Ein Klima-Schleudertrauma nennen es Wissenschaftler:innen, wenn ein Gebiet in rascher Folge von Überschwemmung und Dürre heimgesucht wird. Auf Englisch heißt das Phänomen „Whiplash“ – „Peitschenschlag“. Die Waldbrände von Los Angeles in diesem Jahr waren deshalb so aggressiv, weil zuerst einen lang anhaltende feuchte Periode das Wachstum von Gras und Gebüsch förderte, und die darauffolgende Trockenheit diese Pflanzen ausdörrte und zu Zunder werden ließ.
Zunehmende Dürren und Überschwemmungen sind beide Folgen der Erwärmung der Atmosphäre. Die wärmere Luft kann mehr Wasser aufnehmen, und dadurch den Boden austrocknen. Und die erhöhte Luftfeuchtigkeit führt dazu, dass mehr Wasser auch wieder abregnet, also Starkregenfälle zunehmen.
Der Peitschenschlag kann auch darin bestehen, dass zuerst eine Hitzeperiode die Böden austrocknet und die Böden darauf folgende Regenmassen nicht aufnehmen können, so dass Überschwemmungen entstehen. In vielen Städten wird dadurch die Infrastruktur überfordert, das Abwassersystem beschädigt und das Trinkwasser kontaminiert.
Von 112 untersuchten Städten sind 17 solchen extremen Peitschenschlägen ausgesetzt, zeigt eine neue Studie der internationalen gemeinnützigen Organisation WaterAid in Zusammenarbeit mit den Universitäten Bristol und Cardiff. Untersucht wurden die 100 bevölkerungsreichsten Städte plus die 12, in denen WaterAid tätig ist. Die heftigsten Peitschenschläge erlitten Hangzhou in China, Jakarta in Indonesien und Dallas in Texas. Auch Bagdad, Melbourne, Bangkok und Nairobi zählen dazu.
Auf der anderen Seite haben 24 Städte in den letzten 42 Jahren einen dramatische Veränderung von feucht zu trocken oder trocken zu feucht erlebt. Orte, die schwere Regenfälle gewohnt waren, sind nun Dürren ausgesetzt und umgekehrt haben historisch trockene Regionen mit unerwarteten Überflutungen zu kämpfen. Das stellt sie vor besonders schwere Herausforderungen bei der Anpassung an das sich rasch verändernde Klima.
Den schärfsten Wechsel von feuchten zu trockenen Bedingungen haben Kairo, Madrid und Riadh erlebt. Paris, Los Angeles, Kapstadt und Rio de Janeiro gehören ebenfalls zu den Städten, die immer trockener werden. Die stärkst Wende von trocken zu feucht haben Lucknow in Indien und Kano in Nigerien erlebt, feuchter geworden sind auch Bogotá, Mumbai, Lahore und Kabul.
Die Studie vergleicht auch die Schwachstellen der sozialen Infrastruktur und der Wasserinfrastruktur der einzelnen Städte mit diesen Daten, um zu ermitteln, welche Städte am anfälligsten für extreme Klimaveränderungen und am wenigsten darauf vorbereitet sind, mit ihnen umzugehen. Die untersuchten Schwachstellen reichen von Armut bis hin zu mangelhaften Wasser- und Abwassersystemen. Schwere Überschwemmungen in Städten können sanitäre Einrichtungen beschädigen und Krankheiten wie Cholera und Typhus verbreiten. Wasserknappheit während Dürreperioden kann Millionen von Familien ohne lebenswichtiges Wasser zurücklassen.
Zu den Hotspots mit erhöhtem Risiko zählten zwei Schlüsselregionen: Süd- und Südostasien sowie Nord- und Ostafrika. Zu den am stärksten gefährdeten Städten zählten Khartum im Sudan, Faisalabad und Lahore in Pakistan, Bagdad im Irak, Surabaya in Indonesien, Nairobi in Kenia und Addis Abeba in Äthiopien.
Der Bericht stuft außerdem europäische Städte wie Barcelona, Berlin und Paris als mehr gefährdet ein als Städte in Nordamerika und Australien. Grund dafür sei die veraltete Wasser- und Abwasserinfrastruktur des Kontinents, wodurch die Stadtbevölkerung möglicherweise stärker gefährdet sei.
Quelle: Michaelides, Katerina; Singer, Michael; Fox, Sean: Water and climate. Rising risks fpr urban populations, https://washmatters.wateraid.org/sites/g/files/jkxoof256/files/2025-03/Water-and-climate-Rising-risks-for-urban-populations.pdf
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