Das ’stille Sterben‘ von Weidelandschaften bedroht Klima, Ernährung und Wohlergehen

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Die Verschlechterung von ausgedehnten, oft weitläufigen natürlichen Weidelandschaften durch Überlastung, missbräuchliche Nutzung, Klimawandel und Biodiversitätsverlust stellt eine ernsthafte Bedrohung für die globale Nahrungsmittelversorgung und das Überleben von Milliarden von Menschen dar, warnen die Vereinten Nationen in einem umfassenden Bericht vom Mai 2024.

Bis zu 50 % der globalen Weideflächen sind degradiert, sage die Autor:innen des Global Land Outlook Thematic Report on Rangelands and Pastoralists, der in Ulanbaatar (Mongolei) von der UN Wüstenkonvention (UNCCD) vorgestellt wurde. Zu den Symptomen dieser Verschlechterung gehören verminderte Bodenfruchtbarkeit und Nährstoffversorgung, Erosion, Versalzung, Alkalisierung und Bodenverdichtung, die das Pflanzenwachstum hemmt. Dies führt unter anderem zu Trockenheit, Niederschlagsschwankungen und dem Biodiversitätsverlust über und unter der Erde.

Ursachen sind vornehmlich die Umwidmung von Weideland in Ackerland und andere Landnutzungsänderungen aufgrund von Bevölkerungswachstums und Verstädterung, steigendem Bedarf an Nahrungsmitteln, Faserprodukten und Biotreibstoffen; Überweidung; Aufgabe von Weideflächen und durch die Politik vorangetriebene Übernutzung der Flächen.

Die Bedeutung von Weideland

In die Kategorie „Weideland“ fallen natürliche Graslandschaften, die von Vieh und Wildtieren als Weide- und Futterfläche genutzt werden, so auch Savannen, Buschland, Feuchtgebiete, Tundra und Wüsten.

Zusammengenommen machen diese Flächen 54 % der gesamten Landbedeckung aus, liefern ein Sechstel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion und stellen fast ein Drittel des Kohlenstoffspeichers der Erde dar.

„Die Umgestaltung alter Weideflächen geschieht in aller Stille und ruft kaum öffentliche Reaktionen hervor“, sagt UNCCD-Exekutivsekretär Ibrahim Thiaw.

„Obwohl sie weltweit schätzungsweise eine halbe Milliarde Menschen ausmachen, werden die Hirtengemeinschaften häufig übersehen, haben kein Mitspracherecht bei politischen Entscheidungen, die sich direkt auf ihren Lebensunterhalt auswirken, werden an den Rand gedrängt und sogar oft als Außenseiter:innen in ihrem eigenen Land betrachtet.“

Insgesamt sind zwei Miliarden Menschen – Kleinhirt:innen, Viehzüchter:innen und Landwirt:innen – oft vulnerabel und ausgegrenzt – sind weltweit von intakten Weideflächen abhängig.

Der Bericht unterstreicht, dass paradoxerweise gerade die Bemühungen zur Erhöhung von Ernährungssicherheit und Produktivität durch Umwandlung von Weideflächen in Ackerland in den meisten trockenen Regionen zu einer Verschlechterung der Bodenqualität und zu geringeren landwirtschaftlichen Erträgen geführt haben. Weiter werden „schwache und ineffektive Regierungsführung“, „schlecht umgesetzte Politiken und Vorschriften“ und „fehlende Investitionen in Weidelandgemeinschaften und nachhaltige Produktionsmodelle“ als Gründe für die Zerstörung von Weideland genannt.

Laut der mehr als 60 Experten aus über 40 Ländern liegen die bisherige Schätzung der weltweiten Degradierung von Weideland – 25 % – deutlich zu niedrig und könnten tatsächlichen bis zu 50 % betragen.

Der Nutzen von Weideland und seine Funktionsweise werden oft schlecht verstanden, und Mangel an verlässlichen Daten verhindert größtenteils die nachhaltige Bewirtschaftung dieser für Nahrungsmittelversorgung und Klimaregulierung immens wertvollen Flächen.

Wichtigste Empfehlung: das Hirtenwesen schützen

Der Bericht stellt einen innovativen Ansatz vor, der es politischen Entscheidungsträger:innen ermöglichen würde, Weideland zu sichern, wiederherzustellen und zu verwalten.

