Michael Rosenberger, Linz
Nach dem „Öko-Hype“ in den ersten beiden Jahren der Klimastreiks ist mittlerweile Katerstimmung eingekehrt. Die politischen Maßnahmen reichen noch immer bei weitem nicht aus, um das Klimaziel von Paris 2015 zu erreichen. Die Stimmung in Europa hat sich gegen das Greening gedreht, gute Maßnahmen drohen zurückgenommen zu werden. Die Ergebnisse der jüngsten Wahlen zeigen einen Trend weg von Parteien, die den Klimaschutz vorantreiben, und hin zu solchen, die ihn ablehnen oder zumindest deutlich bremsen. Der Schwung in der Klimabewegung erlahmt…
Wie können wir angesichts dieser Entwicklungen Hoffnung schöpfen? Wie können wir uns wieder mit innerer Freude und mit Schwung für den Erhalt des Planeten Erde und seiner Biosphäre engagieren? Als einem Theologen liegen mir vor allem drei Schritte am Herzen, die aus der jahrtausendealten spirituellen Tradition stammen und die wir im Kontext der Scientists auf unserer „Alm.Zeit4Future“ vermitteln, die im November 2024 bereits zum zweiten Mal im Schlierbacher SPES-Haus stattfindet:
- Alle Aktionen aus einer tiefen inneren Ruhe heraus planen und durchführen. Nicht kopflos drauflos machen, sondern Geduld haben, bis ein Konzept wirklich reif ist; sich nicht unter Druck setzen lassen vom Termin der nächsten Wahl oder der nächsten Abstimmung im Parlament oder… Überhastete Aktionen erreichen gar nichts, womöglich sogar das Gegenteil von dem, was intendiert ist – vor allem aber brennen wir dabei aus. Gute Aktionen dürfen wachsen wie ein Lebewesen – nämlich langsam. Ja, es stimmt schon: Die Zeit läuft uns davon. Aber wenn wir uns unter Druck setzen lassen, werden wir ganz sicher nichts erreichen.
- Das uns Mögliche tun – und dann gelassen darauf vertrauen, dass es gut wird. Ich nenne das „engagierte Gelassenheit“. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Begriffe ein Widerspruch zu sein: Entweder wir sind gelassen oder wir sind engagiert. Aber nein, beides gehört unbedingt zusammen – so schwer das sein mag. Denn Gelassenheit ist keine Trägheit, keine Gleichgültigkeit, keine Passivität. Und umgekehrt ist Engagement etwas anderes als ein verbissener Kampf, der die Mitmenschen abschreckt. Engagement heißt, sich binden zu lassen, verbunden zu sein, mit Herz und Hand. Und Gelassenheit ist eine tiefe innere Freiheit, aus der heraus wir uns nicht zu Sklav*innen eines Ziels machen lassen – auch nicht des bestgemeinten Klimaziels. Engagierte Gelassenheit ist also ein Engagement aus tiefer innerer Freiheit, nicht weil wir meinen, etwas zu tun müssen, sondern weil wir spüren, etwas tun zu können.
- Uns von schlechten Prognosen und fehlenden Fortschritten unabhängig machen: Das ist vielleicht der schwerste der drei Schritte, denn uns wurde von klein auf eingetrichtert, dass es im Leben um Erfolg geht. Und so messen wir unser Klima-Engagement brav am Erfolg bzw. meistens eben am Misserfolg. Ich stelle die Frage: Was ist denn das für eine Moral, die nur dann richtig ist, wenn sie Erfolg hat? Der frühere tschechische Staatspräsident Vaclav Havel hat einmal gesagt: Hoffnung ist keine Prognostik, dass etwas gut ausgeht, und keine Spekulation, wie es morgen oder übermorgen sein wird. Hoffnung, so der Agnostiker Havel, muss einen Ankerpunkt in der Transzendenz haben. Und dafür gilt es ganz tief in uns hineinzuspüren und wahrzunehmen: Es ist richtig, was ich tue, und das gibt mir Mut und Kraft. Am Ende des II. Weltkriegs hat es ein evangelischer Pfarrer in Hessen so gesagt (und Martin Luther zugeschrieben, von dem es aber nicht stammt): Und wenn ich wüsste, dass die Welt morgen untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen!
Also, liebe Mitengagierte in der For-Future-Bewegung: Lasst uns das Apfelbäumchen pflanzen!
Folge uns:Teile das: