Verschiebung der EU-Entwaldungsverordnung: Einmal die Hand heben und für 80 Menschen die Lebensgrundlage zerstören

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Teil des European Green Deal ist die EU-Entwaldungsverordnung (EU deforestation law, engl. EU deforestation regulation, EUDR), die zum 29. Juni 2023 in Kraft getreten ist. Mit der EUDR will die Europäische Union einen wichtigen Beitrag gegen weltweite Entwaldung und für den Erhalt von Wäldern leisten, die für Anbau und Aufzucht von Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Rindern, Gummi und Holz gerodet werden. Ab dem 30.12.2024 dürften Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann verarbeitet und gehandelt werden, wenn sie nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen.

https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2023/1115/oj

Die EUDR zitiert den IPCC-Bericht (Shukla et al., 2019), wonach Entwaldung 11% der globalen CO2-Emissionen verursacht. Ebenfalls wird erwähnt, dass 90% der Entwaldung auf das Konto der Landwirtschaft gehen – in etwa gleichen Teilen für neues Acker- und Weideland.

Inzwichen hat die EU-Kommission dem Druck großer Erzeuger und einzelner Länder nachgegeben und am 2.10.2024 vorgeschlagen, den Geltungsbeginn der EUDR um ein Jahr auf Ende 2025 zu verschieben (für Kleinunternehmen auf Mitte 2026).

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_24_5009

Das Europaparlament hat dieser Verschiebung noch nicht zugestimmt. Mit Blick auf die eskalierende Klimakrise ist eine solche Verschiebung eine Katastrophe. Weltweite Waldzerstörung würde sich ungebremst fortsetzen, mit fatalen Folgen für Klima und Biodiversität. Etelle Higonnet weist auf EU-eigene Studien hin, nach denen EU-Importe von Rindfleisch, Soja, Palmöl, Holz, Kakao und Kaffee die Abholzung von etwa 2300 km² Wald pro Jahr verursachen, Tendenz steigend. Nach der gleichen Studie vermeidet die Umsetzung der EUDR, vorsichtig geschätzt, jährliche CO2-Emissionen von 49 Mio. Tonnen (mehr als der CO2-Ausstoß aller Autos in Österreich und den Niederlanden).

“Climate change (…) is here, and it kills.” (Vandaalen et al., 2024, S. 23). Durch die Erderhitzung werden große, dicht bevölkerte Teile der Welt künftig unbewohnbar. Genauer betrachtet, verliert ein Mensch pro 460 t verbranntem Kohlenstoff (Lenton et al., 2023) seine Lebensgrundlage. Die EUParlamentarier werden am 14.11. also über das Überleben von 29.000 Menschen entscheiden. Sollten sich am 14.11. also eine knappe Mehrheit der 720 Parlamentarier:innen für eine Verschiebung der EUDR aussprechen, hat jede:r einzelne Befürworter:in knapp 80 Menschen auf dem Gewissen.

Der WWF hat bereits 225 globale Umweltgruppen versammelt, die sich gegen die Verschiebung der EUDR ausgesprochen haben.

https://www.wwf.eu/?15410891/225-global-groups-say-Hands-off-the-EU-deforestation-regulation

Literatur

van Daalen, K. R. et al. (2024). The 2024 Europe report of the Lancet Countdown on health and climate change: unprecedented warming demands unprecedented action. Lancet Public Health, 9, e495-e522. https://doi.org/10.1016/S2468-2667(24)00055-0

Lenton, T. M. et al. (2023). Quantifying the human cost of global warming. Nature Sustainability, 6, 1237–1247. https://doi.org/10.1038/s41893-023-01132-6

Shukla, P. R. et al. (2019, Eds.). Climate Change and Land: an IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes in terrestrial ecosystems. https://www.ipcc.ch/srccl/

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83 Prozent der Österreicher:innen für ein Verbot von Produkten aus Waldzerstörung