Der neue Ansatz stützt sich auf Erfahrungen, die in Fallstudien aus fast allen Regionen der Welt zusammengetragen wurden, und zieht wichtige Lehren aus Erfolgen und Misserfolgen in der Weidewirtschaft.

Eine zentrale Empfehlung lautet: Schutz des Hirtenwesens, einer Jahrtausende alten mobilen Lebensform, die sich auf die weidebasierte Zucht von Schafen, Ziegen, Rindern, Pferden, Kamelen, Yaks, Lamas und anderen domestizierten Pflanzenfressern sowie halbdomestizierten Arten wie Bisons und Rentieren konzentriert.

Die weltweit am stärksten von der Verschlechterung der Weideflächen betroffenen Gebiete, in absteigender Reihenfolge:

Zentralasien, China, Mongolei Privatisierung und Agrarindustrialisierung hat die Hirt:innen von unzureichenden natürlichen Ressourcen abhängig gemacht, mit dem Resultat einer weit verbreiteten Degradation. Die allmähliche Wiederherstellung der traditionellen, gemeinschaftsbasierten Weidewirtschaft führt zu deutlichen Fortschritten bei der nachhaltigen Bewirtschaftung.

Nordafrika und Naher Osten Die Auswirkungen der Klimakrise in einer der trockensten Regionen der Welt treiben die Hirt:innen in die Armut durch Verschlechterung von lebensnotwendigen Weideflächen. Die Modernisieriung traditioneller Einrichtungen wie Agdals (Futterreservoirs, die zwischenzeitliche Regeneration natürlicher Ressourcen ermöglichen) und unterstützende Maßnahmen verbessern die Bewirtschaftung der Weideflächen.

Sahel und Westafrika Konflikte, Machtverhältnisse und Grenzfragen haben die Mobilität der Viehherden unterbrochen und zu einer Verschlechterung der Weideflächen geführt. Einheitlichere Maßnahmen, Anerkennung der Rechte von Viehzüchter:innen und grenzüberschreitende Vereinbarungen helfen, die essentielle Mobilität der Viehzüchter:innen wiederherzustellen.

Südamerika Klimakrise, Entwaldung (insb. durch industrialisierten Landwirtschaft und Bergbau) sowie die Umwidmung sind in Südamerika die Hauptursachen für die Verschlechterung der Weideflächen. Multifunktionalität und Vielfalt in Weidesystemen sind daher der Schlüssel zur Wiederherstellung einiger der bedeutendsten Weideländer der Welt (etwa Pampa, Cerrado– und Caatinga-Savannen und die Puna in den peruanischen Anden.).

Ostafrika Migration und Zwangsumsiedlung bedingt durch konkurrierender Landnutzungen (Jagd, Tourismus usw.) vertreiben die Hirt:innen, was die Degradierung der Weideflächen zur Folge hat. Von Frauen geführte Initiativen und verbesserte Landrechte sichern den Lebensunterhalt der Hirt:innen, schützen die Biodiversität und sichern die Ökosystemleistungen von Weideland.

Nordamerika Die Zerstörung traditioneller Graslandschaften und trockener Weideflächen bedroht die Artenvielfalt typischer nordamerikanischer Ökosysteme wie der Hochgrasprärien oder der südlichen Wüsten. Die Einbeziehung der indigenen Bevölkerung in die Bewirtschaftung von Weideland ist ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung der historischen Landschaften.

Europa Die Förderung industrielle Landwirtschaft gegenüber der Weidewirtschaft sowie falsche Anreize führen zur Aufgabe und Verschlechterung von Weideland und anderer offener Ökosysteme. Doch zugleich können politische und wirtschaftliche Unterstützung, einschließlich rechtlicher Anerkennung und Differenzierung, zur Trendwende beitragen und damit beispielsweise zunehmende Häufigkeit und Intensität von Waldbränden und den Klimawandel eindämmen.

Südafrika und Australien Aufforstung, Bergbau und die Umwandlung von Weideflächen in andere Nutzungen führen zu einer Verschlechterung und zum Verlust von Weideflächen. Die gemeinsame Schaffung von Wissen durch Erzeuger und Forscher sowie die Achtung und Nutzung des traditionellen Wissens indigener Gemeinschaften eröffnen neue Wege zur Wiederherstellung und zum Schutz von Weideland.

