erfolg führen werden, wenn die Zusammenhänge nicht umfassender berücksichtigt und indirekte Einflussfaktoren wie Handel und Konsum angegangen werden. Eine stärker integrative Entscheidungsfindung mit besonderem Augenmerk auf Gerechtigkeit kann dazu beitragen, dass neben umfassenderen Wirtschafts- und Finanzreformen auch die am stärksten Betroffenen in die Lösungen einbezogen werden.
Zukunftsszenarien
Der Bericht untersucht auch künftige Herausforderungen und beurteilt hierfür 186 verschiedene Szenarien aus 52 Einzelstudien, die Wechselwirkungen zwischen drei oder mehr Nexus-Elementen prognostizieren und meist die Zeiträume bis 2050 oder 2100 abdecken.
Eine zentrale Botschaft dieser Analyse lautet: Wenn sich die derzeitigen Trends zum „Weiter so“ hinsichtlich der direkten und indirekten Ursachen des Wandels fortsetzen, werden die Folgen für die Artenvielfalt, die Wasserqualität und die menschliche Gesundheit äußerst negativ sein – mit einer Verschärfung des Klimawandels und zunehmenden Herausforderungen bei der Erreichung globaler politischer Ziele.
Ebenso wird ein Fokus auf den Versuch, die Ergebnisse für nur einen Teil des Nexus isoliert zu maximieren, wahrscheinlich negative Ergebnisse für die anderen Nexus-Elemente zur Folge haben. Ein „Food First“-Ansatz beispielsweise priorisiert die Nahrungsmittelproduktion mit positiven Vorteilen für die Ernährungsgesundheit, die sich aber aus einer nicht nachhaltigen Intensivierung der Produktion und einem erhöhten Pro-Kopf-Verbrauch ergeben. Dies hat negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt, das Wasser und den Klimawandel. Ein ausschließlicher Fokus auf den Klimawandel kann negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt und die Nahrungsmittel haben, was auf einen Wettbewerb um Land verweist. Eine schwache Umweltregulierung, die durch Verzögerungen noch verschlimmert wird, führt zu noch schlimmeren Auswirkungen auf die Artenvielfalt, die Nahrungsmittel, die menschliche Gesundheit und den Klimawandel.
„Es gibt Zukunftsszenarien, die positive Auswirkungen auf Mensch und Natur haben, indem sie über alle Nexus-Elemente hinweg Vorteile bieten“, sagte Prof. Harrison. „Die Zukunftsszenarien mit den umfassendsten Nexus-Vorteilen sind jene mit Maßnahmen, die sich auf nachhaltige Produktion und Konsum in Kombination mit der Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen, der Reduzierung der Umweltverschmutzung sowie der Abschwächung und Anpassung an den Klimawandel konzentrieren.“
Ein wichtiges Ziel der Arbeit des IPBES ist es, die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Belege zu liefern, die zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs), des globalen Kunming-Montreal-Rahmenwerks für Biodiversität und des Pariser Klimaabkommens erforderlich sind. Der Nexus-Bericht zeigt, dass Szenarien, die sich auf Synergien zwischen Biodiversität, Wasser, Nahrung, Gesundheit und Klimawandel konzentrieren, die wahrscheinlich besten Ergebnisse für die SDGs erzielen – und dass die Chancen zur Erreichung anderer Ziele stark eingeschränkt werden, wenn man sich auf die Bewältigung der Herausforderungen in nur einem Sektor konzentriert – wie isoliert auf Nahrung, Biodiversität oder Klimawandel.
Über 70 Optionen, auf vernetzte Krisen zu reagieren
Der Bericht zeigt, dass es derzeit auf politischer und gesellschaftlicher Ebene zahlreiche Möglichkeiten für ein nachhaltiges Management der Bereiche Biodiversität, Wasser, Nahrungsmittel, Gesundheit und Klimawandel gibt, von denen einige zudem kostengünstig sind.
Die Autor:innen präsentieren mehr als 70 dieser „Reaktionsoptionen“, die dabei helfen sollen, die Nexus-Elemente synergetisch zu verwalten. Sie repräsentieren 10 breite Aktionskategorien. Beispiele für diese Reaktionsoptionen, die sich allgemein positiv auf alle Nexus-Elemente auswirken, sind: Wiederherstellung kohlenstoffreicher Ökosysteme wie Wälder, Böden, Mangroven; Management der Artenvielfalt, um das Risiko der Übertragung von Krankheiten von Tieren auf Menschen zu verringern; Verbesserung des integrierten Landschafts- und Meeresmanagements; naturbasierte Lösungen für Städte; nachhaltige gesunde Ernährung und Unterstützung indigener Nahrungsmittelsysteme.
