Natürlicher Hochwasserschutz durch das EU-Renaturierungsgesetz

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Angesichts der jüngsten Überschwemmungen im benachbarten Bayern und angespannten Hochwassersituationen in Vorarlberg, und entlang der Donau wird die Bedeutung effektiver Hochwasserschutzmaßnahmen einmal mehr deutlich. Hochwasserschutz ist eine der Funktionen eines natürlichen Fluss-Ökosystems.1 Die Wiederherstellung dieser Funktion ist eines der Ziele des EU-Renaturierungsgesetzes.2 Doch Österreich blockiert aufgrund der ursprünglich ablehnenden und seit einigen Tagen unklaren Haltung der Landeshauptleute nach wie vor die Verabschiedung des Gesetzes.

Das EU-Renaturierungsgesetz sieht zum Beispiel vor, dass Mitgliedstaaten nicht mehr benötigte, künstliche Hindernisse in Flüssen beseitigen und die natürliche Vernetzung von Oberflächengewässern wiederherstellen. So können z.B. natürliche Überflutungsflächen wieder angebunden werden. Auch sollen wieder Auen (englisch: Flood Plains) geschaffen werden, die neben dem ökologischen Wert auch Pufferzonen für Hochwasser darstellen. Durch die Revitalisierung von Flussläufen und die Wiederherstellung von Mäandern soll die Fließdynamik verbessert werden.

Die Scientists for Future Österreich haben Forschende aus den Fachgebieten Hydrologie, Fließgewässerforschung, Geographie, Wasserbau, Wasserwirtschaft, Klimafolgenabschätzung und Umweltrecht um Ihre Einschätzung der Wirksamkeit des EU-Renaturierungsgsetzes für den Hochwasserschutz gebeten.

Hier sind Ihre Stimmen:

In Wahrung der klimawandelbedingt erhöhten staatlichen Schutzpflichten ist es Aufgabe des Staats bzw. seiner Entscheidungsträger:innen, in klimawandelbedingten Gefahrenlagen schnellstmöglich die Planung und Finanzierung von naturverträglichen Hochwasserschutzmaßnahmen voranzutreiben. Die EU-Wiederherstellungs-Verordnung zielt – neben vielen anderen Maßnahmen – auf die Renaturierung hart verbauter Fluss- und Bachläufe (Aufweitung, Restrukturierung) sowie wassernaher Ökosysteme ab. Damit kommt es zur Erhöhung natürlicher Abflussmöglichkeiten und zur Schaffung natürlicher Retentionsräume – beides Paradebeispiele für naturverträglichen Hochwasserschutz. Mag.a Dr.in Daniela Ecker, LL.B., Institut für Umweltrecht, Johannes Kepler Universität Linz.

Wie soll ein effizienter und nachhaltiger Hochwasserschutz mit der Schaffung von Retentionsräumen in den nächsten Dekaden denn sonst funktionieren? Univ.-Prof. Karsten Schulz, Leiter des Instituts für Hydrologie und Wasserwirtschaft, Universität für Bodenkultur Wien.

Die Wiederherstellung der natürlichen Funktion von Überflutungsflächen an unseren Flüssen trägt maßgeblich zum Hochwasserschutz bei: Hochwasserwellen werden zurückgehalten und in ihrer Höhe reduziert. Stark verbaute, kanalisierte Flüsse bewirken hingegen eine Verschärfung von Hochwasserwellen. Daher müssen wir auch im eigenen Interesse dringend unsere Überflutungsflächen renaturieren, abgetrennte Nebengewässer wieder anbinden und den Flüssen mehr Raum geben. Assoc. Prof. Michael Tritthart, Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung; Universität für Bodenkultur Wien.

Die derzeitigen Hochwässer zeigen erneut, wie wichtig es wäre, dass die EU-Renaturierungs-Richtlinie rasch umgesetzt wird. Durch eine Renaturierung gibt man den Flüssen mehr Platz und schafft damit Retentionsräume, die Hochwasserwellen dämpfen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass österreichische Politiker den Beschluss der EU-Renaturierungs-Richtlinie blockieren. Priv.-Doz. Günter Langergraber, Leiter des Departments für Wasser-Atmosphäre-Umwelt, Universität für Bodenkultur Wien.

Die Rückgewinnung von natürlichen Retentionsflächen für Hochwasserereignissen ist ein essentieller Bestandteil eines umfassenden Hochwasserrisikomanagements, um mögliche zukünftige Schäden auf einem heutigen Niveau zu halten. Die Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetz mit der Förderung von naturbasierten Maßnahmen trägt gleichzeitig zum Hochwasser- und Klimaschutz, Erhaltung der Biodiversität und ökologischer Funktionen sowie von nachhaltigen Erholungsräumen bei. Univ.-Prof. Margreth Keiler, Institut für Geographie, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck; Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaft.