Paradigmenwechsel

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass ein Paradigmenwechsel in der Bewirtschaftung auf allen Ebenen – von der Basis bis zur globalen Ebene – erforderlich ist, um die Verschlechterung aufzuhalten.

Pedro Maria Herrera Calvo, Hauptautor des Berichts: „Die sinnvolle Beteiligung aller Interessengruppen ist der Schlüssel zu einer verantwortungsvollen Bewirtschaftung von Weideland, die kollektives Handeln fördert, den Zugang zu Land verbessert und traditionelles Wissen und praktische Fähigkeiten einbezieht“.

Die Lösungen müssen auf die stark variierenden Merkmale und die Dynamik der Weidegebiete zugeschnitten sein. Darüber hinaus fordert der Bericht, dass Hirt:innen ihren Erfahrungsschatz aktiv einbringen und einbezogen werden, von der Planung über die Entscheidungsfindung bis hin zur Verwaltung. Häufig, so der Bericht, unterschätzen herkömmliche Bewertungsmethoden den tatsächlichen wirtschaftlichen Beitrag von Weideland und Hirtentum.

Die wichtigsten Empfehlungen:

  • Strategien zur Klimawandelabschwächung und -Anpassung und nachhaltige Bewirtschaftung von Weideland integrieren, um die CO2 Bindung und Speicherung zu erhöhen und die Widerstandsfähigkeit von Hirten- und Weidelandgemeinschaften zu stärken
  • Vermeidung oder Verringerung von Landnutzungsänderungen, die die Diversität und Multifunktionalität von Weideland beeinträchtigen, insbesondere auf indigenem und kommunalem Land
  • Maßnahmen zur Erhaltung von Weideland innerhalb und außerhalb von Schutzgebieten, um die Biodiversität über und unter der Erde zu fördern und die Gesundheit, Produktivität und Widerstandsfähigkeit extensiver Viehhaltungssysteme zu stärken
  • Strategien und Praktiken stärken, die auf der Weidewirtschaft basieren und dazu beitragen, Schäden für die Gesundheit der Weideflächen, wie Klimawandel, Überweidung, Bodenerosion, invasive Arten, Dürre und Waldbrände, zu mindern
  • Förderung einer unterstützenden Politik, einer umfassenden Beteiligung der Bevölkerung und flexibler Verwaltungs- und Governance-Systeme, um die Leistungen von Weideland und Hirtentum für die gesamte Gesellschaft zu stärken.

Quelle: https://www.unccd.int/news-stories/press-releases/silent-demise-vast-rangelands-threatens-climate-food-wellbeing-billions

Der vollständige Bericht hier zum Downloade (Englisch): https://www.unccd.int/resources/global-land-outlook/glo-rangelands-report

Titelbild: Wüste Gobi, Mongolei, HBieser über Pixabay

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Neue Studie bestätigt die Bedeutung indigener Gebiete für die Abmilderung des Klimawandels in Brasilien

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Die Erhaltung der Tropenwälder durch die Vermeidung von Entwaldung und Waldschädigung ist für die Sicherung der Ökosystemleistungen von entscheidender Bedeutung. Eine neue Studie, die in der Zeitschrift Perspectives in Ecology and Conservation veröffentlicht wurde, unterstreicht, dass brasilianische Schutzgebiete (Conservation Units – CUs) und indigene Gebiete (Indigenous Lands – ILs) die Entwaldung wirksam verhindern konnten und die Klimaregulierung unterstützen. Diese Schutzgebiete sind zunehmenden durch Waldbrände und Dürren in den Biomen Amazonas und Cerrado bedroht.

Der Bundesstaat Mato Grosso erstreckt sich über die zwei Biomen Amazonas und Cerrado, etwa zwei Drittel des Bundesstaates werden vom Amazonas bedeckt, das andere Drittel hingegen vom Cerrado. Der größte Teil des verbleibenden Waldes ist durch Naturschutzgebiete und indigenes Land geschützt, die der Abholzung, den Waldbränden und der Degradierung entgegenwirken.1 Die wachsesende Soja- und Fleischproduktuion im Mato Grosso, die den größten Marktanteil innerhalb Brasiliens stellt, bedroht jedoch diese Biome zunehmend.

