Scientists for Future setzt sich für eine wirksame Klimapolitik ein. In diesem Sinne wurden frühzeitig zehn Fragen an die zukünftige Stadtregierung in Salzburg zu den Bereichen Verkehr, Energie, Wohnen und Ernährung formuliert. Wir wollen damit zur Transparenz über die Regierungsverhandlungen beitragen, an Wahlversprechen erinnern und an die Bedeutung von Klimaschutz erinnern.
Sehr geehrte Mitglieder der zukünftigen Stadtregierung!
Am 24. März 2024 wird in einer Stichwahl entschieden, wer zukünftig als Bürgermeister der Stadt Salzburg vorstehen wird. Bereits jetzt steht fest, dass aufgrund des Wahlergebnisses Ihre Partei in der zukünftigen Stadtregierung vertreten sein wird, wozu wir herzlich gratulieren. Als Scientists for Future ist uns wichtig, dass im neuen Regierungsprogramm eine wirksame Klimapolitik verankert wird. Mit zehn Fragen richten wir uns daher an Sie als Spitzenkandidaten und Spitzenkandidatin, die – so ist anzunehmen – als Regierungsmitglied Verantwortung übernehmen werden, und ersuchen um Antwort.
- Neben leistbarem Wohnen stellt der Verkehr das Hauptproblem in der Stadt Salzburg dar. Das thematisieren Sie auch in ihren Wahlprogrammen [mehr]. Laut Verkehrserhebung des Landes wurden 2012 in der Stadt Salzburg 44 % der Wege mit dem Auto, je knapp 20 % mit dem Rad oder Zu Fuß sowie knapp 15 % mit dem ÖV zurückgelegt. 2022 ist der Umweltverbund von 54 % auf 62 % gestiegen, damit wurde der Wert von 1995 (61%) wieder erreicht. Aber die Prozentangaben täuschen: denn absolut ist der Autoverkehr in der Stadt sowie im gesamten Bundesland weiter gestiegen [mehr]. Die täglichen Staus zerstören die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Stadt, der Autoverkehr trägt aber auch wesentlich zu den CO2-Emissionen der Stadt bei. Staus verhindert man am besten, in dem die Autos weniger werden.
Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie setzen, um den Autoverkehr in der Stadt zurückzudrängen und wie vermitteln Sie das den Bürgern und Bürgerinnen? - Weitgehend Einigkeit gab es in den Wahlauseinandersetzungen darüber, dass der O-Busverkehr verbessert werden muss. Mehr Busspuren, eine Verdichtung der Fahrzeiten sowie Maßnahmen zur Attraktivierung des Jobs als Busfahrer:in gelten als Vorschläge.
Welche konkrete Maßnahmen wollen Sie in der kommenden Legislaturperiode umsetzen? - Der S-Link wird sowohl in der Bevölkerung als auch innerhalb der Parteien kontrovers diskutiert. Der Hoffnung auf die Attraktivierung des Öffentlichen Verkehrs durch Beschleunigung der Fahrzeiten und der Erhöhung des Transportvolumens stehen die hohen Kosten und die Zweifel über die tatsächliche Effektivität des S-Linkprojekts gegenüber. Die ÖVP, KPÖplus und die Bürgerliste sind für den S-Link, die beiden letzteren betonen aber die Koppelung mit verbindlichen Maßnahmen zur Reduzierung des Autoverkehrs an der Oberfläche. Die SPÖ ist gegen den S-Link.
Wie werden Sie sich in der Stadtregierung positionieren und welchen Weg halten Sie in dieser Frage für gangbar? - Vor den Wahlen gab es eine große Zustimmung in Ihren Parteien zum Ausbau der Radinfrastruktur in der Stadt. Bei einem Podiumsgespräch stimmten Sie dafür, dass bis 2035 ein Radverkehrsanteil von mindestens 35 Prozent anzustreben sei – aktuell sind es 22 Prozent – und dafür ein Sonderbudget von 40 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden soll. In den Wahlprogrammen fanden die ÖVP und SPÖ das bisherige Radbudget von 2 Mio. Euro jährlich jedoch für ausreichend, die KPÖplus war für eine Verdoppelung, die Bürgerliste für 5 Mio. Euro jährlich [mehr].
Welches Radbudget werden Sie in den Regierungsverhandlungen vorschlagen und welche konkreten Radprojekte möchten Sie in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt sehen? - Der Ausbau der Mönchsberggarage wurde nach einer Bürgerbefragung, die sich mehrheitlich gegen den Ausbau aussprach, von Altbürgermeister Harald Preuner zurückgezogen. Ergänzend gibt es die Forderung, die Gewinne der Parkgaragengesellschaft für den Ausbau von Park & Ride-Plätzen sowie den ÖV und die Radinfrastruktur zu verwenden. In den Wahlprogrammen haben sich SPÖ, Bürgerliste und KPÖplus dafür ausgesprochen.
