Am Tag des diesjährigen weltweiten Klimastreiks am 24. September 2021 möchten wir der Presse Gelegenheit geben, mit führenden Expert*innen auf dem Gebiet des Klimaschutzes ein Gespräch zu führen:
- Univ. Prof. Dr. Verena Winiwarter – Universität für Bodenkultur – Zentrum für Umweltgeschichte
- Univ. Prof. Dr. Harald Rieder – Universität für Bodenkultur – Institut für Meteorologie und Klimatologie
- Univ. Prof. Dr. Gottfried Kirchengast – Universität Graz – Wegener Center für Klima und Globalen Wandel
- Dr. Renate Christ – langjährige Leiterin des Sekretariats des Weltklimarats (IPCC)
- Dr. Daniel Huppmann – International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) – Mitautor des IPCC Sonderberichts 1,5°C.
Ort: Presseclub Concordia, Bankgasse 8, 1010 Wien.
Zeit: 24.09.2021 – 9:30 Uhr
Dr.phil. Mag.rer.nat Renate Christ
Dr. Renate Christ war von 2004 bis 2015 Leiterin des Sekretariats des Weltklimarats (IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change) in Genf. In dieser Funktion übernahm sie die Gesamtleitung und Koordinierung der Tätigkeiten des Weltklimarates wie z.B. die Planung des gesamten IPCC-Arbeitsprogramms. Weitere Aufgaben waren Beratung und Unterstützung bei der Abfassung von Zusammenfassungs- und Übersichtsberichten für politische Entscheidungsträger und Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hinaus koordinierte sie die Zusammenarbeit zu den relevanten zwischenstaatlichen und UN-Gremien, insbesondere zur UN-Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC, United Nations Framework Convention on Climate Change).
Sie war beim Umweltprogramm der UN in Nairobi und bei der EU- Kommission in Brüssel tätig und hat auch die UN- Klimarahmenkonvention und das Kyoto Protokoll mitverhandelt.
Im Jahr 2007 wurden die Mitglieder des IPCC gemeinsam mit dem früheren US-Vize-Präsidenten Al Gore mit dem Friedensnobelpreis 2007 ausgezeichnet.
Dr. Renate Christ ist seit 2015 selbstständige Beraterin. Sie unterstützte auch das Klimavolksbegehren.
Dr. Daniel Huppmann
Dr. Daniel Huppmann ist Wissenschaftler am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA).
Dr. Daniel Huppmann ist Wissenschaftler am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA). Das IISA ist ein internationales Forschungsinstitut in Laxenburg bei Wien. Die Forschungen des Instituts konzentrieren sich auf die dringendsten globalen Probleme wie Klimawandel, Energiesicherheit, Bevölkerungsalterung und nachhaltige Entwicklung. Gegenwärtig leitet Dr. Huppmann das Team für Szenariendienste im
IIASA-Programm Energie, Klima und Umwelt. In dieser Funktion koordiniert er ein Team von vier Programmierern/Entwicklern, die an Computerprogrammen für die Analyse, Verarbeitung und Visualisierung von Klimaszenarien arbeiten.
Dr. Huppmann war Mitautor des IPCC Sonderberichtes 1,5 °C globale Erwärmung (SR1.5) von 2018. Seine Verantwortung für den SR1.5 lag bei der Zusammenstellung eines Ensembles quantitativer Szenarien und die Bewertung der Wechselwirkung zwischen verschiedenen Zielen für eine nachhaltige Entwicklung.
Parallel zu seinem Beitrag zum IPCC war Dr. Huppmann federführend bei der Entwicklung des Energiesystems und des integrierten Bewertungsrahmens MESSAGEix. Mit diesen Simulationsprogrammen ist es möglich, nationale und globale Transformationsstrategien im Kontext des Klimawandels und ihrer Verbindungen zu einer Reihe von nachhaltigen Entwicklungszielen zu untersuchen.
