Mobilität und Gerechtigkeit

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von Johannes Fiedler

Wenn es um die Notwendigkeit geht, die Systeme der Mobilität klimagerecht zu gestalten, spricht man in der öffentlichen Diskussion vorrangig mit physikalischen und technologischem Vokabular: Emissionswerte, Antriebssysteme, Geschwindigkeit, Wegelängen, Frequenzen…Diese Begriffe mögen für die Planung und Implementierung von Maßnahmen wichtig sein, für die individuelle Verhaltensänderung, von der letztlich der Erfolg der Mobilitätswende abhängt, sind sie sekundär. In der Gestaltung der Alltagsmobilität, bei der Wahl der Ziele, des Wohnortes, der Orte der Ausbildung und des Arbeitens dominiert die räumliche Wahrnehmung. Hier wirkt eine individuelle Psychogeografie: die Verortung des Selbst und die Einschätzung der räumlichen Möglichkeiten. Es werden vorrangig die Qualitäten von Wegen eingeschätzt, woraus sich auch die Wahrnehmung von Entfernung ergibt.

Angenehme Wege wirken kurz, unangenehme endlos. Befindet man/frau sich im semi-ruralen Raum, der österreichischen Version von Suburbia, wo etwa die Hälfte der Wohnbevölkerung zuhause ist1, schätzt man/frau etwa den Weg zur nächsten Bushaltestelle ein, die Bedingungen an der Haltestelle, im Bus selbst, am Zielort und entlang des restlichen Weges. Auf dieser Grundlage werden die Mobilitätsentscheidungen getroffen: Da geht es nicht allein um das Verkehrsmittel, sondern grundsätzlich um Wahl des Ziels, Häufigkeit des Weges, Uhrzeit und letztlich auch darum, ob der Weg überhaupt notwendig ist. Das gilt analog auch für städtische Gebiete, wobei sich niemand anmaßen sollte, zu definieren, wo diese „Stadt“ beginnt. Österreichische Städte bestehen zu großen Teilen aus „Flächenbezirken“, in denen die semi-rurale Psychogeografie dominiert.

Ob aus der individuellen Verortung und Einschätzung der Mobilitätsoptionen die Wahl auf ein öffentliches Verkehrsmittel, kombiniert mit Fußwegen, auf das Fahrrad oder auf das Auto, oder auf Kombinationen aus diesen Modi fällt, hängt also nicht allein vom technologischen Angebot, sondern wesentlich von qualitativen Faktoren ab, vor allem von räumlichen Qualitäten. Um es abzukürzen: Bei einem Großteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter2 führt die Conclusio dieser Abwägungen dazu, nicht zu Fuß aus dem Haus zu gehen, sondern in die Garage, wo die Erweiterung des eigenen Wohnzimmers auf Rädern bereitsteht. Unser Land ist dazu bestens ausgelegt. Wir sind tatsächlich ein „Autoland“.

So etwas wie Chancengleichheit zwischen den Verkehrsmodi gibt es nur in jenen Siedlungsgebieten, deren räumliche Konzeption aus der Zeit vor der Massenautomobilität stammt, also in jenen historischen Stadtvierteln und Ortskernen, die den Furor der automobilen Modernisierung überlebt haben: Autofahren und Parken ist kompliziert, öffentliche Verkehrsmittel sind gut erreichbar und meist ist auch der Weg dorthin dergestalt, dass man ihn unter Wahrung der Menschenwürde zurücklegen kann. Der Blick in die historischen Stadträume darf aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass der öffentliche Verkehrsraum in Österreich von den meisten Menschen als feindlich wahrgenommen und folglich gemieden wird – durchaus begründet – ist er doch fast durchgehend von der Logik des Autoverkehrs geprägt. Hier beginnt die Frage der Gerechtigkeit.

