COP28 – Erstmals: „…weg von fossilen Energiesystemen“
von Renate Christ

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Lesedauer 4 Minuten.   

COP28 ist zu Ende und es ist Zeit Bilanz zu ziehen.

Die COP begann eher unerwartet mit einem positiven Schritt. Der Fonds für Verluste und Schäden, um den jahrelang – zuletzt in Scharm El-Scheich – gerungen wurde, wurde formell eingesetzt und mit finanziellen Zusagen gefüllt. Auch wenn die Summe von 700 Millionen US$ (zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Artikels) nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann, war es eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme.

Global Stocktake

Haupttagesordnungspunkt dieser COP war die erste globale Bestandsaufnahme „Global Stocktake“ zur Frage: sind wir kollektiv auf dem Weg, die Ziele von Paris zu erreichen? Sie dient als Basis für die Entwicklung der nächsten nationalen Beiträge für den Zeitraum 2025 bis 2030. Das heißt man blickt zurück auf das, was seit Paris erreicht wurde und nach vorne, was notwendig ist, um die Ziele einzuhalten. Ein wesentlicher Punkt, war die Forderung nach einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Dies ist insofern bedeutsam, als in 30 Jahren internationaler Klimapolitik zwar viel über Emissionen und Konzentrationen geredet wurde, die eigentliche Ursache, nämlich die fossilen Brennstoffe aber nie direkt beim Namen genannt wurde. Entsprechend kontroversiell waren die Debatten und der letztendlich erzielte Kompromiss hat Stärken und Schwächen.

1,5°C Ziel ausdrücklich verankert

Klar ist, ohne Pariser Abkommen (PA) würde die Erwärmung noch stärker voranschreiten, nämlich auf nahezu 4°C. Wenn alle in den unter dem Pariser Abkommen vorgelegten nationalen Beiträge (NDC) vollinhaltlich umgesetzt werden ist ein Temperaturanstieg von 2,1°C bis 2,8°C zu erwarten. Dass sie wirklich voll umgesetzt werden, ist allerdings nicht immer anzunehmen. Auch Österreich hinkt den selbst gestellten Zielen hinterher. Das heißt, es passiert etwas, aber viel zu langsam und viel zu wenig. Die Wissenschaft sagt klar, die Auswirkungen von Klimaänderungen sind wesentlich geringer bei 1,5°C Erwärmung als bei 2°C. Daher kämpfen vor allem vulnerable Länder für die Einhaltung der 1,5°C Grenze. Allerdings sind dazu drastische Emissionsreduktionen in diesem Jahrzehnt – d.h. bis 2030, dem Zeitrahmen für die nächsten NDCs – nötig.

Wenn auch nicht formell bindend, sind das 1,5°C Ziel und die damit verbundenen Erfordernisse in der COP28 Entscheidung fest verankert, nämlich 43% Reduktion der Treibhausgase bis zum Jahr 2030, 60% Reduktion bis 2035 und Netto Null in 2050. Für alle weiteren Entscheidungen gibt das die Richtung an, sozusagen als „Polarstern“.

Umstieg weg von fossilen Energiesystemen

Der zentrale und hart umkämpfte Paragraph spricht erstmals von einem Umstieg weg von fossilen Energiesystemen in diesem kritischen Jahrzehnt (d.h. bis 2030), um Netto-Null in 2050 zu erreichen. Dieser Passus hat in einer früheren Version des von der Präsidentschaft vorgelegten Textes völlig gefehlt und auch alle anderen Maßnahmen wurden nur unter „könnte“ aufgezählt. Intensive Verhandlungen am letzten Tag haben endlich zu einem Kompromiss geführt, der ein klares Signal an die Wirtschaft sendet, dass das fossile Zeitalter zu Ende geht. Als weitere konkrete Maßnahmen werden eine Verdreifachung von erneuerbaren Energiequellen und eine Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030 genannt, eine Verminderung von Methanemissionen und der Schutz von natürlichen Senken.