Lara Leik
Lara Leik ist an der Universität Salzburg für die Vernetzung im Nachhaltigkeitsbereich zwischen den Wissenschafter:innen aller Disziplinen sowie zur Gesellschaft zuständig. Durch den Aufbau der Vernetzung der Wissenschafter:innen zu den Themen Biodiversität, Klimawandel, Nachhaltigkeit und Soziale Gerechtigkeit wurde auch Scientists for Future Österreich weiter ausgebaut. Lara Leik ist Vorständin für Kommunikation im Förderverein der Scientists for Future und ist bis jetzt die erste und einzige Vernetzungsbeauftragte für Scientists for Future an einer Universität im deutschsprachigen Raum. Lara Leik studiert Molekulare Biowissenschaften an der Universität Salzburg und ist zudem examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Abschluss an der Universitätsklinik Heidelberg.
Univ.-Prof. Mag. Dr.rer.nat. Gottfried Kirchengast
Prof. Dr. Gottfried Kirchengast ist seit 2003 Professor auf dem traditionsreichen Lehrstuhl für Geophysik (Gründungsinhaber Alfred Wegener, 1924-1930) der Universität Graz.
Er gründete 2005 das Wegener Center für Klima und Globalen Wandel in Graz und ist aktuell Mitglied des Leitungsrats dieser Institution. Er ist Honorarprofessor am National Space Science Center der Chinese Academy of Sciences, Adjunct Professor am Royal Melbourne Institute of Technology (Australien) und Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Er wurde 1998 mit dem renommierten START Forschungspreis (1.1 Mio. Euro) ausgezeichnet. Der START-Preis ist der höchstdotierte Wissenschaftspreis Österreichs für Nachwuchsforscher. 2012 erhielt er den Forschungspreis des Landes Steiermark
Prof. Dr. Kirchengast ist Autor oder Mitautor von über 125 Peer-Review Fachartikeln und über 175 weiteren Fachartikeln und Berichten sowie mehrerer Bücher. Darüber hinaus ist er Mitglied, oft auch leitend, in vielen internationalen und nationalen wissenschaftlichen Gesellschaften und Gremien sowie Koordinator, Gutachter, Berater und Konsulent in vielen internationalen Projekten und Initiativen.
Univ.Prof. Dr. Harald Rieder
Prof. Dr. Harald Rieder ist seit 2019 der Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimatologie der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien. Er ist der Nachfolger von Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb.
Sein besonderes Interesse gilt der Atmosphärenchemie und der Atmosphärendynamik und im speziellen den Wirkungen von atmosphärischen Spurengasen auf das Klimasystem der Erde. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel und die Folgen für die Menschheit verstärkt in die Öffentlichkeit zu tragen.
Prof. Dr. Harald Rieder ist seit 2019 der Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimatologie der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien. Er ist der Nachfolger von Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb. Sein besonderes Interesse gilt der Atmosphärenchemie und der Atmosphärendynamik und im speziellen den Wirkungen von atmosphärischen Spurengasen auf das Klimasystem der Erde. Sein Anliegen ist es, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel und die Folgen für die Menschheit verstärkt in die Öffentlichkeit zu tragen.
Weitere Aktivitäten und Auszeichnungen: Dobson Award der „International Association of Meteorology and Atmospheric Sciences“, Mitglied der „Atmosphere Working Group of the International Arctic Science Committee“, Koordinator der Arbeitsgruppe Extremwetterereignisse des „Desaster Competence Network Austria“
Univ.Prof. Ing. Dr.phil. Dr.h.c.Verena Winiwarter
Prof. Dr. Verena Winiwarter ist Leiterin des Zentrum für Umweltgeschichte (ZUG), sowie Professorin am Institut für Soziale Ökologie an der Universität für Bodenkultur (Boku), Wien.
Prof. Dr. Winiwarters Schwerpunkte sind die Umweltgeschichte Österreichs, insbesondere von Flusslandschaften. Sie befasste sich seit 2007 mit der Umweltgeschichte der Donau. Sie wurde 2013 als Wissenschaftlerin des Jahres ausgezeichnet. 2015 wurde das Buch „Geschichte unserer Umwelt. Sechzig Reisen durch die Zeit“ als Wissenschaftsbuch des Jahres in der Kategorie Naturwissenschaft und Technik geehrt. Weitere Auszeichnungen sind das Großes Ehrenzeichen des Landes Kärnten (2015), der Planetary Award (Institut für Zukunftskompetenzen 2017), das Ehrendoktorat der Aalborg University (2018), der Preis der Stadt Wien für Geistes-, Kultur-, Sozial- und Rechtswissenschaften (2019).
