SSPs und RCPs – Shared Socioeconomic Pathways und Representative Concentration Pathways – sind Begriffe, die in Klimaszenarien immer wieder verwendet werden. Doch was bedeuten sie und wie hängen sie zusammen? Kurz gesagt: Welche dieser Pfade führen uns in eine lebenswerte Klimazukunft? Da die IPCC-Berichte, in denen diese Entwicklungspfade dargestellt werden, auf Englisch verfasst sind, haben jetzt mehrere Institutionen1 des deutschsprachigen Raums eine gemeinsame Empfehlung2 erarbeitet, wie diese Szenarien auf Deutsch benannt und beschrieben werden sollen.
„Wege in die Zukunft: Gesellschaftliche Entwicklungspfade und Klimaszenarien“ weiterlesenHalbherzige Maßnahmen können die Emissionen nicht halbieren – Die wichtigsten „Take-Home-Messages“ des IPCC-Berichts
von Renate Christ
Renate Christ, langjährige Leiterin des Sekretariats des Weltklimarats fasst die wichtigsten Botschaften des jüngsten IPCC-Berichts zusammen.
Der Bericht sagt klar: Wenn wir so weitermachen wie bisher, steuern wir auf eine Erwärmung von 3,2°C zu, statt der angestrebten Begrenzung auf 1,5°C. Damit werden sich Klimarisiken wie Dürre, Überschwemmungen oder hitzebedingte Krankheits- und Todesfälle massiv erhöhen. Um die Temperaturerhöhung auf unter 1,5°C zu begrenzen, müssen die globalen Emissionen spätestens 2025, das ist in 3 Jahren, den Höchststand erreichen. Dann müssen die CO2 Emissionen drastisch abnehmen und zwar bis 2030 um 45%. Die Methanemissionen müssen um 34% sinken und auch bei den anderen Treibhausgas-Emissionen müssen starke Reduktionen erfolgen. Netto-Null CO2 muss 2050 erreicht werden. Für das 2°C Ziel sind die Erfordernisse ähnlich, nur etwas verzögert.
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Weltklimarat: Wir haben die Werkzeuge und wir haben das Wissen.
Es ist möglich, die Emissionen bis 2030 zu halbieren, wenn wir jetzt handeln.
von Martin Auer
Am 4. April wurde der letzte Teil des 6. Sachstandsberichts des Weltklimarats IPCC veröffentlicht, und zwar der Bericht der Arbeitsgruppe III: Vermeidung des Klimawandels. Der erste Teil behandelte die physikalischen Grundlagen des Klimawandels, der zweite Teil die Auswirkungen und die Notwendigkeiten der Anpassung. Der neue Bericht betont den Ernst der Lage, zeigt aber die Möglichkeiten auf, die wir haben, um einen extremen Klimawandel zu verhindern. Insofern macht der Bericht Mut und gibt Hoffnung.
In den Jahren von 2010 bis 2019 waren die Treibhausgas-Emissionen die höchsten der Geschichte. Sie nehmen immer noch zu, aber langsamer als zuletzt. Ohne sofortige und tiefgreifende Emissionsreduktionen in allen Sektoren wird es nicht möglich sein, die Klimaerwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Doch können die Wissenschaftler*innen feststellen, dass vermehrt Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden.
Seit 2010 sind die Kosten für Solar- und Windenergie und auch für Batterien um bis zu 85 Prozent gesunken. Eine Reihe von Maßnahmen und Gesetzen haben zu mehr Energieeffizienz (also besserer Ausnutzung von Energie) geführt, zu einer Verringerung der Geschwindigkeit der Entwaldung und zu einer beschleunigten Anwendung von erneuerbaren Energien.