Mit welchem Recht konsumieren Autofahrer und Autofahrerinnen einen überproportionalen Anteil an dieser öffentlichen Ressource, nicht nur in Form quantitativer Inanspruchnahme, sondern auch durch qualitative Degradierung? Warum wird es akzeptiert, dass Menschen in Autos in ihrem optimierten persönlichen Ambiente durch Straßen gleiten und dabei die Effekte ihrer Mobilitätspräferenz in vielfältiger Weise externalisieren? Warum werden Dauerlärm, städtebauliche Verödung, Entwertung von Wohnungen und Geschäftsstandorten, Unsicherheit und Marginalisierung politisch legitimiert? Ohne hier die Komplexität der Motive zu kleinzureden: die Persistenz dieses Dauerskandals liegt darin, dass er von einer Bevölkerungsmehrheit verursacht wird. Doch auch in einer Demokratie ist ist nicht alles recht, was einer Mehrheit recht ist.

In Fragen der Gerechtigkeit geht es um Grundbedingungen des Zusammenlebens. Das gilt auch für räumliche Gerechtigkeit, wie sie in den Sozialwissenschaften unter dem Titel Spatial Justice3 behandelt wird. Hier geht es um die gerechte Allokation öffentlicher Güter, um Umweltgerechtigkeit, Generationengerechtigkeit, Entwicklungsfähigkeit und um gleichberechtigten Zugang aller Bevölkerungsgruppen zur Entscheidungsfindung. Blickt man auf die anerkannten Maßnahmen zur Verwirklichung der Mobilitätswende – Förderung des Fuß- und Radverkehrs, Rückbau der automobilen Infrastruktur, Ausbau der öffentlichen Mobilitätsangebote – so dienen diese und so rechtfertigen sich diese gleichermaßen aus Gründen der Rettung des Weltklimas als auch der Gerechtigkeit unter Menschen.

Titelfoto: Wolfram Däumel, CC BY-SA-3.0


  1. 2021: Bewohner:innen von Ein- und Zweifamilienhäusern: 48,3% (Statistik Austria) ↩︎
  2. BMViT: Österreich unterwegs 2013/2024: Werktäglicher Modal Split, (S. 81). Der Anteil der Kfz-Wege liegt bei den Alterskohorten 20-60 Jahre zwischen 55% und 62%. ↩︎
  3. Literatur
    Susan FAINSTEIN: The Just City, Cornell University Press, 2010; Johannes FIEDLER, Melanie HUMANN, Manuela KÖLKE: Radical Standard – zur Umsetzung von Spatial Justice in der städtebaulichen Planung; TU Braunschweig 3/2013; Peter MARCUSE, James CONOLLY, Johannes NOVY, Ingrid OLIVO, Cuz Potter, Justin STEIL et al.: Searching for the Just City, Routledge, Oxon 2009; John RAWLS: A Theory of Justice, The President and Fellows of Harvard College, 1971, deutsch: Eine Theorie der Gerechtigkeit; Suhrkamp Frankfurt/Main 1979; Edward SOJA: Seeking Spatial Justice, University of Minnesota Press, Minneapolis 2010 ↩︎
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„Grüne“ Schiffahrt, die den Klimawandel beschleunigt?

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Die Pläne, die derzeit bei der IMO (Internationale Seeschifffahrts-Organisation) ausgearbeitet werden, bergen die Gefahr, dass ein riesiger neuer Markt für Biokraftstoffe wie Palmöl und Soja entsteht, die die Abholzung der Wälder vorantreiben, und gleichzeitig den Preis für Pflanzenöl unter Druck setzen. Das zeigt eine neue Studie von Transport & Environment.

  • Die grüne Strategie der IMO könnte im Jahr 2030 im Vergleich zu heute zu zusätzlichen Treibhausgasemissionen von 270 Millionen Tonnen führen, was schlimmer wäre, als nichts zu tun. 
  • Der überwiegende Teil der Biokraftstoffe (60 %) wird aus Palmen und Soja gewonnen, die in hohem Maße mit der Abholzung der Wälder in Verbindung stehen.
  • Im Jahr 2030 könnten täglich fast 300 Millionen Flaschen Pflanzenöl für den Schiffsantrieb verwendet werden, was den Druck auf die Lebensmittelpreise erhöhen würde.


Fast ein Drittel der weltweiten Schifffahrt könnte 2030 mit Biokraftstoffen betrieben werden, wie neue Analysen von T&E zeigen . Heute liegt der Anteil bei weniger als 1 Prozent. Nach dem aktuellen Entwurf des Gesetzes der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) über grüne Kraftstoffe könnte dies den Klimawandel sogar verschärfen und die globale Nahrungsmittelversorgung belasten. 

Die von Cerulogy im Auftrag von T&E durchgeführte Studie zeigt, dass Palm- und Sojaöl im Jahr 2030 wahrscheinlich fast zwei Drittel des Biodiesels ausmachen werden, der in der Schifffahrtsindustrie zum Einsatz kommt, da sie die günstigsten Kraftstoffe sind, um die Klimaziele zu erreichen. Dies stelle ein ernstes Klimaproblem dar, warnt T&E, da Palm- und Sojaöl für zwei- bis dreimal mehr Kohlenstoffemissionen verantwortlich seien als selbst die schmutzigsten Schiffskraftstoffe von heute, wenn man Abholzung und Rodung mit einbezieht. 

Die treibstoffintensive Schifffahrt würde enorme Mengen Ackerland benötigen. Im Jahr 2030 werden 34 Millionen Hektar – die gesamte Fläche Deutschlands – benötigt, um genügend Nutzpflanzen zu produzieren, um den erhöhten Bedarf der Schifffahrtsindustrie an Biokraftstoffen zu decken. 

Dies könnte gravierende Auswirkungen auf die Nahrungsmittelversorgung haben. Land, das für die Landwirtschaft genutzt werden könnte, müsste für den Anbau von Biokraftstoffen umgewidmet werden, und durch die Verbrennung von Pflanzenöl auf Schiffen würden die Supermärkte eines Grundnahrungsmittels beraubt. Laut der Analyse von T&E könnten im Jahr 2030 täglich 300 Millionen Flaschen Pflanzenöl für den Schiffsantrieb verwendet werden.

Constance Dijkstra, Schifffahrtsmanagerin bei T&E, sagte: „Frachtschiffe mit Abholzung zu betanken, ist eine schreckliche Idee. Das Verbrennen von Pflanzen als Treibstoff ist schlecht für den Planeten und schlecht für die globale Nahrungsmittelsicherheit. Die IMO sollte die Klimaauswirkungen schlechter Biokraftstoffe berücksichtigen, um zu vermeiden, dass mehr Schaden als Nutzen entsteht.“

Reedereien wie MSC und CMA-CGM haben in sogenannte Abfallbiokraftstoffe wie Altspeiseöl und Tierfett investiert. Doch Abfallbiokraftstoffe werden wahrscheinlich nur einen kleinen Teil des prognostizierten Biokraftstoffbedarfs der Schifffahrt decken können, da ihre Verfügbarkeit begrenzt ist. Ein Frachtschiff beispielsweise, das zwischen China und Brasilien verkehrt, würde allein das jährliche Altöl von mehr als 2000 McDonald’s-Restaurants benötigen, während man für den Betrieb mit Tierfetten über eine Million Schweine bräuchte. 

Reedereien, darunter der deutsche Schifffahrtsriese Hapag-Lloyd, und eine Reihe von NGOs forderten die IMO heute dazu auf, nicht nachhaltige Biokraftstoffe von ihrer Liste der grünen Alternativen zu herkömmlichen fossilen Brennstoffen zu streichen.

T&E fordert die IMO auf, sich auf eine klare Definition dessen zu einigen, was einen emissionsfreien oder nahezu emissionsfreien Kraftstoff ausmacht, Biokraftstoffe, die durch Abholzung der Wälder entstehen, auszuschließen, Biokraftstoffe auf Lebensmittelbasis zu begrenzen und Anreize für die Produktion von grünen E-Kraftstoffen aus grünem Wasserstoff zu schaffen.

Quelle: Pressemitteilung Transport & Environment

Transport and Environment (T&E) ist die Dachorganisation von nichtstaatlichen europäischen Organisationen, die sich für einen nachhaltigen Verkehr einsetzen. Die 53 Mitgliedsorganisationen kommen aus 24 Ländern (Stand Juli 2021). T&E besteht seit 1989.