Sie ist bzw. war Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Gesellschaften, wie z.B. Academia Europaea (Gewähltes Mitglied), Rat der Sachverständigen für Umweltfragen (RSU) der Stadt Wien (Vorsitzende), Rachel Carson Center for Environment and Society (Ehrenmitglied), Environmental History Cluster Austria (EHCA) als Schriftführerin, International Consortium of Environmental History Organisations (Präsidentin), International Consortium of Environmental History Organizations (ICEHO) als Vorstandsmitglied.
Martin Auer
Prof. Martin Auer ist Schriftsteller und Student der Kultur- und Sozialanthropologie. Er wird dieses Pressegespräch moderieren.
Wer wir sind
Scientists for Future (S4F) sind ein überinstitutioneller, überparteilicher und interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschafter:innen, die sich für eine wissenschaftsbasierte, mutige und zukunftsorientierte Klimapolitik einsetzen. S4F vereint als Graswurzelbewegung Wissenschafter:innen aller Disziplinen – von Klimawissenschafter:innen bis hin zu Sozial- und Naturwissenschafter:innen – hinter diesem gemeinsamen Ziel. Aktuell besteht das österreichisches Netzwerk der S4F aus mehr als 1600 Wissenschaftler:innen, die sich zur Charta der Scientists for Future (at.scientists4future.org/charta/) bekennen.
Seit die Initiative im März 2019 in Deutschland von Gregor Hagedorn gegründet wurde, um die Aktivist:innen von Fridays For Future (FFF) zu unterstützen und zu legitimieren, hat sie sich vor allem im deutschsprachigen Raum zu einer wichtigen Bewegung entwickelt. Arbeitsgrundlage sind die gemeinsame Charta, der Kommunikations- und der Handlungskonsens. S4F Österreich ist seit September 2019 aktiv und wird rechtlich und finanziell von einem Förderverein unterstützt. International ist diese Art von Aktivismus nicht in allen Ländern akzeptiert und im S4F Netzwerk befinden sich auch Einzelkämpfer*innen, denen politische Verfolgung droht.
Ziele von S4F sind die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens und globale Klimagerechtigkeit, das Erhalten von Biodiversität, die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen und das Anstreben von Nachhaltigkeit durch Wissenstransfer in der Universitätslehre, sowie in Schulen, der Politik und der Gesellschaft. Wissenschafter:innen mit verschiedensten wissenschaftlichen Hintergründen und Studierende tragen die Bewegung großteils ehrenamtlich, in regionalen sowie thematischen Arbeitsgruppen. Sie entwickeln neue Formate, wie etwa die Lectures4Future (at.scientists4future.org/lectures/) oder °Climate@Home (at.scientists4future.org/climatehome/), ein neues Projekt, bei dem Sie eine Wissenschaftlerin oder einen Wissenschaftler zu einem Gespräch übers Klima in privater Runde einladen können. Sie unterstützen FFF durch Präsenz auf Klimastreiks, durch den Zugang zu und die Aufbereitung von strategischen wissenschaftlichen Ressourcen, sowie durch Faktenchecks von klimarelevanten Themen in Medien und Politik, etwa zum Ölheizungsverbot oder zur Bodenversiegelung.
S4F Österreich ist in Regionalgruppen und Arbeitsgruppe organisiert und arbeitet sowohl regional als auch österreichweit. Aktuell bestehen die Arbeitsgruppen: AG Nachhaltigkeit in der Lehre, AG Faktencheck, AG Öffentlichkeitsarbeit und AG Schulen. Vertreter der RGs und AGs bilden das nationale Koordinationsteam, das alle zwei Wochen zusammentritt und den Austausch auf nationaler Ebene gewährleistet.
Aus der Klimageschichte lernen
„Ein wichtiger Test der Klimamodelle ist ihre Fähigkeit, das Klima der Erde über den Zeitraum der instrumentellen Aufzeichnungen (seit etwa 1850) zu simulieren“, sagt Verena Winiwarter. Seit 1990 haben mehrere Runden solcher Tests stattgefunden, und die Tests selbst sind viel strenger und umfangreicher geworden. Diese Tests wurden in großem Maßstab mit einer Gruppe von Modellen durchgeführt. Die Vorhersagen dieser Modelle stimmen gut mit den tatsächlich beobachteten Veränderungen überein. Solche Experimente zeigen, dass die beobachtete Erwärmung ohne menschlichen Einfluss nicht eingetreten wäre. Die physikalische Theorie sagt voraus, dass menschliche Einflüsse auf das Klimasystem zu bestimmten Veränderungsmustern führen sollten, und das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) sieht diese Muster sowohl in Beobachtungen als auch in Klimasimulationen. So erwärmen sich beispielsweise die Nächte schneller als die Tage, es entweicht weniger Wärme in den Weltraum, und die untere Atmosphäre (Troposphäre) erwärmt sich, während sich die obere Atmosphäre (Stratosphäre) abgekühlt hat. Diese bestätigten Vorhersagen sind allesamt Beweise für Veränderungen, die in erster Linie auf den Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen und nicht auf natürliche Ursachen zurückzuführen sind.
Lange historische Zeitreihen sind wichtig, weil beim heutigen Klimawandel, genau wie bei früheren Klimaveränderungen, einige Aspekte des Erdsystems sehr langsam reagieren. Die Oberflächentemperatur reagiert auf Veränderungen der Treibhausgase auf einer Zeitskala von Jahrzehnten bis Jahrhunderten, während andere – z. B. der Meeresspiegel und der Kohlenstoffkreislauf – über Jahrhunderte bis Jahrtausende reagieren. Auf diese Weise dienen vergangene Klimazustände als wichtige Referenzwerte für Klimamodell-Simulationen und verbessern unser Verständnis der Abläufe, Raten und des Ausmaßes künftiger Klimaänderungen in den nächsten Jahrzehnten bis Jahrtausenden. Es war im Pliozän, vor 3 Millionen Jahren, deutlich wärmer als jetzt, aber wichtig ist der Unterschied zwischen einem Erdsystem, das sich vollständig an die Veränderungen der natürlichen Einflussfaktoren angepasst hat (das Pliozän), und einem System, in dem die Treibhausgaskonzentrationen, die Temperaturen und der Meeresspiegelanstieg immer noch zunehmen (heute).
Die Anpassung des Erdsystems an die heutigen atmosphärischen Kohlendioxidkonzentrationen hat gerade erst begonnen. Diese Anpassung wird sich in den kommenden Jahrhunderten bis Jahrtausende fortsetzen. Die Folgen der bereits statt gefundenen Erderwärmung spüren wir weltweit immer deutlicher.
Erwärmung in Österreich
Seit Beginn der industriellen Revolution hat sich die globale Durchschnitts-Temperatur um etwa 1.1°C erhöht. Das erscheint auf den ersten Blick wenig dramatisch – bis man sich vor Augen führt, dass sich das Klima auf der Erde in den letzten 10.000 Jahren nicht so stark und vor allem nicht so rasch verändert hat. Österreich ist aufgrund seiner geographischen Lage bereits besonders stark von der Erhitzung betroffen: Laut Berechnungen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) hat sich die Durchschnitts-Temperatur in Österreich etwa doppelt so stark erhöht wie im globalen Mittel. Außerdem ist die Zahl der Hitzetage stark angestiegen, was vor allem für ältere Menschen gesundheitlich sehr belastend ist.
Extremwettereignisse
„Wir befinden uns bereits in einem Jahrhundert der Extremwetterereignisse“ sagt Daniel Huppmann, und der vor einem Monat veröffentlichte Bericht der Arbeitsgruppe 1 zum 6. Sachstandsbericht des IPCC (ipcc.ch/assessment-report/ar6/) hat den statistischen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit und der Intensität von Unwettern, Hagel, Trockenheiten und anderen Naturkatastrophen sowie der vom Menschen verursachten Erderhitzung klar festgestellt“. Daniel Huppmann hat an diesem Bericht mitgearbeitet.
Treibhausgasemissionen steigen, anstatt zu sinken
Mit 30. Juli 2021 hatten die Vertragsstaaten zum Abkommen von Paris verschärfte nationale Verpflichtungen (Nationally Determined Contributions – NDC) vorzulegen. Das Klimasekretariat der UN hat diese Informationen in einem Synthesebericht zusammengefasst.