Andere Antwortoptionen sind zwar wichtig, bieten aber möglicherweise nicht für alle Nexus-Elemente so viele Synergievorteile. Manche, wie Offshore-Windkraft und Staudämme, können sich negativ auf andere Nexus-Elemente auswirken, wenn sie nicht sorgfältig umgesetzt werden.
Die im Bericht vorgestellten über 70 Antwortoptionen unterstützen zusammengenommen die Erreichung aller 17 SDGs, aller 23 Ziele des Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework und der langfristigen Ziele zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung an den Klimawandel des Pariser Abkommens. 24 der Antwortoptionen fördern mehr als fünf SDGs und mehr als fünf Ziele des Global Biodiversity Framework.
Die gemeinsame oder nacheinander erfolgende Umsetzung von Antwortoptionen kann ihre positiven Auswirkungen weiter verbessern und Kosteneinsparungen ermöglichen. Die Gewährleistung einer inklusiven Beteiligung, beispielsweise durch die Einbeziehung indigener Völker und lokaler Gemeinschaften in die gemeinsame Gestaltung, Steuerung und Umsetzung von Antwortoptionen, kann den Nutzen und die Gerechtigkeit dieser Maßnahmen ebenfalls erhöhen.
„Einige gute Beispiele sind Meeresschutzgebiete, in denen die Gemeinden in die Verwaltung und Entscheidungsfindung einbezogen wurden“, sagte Prof. McElwee. „Dies hat zu einer Zunahme der Artenvielfalt, einem größeren Fischreichtum zur Ernährung der Menschen und einem verbesserten Einkommen für die örtlichen Gemeinden geführt und oft auch zu höheren Einnahmen aus dem Tourismus.“
Nexus Governance-Ansätze und -Maßnahmen
Prof. McElwee äußerte sich dazu, was nötig ist, um wirksame Antworten, Strategien und Maßnahmen zu entwickeln: „Unsere aktuellen Regulierungsstrukturen sind nicht reaktionsfähig genug, um die miteinander verbundenen Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus der zunehmenden Geschwindigkeit und dem Ausmaß des Umweltwandels und der zunehmenden Ungleichheit ergeben. Fragmentierte und isolierte Institutionen sowie kurzfristige, widersprüchliche und nicht integrative Strategien bergen erhebliches Potenzial, das Erreichen der globalen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele zu gefährden. Dem kann durch die Hinwendung zu „Nexus-Governance-Ansätzen“ begegnet werden: integriertere, integrativere, gerechtere, koordiniertere und anpassungsfähigere Ansätze.“
Der Bericht bietet acht konkrete und gezielte Schritte, die politischen Entscheidungsträgern, Gemeinschaften, der Zivilgesellschaft und anderen Interessengruppen dabei helfen sollen, Probleme und gemeinsame Werte zu erkennen und gemeinsam an Lösungen für eine gerechte und nachhaltige Zukunft zu arbeiten. Die Schritte werden in Form einer grafischen Roadmap für gemeinsame Maßnahmen dargestellt.