IMO – die Internationale Seeschifffahrts-Organisation – ist die Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die für die Sicherheit der Schifffahrt und die Verhütung der Meeres- und Luftverschmutzung durch Schiffe zuständig ist. Die Arbeit der IMO unterstützt die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen.

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Nur etwas mehr als die Hälfte der Östereicher:innen sind mit gutem öffentlichen Verkehr versorgt

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Der Anteil der Menschen, die mit gutem öffentlichen Verkehr versorgt sind, ist zwischen 2016 und 2023 von 48,4 Prozent auf 53,5 Prozent gestiegen. Das ist ein Plus von fünf Prozentpunkten. Die Zahl jener Menschen, die nicht einmal eine Basisversorgung mit öffentlichem Verkehr genießen, ist sowohl absolut als auch prozentuell leicht gesunken. Um die Zielsetzung des Mobilitätsmasterplans zu erfüllen, muss der Versorgungsgrad bis zum Jahr 2040 auf 75 bis 80 Prozent ansteigen.

Die Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) hat für das gesamte Bundesgebiet erfasst, wie gut die Anbindung an öffentlichen Verkehrsmittel ist. Dies wird in ÖV-Güteklassen von A (= sehr gut) bis G angegeben. Inzwischen ist allgemeiner Konsens, dass die Kategorien A bis D notwendig sind, um von einem ausreichenden Öffi-Angebot reden zu können. Klasse D bedeutet beispielsweise, dass es in unmittelbarer Nähe (bis zu 300 Meter) eine Buslinie im Halbstundentakt gibt. Nur Menschen, die in solchen Regionen wohnen, können auch die unterschiedlichen Klimatickets sinnvoll nutzen.

Während der Bund für das Grundangebot der Eisenbahn zuständig ist, liegt die flächendeckende Erschließung mit öffentlichem Verkehr in der Verantwortung der Bundesländer. Die regionalen Unterschiede sind sehr groß, wie Daten aus dem Jahr 2021 zeigen: Während in Wien faktisch alle Bewohner:innen über guten öffentlichen Verkehr verfügen, liegt dieser Anteil in Vorarlberg immerhin bei rund 70 Prozent. Nachzügler sind das Burgenland und Kärnten, wo gerade ein Viertel der Einwohner:innen über gute Öffis verfügt, gefolgt von Ober- und Niederösterreich sowie der Steiermark, wo dieser Wert bei etwas mehr als einem Drittel liegt.

In Österreich werden 60 Prozent aller Wege bzw. 70 Prozent aller Personen-Kilometer mit dem Auto zurückgelegt. Um sich aus der teuren und unökologischen Pkw-Abhängigkeit befreien zu können, bedarf es einer flächendeckenden Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln. 

Quelle: A&W Blog, Autoren: Heinz Högelsberger, Max Knapp CC BY-SA 4.0

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New York: City-Maut wirkt. Weniger Stau, weniger Unfälle, mehr Menschen fahren U-Bahn

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Laut Angaben auf der Website des Staates New York ist die Zahl der U-Bahn-Fahrgäste seit Einführung der Staugebühr am 5. Januar fast täglich gestiegen – oft um Hunderttausende zusätzliche Pendler täglich.

Beispielsweise saßen am 8. Januar, dem ersten Mittwoch mit City-Maut in diesem Jahr, über 530.000 Menschen mehr in den Zügen als am gleichen Tag im Vorjahr (3.834.806 gegenüber 3.303.727). 

Eine Überprüfung der MTA-Daten durch NewYork Metro ergab, dass zwischen dem 6. und 28. Januar die Fahrgastzahlen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 9,1 Millionen Pendler gestiegen sind (74.680.439 im Jahr 2025 gegenüber 65.569.613 im Jahr 2024), was einer Steigerung von 13,1 % entspricht. 

Die MTA, die staatliche Agentur, die die Züge und Busse von New York City betreibt, hatte lange damit geworben, dass eine City-Maut mehr New Yorker dazu bringen würde, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen, und so den starken Verkehrsstau in Midtown und Lower Manhattan entlasten würde. Bisher haben sich diese Vorhersagen als richtig erwiesen.