Für einen mit dem 1.5°C Ziel kompatiblen Emissionspfad müssten laut IPCC die Emissionen im Jahr 2030 um 45% unter dem Niveau von 2010 liegen, für das 2°C Ziel um 25%. Die nunmehr vorliegenden NDCs verfehlen diese Ziele gravierend, denn sie führen in diesem Zeitraum nicht zu einer Abnahme, sondern zu einem Anstieg der Emissionen um 16,3%.
Wenn die neuen Verpflichtungen die ca. 49% der globalen Emissionen umfassen, vollinhaltlich umgesetzt werden, so ergeben sich folgende Gesamt-Treibhausgasemissionen (ohne Landnutzung):
- Im Jahr 2025 wären die Gesamtemissionen um 58,6% höher als 1990, dem Basisjahr für die Klimakonvention, um 15,8% höher als 2010 und um 4,5% höher als 2019.
- Im Jahr 2030 wären die Emissionen um 59,3% höher als 1990, um 16,3% höher als 2010 und um 5% höher als 2019.
- Betrachtet man nur die 86 neuen NDCs (von 113 Vertragsstaaten) so ergibt sich im Vergleich zu den vorherigen NDCs eine Emissionsreduktion von 3,5% in 2025 und 11.3% in 2030 für diese Vertragsstaaten.
Betrachtet man das Carbon Budget, das uns noch bleibt, um mit 50% Wahrscheinlichkeit das 1.5°C-Ziel zu erreichen, so wären bis 2030 bereits 89% des Budgets verbraucht und 39% des Budgets für das 2°C Ziel.
Einige Vertragsstaaten haben auch langfristige Strategien für 2050 und darüber hinaus kommuniziert. Obwohl diese mit großen Unsicherheiten behaftet sind, könnten diese zu einer Emissionsreduktion von 26% im Jahr 2030 und 84-89% im Jahr 2050 verglichen mit 2010 bei diesen Staaten führen.
Zur Arbeitsweise des IPCC
Das IPCC wurde 1988 auf Antrag der UNO Generalversammlung gegründet. Es betreibt selbst keine Forschung, sondern evaluiert die gesamte wissenschaftliche Literatur zum Thema Klimaveränderungen und gibt in regelmäßigen Abständen Sachstandsberichte über Ursachen, Risiken und Maßnahmen heraus, sowie Sonderberichte über politisch oder wissenschaftlich relevante Themen wie z.B. das 1.5°C Ziel oder die Rolle der Ozeane. An den Berichten wirken hunderte Wissenschafter aus aller Welt und allen relevanten Disziplinen mit. Die Erarbeitung erfolgt nach strikten und transparenten Regeln. Ein wesentliches Merkmal ist der 2-stufige Review: in der ersten Stufe durch Experten, in der zweiten Stufe durch Regierungen und Experten. Für jeden Bericht wird eine Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen, das „Summary for Policymakers” (ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_SPM.pdf) verfasst, das im Plenum von Regierungsvertretern im Dialog mit den Autoren verabschiedet wird.
„Der meist hunderte Seiten umfassende Gesamtbericht wird im Plenum als Ganzes akzeptiert“, sagt Renate Christ. „Damit signalisieren die Regierungen, dass sie mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen übereinstimmen. Obwohl das IPCC ein unabhängiges Organ ist, spielen IPCC Berichte eine große Rolle für Entscheidungen im Rahmen der Klimakonvention und die Erkenntnisse werden dort im Detail präsentiert und diskutiert.“
Klimaschutzgesetz und Stand der Politik in Österreich
„Es ist nicht Aufgabe oder Selbstverständnis der Wissenschaft, explizite Handlungsempfehlungen an Politik und Gesellschaft zu geben“, sagt Daniel Huppmann. „Es ist aber sehr wohl die Aufgabe der Wissenschaft, alternative Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, Abwägungen zu quantifizieren, und die möglichen Auswirkungen verschiedener Maßnahmen (oder des bewussten Unterlassens von Maßnahmen) zu untersuchen.“ Die jüngsten Berichte des IPCC, insbesondere SR15 und AR6 WG1, zeichnen ein eindeutiges Bild, mit welchen katastrophalen Veränderungen unserer Lebensgrundlage wir auch in Österreich zu rechnen haben, wenn die CO2-Emissionen nicht innerhalb der nächsten 10 Jahre halbiert werden und bis Mitte des Jahrhunderts global auf Null sinken.