Die Schaffung natürlicher Retentionsräume fördert gleichzeitig die Biodiversität und reduziert das Hochwasserrisiko. Es ist daher unverantwortlich, ein europaweites Gesetz zu blockieren, das unter anderem dazu beiträgt, die Auswirkungen klimawandelbedingter Extremwetterereignisse zu mildern. Assoc. Prof. Josef Schneider, Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft, TU Graz.

Das EU-Renaturierungsgesetz ist eine zentrale Weichenstellung für die Umsetzung naturbasierter Lösungen, welche nicht nur dem Schutz vor klimabedingten Risiken wie Hochwasser dienen, sondern gleichzeitig auch Biodiversität fördern und durch zusätzliche Kohlenstoffspeicherung zur Minderung des Klimawandels beitragen. Nicht die Unterstützung dieses Gesetzes gefährdet Österreichs Lebensgrundlagen, sondern ein Weiter-wie-bisher mit grauem Risikomanagement (z.B. Deiche und Dämme aus Stahlbeton) und fortschreitender Bodenversiegelung. Dr. Thomas Schinko, Senior Research Scholar and Research Group Leader der Equity & Justice Research Group, International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), Laxenburg.

Renaturierungsmaßnahmen und ähnlicher naturbasierter Hochwasserschutz sind langfristige win-win-win Lösungen zum Schutz von Menschen und Umwelt. Es ist verantwortungslos, sie aufgrund kurzfristiger ökonomischer Argumente zu verhindern. Dr. Susanne Hanger Kopp, Wissenschafterin und Lektorin im Climate Policy Lab, ETH Zürich.

  1. Dt. Bundesamt für Naturschutz, Eckpunkte für einen vorsorgenden Schutz vor Hochwasser und Sturzfluten, 2022. https://www.bfn.de/sites/default/files/2022-12/2022-eckpunkte-f%C3%BCr-einen-vorsorgenden-schutz-vor-hochw asser-und-sturzfluten-bfn.pdf ↩︎
  2. EU Renaturierungsgesetz (NRL), Kompromissvorschlag. vgl. insbesondere Begründung 4; Artikel 3 Abs. 4 und 22; Art. 4 Abs. 1; Art. 9 Abs. 3 und 4. https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2024-0089_DE.html#title2 ↩︎
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Offener Brief an Landeshauptmann Peter Kaiser

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EU-Renaturierungsgesetz: Dringender Appell an Landeshauptmann Kaiser für Umlaufbeschluss zum Renaturierungsgesetz

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Kaiser!

Noch vor wenigen Tagen haben Sie in einem Standard-Interview erklärt „Der Schutz von Natur und Umwelt, der Schutz unserer Fauna und Flora, der Schutz gesunder Lebensbedingungen für unsere Kinder“ sind Ihnen ein Herzensanliegen.

Wir, die Scientists for Future Kärnten, nehmen Sie beim Wort. Deshalb appellieren wir an Sie, die Chancen, die das im Rat der Europäischen Union am 17. Juni 2024 zur Abstimmung stehende EU-Renaturierungsgesetzes bietet, zu ergreifen und einen Umlaufbeschluss unter den Landeshauptleuten zu initieren, der letztgültig klärt, welches Bundesland hinter dem überarbeiteten EU-Renaturierungsgesetz steht.

Die von Ihnen geäußerten Bedenken, das Gesetz ginge an der Lebensrealität der Menschen vorbei, sind unbegründet, denn nach dem Beschluss des Gesetzes liegt es in Ihrer Hand, die Maßnahmen zur Verbesserung von gestörten Ökosystemen für Kärnten und Österreich festzulegen. Im Renaturierungsgesetz, das im Europäischen Parlament mit den Stimmen Ihrer Fraktion beschlossen wurde und das der Spitzenkandidat Ihrer Partei, Andreas Schieder, sehr begrüßt hat, sind, wie vielfach falsch dargestellt, keine Enteignungen vorgesehen. Vorgesehen ist hingegen die Erhaltung der Versorgungssicherheit der 450 Millionen EU- Bürger, darunter 100 Millionen Kinder und Jugendliche.