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Kein „Autoland“: Österreich an 4. Stelle bei Exporten von Schienenfahrzeugen

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VCÖ (Wien, 4. Dezember 2024) – Die nachhaltige Mobilität ist in Österreich ein starker, aber sehr unterschätzter Wirtschaftsfaktor, stellt die Mobilitätsorganisation VCÖ fest. Dass Österreichs Bahnindustrie am Weltmarkt im Spitzenfeld liegt oder allein Gehen, Radverkehr und Radtourismus mehr als 52.000 Arbeitsplätze sichern, ist hierzulande wenig bekannt. Österreich hat innovative Unternehmen in allen Bereichen der nachhaltigen Mobilität, vom Öffentlichen Verkehr, über Fahrradproduktion über Elektro-Mobilität bis hin zu digitalen Mobilitätsservices. Der VCÖ fordert verstärkte wirtschaftspolitische Maßnahmen, damit das Exportland Österreich die weltweit steigende Nachfrage nach klimaverträglicher Mobilität als Konjunktur-Lokomotive nutzt.

„Spätestens seit der Klimakonferenz von Paris im Jahr 2015 ist bekannt, dass am Weltmarkt die Nachfrage nach klimaverträglicher Mobilität stark steigen wird. Es ist sehr bitter, dass in der Europäischen Union und auch in Österreich zu spät auf die geänderten Marktbedingungen reagiert wurde. Besonders bitter wäre es, wenn jetzt die notwendige Transformation erneut verschoben wird und sich die europäische Industriepolitik somit selbst auf ein Abstellgleis manövriert. Umso wichtiger ist es, jetzt rasch die wirtschaftspolitischen Weichen zu stellen, dass statt Arbeitsplätze zu verlieren, neue Jobs geschaffen werden“, betont VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Umso mehr als gerade Österreich die besten Voraussetzungen mitbringt, um Europas Kompetenzzentrum für nachhaltige Mobilität zu sein.

Österreichs Bahnindustrie spielt am Weltmarkt in der Champions League. Beim Export von Schienenfahrzeugen liegt das kleine Österreich sogar in absoluten Zahlen an vierter Stelle, nur Deutschland, China und die USA liegen – knapp – vor Österreich. Pro Einwohnerin und Einwohner ist Österreich bei Schienenfahrzeugen Export-Weltmeister, verdeutlicht der VCÖ. 7,9 Prozent des gesamten Welthandels der Bahnindustrie ist „Made in Austria“. Die Unternehmen von Österreichs Bahnindustrie schaffen eine Gesamtwertschöpfung von 2,7 Milliarden Euro und sichern direkt, indirekt und induziert 28.000 Arbeitsplätze. In vielen Bereichen der Bahnindustrie ist die Nachfrage größer als das Angebot. Der VCÖ fordert verstärkte Förderungen für Umschulungen von Beschäftigen aus anderen Branchen, die ihren Job verloren haben.

„Österreichs Automobil- und Zulieferindustrie kann E-Mobilität“, erinnert VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Beispielsweise hat BMW in Steyr im Herbst mit der Vorserienproduktion von Elektromotoren begonnen. Schon heute arbeitet im ursprünglich reinen Diesel-Entwicklungszentrum ein überwiegender Teil der Beschäftigten im Bereich der E-Mobilität. Im Jahr 2030 sollen in Steyr 600.000 E-Antriebe produziert werden. AVL List in Graz wiederum hat im Herbst eine E-Achse für Langstrecken-Lkw bis 40 Tonnen vorgestellt. Bei der Nachnutzung von Elektroauto-Batterien ist das Vorarlberger Unternehmen e.battery systems ein Vorreiter. Und Österreich liegt bei Patenten in der Elektroauto-Mobilität über dem EU-Durchschnitt.