Gottfried Kichengast stellt das neue Statement zum „Treibhausgasbudget für Österreich auf dem Weg zur Klimaneutralität 2040“ des Wegener Center vor, das dann auch hier zum Download bereitgestellt wird: wegcenter.uni-graz.at/de/downloads/ Unter dem Treibhausgasbudget versteht man jenen Teil der zur Erreichung des Klimaziels global überhaupt noch zulässigen Emissionen, der dem Anteil der österreichischen Bevölkerung an der globalen Bevölkerung entspricht.
Es liegt darüber hinaus in der Verantwortung der Wissenschaft, die selbst-gesetzten Ziele der politischen Entscheidungsträger:innen wie das Pariser Abkommen oder das im Koalitionsabkommen der österreichischen Bundesregierung festgelegte Ziel „Klimaneutralität bis 2040“ mit den bereits getroffenen Maßnahmen zu vergleichen und zu evaluieren, ob die Maßnahmen ausreichen, diese Ziele effektiv und plausibel zu erreichen. Hier ist der österreichischen Bundesregierung kein gutes Zeugnis auszustellen: trotz Ankündigungen im Koalitionsabkommen und eines Entschließungsantrags des Nationalrats auf Basis des Klima-Volksbegehrens hat Österreich seit weit über einem Jahr kein gültiges Klimaschutzgesetz. Außerdem ist die Bundesregierung in Verzug bei der Veröffentlichung der klimaschädlichen Subventionen, die die Gesellschaft direkt und indirekt jedes Jahr Milliarden kosten.
Wissenschafter:innen streiken für‘s Klima
In diesem Sinne unterstützen die Scientists for Future den heutigen weltweiten Klimastreik. Wir fordern die politischen Entscheidungsträger:innen auf, die Anstrengungen zur Erreichung der selbst-gesteckten Ziele zu verstärken und den langfristigen Erhalt unserer Lebensgrundlagen sicherzustellen.
„Als Wissenschafter:innen erforschen wir die Vergangenheit und das Jetzt – aber wir zeigen auch Lösungen und Zukunftsszenarien auf“, sagt Lara Leik, die die Scientists for Future in Salzburg koordiniert. „Gerade deswegen sind wir nicht neutral und müssen auch politisch Stellung nehmen, für eine lebenswerte Zukunft, wenn es sein muss auch auf der Straße“, so Leik. „Zurzeit wird auf politischer Ebene über unsere Zukunft entschieden. Meine und Ihre Zukunft steht auf dem Spiel, wenn nicht sofort politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, um ein Leben innerhalb der planetaren Grenzen zu ermöglichen. Ich freue mich auf diese Zukunft, die wir gemeinsam sozialer und fairer schaffen können! Noch haben wir die Chance unsere Zukunft zu mitzugestalten, deswegen gehe ich streiken“.
°Climate@Home – Laden Sie Klimaexpert*innen zu sich nach Hause ein
Sie wollen mit ein paar Freunden oder Verwandten in gemütlicher Atmosphäre in kleiner Runde über den Klimawandel reden, sich Gedanken machen, welche Zukunft wir haben wollen und können? Dann schicken Sie uns doch einfach Ihren Terminwunsch!
Momentan werden die Veranstaltung coronabedingt hauptsächlich online durchgeführt, wenn gewünscht und pandemiebedingt möglich kommen wir aber auch gerne zu Ihnen nach Hause oder wo auch immer Sie uns treffen wollen.
°Climate@Home ist eine Initiative, die ursprünglich von Scientists for Future Stuttgart und Psychologists for Future Stuttgart entwickelt wurde. Vor kurzem ist sie auch in Österreich angekommen. Für Online-Treffen stehen die Wissenschaftler*innen aus Deutschland prinzipiell in der ganzen Welt zur Verfügung. Aber auch in Wien hat sich schon eine Gruppe Wissenschaftler*innen gebildet, die für das Klimagespräch im privaten Rahmen vor Ort zur Verfügung stehen. Das Angebot erfolgt ehrenamtlich und ist daher kostenlos!
Mit Unterstützung durch den Pesseclub Concordia
und cooppa Mediengenossenschaft eG
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