Nach dem „Öko-Hype“ in den ersten beiden Jahren der Klimastreiks ist mittlerweile Katerstimmung eingekehrt. Die politischen Maßnahmen reichen noch immer bei weitem nicht aus, um das Klimaziel von Paris 2015 zu erreichen. Die Stimmung in Europa hat sich gegen das Greening gedreht, gute Maßnahmen drohen zurückgenommen zu werden. Die Ergebnisse der jüngsten Wahlen zeigen einen Trend weg von Parteien, die den Klimaschutz vorantreiben, und hin zu solchen, die ihn ablehnen oder zumindest deutlich bremsen. Der Schwung in der Klimabewegung erlahmt…
Wie können wir angesichts dieser Entwicklungen Hoffnung schöpfen? Wie können wir uns wieder mit innerer Freude und mit Schwung für den Erhalt des Planeten Erde und seiner Biosphäre engagieren? Als einem Theologen liegen mir vor allem drei Schritte am Herzen, die aus der jahrtausendealten spirituellen Tradition stammen und die wir im Kontext der Scientists auf unserer „Alm.Zeit4Future“ vermitteln, die im November 2024 bereits zum zweiten Mal im Schlierbacher SPES-Haus stattfindet:
Alle Aktionen aus einer tiefen inneren Ruhe heraus planen und durchführen. Nicht kopflos drauflos machen, sondern Geduld haben, bis ein Konzept wirklich reif ist; sich nicht unter Druck setzen lassen vom Termin der nächsten Wahl oder der nächsten Abstimmung im Parlament oder… Überhastete Aktionen erreichen gar nichts, womöglich sogar das Gegenteil von dem, was intendiert ist – vor allem aber brennen wir dabei aus. Gute Aktionen dürfen wachsen wie ein Lebewesen – nämlich langsam. Ja, es stimmt schon: Die Zeit läuft uns davon. Aber wenn wir uns unter Druck setzen lassen, werden wir ganz sicher nichts erreichen.
Das uns Mögliche tun – und dann gelassen darauf vertrauen, dass es gut wird. Ich nenne das „engagierte Gelassenheit“. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Begriffe ein Widerspruch zu sein: Entweder wir sind gelassen oder wir sind engagiert. Aber nein, beides gehört unbedingt zusammen – so schwer das sein mag. Denn Gelassenheit ist keine Trägheit, keine Gleichgültigkeit, keine Passivität. Und umgekehrt ist Engagement etwas anderes als ein verbissener Kampf, der die Mitmenschen abschreckt. Engagement heißt, sich binden zu lassen, verbunden zu sein, mit Herz und Hand. Und Gelassenheit ist eine tiefe innere Freiheit, aus der heraus wir uns nicht zu Sklav*innen eines Ziels machen lassen – auch nicht des bestgemeinten Klimaziels. Engagierte Gelassenheit ist also ein Engagement aus tiefer innerer Freiheit, nicht weil wir meinen, etwas zu tun müssen, sondern weil wir spüren, etwas tun zu können.
Uns von schlechten Prognosen und fehlenden Fortschritten unabhängig machen: Das ist vielleicht der schwerste der drei Schritte, denn uns wurde von klein auf eingetrichtert, dass es im Leben um Erfolg geht. Und so messen wir unser Klima-Engagement brav am Erfolg bzw. meistens eben am Misserfolg. Ich stelle die Frage: Was ist denn das für eine Moral, die nur dann richtig ist, wenn sie Erfolg hat? Der frühere tschechische Staatspräsident Vaclav Havel hat einmal gesagt: Hoffnung ist keine Prognostik, dass etwas gut ausgeht, und keine Spekulation, wie es morgen oder übermorgen sein wird. Hoffnung, so der Agnostiker Havel, muss einen Ankerpunkt in der Transzendenz haben. Und dafür gilt es ganz tief in uns hineinzuspüren und wahrzunehmen: Es ist richtig, was ich tue, und das gibt mir Mut und Kraft. Am Ende des II. Weltkriegs hat es ein evangelischer Pfarrer in Hessen so gesagt (und Martin Luther zugeschrieben, von dem es aber nicht stammt): Und wenn ich wüsste, dass die Welt morgen untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen!
Also, liebe Mitengagierte in der For-Future-Bewegung: Lasst uns das Apfelbäumchen pflanzen!
Ein Leser oder eine Leserin meines Blogs im „Standard“ kommentierte kürzlich „Auch FFF (und darunter Scientists for Future) waren ja bisher auch nicht erfolgreich mit ihrem Plan, die Politik zu nötigen, dass sie drastische Einschränkungen gegen die Bevölkerung verordnet.“
Meine Antwort war: „Warum soll das Klimaticket eine Maßnahme gegen die Bevölkerung sein? Warum soll eine Fernheizung, die durch Erdwärme betrieben wird statt durch Gas eine Maßnahme gegen die Bevölkerung sein? Warum sollen Förderungen für PV-Anlagen Maßnahmen gegen die Bevölkerung sein? Warum sollen Förderungen für heizkostensparende Wärmedämmung Maßnahmen gegen die Bevölkerung sein? Warum soll Hochwasserschutz eine Maßnahme gegen die Bevölkerung sein? Warum soll mehr Grün in der Stadt eine Maßnahme gegen die Bevölkerung sein? Warum soll die Förderung gesunder Bewegung (sprich Radfahren und zu Fuß gehen) eine Maßnahme gegen die Bevölkerung sein? Warum soll das Zurverfügungstellen von öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maßnahme gegen die Bevölkerung sein? Warum soll das Einrichten von Elektrotankstellen eine Maßnahme gegen…“
Mehr Zeichen gab das Kommentarfeld nicht her.