„Es ist höchste Zeit, E-Mobilität-Cluster in Österreich zu schaffen. Und die Verunsicherung der Konsumentinnen und Konsumenten durch den Schlingerkurs bei der Antriebstechnologie ist zu beenden und rasch Technologie-Klarheit zu schaffen“, betont VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Der deutsche Auto-Experte Ferdinand Duddenhöffer weist darauf hin, dass es bei Pkw „voll und ganz in Richtung Batterie-Elektrisches Auto geht“ und warnt, dass die Antriebsdiskussion „den Hochlauf der Elektromobilität zerstört“. Der IHS-Experte Christian Kimmich drängt im Interview im kürzlich erschienenen VCÖ-Magazin auf einen raschen Wandel und weist darauf hin, dass Elektro-Fahrzeuge schon jetzt „in vielen Anwendungsbereichen wirtschaftlicher sind als fossile Autos“.

Wenig Beachtung findet auch der ökonomische Fußabdruck von Gehen und Radfahren. Die Mobilität zu Fuß und mit Fahrrad schaffen inklusive dem Radtourismus in Österreich direkt, indirekt und induziert mehr als 52.400 Arbeitsplätze und generieren eine Wertschöpfung von rund 3,5 Milliarden Euro, macht der VCÖ aufmerksam. Allein im Jahr 2023 wurden in Österreich 421.000 Fahrräder im Wert von fast 1,2 Milliarden Euro verkauft. Mit woom kommt Europas erfolgreichster Kinderfahrrad-Hersteller aus Österreich. In Deutschland ist jedes vierte neu gekaufte Kinderfahrrad von woom.  

Eine Gesamtstudie für den gesamten Bereich von nachhaltiger Mobilität fehlt für Österreich. Auf Basis der vorliegenden Daten für Teilbereiche ist davon auszugehen, dass der Öffentliche Verkehr (inklusive Bahnindustrie), Gehen und Radverkehr, Elektro-Mobilität sowie Carsharing in Summe direkt, indirekt und induziert deutlich mehr als 200.000 Arbeitsplätze sichert, stellt der VCÖ fest. Und das Beschäftigungspotenzial in diesem Bereich ist in Österreich noch deutlich höher.

Quellen:
VCÖ-Magazin: Nachhaltige Mobilität – Unterschätzter Wirtschaftsfaktor, Dezember 2024
Verband der Bahnindustrie, Austrian Rail Report 2023
BMK Wirtschaftsfaktor Radverkehr, Wien  2022
Österreichische Energieagentur, TU-Wien, Econmove, Wien 2023

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Jetzt Gratis-Öffis auch in Belgrad

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Die rund 1,7 Millionen Einwohner:innen der serbischen Hauptstadt als auch Besucher:innen können ab kommendem Jahr die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos nutzen. Das kündigte der Bürgermeister Aleksandar Šapić auf an.
Es handle sich um eine soziale Maßnahme. Aber nicht nur das: Belgrad leidet unter starker Luftverschmutzung. Mehr Öffis führen zu weniger Autos und weniger Luftverschmutzung. Es ist besser für die Gesundheit der Menschen in der Stadt. Außerdem hilft das im Kampf gegen die Klimakrise.
https://www.derstandard.at/story/3000000249969/214ffentlicher-verkehr-in-belgrad-ab-1-j228nner-gratis

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Buslenker:in: Grüner Job, aber mieser Job

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Damit der Ausbau des öffentlichen Verkehrs gelingen kann, braucht es dringend mehr Buslenker:innen. Schon jetzt sucht die Busbranche händeringend nach Arbeitskräften. Das liegt vor allem an den schlechten Arbeitsbedingungen. Zu wenig Einkommen, unzureichender Zugang zu sanitären Anlagen und ein allgemein hoher Arbeitsdruck gehören zum Arbeitsalltag in der Branche. Verbesserungen sind deshalb dringend notwendig. Eine aktuelle Studie vom Institut für Soziologie der Uni Wien zeigt detailliert auf, was sich die Buslenker:innen in der privaten Autobusbranche wünschen, um ihren Beruf attraktiv zu gestalten.