Die Sicherung funktionaler Ökosysteme stellt die Lebensgrundlage dieser jungen Menschen dar. Die österreichische Zustimmung zu diesem wichtigen europäischen Vorhaben sollte nicht an Missverständnissen oder an bürokratischen Details scheitern. Fassen Sie sich also ein Herz und senden Sie einen neuerlichen Umlaufbeschluss zum aktuellen Renaturierungsgesetz an Ihre Kolleginnen und Kollegen. Es würde genügen, wenn lediglich Kärnten das Gesetz befürwortet. Dann wäre der Weg für die europaweite Umsetzung frei.

Wir hoffen auf Ihr Engagement für unser gemeinsames Herzensanliegen!

Scientists for Future Regionalgruppe Kärnten

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Wahl-O-Mat Wer wird mein:e Klimakandidat:in?

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Die Fachgruppe Politik und Recht der Scientists for Future stellt gemeinsam mit den Grandparents for Future den Wahl-O-Mat „Wer wird mein:e Klimakandidat:in?“ für die Wahl des europäischen Parlaments vor.

Die FG Politik und Recht hat gemeinsam mit den Grandparents for Future 19 Fragen erarbeitet und diese an die Kandidat:innen der EU-Wahl Helmut Brandstätter, (NEOs), Reinhold Lopatka (ÖVP), Andreas Schieder (SPÖ), Lena Schilling (Grüne) und Harald Vilimsky (FPÖ) gestellt. Die Fragen decken Themen von Agrarsubventionen über Energieeffizienz, Green Deal und Klimaresilienz bis hin zur ökologischen Transformation und der „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie ab. Die Kandidat:innen konnten jeweils mit Ja oder Nein antworten und konnten die Antworten zusätzlich begründen. Reinhold Lopatka (ÖVP) und Harald Vilimsky (FPÖ) haben trotz mehrmaliger Aufforderung unsere Fragen leider nicht beantwortet.

Entstanden ist der Wahl-O-Mat Wer wird mein:e Klimakandidat:in? (https://eu-klimawahl.at/), welcher die Nutzer:innen durch alle 19 Fragen führt. Die Nutzer:innen können die Fragen jeweils mit Zustimmung, Ablehnung oder neutraler Haltung beurteilen. Außerdem besteht die Möglichkeit, die einzelnen Positionen doppelt zu gewichten oder zu überspringen. Zusätzliche Erläuterungen mit Hintergrundinformationen stehen für jede Frage zur Verfügung. Die Ergebnisseite zeigt die prozentuale Übereinstimmungen mit den Positionen der Kandidat:innen an. Das detaillierte Ergebnis kann nach Fragen oder nach Kandidat:innen geordnet angezeigt werden, sodass die Antworten und eventuelle Begründungen visualisiert werden können.

Die Themen: Agrarsubventionen; Besteuerung von Flugzeug- und Schiffstreibstoffen; Bioenergie, Wasserstoff und Kohlendioxid-Abscheidung; Bodengesundheit; CO2-Bomben; CO2-Steuer- Grenzausgleich; Energieeffizienz; Infrastruktur; Green Deal; IPCC Bericht; Klimaresilienz; Klima- Sozialfonds; Landwirtschaftliche Förderungen; Lieferkettengesetz; Luftverschmutzung; Öffentlicher Verkehr; Ökologische Transformation; PKW- und Leichtverkehr-Emissionen; Umweltkriminalität; „Vom Hof auf den Tisch“.

Das Tool: https://eu-klimawahl.at/.
Alle Fragen und Antworten: https://eu-klimawahl.at/fragen.html.

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Demo in Wien für Ja zum Renaturierungsgesetz

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Anlässlich der Sondersitzung des Wiener Landtages zur Blockade des EU-Renaturierungsgesetzes hat heute Morgen – am 23. Mai 2024 – ein breites Bündnis verschiedener Organisationen gemeinsam mit den Scientists for Future Österreich für ein Ja zum Renaturierungsgesetz demonstriert. Rund 300 Bürger:innen, Schüler:innen und Wissenschaftler:innen plädierten dafür, dass nach dem Vorstoß der Landeshauptleute Michael Ludwig und Peter Kaiser auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sowie die ÖVP Landeshauptleute endlich ihre Blockade aufgeben und dass Umweltministerin Leonore Gewessler dem Gesetz im EU-Ministerrat zustimmt. So kurz vor der EU-Wahl hat Österreich die historische Chance, die Weichen für ein lebenswertes und sicheres Österreich zu stellen.