Die „drastischen Einschränkungen“ sind ein weit verbreitetes Framing der Freunde der fossilen Industrie. Oder ein weit verbreitetes Missverständnis. Ich will dem Poster bzw. der Posterin keine bösen Absichten unterstellen. Und ich gebe gern zu, dass die Bewegung, die weit über Fridays for Future (und Scientists for Future) hinausreicht, immer noch ein Kommunikationsproblem hat. Wir sind so negativ. Wir verbreiten Katastrophenstimmung. Gloom and doom. Wir sind zu abstrakt. Wir sprechen von Temperaturen: 1,5 Grad, 2,7 Grad, 3 Grad. Wir sprechen vom CO2-Gehalt der Atmosphäre: 350 ppm, 429 ppm. Warum soll man für eine Zahl kämpfen? Wir sind abgehoben, weltfremd und fanatisch. Uns fehlt das Augenmaß. Der Hausverstand. Wir kümmern uns mehr um die Eisbären am Nordpol als um die Menschen im Land.
Wen meine ich mit „wir“? Gar nicht leicht zu sagen, denn „wir“ haben keine Mitgliedskarten und niemanden, der für uns alle sprechen könnte. „Wir“, das sind die Wissenschaftler:innen, die uns jetzt schon seit Jahrzehnten davor warnen, wie eine Welt aussehen würde, die um 3°C wärmer ist als die unserer Urgroßeltern. Das sind die Wissenschaftler:innen, die uns aufzählen, wie viele Arten von Erdenbewohnern Jahr für Jahr immer weniger werden oder ganz verloren gehen. Die uns vorrechnen, wie viele unberechenbare Chemikalien sich in unseren Gewässern und Böden und unseren Körpern ansammeln. Das sind die Menschen, die auf die Straße gehen, um uns aufmerksam zu machen, dass wir keinen zweiten Planeten haben, auf den wir ausweichen können. Die die Politiker:innen seit Jahren drängen, endlich auf die Wissenschaft zu hören. Das sind die Grün:innen, die tree huggers und Klimakleber:innen und die Panikmacher:innen, die den Politiker:innen der Welt ein „how dare you“ ins Gesicht sagen. Rechnen Sie noch eine immer größer werdende Anzahl von Journalist:innen und Künstler:innen dazu und einen UNO-Generalsekretär.
„Es gibt wichtigere Sorgen als das Klima“
Oft bekommen wir zu hören: Die Menschen haben wichtigere Sorgen als den Klimawandel. Und eine Spezialerhebung zum Wissenschaftsbarometer der österreichischen Akademie der Wissenschaften im Dezember letzten Jahres gibt ihnen anscheinend recht. Zwar sagen nur 40 Prozent der Befragen ausdrücklich „Es gibt viele Themen, die deutlich wichtiger als der Klimawandel sind“, aber wenn gefragt wird, was denn am meisten Sorgen bereitet, steht an oberster Stelle das Gesundheitssystem. An zweiter Stelle kommt das Pflegesystem, an dritter Armut, und erst an vierter Stelle der Klimawandel. Danach folgen Zuwanderung und Bildungssystem.
Wie soll eine Klimaschutzbewegung damit umgehen? Zunächst: Wir sind keine „Klimaschutzbewegung“!
For Future ist mehr als Klima
Wir wollen nicht das Klima schützen, wir wollen die Menschen, uns alle, vor dem Zusammenbruch des Klimas schützen. Und auch das ist noch viel zu eng gefasst. Damit hat es begonnen, das stimmt, aber unsere Anliegen gehen viel weiter, denn auch andere Erdsysteme sind bedroht, auch andere ökologische Grenzen werden überschritten. Darum ist uns auch die Biodiversität ein Anliegen, die Verschmutzung durch Chemikalien und Plastik, die Verschmutzung und Überdüngung der Gewässer durch Stickstoff und Phosphor, der Raubbau an den Süßwasservorräten, die Versauerung der Ozeane. Eine recht unhandliche, aber treffendere Bezeichnung wäre: Wir sind eine Bewegung zum Schutz der Menschen vor dem Zusammenbruch der Erdsysteme. Weniger abstrakt: Unser Ziel ist, dass wir als Menschheit noch eine Zukunft auf unserem Planeten Erde haben. Also eben doch: „For Future“.