Weiterlesen im A&W-Blog

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City-Maut für Manhattan

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  • Ab Jänner müssen Autofahrer:innen in New York City eine Gebühr bezahlen, wenn sie mit dem PKW nach Manhattan wollen. Die Stadt führt eine City-Maut ein. Zu den Hauptverkehrszeiten – wochentags zwischen 5 und 21 Uhr sowie am Wochenende zwischen 9 und 21 Uhr – wird die volle Höhe der Maut fällig: In der Regel 9 Dollar. Je größer das Fahrzeug, desto höher die Maut.
    Für bestimmte Fahrzeuge und Personengruppen gibt es günstigere Tarife. Im verkehrsreichsten Stadtteil New Yorks soll die Maut künftig Staus verringern und der Stwadtkasse Milliarden bringen. Das eingenommene Geld soll in den öffentlichen Nahverkehr und Klimaschutzmaßnahmen investiert werden.
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Abstimmung über Autobahnausbau in der Schweiz ergibt ein klares NEIN

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Schweizer Bürger:innen haben “Nein” zum Autobahnausbau. gesagt. Das größte Autobahnprojekt der vergangenen Jahrzehnte lag zur Abstimmung vor. Die Gegner:innen wiesen auf die hohen Kosten von fast 5 Milliarden Schweizer Franken hin und zeigten auf dass mehr Straßen wiederum mehr Verkehr hervorrufen. 52,7 Prozent stimmten gegen den Ausbau der Autobahn. Statt dessen fordern die Organisationen, die für das NEIN geworben haben, die Förderung des öffentlichen Verkehrs und den Ausbau sicherer Radwege.
«Der heutige Tag läutet die Verkehrswende in der Schweiz ein. Die Bevölkerung hat der rückwärtsgewandten Verkehrspolitik des Bundesrates eine Abfuhr erteilt», sagte Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone in einem Communiqué.

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Vision für eine zukunftsfähige Entwicklung auf österreichischem Boden

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Die Fachgruppe Bodenverbrauch mit Unterstützung der FG Mobilität & Stadtplanung und der FG Politik & Recht hat eine Vision für eine zukunftsfähige Entwicklung des Bodenschutzes in den kommenden Jahren entwickelt.

Der ungebremste Bodenverbrauch der letzten Jahrzehnte ist besorgniserregend. Es braucht dringend eine Bodenwende, denn:

  • der quantitative und qualitative Erhalt unserer Böden ist grundlegend für die langfristige Sicherung der Versorgung mit Nahrungsmitteln und
  • Böden spielen eine wesentliche Rolle für Anpassung an den Klimawandel und den Umgang mit Extremwetterereignissen (zuletzt das Hochwasser im September, Trockenperioden und Hitzewellen im Sommer 2024)

Daher haben sich bereits 87% der Bevölkerung für mehr Bodenschutz ausgesprochen und 76% der Bevölkerung sind für fixe Grenzwerte

Aus diesen Gründen hat die Fachgruppe Bodenverbrauch der Scientists for Future fünf Thesen formuliert, die die Eckpfeiler einer Vision für eine zukunftsfähige Entwicklung des Bodenschutzes in den kommenden Jahren bilden und damit im künftigen Regierungsprogramm zu berücksichtigen sind:

  1. Österreich verankert rechtlich verbindliche Ziele zum Bodenschutz und reduziert entsprechend der EUBodenstrategie für 2030 die Flächenneuinanspruchnahme konsequent bis 2050 auf Netto-Null.

Die bis Ende 2026 festgelegten verbindlichen Obergrenzen für den Bodenverbrauch gemäß dem Aktionsplan der Bodenstrategie für Österreich helfen schrittweise, einen verbindlichen Reduktionspfad ortsspezifisch, regional und in allen Bundesländern und Kommunen umzusetzen.

  1. Die Gründung einer ministeriell verankerten Institution auf nationaler Ebene ermöglicht die österreichweite Koordinierung von Bodenschutz, Raumordnung und Baukultur.