„Asphalt und Betonwüsten in Stadt und Land, Agrarwüsten auf den Feldern und Fichtenplantagen auf den Bergen. Wo bleiben da die Lebensräume für unsere heimischen Tiere und Pflanzen? Eine stabile Biodiversität ist kein Nice to Have, sondern eine Grundvoraussetzung für unsere Lebensmittelversorgung“ betont Mag. Sofia Palzer-Khomenko von den Scienists4Future gleich zu Beginn.

Ganz ähnlich sieht das auch Prof. Reinhard Steurer: „Beim Renaturierungsgesetz geht es ebenso wie bei den anderen Teilen des Green Deals in erster Linie um Menschenschutz. Es geht um Hochwasserschutz, um den Schutz von Bestäuberinsekten für die Nahrungsproduktion und natürlich um Klimaschutz mit Sachverstand.“

Das Renaturierungsgesetz wird dringend gebraucht. Die Natur in Europa ist aus dem Gleichgewicht und hat der voranschreitenden Erhitzung unseres Kontinents nur wenig entgegenzusetzen. Dass die Zeit zum Handeln gekommen ist, führen uns nicht zuletzt die jüngsten Hochwasserkatastrophen und Ernteausfälle eindrücklich vor Augen. Wollen wir die schlimmsten Szenarien der drohenden Klima- und Biodiversitätskatastrophe abwenden, dürfen wir keine Zeit verlieren! Das EU-Renaturierungsgesetz ist ein essentielles Instrument für die Wiederherstellung wichtiger Ökosysteme.

Gesunde Ökosysteme sind die Basis für Ernährungssicherheit und Unabhängigkeit von Nahrungsmittelimporten. Biologische Vielfalt macht land- und forstwirtschaftliche Flächen robuster gegenüber Schädlingen und sorgt für Stabilität und eine langfristige Ertragssteigerung. Dazu gehört auch

eine Vielfalt an Bestäubern, die derzeit dramatisch abnimmt. Global sind 75% der Nahrungsmittelpflanzen von Bestäubern abhängig“ betont die ehemalige Leiterin des IPCC-Sekretariats, Dr. Renate Christ.

Die ursprüngliche Blockade des Renaturierungsgesetzes durch den einstimmigen Beschluss der Bundesländer bezieht sich dabei auf eine veraltete Version des Gesetzes. In der aktuellen, verwässerten Fassung vom November 2023 wurden zahlreiche Gegenargumente berücksichtigt. Die in den vergangenen Tagen angeführten Kritikpunkte aus den ÖVP-regierten Bundesländern sind überholt und können entkräftet werden, wie ein Faktencheck des WWF Anfang der Woche zeigte.

Irreführende Aussagen wie jene, dass das Gesetz Enteignungen von Landbesitzer:innen mit sich bringe, lassen sich eindeutig widerlegen. Das Renaturierungsgesetz sieht keine verpflichtenden Stilllegungen vor! Im Gegensatz zur NÖ-Landesregierung, wie Dr. Dieter Schmidradler von Verkehrswende.at betont: „Die echte Gefahr für unsere Bauern sind die Verkehrsprojekte mancher Landesregierungen. In St. Pölten und Wiener Neustadt sollen Landwirte für eine Umfahrungsstraße enteignet und die besten Böden Österreichs verbetoniert werden.“ Auch die Kritik an vermeintlichen Kosten läuft ins Leere, da klar gezeigt werden kann, dass jeder investierte Euro zu einem Mehrwert von 12 Euro für alle Europäer:innen führt. Zudem kostet fehlender Klimaschutz die Österreicher:innen bereits jetzt mehrere Milliarden Euro pro Jahr.

Die Blockade des Renaturierungsgesetzes mit solchen Schein- und Falschbehauptungen haben auch DI. Wolfgang Suske dazu veranlasst, aktiv zu werden: „Ich habe vor 2 Wochen eine Petition gestartet, weil ich mich als Österreicher für unser Land zutiefst schäme, dass gerade wir ein so wichtiges und innovatives Vorhaben in der EU blockieren. Die Petition haben bereits über 11.000 Menschen unterschrieben. In unserem über 100-köpfigen Unterstützungskomitee sind zahlreiche Land- und Forstwirt:innen, Vertreter:innen von Gemeinden, Tourismus, Wissenschaft und zahlreiche Künstler:innen wie Josef Hader, Pia Hierzegger, Oliver Ressler, Roland Düringer, Lukas Miko und Felix Kramer unterstützen dieses Anliegen.“