Werden Sie sich im Regierungsübereinkommen für eine Änderung des Widmungszwecks der Gewinne der Parkgaragengesellschaft einsetzen? - Fliegen zählt nachweislich zu den klimaschädlichsten Fortbewegungsformen. Nun gibt es den Wunsch, einen neuen Kurzstreckenflug Wien-Salzburg einzuführen. SPÖ und ÖVP sind dafür, die Bürgerliste und KPÖplus dagegen. Eine von der Wirtschaftskammer Österreich in Auftrag gegebene Studie, die für die neue Kurzstreckenlinie plädiert, wurde von den Scientists for Future als unseriös kritisiert, eine zusätzliche Flugstrecke würde den CO2-Ausstoß weiter erhöhen [mehr]. Die Scientists for Future schlagen zudem die Einschränkung von Privat- und Businessflügen vor.
Wie werden Sie sich in der Stadtregierung hier positionieren? - Leistbares Wohnen war offensichtlich ein wichtiges, wahlentscheidendes Thema. Als Vorschläge gelten Baulandsicherungsmodelle, die Förderung des sozialen Wohnbaus, die Errichtung von Wohnungen durch die Stadt selbst sowie Maßnahmen der Nachverdichtung und der Nutzungszuführung von Leerstand.
Mit welchen zentralen Maßnahmen werden Sie in die Stadtregierung gehen? - Die Energiewende im Bereich Bauen und Wohnen ist ein zentrales Aufgabenfeld für die kommende Stadtregierung. Die Erhöhung der thermischen Sanierungsrate, die Förderung und Erleichterung der Errichtung von Fotovoltaikanlagen, der Ausbau der ökologischen Fernwärme sowie die Unterstützung beim Ausstieg aus den verbleibenden Ölkesseln und alten Holzöfen sind bekannte Vorschläge. Die Anpassung des Altstadtschutzes an die Energiewende zur Ermöglichung von Fotovoltaikanlagen in der Altstadt sowie die Förderung von Solarenergie auf öffentlichen Gebäuden, Schulen und Kultureinrichtungen inklusive der Bildung von Energiegemeinschaften könnten zudem als Strompreisbremse wirken.
Wo sehen Sie die zentralen Hebel für die Energiewende und welche konkreten Maßnahmen mit welchen Zielen wollen Sie in der Stadtregierung umsetzen? Welche Beschleunigungsmaßnahmen zu bestehenden Plänen der Salzburg AG zur Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung in Salzburg schlagen Sie vor? - Wohnqualität hängt stark mit einem attraktiven Wohnumfeld, mehr „Grün“ und damit mit der vorhandenen Biodiversität zusammen. Stadträume sind inzwischen wichtige Refugien für viele Pflanzen- und Tierarten geworden. Und die Zunahme der Hitzetage in der Stadt erfordert entsprechende Maßnahmen der Klimawandelanpassung. Als Vorschläge gelten mehr naturnahe und unversiegelte Freiräume, mehr Bäume in der Stadt und die Begrünung von Gebäuden. Auch die Entsiegelung von Flächen würde positiv wirken.
Welche Maßnahmen wollen Sie hier in der kommenden Legislaturperiode setzen? - Ein in der Klimadebatte meist unterbelichtetes Thema sind unsere Ernährungsgewohnheiten. Der Verzehr von mehr Gemüse bei gleichzeitiger Reduzierung des Fleischkonsums sowie der Konsum von Produkten aus biologischer Landwirtschaft werden jedoch aus Gesundheits- und Klimaschutzgründen empfohlen. Zudem verringern neue Ernährungsgewohnheiten das Tierleid.
Welche Handlungsmöglichkeiten und Spielräume sehen Sie hier für die Stadtregierung?
Grundsätzlich halten wir eine Evaluierung der Klimapolitik der letzten fünf Jahre sowie ein permanentes Klimamonitoring der neuen Legislaturperiode für zentral, damit der Erfolg der Maßnahmen transparent kommuniziert und bei Versäumnissen nachgebessert werden kann.
Für die Scientists for Future
Univ. Prof. Dr. Jens Blechert, Gesundheitspsychologe, Sprecher von S4F Salzburg
Mag. Hans Holzinger, Transformationsexperte, Pressearbeit S4F Salzburg
Dr. Franz Kok, Politikwissenschaftler und Energieexperte
Univ. Prof. Dr. Andreas Tribsch, Biodiversitätsexperte