Angesichts der Dringlichkeit von Klimawandelanpassung und -mitigation und Sicherung der Österreichischen Ernährungssouveränität, bedarf es einer nationalen und wirksamen Koordinierung von Maßnahmen und Regelungen (ähnlich zum Bundesamt für Raumentwicklung ARE in der Schweiz). Die Institutionalisierung von Bodenschutz, Raumordnung und Baukultur unter Eingliederung der ORÖK (die derzeit noch als Verein organisiert ist) innerhalb eines Ministeriums ermöglicht ein koordiniertes, gemeinsames Vorankommen im Bodenschutz. Diese Institution forciert und beaufsichtigt die erfolgreiche Umsetzung der Ziele der Bodenstrategie für Österreich (Schutz von Frei- und Grünland, Unterbindung der Zersiedelung, effiziente Innen-Entwicklung, Leerstandsbekämpfung und Intensivierung der Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit).

Die Schaffung eines nationalen Rahmens unterstützt ein gleichgerichtetes Vorgehen aller Verwaltungsebenen beim Bodenschutz. Dabei wird auch die Implementierung bestehender Raumordnungsinstrumente und die proaktive Umsetzung der Bodenstrategie für Österreich auf Landesebene erleichtert.

  1. Wertvolle landwirtschaftliche Flächen und Grünräume werden vor Bebauung und Versiegelung gesetzlich geschützt. 

Gewerbegebiete und Handelseinrichtungen können somit nur mehr innerhalb der Siedlungsgrenzen, auf Brachflächen oder bereits bebauten Flächen neu errichtet werden. Dies leistet wesentliche Beiträge zur Erhaltung der Ernährungssouveränität, zum Schutz der Biodiversitätsowie zur effizienten Innenentwicklung und Erhaltung des Gebäudebestandes in unseren Gemeinden und Städten. Mangelnde Verfügbarkeit von Grundstücken sind dabei kein Grund für Baulandneuausweisungen, sondern Ansporn, innovative Lösungen im Bestand zu entwickeln und kommunal wie regional zusammenzuarbeiten. Für ein effektives Flächenmanagement werden Leerstände professionell in einer österreichweiten Datenbank erfasst und die Weiternutzung bestehender Strukturen erleichtert. Die Befristung, auch von bestehenden Baulandwidmungen, führt entweder zur zeitnahen, bedarfsgerechten Nutzung von geeignetem Baulandreserven oder zu Rückwidmungen in Grün- und Freiflächennutzungen. 

  1. Das Steuersystem, der Finanzausgleich und Förderprogramme werden reformiert und Bodenfonds für aktive Bodenpolitik geschaffen.

Die Neuorientierung des Finanzausgleichs, der Leerstands- und Infrastrukturabgaben sowie eine aufkommensneutrale Neukonzeption der Grundsteuer (erhöhte Steuersätze für Leerstand, Zweitwohnsitze und ungenutzte oder unternutzte Bauflächen) schaffen Anreize zum Flächensparen und tragen zur bedarfsgerechten zeitnahen Nutzung von Bauflächen im Sinne der Raumordnungsziele bei. Zusätzliche Anpassung von Förderprogrammen, gesetzlichen Rahmenbedingungen und Steuerrecht privilegiert die Bestandserhaltung vor dem Neubau und trägt zur Entwicklung kompakter, zukunftsfähiger und lebenswerter Siedlungsstrukturen bei.

  1. Ein Moratorium beim Ausbau des hochrangigen Straßennetzes trägt dazu bei, die Dynamik des Bodenverbrauchs zu stoppen.

Zusätzliche Angebote für Auto-Mobilität erzeugen zusätzliche Anreize zur KFZ-Nutzung im Alltag. Während wertvolle Grünflächen für die Verkehrsinfrastruktur selbst versiegelt werden, fördert der Straßenbau auch die Ansiedlung von Wohn- und Gewerbegebieten abseits der Siedlungskerne und damit die Zersiedelung. Mit der Reduktion der Anreize für die Nutzung von Autos für Alltagswege und dem Ausbau der öffentlichen Verkehrsangebote in den Regionen kann eine klimagerechtere und lebenswertere Flächennutzung erreicht werden.

Voll Zuversicht, dass diese Visionen die Gestaltung des nächsten Regierungsprogramms hinsichtlich des dringend notwendigen Bodenschutzes inspirieren, FG Bodenverbrauch, FG Mobilität und Stadtplanung, FG Politik und Recht

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