Die Studie, welche die Schutzgebiete und das indigene Land in Mato Grosso betrachtet, bewertet diese als ausschlaggebend in der Verlangsamung und Regulierung der Auswirkungen des Klimawandels. Zugleich jedoch zeigt sie auf, dass diese Funktion immer mehr zurück geht: Die Fähigkeit der Schutzgebiete, den Wald intakt zu halten, hat insbesondere am südlichen Rand des Amazonasgebiets, wo die Verschlechterung der Waldqualität mit intensiven Dürren und Waldbränden verbunden ist, bereits deutlich abgenommen.

„Mato Grosso erfährt intensive Veränderungen durch die Ausdehnung von Weideland und Landwirtschaft“, so Hellen Almada, Forscherin am Vale Institute of Technology in Brasilien und Hauptautorin der Studie, gegenüber Mongabay. Anhand verschiedener Datensätze analysiert die Studie, wie sich menschliche und natürliche Störungen auf die Fähigkeit dreier Kategorien – indigener Gebiete (ILs), Schutzgebiete (CUs) und privater Mehrzweckflächen (multiple-use areas/MUs) auswirken, d. h. inwiefern sie deren Eigenschaften Faktoren wie die regionale Temperatur und den atmosphärischen Wasserkreislauf zu regulieren, beeinträchtigen. Dabei werden die Veränderungen der Evapotranspiration, der Oberflächentemperatur und der Oberflächenalbedo über einen Zeitraum von 20 Jahren untersucht und die Autor:innen zeigen, dass Schutzgebiete und indigenes Land stärker zur Klimaregulierung beitragen, als Gebiete mit Mehrfachnutzung oder Land außerhalb von indigenem Land und Schutzgebieten.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Landschaft in Mato Grosso durch die Ausweitung von Weideflächen und Ackerbau, größtenteils für die Fleisch- und Futtermittelproduktion, verändert. Die Autor:innen analysierten Geodaten, die zeigen, dass die einheimische Vegetation in Mato Grosso in den letzten zwei Jahrzehnten um 10 % und damit auf 63 % (2020) zurückgegangen ist. Der größte Teil wurde in Weideland und Ackerbau (insb. Soja) umgewandelt. Davon befinden sich 69 % im Amazonasgebiet und 31 % im Cerrado. Die zunehmende Fragmentierung der Wälder und der globale Temperaturanstieg haben zur Folge, dass die Wälder viel anfälliger für Dürren und Brände sind. So stellten die Autor:innen fest, dass intensive Dürren die verbrannte Fläche in Schutzgebieten und indigenen Gebieten sowohl im Amazonas als auch im Cerrado vergrößerten.

Die Studie zeigt, dass es in den Schutzgebieten (CUs & ILs) dreimal weniger Brände pro Quadratkilometer (pro 0,38 Quadratmeile) gab als in anderen Gebieten des Amazonasgebiets, und dass die Schutzgebiete dazu beitragen, niedrige Temperaturen, eine niedrige Albedo und eine hohe Evapotranspiration aufrechtzuerhalten, selbst bei extremen Dürreperioden. Das zeigt, dass Schutzgebiete nicht nur für den Erhalt der Wälder und der einheimischen Vegetation wichtig sind, sondern auch bei einem weiteren Temperaturanstieg eine noch wichtigere Rolle bei der Regulierung der regionalen Auswirkungen des Klimawandels spielen könnten.

Doch zeigt sich eine größere Brandanfälligkeit von Schutzgebieten, die beispielsweise auf den Temperaturanstieg und die Häufigkeit von Dürreperioden zurückgeführt werden kann. Die Brände widerum können den Energiehaushalt von Schutzgebieten beeinflussen und dergestalt die lokalen und regionalen Auswirkungen des Verlusts der einheimischen Vegetation verstärken und zu dauerhaft geschädigten Zuständen führen: „Dies unterstreicht die entscheidende Bedeutung integrierter Ansätze für Naturschutz und Landnutzung, die sowohl den Klimawandel als auch lokale menschliche Aktivitäten berücksichtigen“, sagte Almada gegenüber Mongabay.