Schlupflöcher und der Einfluss der Öl-, Gas- und Kohlelobby

Problematisch sind allerdings einige Schlupflöcher, die den Einfluss der mächtigen Öl-, Gas- und Kohlelobby und einen wachsenden Einfluss der Atomlobby zeigen. Aber auch eine Reihe von Schwellenländern, vor allem solche die in den letzten Jahren stark in Kohlekraftwerke investiert haben oder Öl- und Gasvorkommen haben, haben Problem mit einer raschen Transformation und wollen flexiblere nationale Ausstiegspläne. So wird im Text die Rolle von Gas für die Energiesicherheit während des Umstiegs betont. Die Beendigung von Förderungen für fossile Brennstoffe wird auf „ineffiziente“ beschränkt und im Verkehrssektor wird nur von einer Reduktion der Emissionen gesprochen. Im Energiesektor wird die Nutzung von Kernenergie, CO2 Speicherung (Carbon Dioxide Capture Utilisation and Storage – CCUS) und sogenannte „low carbon“ Wasserstoffproduktion ausdrücklich erwähnt und statt Kohleausstieg findet man eine vage Formulierung zur Reduktion von „unabated“ Kohlekraftwerken, d.h. ohne CCUS. Die Erwähnung von CCUS ist insofern problematisch, als diese Technologie zwar seit Jahren bekannt ist, sich aber nie wirklich zur Marktreife entwickelt hat und ein Vertrauen darauf die Nutzung von fossilen Brennstoffen prolongieren könnte, ohne das angestrebte netto-null Ziel zu erreichen.

Abgesehen von den mit Technologien wie Kernkraft oder CCUS verbundenen Risiken und Kosten ist der Zeitraum für die Umsetzung in großem Umfang einfach zu lang, um innerhalb der 1,5°C Grenze zu bleiben. Wichtig wäre auch, und das fehlt im Schlussdokument, dass in keine neuen Kohleminen, Öl- und Gasbohrungen und andere fossile Infrastruktur investiert wird. So haben Investitionen in Flüssiggasterminals und Gasinfrastruktur in vielen Industriestaaten, auch in Österreich, zu einem gewissen Vertrauensverlust geführt. Es geht jetzt darum, wie konsequent Länder den Ausstieg aus fossiler Energie angehen, ohne Kompromisse und sogenannte Übergangstechnologien. Zu bemerken ist die immer stärker werdende Rolle der Zivilgesellschaft in der Klimapolitik, die in Dubai auf eine klare Entscheidung gepocht hat, damit ambitionierten Ländern den Rücken gestärkt hat und die hoffentlich auch konsequentes Handeln einfordern wird.

Klimawandelanpassung

Ein weiterer Fortschritt dieser Konferenz ist die Einigung auf Rahmenbedingungen für ein globales Ziel für Klimawandelanpassung. Dies ist wichtig, um gezielte Maßnahmen zur Verminderung von klimabedingten Risiken zu identifizieren, zu planen und umzusetzen und dadurch Verluste und Schäden zumindest verringern zu können.

Klimafinanzierung

Wie bisher waren auch Fragen der Finanzierung zentral, wobei das Thema sehr komplex ist, beginnend mit der Frage: was ist eigentlich Klimafinanzierung? Obwohl eine Reihe von neuen Finanzierungszusagen gemacht wurde, reichen die Summen bei weitem nicht aus, um Entwicklungsländer bei der Transformation weg von fossilen Brennstoffen und den notwendigen Anpassungsmaßnahmen entsprechend zu unterstützen, ohne die Schuldenlast zu erhöhen. Finanzierung ist daher einer der wichtigsten Tagungsordnungspunkte für COP29, die im November 2024 in Baku, Aserbaidschan stattfinden wird. Wichtig wird COP30, die in Belem in Brasilien stattfinden wird, denn bis dahin müssen die neuen und verschärften nationalen Beiträge vorgelegt werden. Es ist viel zu tun in den nächsten zwei Jahren.

Renate Christ ist selbstständige Beraterin für Klimawandel und Umweltservices. Sie leitete mehr als zehn Jahre lang das Sekretariat des IPCC.

Titelfoto: CNCD-11.11.11, CC BY-NC-SA

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