Eine lebenswerte Zukunft für die Menschen in Österreich und Europa wünschen sich auch die Schüler:innen der Mittelschule Enkplatz. In einem Brief an die Politiker:innen des Landes, verlesen von Juliana Krohn von der S4F-Regionalgruppe West, schreiben sie: „Wir haben ein Recht auf eine Zukunft. Die älteren Generationen dürfen unsere Lebensgrundlage nicht zerstören. Das ist auch in der Verfassung als Generationengerechtigkeit festgeschrieben.“

In Richtung der Blockierer im Burgenland, in der ÖVP und FPÖ findet Renate Christ eindeutige Worte: „Wollen Sie mit ihrem Nein verantwortlich sein für Verwüstungen durch Hochwasser und womöglich den Verlust von Menschenleben, die durch naturnahe Flussläufe und genügend Retentionsflächen vermeidbar gewesen wären? Wollen Sie verantwortlich sein für Dürrekatastrophen, die durch naturnahe Bodenbewirtschaftung vermeidbar gewesen wären? Wollen sie mit ihrem Nein verantwortlich sein für Schädlingsbefall auf Agrarflächen und in Wäldern und ausufernde Waldbrände? Und denken sie schließlich an eine unsere wichtigen Einnahmequellen, den Tourismus für den landschaftliche Schönheit noch ein Markenzeichen ist und für den Meldungen über Vermurungen, Überflutungen und Straßensperren keine gute Werbung sind?“

Mit den positiven Signalen aus Wien und Kärnten, scheint die einstimmige Blockade der Landeshauptleute nun zu bröckeln. Gestern machte Landeshauptmann Ludwig auch ein entsprechendes Schreiben an die

Landeshauptleutekonferenz bekannt, das den Entwurf einer neuen, positive Stellungnahme der Länder enthält.5 EinesolcheStellungnahmewürdeebensowieeindokumentierterDissensunterdenLändernnach Einschätzung von Verfassungsexperten den Weg für die Zustimmung aus Österreich durch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler frei machen.

Für Prof. Reinhard Steurer, der sich insgesamt ungewöhnlich optimistisch zeigt, ist die Bewertung der politischen Lage damit heute deutlich komplizierter als noch vor zwei Wochen. Grund für den Optimismus ist, dass es für die SPÖ auch gute politstrategische Gründe für den Richtungswechsel gibt: „Zum einen kann sich die SPÖ mit ihrer Zustimmung zum Renaturierungsgesetz in einem wichtigen Thema deutlich von der ÖVP abgrenzen, zum anderen kann man im EU-Wahlkampf Grün-affine Wähler:innen ansprechen. Ohne eine Zustimmung zum Renaturierungsgesetz wird es zwischen Rot und Grün keine nennenswerten Wählerströme geben.“ Ein Veto-Recht der ÖVP-Ministerien, wie es in den letzten Tagen diskutiert wurde, sieht Steurer nicht.

“Österreich kann und muss sich im EU-Rat am 17. 06. zum Renaturierungsgesetz bekennen. Denn eine einheitliche Ablehnung der Bundesländer zum aktuellen Entwurf gibt es nicht. Der Brief von Peter Kaiser und Michael Ludwig ist ein notwendiges und wichtiges Bekenntnis aus Kärnten und Wien. Es braucht ein klares JA zu Klima- und Naturschutz als Antwort auf die Biodiversitäts- und Klimakrise!” meint auch Laila Kriechbaum, Sprecherin der Fridays For Future Österreich.

Die Stimme Österreichs ist entscheidend, um das für unsere Lebensgrundlage so zentrale EU- Renaturierungsgesetz im Interesse der 450 Millionen EU-Bürger:innen auf den Weg zu bringen. Wir fordern daher erneut alle politischen Kräfte in Österreich auf: Folgen Sie dem dringenden Handlungsaufruf zahlreicher EU-Mitgliedsstaaten und der Wissenschaft und dem Willen der Menschen – lassen Sie das Renaturierungsgesetz Realität werden!

Die Demonstration wird unterstützt von:
WWF – Fridays for Future Austria – Klima Volksbegehren – Parents for Future – Artists for Future – Teachers4Future – Austria Guides for Future – Bird Life Österreich – Klimahauptstadt 2024 – Vernunft statt Ostumfahrung – Verkehrswende.at

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Entwurf des kommunalen Bodenschutzplans des Gemeindebunds verhindert Zersiedelung bislang nicht

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Stellungnahme von Scientists for Future Fachgruppe Bodenverbrauch zum Entwurf des kommunalen Bodenschutzplans des Österreichischen Gemeindebundes und zu der von Gemeindebundpräsident Bgm. DI Johannes Pressl am 02.05.2024 präsentierten Umfrage unter Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern.