Quellen: https://news.mongabay.com/2024/06/new-study-reaffirms-indigenous-lands-key-to-mitigating-climate-change-in-brazil/ sowie die originale Studie: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2530064424000191

  1. https://news.mongabay.com/2023/06/protected-areas-store-a-years-worth-of-co%E2%82%82-emissions-study-reveals/ ↩︎
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Menschliche Einwirkungen auf Flussökosysteme können die Auswirkungen der Klimakrise verstärken

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Die Auswirkungen multipler menschlicher Einflüsse auf Fließgewässer können die Konzentration von Treibhausgasen in ihren Gewässern erhöhen und damit möglicherweise die schädlichen Auswirkungen der Klimakrise verschärfen, so neue Forschungsergebnisse.

Die unter Leitung der Universität Rey Juan Carlos (URJC) und der Universität von Minho (CBMA) durchgeführte Studie ergab, dass Flüsse, die multiplen menschlichen Einflüssen ausgesetzt sind, doppelt so hohe Konzentrationen an Kohlendioxid und Methan – die beiden wichtigsten Treibhausgase enthalten können. Das Forschungsteam, zu dem auch Wissenschaftler der Universität Barcelona und des Zentrums für Forschung über Ökologie und forstwirtschaftliche Anwendungen (CREAF) gehörten, untersuchte in 50 Bächen in Nordportugal, wie die Konzentration dieser Treibhausgase auf die kombinierten Auswirkungen von Nährstoffen, Erwärmung und niedrigen Sauerstoffkonzentrationen reagiert.

„Obwohl Flüsse von Natur aus höhere Kohlendioxid- und Methankonzentrationen aufweisen, als die Atmosphäre, zeigt diese Studie zum ersten Mal, dass die Kombination multipler Einflüsse die Konzentrationen dieser Gase und möglicherweise ihre Emissionen in die Atmosphäre verschärft“, sagt Cayetano Gutiérrez-Cánovas, Hauptautor der Studie (URJC). „Angesichts der Tatsache, dass viele Flüsse bereits multiplen menschlichen Einflüssen ausgesetzt sind, besteht ein erhebliches Risiko, dass die von ihnen verursachte Umweltzerstörung die Klimakrise weiter verschärft“, so Gutiérrez-Cánovas weiter.

In der Fachzeitschrift Global Change Biology untersuchten die Forscher auch die Rolle des Ausmaßes, in dem diese menschlichen Einflüsse stattfinden, um ein besseres Verständnis für die Mechanismen zu gewinnen, die die Produktion von Treibhausgasen in Flüssen regeln. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Maßstab, in dem die menschlichen Einflüsse auftreten, unterschiedliche Auswirkungen auf die Kohlendioxid- und Methankonzentrationen hat“, erklärt Daniel von Schiller, Mitautor der Studie und außerordentlicher Professor an der UB. „Kohlendioxid ist löslicher als Methan und kann über weite Strecken durch die Flüsse transportiert werden, so dass es von den verschiedenen Auswirkungen im gesamten Einzugsgebiet beeinflusst wird. Unsere Modelle deuten jedoch besonders darauf hin, dass Methan, das sehr leicht aus dem Wasser entweichen und in die Atmosphäre gelangen kann, sowohl auf lokale Einwirkungen als auch auf solche im gesamten Einzugsgebiet reagiert.

Diese Forschung spielt einer wichtige Rolle für die Flussbewirtschaftung. Die derzeitigen Sanierungs- und Abschwächungsstrategien konzentrieren sich häufig auf lokale Maßnahmen und übersehen dabei die Auswirkungen auf der Ebene des gesamten Einzugsgebiets und ihren potenziellen Beitrag zur Klimastabilität. Eines der Hauptanliegen der Flussmanager:innen ist beispielsweise die Verringerung des Nährstoffeintrags in die Gewässer, was dramatische ökologische Folgen haben kann, wie die Situation in der Lagune Mar Menor im Südosten der Iberischen Halbinsel zeigt.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Verringerung der Nährstoffeinträge und die Bekämpfung von Sauerstoffmangel zusätzliche Vorteile bieten könnten, die im Kampf gegen den Klimawandel hilfreich sind“, sagt Cláudia Pascoal, Hauptautorin der Studie und außerordentliche Professorin am CBMA. „Diese Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, Flüsse mit einem ganzheitlichen Ansatz auf Einzugsgebiets-Ebene zu bewirtschaften, nicht nur um die biologische Vielfalt und die Vorteile für die Menschen zu erhalten, sondern auch um die Klimakrise abzumildern.“