Sorge um das Gesundheits- und Pflegesystem
Aber lassen wir die großen Worte und kehren wieder auf den Boden des Hier und Jetzt zurück. Würden wir als For-Future-Bewegung den Menschen sagen: Es gibt Wichtigeres als die Gesundheit? Warum sollten wir das? Investitionen ins Gesundheitssystem sind schon einmal klima- und umweltfreundlicher als Investitionen in – sagen wir – die Kunststoffherstellung. Und erst recht Investitionen in die Pflege. Ein Mann oder eine Frau, der oder die eine bettlägerige Person wäscht und füttert und auf’s Klo führt, verursacht durch diese Tätigkeit keine schädlichen Emissionen. Auf der anderen Seite bringen der Klimawandel und die Zerstörung der Natur enorme Gesundheitsrisiken mit sich. Da ist die Belastung durch Hitze, die nicht nur krank macht, sondern auch die Arbeitsfähigkeit einschränkt. Und das wiederum führt zu Einkommensverlusten. Extreme Niederschlagsereignisse gefährden die Nahrungsmittelsicherheit, die Versorgung mit sauberem Wasser und die Entsorgung von Abwasser. Das wiederum erhöht die Gefahr von Infektionskrankheiten. Dazu kommen die Todesfälle und Verletzungen, die durch Überschwemmungen und Stürme verursacht werden.
Die zunehmende Erwärmung führt auch dazu, dass Krankheitserreger immer weiter nach Norden vordringen und hier zum Beispiel das Dengue-Fieber verbreiten. Durch die Zerstörung von Naturräumen wird der Lebensraum von Wildtieren eingeschränkt, und dadurch treffen Menschen und Tiere immer öfter zusammen. Das erhöht die Gefahr, dass Infektionskrankheiten von Wildtieren auf Menschen überspringen.
Klimaschutz nützt direkt und indirekt der Gesundheit
Aber da ist noch ein anderer Zusammenhang: Viele Maßnahmen, die zum Klimaschutz beitragen, nützen dir und mir auch hier und jetzt: Zu Fuß gehen und Radfahren sind gut für Herz und Kreislauf. Jeder Radweg, der gebaut wird, spart dem Staat ein Vielfaches an Gesundheitskosten und verlängert das Leben vieler Menschen. Verkehrsberuhigte Straßen und Gassen, die zum Flanieren verlocken, tun das ebenso. Und ebenso eine Raumplanung, die dafür sorgt, dass wir zum Einkaufen nicht an den Stadtrand fahren müssen, sondern unsere Besorgungen zu Fuß erledigen können.
Geschwindigkeitsbeschränkungen für alle Arten von motorisierten Fahrzeugen senken nicht nur die Emissionen sondern nützen unmittelbar der Gesundheit. Der Abrieb von Reifen, Bremsen und Straßenbelag belastet die Luft, die wir atmen, mit Feinstaub. Je schwerer das Auto, je dicker die Reifen, je mehr beschleunigt und gebremst wird, umso mehr Feinstaub, ob das jetzt ein Verbrenner oder ein E-Auto ist. Diese wenige Nanometer kleinen Partikel fördern Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sie hemmen auch die Wirkung von Antibiotika, sie dringen sogar bis ins Gehirn vor und könnten so Demenz fördern. Und noch etwas: Wer weniger oft ins Auto steigt, nützt nicht nur der Gesundheit seiner Mitmenschen, sondern noch mehr der eigenen: Die Feinstaubbelastung im Inneren des Autos ist doppelt so hoch wie am Straßenrand.