Die Fachgruppe Bodenverbrauch der Scientists for Future begrüßt grundsätzlich die Absicht des Gemeindebundes zur Umsetzung der Bodenstrategie der ÖROK. Diese wurde im Februar dieses Jahres von den Raumplanungslandesrätinnen und -räten unter Anwesenheit von politischen Vertretungen des Städte- und Gemeindebundes beschlossen. Eine erste Durchsicht des darauf aufbauenden kommunalen Bodenschutzplanentwurfs des Gemeindebundes vom 19. März 2024 zeigt jedoch noch Überarbeitungsbedarf. Der Entwurf enthält zwar eine umfangreiche Aufzählung grundsätzlich geeigneter Maßnahmen, lässt jedoch Verbindlichkeiten und klare Umsetzungsziele vermissen. Auch Maßnahmen zur Verhinderung der Bodenspekulation sucht man vergebens. Die Erfahrungen der letzten 20 Jahre haben gezeigt, dass Bekenntnisse zum sorgsamen und verantwortungsvollen Umgang für den Schutz der Ressource Boden allein unzureichend sind. Auch weist die S4F-Fachgruppe Bodenverbrauch darauf hin, dass die vom Gemeindebund vorgeschlagene Maximalgröße von Einfamilienhausparzellen von 700 m2 für eine flächensparende Baulandentwicklung ungeeignet ist. Damit würde die Zersiedelung weiterhin fortgesetzt.

Maria Baumgartner, Landschaftsplanerin und Lehrbeauftragte für Raumplanung an der TU Graz und FH Joanneum: „Der Vorschlag von 700 m2 ist viel zu hoch. Zahlreiche Beispiele in Österreich und in anderen europäischen Ländern zeigen, dass qualitätsvolle Einfamilienhäuser mit Gärten schon auf 150 m2 Grundfläche realisiert werden können (vgl. BÖSE-VETTER et al. 2013: 33 f.). Auf 700 m2 könnten nicht nur ein, sondern bis zu vier Einfamilienhäuser mit zwei bis drei Stockwerken und einer Nutzfläche von mindestens 110 – 160 m2 pro Haus in geschlossener Bauweise errichtet werden. Diese Bauweise ist für viele historische Ortskerne in Österreich typisch und auch im Sinne von Orten der kurzen Wege”.

Bedauert wird seitens der S4F-Fachgruppe Bodenverbrauch insbesondere, dass der Gemeindebund sich bislang kaum dafür engagiert, dass das in der Bodenstrategie für Österreich auf Seite 12 und 15 verankerte EU-Ziel des Netto-Null-Flächenverbrauchs bis 2050 umgesetzt wird. Hierfür bräuchte es einen klaren Zeit- und Maßnahmenplan. „Wenn dies der kommunale Bodenschutzplan in seiner finalen Version leistet, wäre das ein wirklicher Meilenstein”, so Baumgartner weiter. Dass fast 70 % der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die bisherige Linie des Gemeindebundes unterstützen und eine Obergrenze beim Flächenverbrauch ablehnen, sollte zum Anlass für mehr Wissensaustausch und Verantwortungsteilung genommen werden. Der Jurist Bernhard Spuller äußert sich dazu sehr klar: „Eine Umfrage unter Bürgermeister:innen ist als Argument zur Ablehnung völlig untauglich, zumal diese Organe keinerlei Sanktionen für die Einhaltung der EU-Bodenschutzstrategie zu befürchten haben. Das Dilemma: Die Bundesregierung hat später mit erheblichen Strafzahlungen für etwas einzustehen, wofür sie keine Umsetzungskompetenz hat. Und die Länder und Gemeinden wollen ihre Kompetenzen in dieser Thematik nicht beschränkt wissen”.

Da die Zeit drängt, wird von der S4F-Fachgruppe Bodenverbrauch im Falle des Nichteinlenkens der Länder und Gemeinden für verbindliche Ziele eine offene Diskussion über Kompetenzreformen in der Raumordnung gefordert. Eine Reform könnte z. B. eine Widmungsentscheidung mit zusätzlichen Umweltimplikationen nicht in die ausschließliche Verantwortung der Gemeinden legen. Dies hätte auch den Effekt, dass die gemäß einer Aussendung des Gemeindebundes vom April 2024 schon sehr belasteten Bürgermeister:innen Verantwortlichkeiten und Kompetenzen teilen könnten. Einige Gemeinden in der Steiermark nutzen diese Möglichkeit der Verlagerung auf die Bezirksverwaltungsebene beispielsweise bereits bei gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren.