Quelle: https://freshwaterblog.net/2024/06/28/human-impacts-on-stream-ecosystems-can-amplify-the-effects-of-the-climate-crisis

Studie: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/gcb.17301

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Scientists for Future Österreich begrüßen das Ja der Umweltministerin zur Renaturierungsverordnung

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Die Scientists for Future Österreich begrüßen die Entscheidung von Umweltministerin Leonore Gewessler bei einer möglichen Abstimmung für die EU-Renaturierungsverordnung zu stimmen.

Die EU-Renaturierungsverordnung ist ein Kernstück des europäischen Green Deals: Wiederherstellungsmaßnahmen der Natur stellen dringend notwendige Anpassungsmaßnahmen an die Auswirkungen der Klimakrise dar1. Sie sind eine wichtige Grundlage für die Ernährungssicherheit in Österreich und ein zentrales Elemente der Wirtschaftskraft des Landes2. Während das Nichthandeln bereits jetzt das österreichische Staatsbudget mit mehreren Milliarden Euro pro Jahr belastet3, ist einer Wirkungsanalyse der EU-Kommission zufolge der Nutzen der Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in Österreich 12-mal höher als deren Kosten4.

Ökosysteme halten sich nicht an Ländergrenzen! Dieses Bewusstsein muss die Politik auf nationaler Ebene wie auf europäischer Ebene anleiten. Nur so kann Europa seine angestrebte Rolle als Vorreiter in Sachen Klimaschutz und Klimaanpassung erfüllen. Nach deutlichen Rückschritten in der Umsetzung des Europäischen Green Deals5 kann nun allein eine qualifizierte Mehrheit im Rat der Europäischen Umweltminister:innen am 17. Juni zur Renaturierungsverordnung dieser Verantwortung gerecht werden.

Die Scientists for Future Österreich unterstützen gemeinsam mit 82% der Österreicher:innen das Ja zur Renaturierungsverordnung6. Wir rufen die EU-Umweltminister:innen auf, am Montag dem Beispiel Österreichs zu folgen und die EU-Renaturierungsverordnung gemeinsam zu verabschieden!

Ein Ja zur EU-Renaturierungsverordnung ist ein Ja zu einem lebenswerten, gemeinsam gestalteten Europa, in dem evidenzbasierte und sozial gerechte Politik für das Wohl der Bürger:innen Sorge trägt!

  1. IPCC, 2023: Climate Change 2023: Synthesis Report. Contribution of  Working Groups I, II and III to the Sixth Assessment Report of the  Intergovernmental Panel on Climate Change [Core Writing Team, H. Lee and  J. Romero (eds.)]. IPCC, Geneva, Switzerland, 184 pp., doi:  10.59327/IPCC/AR6-9789291691647 ↩︎
  2. Corporate Leaders Group 2024: „Business Networks‘ Letter on the Nature  Restoration Law“,  https://www.corporateleadersgroup.com/files/clg_europe_led_letter_on_nature_restoration_-_may_2023.pdf ↩︎
  3. WIFO 2024: „Policy Brief: Budgetäre Kosten und Risiken durch  klimapolitisches Nichthandeln und Klimarisiken“,  https://www.wifo.ac.at/publication/49048/ ↩︎
  4. EU 2023: „Impact assessment study to support the development of legally  binding EU nature restoration targets. Final Report“,  https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/db3e5d55-310c-11ee-946a-01aa75ed71a1 ↩︎
  5. Society for Conservation Biology et al. 2024: „Expression of Concern by  Scientific associations: Rollback of EU environmental legislation and  policies jeopardises the future of EU  citizens“, https://zenodo.org/records/11493585. ↩︎
  6. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240616_OTS0004/neue-umfrage-ueber-80-prozent-fordern-zustimmung-oesterreichs-zum-eu-renaturierungsgesetz ↩︎
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Natürlicher Hochwasserschutz durch das EU-Renaturierungsgesetz