Dass frisches Gemüse notwendig ist, damit wir groß und stark werden, das haben uns hoffentlich die Eltern eingeprägt. Vielleicht sind sie uns damit so sehr auf die Nerven gegangen, dass wir uns erst recht Cheeseburger reingezogen haben. Und jetzt kommen diese Umweltschützer daher und wollen uns das Sonntagsschnitzel vom Tisch nehmen! Wenn es nur um den Sonntag ginge, würden wir da kein großes Theater machen. Vor allem, wenn das Schnitzel bio ist. Aber dass weniger Burger und Beefsteak, weniger Schnitzel und Backhendl, weniger Salami und Extrawurst nicht nur weniger Regenwaldzerstörung bedeuten, sondern auch weniger Typ-2-Diabetes, weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen und weniger Darmkrebs, das sollte uns die Entscheidung doch leichter machen.
Nach Schätzungen der Weltbank bringt jeder Dollar, der für den Aufbau von Klimaresilienz ausgegeben wird, eine durchschnittliche Rendite von vier Dollar, da eine bessere Gesundheitsversorgung und eine umfassendere Infrastruktur den Gemeinschaften zugutekommen und nachhaltige Auswirkungen auf zahlreiche Sektoren haben.
Die Sorge um die Lebenshaltungskosten
Kommen wir zur Sorge vor steigenden Lebenshaltungskosten und Armut. Die Armut zu bekämpfen ist ein zentrales Anliegen der For-Future-Bewegung für den Schutz der Menschen. Das Schlagwort heißt „Klimagerechtigkeit“. Klima- und Umweltschutz sollen nicht auf Kosten der weniger Wohlhabenden gehen. Richtig gemacht, können Klimaschutzmaßnahmen auch unmittelbar die Geldbörse entlasten. Eine Verbilligung des öffentlichen Verkehrs senkt Emissionen und Lebenshaltungskosten: Mit Stand Ende Oktober 2023 besaßen rund 272.000 Personen ein Österreich-Klimaticket. 50 Prozent aller Ticket-Inhaber:innen, die grundsätzlich auch ein Auto nutzen, gaben in einer Erhebung an, ihr Mobilitätsverhalten bereits nach einem Jahr zugunsten des öffentlichen Verkehrs geändert zu haben. 20 Prozent der Bahnfahrten mit Klimaticket wären sonst mit dem Auto gefahren worden.
Ein anderes Beispiel ist der Klimabonus, der durch die CO2-Steuer finanziert wird. Wer weniger CO2 emittiert − und das sind nicht nur Öko-Freaks, sondern auch Menschen, die sich gar kein Auto leisten können − profitiert davon, weil er oder sie weniger an CO2-Steuer bezahlt, als der Klimabonus ausmacht. Und in dem Maß, wie der CO2-Preis erhöht wird, erhöht sich auch dieser Vorteil. Dass der Preis für eine Tonne CO2 noch lange nicht reicht, um die Schäden auszugleichen, die diese Tonne verursacht, steht auf einem anderen Blatt.
Unwetterkatastrophen wie die Überschwemmungen vom September machen nicht nur die direkt Betroffenen arm. Das Geld, das der Staat für Katastrophenhilfe ausgeben muss, fehlt anderswo. Wenn Unwetterkatastrophen immer häufiger und schwerer werden, fehlt irgendwann das Geld für die Pensions- und Krankenkassenzuschüsse. Die gesamtwirtschaftlichen Kosten der Hochwasserkatastrophe von 2002 betrugen 2,9 Mrd. Euro. Wegen der immer häufigeren Katastrophen erhöhen die Versicherungen die Beiträge der Landwirt:innen. Und damit steigen auch die Lebensmittelpreise.
Prinzipiell tritt die For-Future-Bewegung für den Abbau sozialer Ungleichheiten ein. Menschen mit geringem Einkommen haben oft nicht die finanziellen Mittel oder die Anreize, um in kostspielige energieeffiziente oder CO2-arme Produkte zu investieren. Zum Beispiel leben in wohlhabenden Ländern ärmere Menschen in weniger energieeffizienten Behausungen. Da sie meistens in Mietwohnungen leben, fehlt ihnen der Anreiz, in energieeffiziente Verbesserungen zu investieren.
Sicherlich, Investitionen in Gesundheit, Pflege, öffentlichen Verkehr, Bildung, Hochwasserschutz, Stadtbegrünung und so weiter kosten erst einmal Geld, bevor sie Einsparungen bringen. Woher könnte das kommen? Kleiner Hinweis: Zwei Drittel der Österreicher:innen sind für eine Millionärssteuer. Die würde bewirken, dass 2 Prozent der Bevölkerung einen maßgeblichen Beitrag für die Allgemeinheit leisten würden.