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Wien/Brüssel (OTS) – Im Vorfeld der Abstimmung über ein neues EU-Waldschutzgesetz im Europäischen Parlament am 13. September zeigt eine neue Umfrage in Österreich und acht weiteren EU-Ländern eine überwältigende Befürwortung für das Gesetz. 82 Prozent der Befragten in Österreich geben an, dass sie über die Zerstörung und Schädigung der weltweiten Wälder besorgt sind. 83 Prozent sprechen sich für ein EU-Waldschutzgesetz aus, das es Unternehmen untersagt, Waren aus waldschädigendem Anbau zu verkaufen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Umfrage vom Marktforschungsunternehmen Globescan im Juli 2022 mit je 1.000 Befragten in Österreich, der Tschechischen Republik, Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Portugal, Spanien und Schweden. Europaweit sind 82 Prozent der Ansicht, dass Unternehmen keine Produkte verkaufen sollten, die auf Waldzerstörung zurückgehen und 78 Prozent befürworten gesetzliche Verbote von Produkten aus Waldzerstörung.

Mehr als acht von zehn Östereicher:innen (84 %) sind der Meinung, dass das Gesetz nicht nur gegen die Entwaldung vorgehen sollte, sondern Unternehmen auch dazu verpflichten sollte, keine Produkte mehr zu verkaufen, die andere wichtige Ökosysteme wie etwa Savannen und Feuchtgebiete zerstören. Darüber hinaus sollte es laut 83 Prozent für Unternehmen verboten sein, Produkte zu verkaufen, die die Landrechte von Indigenen verletzen.

Kundinnen und Kunden sind zum Umdenken bereit

Drei von vier Österreicher:innen (75%) geben an, gegen Unternehmen vorgehen zu wollen, die Produkte herstellen oder verkaufen, die Abholzung vorantreiben. 39 Prozent würden ganz aufhören, bei diesen Unternehmen zu kaufen, 36 Prozent geben an, ihre Einkäufe reduzieren zu wollen und fast jede und jeder Fünfte (18%) würde sogar so weit gehen, Bekannte davon zu überzeugen, ebenfalls nicht mehr bei diesen Unternehmen zu kaufen. Diese Boykotts- und Reduktionsbereitschaft liegt in Österreich über dem Durchschnitt der neun Untersuchungsländer.

Die Hälfte der Österreicher:innen (50%) ist der Ansicht, dass große Unternehmen die größte Verantwortung für den Schutz der Wälder tragen, gegenüber 46 Prozent in sämtlichen anderen Untersuchungsländern. Gleichzeitig sind in Österreich fast drei Viertel (73%) der Meinung, dass große Unternehmen am schlechtesten abschneiden, wenn es darum geht, Waldzerstörung zu verhindern, gegenüber 64 Prozent in den anderen Untersuchungsländern.

Unternehmen in Europa sind aufgrund ihrer Importe zusammengenommen der zweitgrößte Verursacher weltweiter Entwaldung. Laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist die industrielle Landwirtschaft für fast 90 Prozent der Abholzung von Tropenwäldern verantwortlich. Fast 1,2 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger forderten bereits im Dezember 2020 in einer Petition eine strenge Verordnung, um die importierte Entwaldung zu stoppen.

Diese von GlobeScan durchgeführte Verbraucherumfrage wurde von einer breiten Koalition von Umwelt- und Verbraucherorganisationen in Auftrag gegeben, darunter Fern, WWF EU Office, Ecologistas en Acción, Envol Vert, Deutsche Umwelthilfe, CECU, Adiconsum, Zero, Verdens Skove.

Titelbild: Evan Nitschke auf Pexels

Quelle: Südwind Presseaussendung: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220905_OTS0001/neue-umfrage-83-prozent-der-oesterreicherinnen-fuer-ein-verbot-von-produkten-aus-waldzerstoerung

Download der Studienergebnisse im Detail: EU Legislation Opinion Poll: https://www.4d4s.net/resources/Public-Opinion/Globescan/Meridian-Institute_EU-Legislation-Opinion-Poll_Report_310822_FINAL.pdf  

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