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Angesichts der jüngsten Überschwemmungen im benachbarten Bayern und angespannten Hochwassersituationen in Vorarlberg, und entlang der Donau wird die Bedeutung effektiver Hochwasserschutzmaßnahmen einmal mehr deutlich. Hochwasserschutz ist eine der Funktionen eines natürlichen Fluss-Ökosystems.1 Die Wiederherstellung dieser Funktion ist eines der Ziele des EU-Renaturierungsgesetzes.2 Doch Österreich blockiert aufgrund der ursprünglich ablehnenden und seit einigen Tagen unklaren Haltung der Landeshauptleute nach wie vor die Verabschiedung des Gesetzes.

Das EU-Renaturierungsgesetz sieht zum Beispiel vor, dass Mitgliedstaaten nicht mehr benötigte, künstliche Hindernisse in Flüssen beseitigen und die natürliche Vernetzung von Oberflächengewässern wiederherstellen. So können z.B. natürliche Überflutungsflächen wieder angebunden werden. Auch sollen wieder Auen (englisch: Flood Plains) geschaffen werden, die neben dem ökologischen Wert auch Pufferzonen für Hochwasser darstellen. Durch die Revitalisierung von Flussläufen und die Wiederherstellung von Mäandern soll die Fließdynamik verbessert werden.

Die Scientists for Future Österreich haben Forschende aus den Fachgebieten Hydrologie, Fließgewässerforschung, Geographie, Wasserbau, Wasserwirtschaft, Klimafolgenabschätzung und Umweltrecht um Ihre Einschätzung der Wirksamkeit des EU-Renaturierungsgsetzes für den Hochwasserschutz gebeten.

Hier sind Ihre Stimmen:

In Wahrung der klimawandelbedingt erhöhten staatlichen Schutzpflichten ist es Aufgabe des Staats bzw. seiner Entscheidungsträger:innen, in klimawandelbedingten Gefahrenlagen schnellstmöglich die Planung und Finanzierung von naturverträglichen Hochwasserschutzmaßnahmen voranzutreiben. Die EU-Wiederherstellungs-Verordnung zielt – neben vielen anderen Maßnahmen – auf die Renaturierung hart verbauter Fluss- und Bachläufe (Aufweitung, Restrukturierung) sowie wassernaher Ökosysteme ab. Damit kommt es zur Erhöhung natürlicher Abflussmöglichkeiten und zur Schaffung natürlicher Retentionsräume – beides Paradebeispiele für naturverträglichen Hochwasserschutz. Mag.a Dr.in Daniela Ecker, LL.B., Institut für Umweltrecht, Johannes Kepler Universität Linz.

Wie soll ein effizienter und nachhaltiger Hochwasserschutz mit der Schaffung von Retentionsräumen in den nächsten Dekaden denn sonst funktionieren? Univ.-Prof. Karsten Schulz, Leiter des Instituts für Hydrologie und Wasserwirtschaft, Universität für Bodenkultur Wien.

Die Wiederherstellung der natürlichen Funktion von Überflutungsflächen an unseren Flüssen trägt maßgeblich zum Hochwasserschutz bei: Hochwasserwellen werden zurückgehalten und in ihrer Höhe reduziert. Stark verbaute, kanalisierte Flüsse bewirken hingegen eine Verschärfung von Hochwasserwellen. Daher müssen wir auch im eigenen Interesse dringend unsere Überflutungsflächen renaturieren, abgetrennte Nebengewässer wieder anbinden und den Flüssen mehr Raum geben. Assoc. Prof. Michael Tritthart, Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung; Universität für Bodenkultur Wien.

Die derzeitigen Hochwässer zeigen erneut, wie wichtig es wäre, dass die EU-Renaturierungs-Richtlinie rasch umgesetzt wird. Durch eine Renaturierung gibt man den Flüssen mehr Platz und schafft damit Retentionsräume, die Hochwasserwellen dämpfen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass österreichische Politiker den Beschluss der EU-Renaturierungs-Richtlinie blockieren. Priv.-Doz. Günter Langergraber, Leiter des Departments für Wasser-Atmosphäre-Umwelt, Universität für Bodenkultur Wien.