Die Sorge um den Arbeitsplatz
Laur einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes, schreibt die „Welt“, ist jeder fünfte Beschäftigte bei der Arbeit im hohen oder sehr hohen Maß von Klimaschutzmaßnahmen betroffen, Besonders stark sind die Zukunftssorgen, wenn es keine betrieblichen Weiterbildungsmöglichkeiten gibt. Ohne solche Angebote machen sich 43 Prozent sehr häufig Sorgen um ihre berufliche Zukunft. Wenn umfassende Angebote vorhanden sind, dann nur 11 Prozent.
Man kann die Sache so sehen, dass Klimaschutzmaßnahmen Arbeitsplätze gefährden, man kann es aber auch so sehen, dass es der Klimawandel ist, der Arbeitsplätze gefährdet.
Die österreichische Unternehmensberatung DeLoitte stellt fest: Jeder vierte Arbeitsplatz ist durch den Klimawandel gefährdet. Mehr als 800 Millionen Jobs weltweit sind betroffen. Vor allem die Bereiche Landwirtschaft, Energie und Bergbau, Schwerindustrie und verarbeitendes Gewerbe, Transport sowie Bauwesen sind laut dieser Analyse angesichts der immer größer werdenden Klimakatastrophe besonders fragil.
Es stimmt: Die Eindämmung des Klimawandels wird eine Neuverteilung der Arbeit erfordern. Und die soll gerecht vor sich gehen. Das Schlagwort heißt „Just Transition“. Schädliche Arbeit muss durch sozial nützliche Arbeit ersetzt werden. Es gibt neue Produktionen wie PV-Anlagen, Windräder, Wärmepumpen, Energiespeicher, E-Autos. In der Bauwirtschaft muss eine Verschiebung vom Neubau zur Sanierung stattfinden. Es wird aber nicht möglich sein, einfach die Energiebasis zu ändern und ansonsten weiterzumachen wie bisher. Die Alternative zur Verbrenner-Produktion ist nicht nur die Produktion von E-Autos, sondern Arbeit muss zur Produktion von Bahnen, Bussen etc. verlagert werden. Die Produktion von Anlagen für erneuerbare Energie wird durch die Verfügbarkeit sauberer Rohstoffe begrenzt. Emissionen zu verringern, indem man die Natur auf andere Weise zerstört, kann nicht das Ziel sein. Vor allem für die jungen Menschen in Ausbildung sollte eine Verschiebung zur Care-Economy (Gesundheit, Pflege, Bildung, Sport, Kultur) als Ziel attraktiv sein, wenn diese Berufe sozial und ökonomisch aufgewertet werden.
Die For-Future-Bewegung fordert nicht nur den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, sondern setzt sich auch dafür ein, dass die Löhne und Arbeitsbedingungen in diesem Sektor attraktiv sind. Dafür ist „Wir fahren gemeinsam“ ein Beispiel, das Bündnis der Klimabewegung mit der Gewerkschaft vida und den Busfahrer:innen des öffentlichen Verkehrs. Die 15.000 Fahrer:innen der privaten Buslinien, für die gerade Kollektivvertragsverhandlungen anstehen, fechten einen gewerkschaftlichen Kampf um menschenwürdige Arbeitsbedingungen aus: Arbeitstage über zwölf Stunden, keine Nacht- und Sonntagszuschläge und fehlende Infrastruktur wie Pausenräume oder Toiletten bringen die Busfahrer:innen an ihre psychischen und physischen Grenzen. Unter diesen Bedingungen verlassen viele, die können, den Beruf und zu wenige junge Leute kommen nach. Dabei würden noch ein paar Tausend gebraucht. Das kann nicht im Interesse der Menschen sein, die auf verlässliche und ausreichend häufige Busverbindungen angewiesen sind. Und man kann Menschen auch nicht vorschlagen, doch das Auto stehen zu lassen und öffentlich zu fahren, wenn der öffentliche Verkehr einfach unzureichend ist. Deshalb unterstützen Fridays for Future und System Change, not Climate Change gemeinsam mit der Gewerkschaft vida die Busfahrer.
Übrigens: Laut der aktuellen Greenpeace-Umfrage fordern 81 % der Österreicher:innen politische Maßnahmen gegen die Klimakrise. Und drei Viertel der Befragten wollen sich selbst klimafreundlicher verhalten.