Die angedachten Maßnahmen des kommunalen Bodenschutzplans und die aktuellen Reaktionen der Bürgermeister:innen zeigen eindrücklich, dass hier noch größerer Diskussions-, aber auch Handlungs- und Unterstützungsbedarf für die Gemeinden besteht. Hier gilt es, den Gemeinden nicht nur die teils noch fehlende rechtliche Handhabe für Beschränkungen der Bodeninanspruchnahme zu geben, sondern auch die Entscheidungsfindung dieser vielschichtigen Materie auf eine breitere Basis zu stellen. Dazu gehört auch, die steuerrechtlichen Fragen rund um die Kommunalsteuer an die geänderten Ziele und Notwendigkeiten anzupassen. Fehler der Vergangenheit könnten somit korrigiert und die Zukunft nachhaltiger gestaltet werden.

Die seit vielen Jahren geforderte Umsetzung des Bodenschutzes verlangt, gesellschaftliche und politische Prozesse neu zu denken. Die Politik ist gefordert, die für Erreichung dieser Ziele notwendigen und begleitenden Maßnahmen rasch und verbindlich in geeigneter (Gesetzes-)Form zu beschließen. Jene Gemeinden, die interessiert sind, ihren Bodenverbrauch auch quantitativ zu beschränken und mit gutem Beispiel vorangehen, sollten darin unterstützt und belohnt werden.

FG Bodenverbrauch, DI Maria Baumgartner & Mag. Bernhard Spuller

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Aktivismus Camp im Volkskundemuseum

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Was ist Aktivismus? Wer macht Aktivismus? Und was braucht der Aktivismus der Zukunft?

Um diese und andere Fragen zu verhandeln, sind in den nächsten Wochen zahlreiche österreichische und internationale Gruppierungen der Klimagerechtigkeitsbewegung mit ihren lokalen und globalen Bestrebungen in den Räumlichkeiten des Volkskundemuseums versammelt. Denn während der Rat der Freien Republik Wien im ersten Stock des Museums zu seinen Hearings lädt, schlagen Aktivist:innen mit 17. Mai im Erdgeschoss des Hauses für fünf Wochen ihr Camp auf.

Das ungeliebte, aber existenzielle Thema Klimakrise ins Bewusstsein zu rufen, ist zwar eine hohe Kunst, die die Aktivist:innen wie kaum andere beherrschen. Doch die selbstorganisierten Räume des Aktivismus dienen immer auch dem kritischen Ausloten und Hinterfragen: von Fridays For Future und Jugendrat über die Letzte Generation bis zu Attac und Global 2000, insgesamt kommen mehr als zwanzig Gruppen und NGOs ins Gespräch über aktivistische Strategien und politische Ziele.

Das alles passiert nicht hinter verschlossenen Türen. Die interessierte Öffentlichkeit ist ausdrücklich eingeladen, die vielfältige Bewegung kennenzulernen und mit ihren Verfechter:innen darüber zu diskutieren, wie die drohende Klimakatastrophe noch abzuwenden ist. Etwa beim moderierten und insbesondere für Neuzugänge offenen Vernetzungs-Event des Civil Action Networks am 16. Juni, bei Berichten von System Change not Climate Change über die aktuelle Besetzung in der Fischa-Au nahe Wr. Neustadt, bei Protest-Trainings der Letzten Generation, einem zweitägigen Workshop der Radikalen Töchter zu Macht und Aktionskunst von 31.5.-1.6., wöchentlich stattfindenden Schulworkshops des Jugendrats, einer Diskussionsrunde von St.Marx für Alle, die umkämpfte urbane Freiräume in den Fokus rückt, bei der Workshopreihe des Klima Puzzles, der Attac Soli Party oder in den kreativen Räumen der Artists For Future – das Programm spiegelt durchwegs die Vielschichtigkeit der Bewegung wider.

Auch wenn inhaltliche Auseinandersetzungen durchaus hitzig werden dürfen – im Camp organisieren die Initiativen zahlreiche Angebote für Regeneration und Ausgleich für alle, die sich für sozial gerechten Klimaschutz stark machen (wollen). Die Gestaltung des Aktivismus Camps ist dabei selbst ein Experiment das untersucht, was entsteht, wenn die selbstorganisierte Klimabewegung auf den institutionell-kulturellen Kontext der Klima Biennale trifft.

Die drei Schwerpunkte des Aktivismus Camps

Austausch zwischen den Klima-Gruppen und die Vernetzung der Aktivisti findet in Plena und Diskussionen, wie z.B. bei der Präsentation des Buchs Kipppunkte – Strategien im Ökosystem der Klimabewegung, und informell beim gemeinsamen Kochen und Essen mit der Solidarity Kitchen Vienna, statt.