„Die Entscheidungen, die wir jetzt treffen, können uns eine lebenswerte Zukunft sichern“, sagte der Vorsitzende des IPCC, Hoesung Lee. „Wir haben die nötigen Werkzeuge und das nötige Wissen, um den Klimawandel einzudämmen. Ich bin ermutigt durch die Klimaschutzmaßnahmen, die in vielen Ländern durchgeführt werden. Es gibt Maßnahmen, Regulierungen und Marktinstrumente, die sich als wirksam erwiesen haben. Wenn diese in großem Maßstab und auf faire Weise angewandt werden, können sie tiefgreifende Emissionsreduktionen bewirken und Innovationen stimulieren.“
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IPCC Arbeitsgruppe II: Das Zeitfenster für 1,5°C schließt sich schnell. Über drei Milliarden Menschen sind durch die Folgen des Klimawandels besonders verwundbar
von Martin Auer
Am 28. Februar 2022 wurde Teil 2 des 6. Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC) veröffentlicht: „Klimawandel 2022: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit“. Das Climate Change Centre Austria (CCCA) lud aus diesem Anlass zu einer Pressekonferenz ein. Teil 1 kam letzten Sommer heraus.
Der Bericht der Arbeitsgruppe II wurde von 270 Autor*innen aus 67 Ländern verfasst und beinhaltet mehr als 34.000 wissenschaftliche Zitate, erklärte Prof. Harald Rieder, Vorstand des CCCA: Der Bericht zeigt, dass sowohl die Schwere des Klimawandels als auch die Risiken und Folgen direkt von den mittel- und kurzfristigen Maßnahmen im Bereich Klimaschutz und Anpassung abhängen, und dass unser Handeln im nächsten Jahrzehnt ganz entscheidend ist. Drei der am Bericht beteiligten Wissenschaftler*innen waren bei der Pressekonferenz anwesend und gaben einen Überblick über den Inhalt des Berichts.
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Klimakrise – Fakt oder Meinung?
von Markus Palzer-Khomenko
Diskussionen um die Klimakrise erregen die Gemüter. Nicht selten ist da auch der Vorwurf zu hören, man würde einer Klima-Religion anhängen und keine anderen Meinungen zulassen. Ist die Wissenschaft eine Religion mit absolutem Wahrheitsanspruch? Warum sollten wir der Wissenschaft vertrauen und gibt es überhaupt die eine wissenschaftliche Wahrheit?
Sehen wir uns an, was Wissenschaft ist und wie sie funktioniert. Wissen-schaft ist, wie der Name schon sagt, das “Schaffen von Wissen”. Man könnte es auch als die “Suche nach der Wahrheit” bezeichnen. Dazu müssen gängige Erklärungen aber stets hinterfragt werden. Erst durch das beständige Hinterfragen, Anzweifeln und Prüfen können wir der “Wahrheit” Schritt um Schritt näher kommen.
Wenn Wissenschaft immer hinterfragt, warum können wir dann nicht auch die Klimakrise hinterfragen?
Das können, müssen und tun wir. Seit Jahrzehnten werden die Annahmen und Aussagen rund um die Klimakrise auf Herz und Nieren geprüft. Die Wissenschaft bedient sich hierzu sogenannter “Modelle”, die unsere Welt so gut wie möglich beschreiben sollen. Dabei wissen wir aber, dass alle Modelle vereinfachen und manchmal auch Fehler enthalten. Sobald ein solches Modell vorgeschlagen wird (z.B. der Mensch verursacht einen CO2-Anstieg in der Atmosphäre und damit eine Erwärmung des Klimas), beginnen Forschende rund um den Globus, das Modell zu prüfen, nach Fehlern und möglichen Verbesserungen zu suchen und die Ergebnisse mit anderen Modellen zu vergleichen. Wird ein Fehler gefunden, muss das Modell überarbeitet oder verworfen werden. Klimamodelle können beispielsweise geprüft werden, indem man auch die Vergangenheit modelliert und mit der beobachteten Klimaentwicklung vergleicht. Je besser ein Modell funktioniert und das Beobachtete erklärt, desto mehr können wir dem Modell vertrauen.