Die Rückgewinnung von natürlichen Retentionsflächen für Hochwasserereignissen ist ein essentieller Bestandteil eines umfassenden Hochwasserrisikomanagements, um mögliche zukünftige Schäden auf einem heutigen Niveau zu halten. Die Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetz mit der Förderung von naturbasierten Maßnahmen trägt gleichzeitig zum Hochwasser- und Klimaschutz, Erhaltung der Biodiversität und ökologischer Funktionen sowie von nachhaltigen Erholungsräumen bei. Univ.-Prof. Margreth Keiler, Institut für Geographie, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck; Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaft.

Die Schaffung natürlicher Retentionsräume fördert gleichzeitig die Biodiversität und reduziert das Hochwasserrisiko. Es ist daher unverantwortlich, ein europaweites Gesetz zu blockieren, das unter anderem dazu beiträgt, die Auswirkungen klimawandelbedingter Extremwetterereignisse zu mildern. Assoc. Prof. Josef Schneider, Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft, TU Graz.

Das EU-Renaturierungsgesetz ist eine zentrale Weichenstellung für die Umsetzung naturbasierter Lösungen, welche nicht nur dem Schutz vor klimabedingten Risiken wie Hochwasser dienen, sondern gleichzeitig auch Biodiversität fördern und durch zusätzliche Kohlenstoffspeicherung zur Minderung des Klimawandels beitragen. Nicht die Unterstützung dieses Gesetzes gefährdet Österreichs Lebensgrundlagen, sondern ein Weiter-wie-bisher mit grauem Risikomanagement (z.B. Deiche und Dämme aus Stahlbeton) und fortschreitender Bodenversiegelung. Dr. Thomas Schinko, Senior Research Scholar and Research Group Leader der Equity & Justice Research Group, International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), Laxenburg.

Renaturierungsmaßnahmen und ähnlicher naturbasierter Hochwasserschutz sind langfristige win-win-win Lösungen zum Schutz von Menschen und Umwelt. Es ist verantwortungslos, sie aufgrund kurzfristiger ökonomischer Argumente zu verhindern. Dr. Susanne Hanger Kopp, Wissenschafterin und Lektorin im Climate Policy Lab, ETH Zürich.

  1. Dt. Bundesamt für Naturschutz, Eckpunkte für einen vorsorgenden Schutz vor Hochwasser und Sturzfluten, 2022. https://www.bfn.de/sites/default/files/2022-12/2022-eckpunkte-f%C3%BCr-einen-vorsorgenden-schutz-vor-hochw asser-und-sturzfluten-bfn.pdf ↩︎
  2. EU Renaturierungsgesetz (NRL), Kompromissvorschlag. vgl. insbesondere Begründung 4; Artikel 3 Abs. 4 und 22; Art. 4 Abs. 1; Art. 9 Abs. 3 und 4. https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2024-0089_DE.html#title2 ↩︎
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Climate Change Performance Index 2024 erschienen

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Seit 2005 bemisst dieser Index – eine Zusammenarbeit von Germanwatch, New Climate Institute und Climate Action Network International – jährlich die Klimaschutzbemühungen von 63 Ländern und der EU, die zusammen für 90 % der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind.

Am besten schneidet heuer Dänemark mit dem vierten Platz ab – Die ersten drei Plätze wurden nicht vergeben. Danach folgen Estland, die Philippinen, Indien und dann erst die Niederlande. Am Schluss der Liste steht Saudi Arabien, nach dem Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Die EU belegt den 16. Platz, Österreich den 32. zwischen Kolumbien und Lettland.
Aufsteiger des Jahres ist Brasilien, das mit der Regierung Lula da Silva zu seinem ursprünglichen, von Bolsonaro verwässerten Klimaplan (NDC) zurückkehrte und Maßnahmen gegen die Entwaldung beschloss.
Absteiger des Jahres ist das Vereinigte Königreich. Unter der jetzigen Regierung wurde die Umweltgesetzgebung verzögert oder unterminiert, Produktion von Fossilen erweitert und kaum Fortschritte bei Erneuerbaren gemacht.

Eine interaktive Weltkarte gibt es auf ccpi.org, der 36 Seiten umfassene Report kann heruntergeladen werden.

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