Unsere Modelle rund um die Klimakrise werden seit Jahrzehnten geprüft, verbessert und mit Beobachtungen verglichen. Es konnten bisher nicht nur keine Fehler oder Widersprüche in den grundlegenden Aussagen gefunden werden, die Aussagen wurden auch immer besser und genauer. Die unzähligen Schein-Argumente, die von unterschiedlichsten Personen aus unterschiedlichsten Gründen vorgebracht wurden, können allesamt mit wissenschaftlichen Argumenten, Experimenten und Messungen widerlegt werden.
Woher wissen wir überhaupt, dass tatsächlich die Mehrheit der Expert:innen von der Klimakrise überzeugt ist?
Durch das IPCC. Das ist eine Einrichtung der Vereinten Nationen, der 195 Länder (also praktisch alle Länder) angehören. IPCC steht für “Intergovernmental Panel on Climate Change” und hat seit 1988 den Auftrag, die Regierungen der Welt mit wissenschaftlichen Informationen zu versorgen. Dabei greift es auf hunderte führende Expert:innen aus der ganzen Welt zurück, die tausende bis zehntausende Publikationen zum Thema Klimawandel durchleuchten und zu einem Bericht zusammenfassen. Das IPCC macht keine eigene Forschung, sondern trägt den Stand der Forschung, ob Konsens oder Dissens, zusammen und stellt fest, was wir über Klimaveränderung wissen und wo noch Forschung nötig ist. Es veröffentlicht seine Erkenntnisse in Berichten. Unlängst ist der erste Teil des 6. Berichts erschienen, der sich mit den physikalischen Grundlagen beschäftigt.
Was sagt das IPCC?
Das IPCC und damit die führenden Expert:innen der Welt basierend auf der neuesten Forschung und mit Zustimmung praktisch aller Regierungen der Welt sagt in aller Deutlichkeit, dass wir Menschen durch den Ausstoß von Treibhausgasen den Planeten erwärmen und noch einige andere Probleme verursachen.
Das IPCC sagt auch, dass die Erwärmung des Klimas unsere Zivilisation vor gewaltige Probleme stellt, die mit jedem 0.1°C größer werden. Ein Temperaturanstieg auf 1,5°C ist zumindest kurzfristig auch im besten Fall nicht mehr zu verhindern. Wir könnten das Klima aber in diesem Bereich stabilisieren, wenn wir sofort alle verfügbaren Maßnahmen setzen. Reagieren wir nicht, sind bis zu 5.7°C mehr bis zum Jahr 2100 zu befürchten.
Ist das IPCC zu pessimistisch?
Das ist (leider) sehr unwahrscheinlich. Da alle 195 Länder den Berichten des IPCC zustimmen und damit die wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigen müssen, sind die IPCC-Berichte sowas wie der Konsens zwischen Wissenschaft und Regierungen der Welt. Da schlechte Nachrichten und Maßnahmen gegen die Klimakrise meist unpopulär sind, versuchen viele Regierungen natürlich, die Aussagen zu hinterfragen und Angaben für die Wahrscheinlichkeit der Prognosen einzufordern. Wir müssen also davon ausgehen, dass die IPCC-Berichte eher zu optimistisch als pessimistisch sind.
Jedenfalls sollte man bei solchen wichtigen Themen ohnehin immer die pessimistischsten Annahmen als Handlungsgrundlage nehmen. Man stelle sich einen Wasserdamm oder ein Hochhaus vor, das optimistisch berechnet wurde.
Fazit
Das Hinterfragen und Anzweifeln von Modellen und Szenarien für die Zukunft liegt in der Natur der Wissenschaft. Jedoch sollten auch Zweifel immer eine wissenschaftliche Grundlage haben. Bevor man anfängt, eine gut belegte wissenschaftliche These wie den Klimawandel zu hinterfragen, sollte man zunächst die Forschung und die Argumente dazu kennen sowie solide eigene Daten, Experimente oder Argumente haben, die den Zweifel untermauern.
Gesichtet: Renate Christ
Titelbild: Karen, USA – Beitrag zur #SayItWithScience Art Challenge