Die Bewegung für Klimagerechtigkeit tritt in den Diskurs mit der Öffentlichkeit. Mit RiseUp, LobauBleibt, Klimavolksbegehren & Zukunftsallianz! bietet das Aktivismus Camp im Volkskundemuseum Wien die Gelegenheit, mit den Menschen hinter den Initiativen ins Gespräch zu kommen. Und mit Klima-Beschwerdechor und den Filmscreenings mit Christoph Schwarz und Oliver Ressler zeigen sich auch pointierte bis unterhaltsame Stimmen des Klimaaktivismus.

Das fünfwöchige Camp hat schließlich auch ein Angebot speziell für Aktivist:innen. Professionelle Coaches und Psychologinnen bieten Räume für persönliche Reflexion des eigenen Engagements an und Greenpeace oder Global 2000 geben ihre Skills für den politischen Kampf an die Klimaschützer:innen weiter.

In Summe mehr als 50 Programmpunkte, viele davon öffentlich – alle Termine und beteiligten Gruppen finden sich auf https://www.biennale.wien/projekte/aktivismus-camp bzw. im Camp- Kalender: https://tinyurl.com/KlimabiennaleAktivismusCamp

Beteiligte Gruppen

Artists For Future Austria, Attac, Civil Action Network, Das Klima Puzzle – The Climate Fresk, Ecosystem of Change, Extinction Rebellion, Fridays For Future Austria, GLOBAL 2000, Greenpeace, Health For Future Wien, Jugendrat, Klimavolksbegehren, Klimabox, Letzte Generation, LobauBleibt!, Lobau Forum, Parents For Future Austria, Psychologists For Future Austria, Radikale Töchter, Rettet die Lobau, RiseUp Wien, Scientists For Future Austria, Solidarity Kitchen Vienna, St. Marx für Alle, System Change not Climate Change, Teachers For Future Austria u.v.m.

Pressefotos (Kostenfreie Nutzung gestattet, Urheberrechte bei Aktivismus Camp) https://drive.google.com/drive/folders/1zGvPLQLBNXw7WiWroXJ1AsV4YAL_ZqK9

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30 Wissenschaftler:innen protestieren vor der Parteizentrale der NEOS (Protestserie der Scientists for Future)

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Wien, 06.05.2024: Um 8 Uhr versammelten sich 30 Wissenschaftler:innen unterschiedlicher Universitäten, Forschungseinrichtungen und Disziplinen vor der Parteizentrale der NEOS, um auf das Sicherheitsrisiko Klimakrise aufmerksam zu machen und eine effektive, wissenschaftsbasierte und sozial gerechte Klimapolitik einzufordern. Prof. Sigrid Stagl, Ökonomin an der Wirtschaftsuniversität Wien und Prof. Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der BOKU Wien, analysierten die klimapolitische Strategie der NEOS aus dem Blickwinkel ihrer jeweiligen Fachgebiete. “Das Beispiel der LED-Lampe zeigt dies deutlich: Auch Verbote führen zu Innovationen – und sind damit auch ein wichtiger Teil der Lösung in der Klimakrise. Leider ist das bei den NEOS nicht angekommen. Sonst zeichnen sie sich oft durch rationale Ansätze aus”, resümiert Sigrid Stagl.

Klimakrise als Sicherheitsrisiko – Klimaschutz als Chance

Die Folgen der globalen Erwärmung sind weitreichend: von häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen über Ernteverluste, Wasser- und Nahrungsmittelknappheit bis hin zum Verschärfen bestehender Krisen und Konflikte und dem Auslösen von Migrationsbewegungen. Unzureichender Klimaschutz sowie ungenügende Anpassung an unvermeidbare Klimafolgen bedrohen auch in Österreich die Gesundheit, den Lebensstandard und die wirtschaftliche Existenz vieler Menschen. Hitzewellen stellen beispielsweise in Österreich die größte klimawandelbedingte Gesundheitsgefahr dar, die unmittelbar lebensbedrohlich sein kann [1].

Auf dieses Sicherheitsrisiko machen die Scientists for Future mit ihrer Kampagne im Klimawahljahr 2024 aufmerksam. Klimaschutz hingegen ist Zivilisationsschutz mit weitreichenden, positiven Folgen in vielen Lebensbereichen der Menschen. Klimafreundliche Strukturen können Ungleichheiten abbauen und mit sozialstaatlichen Maßnahmen kombiniert werden [2].

Statt “invisible hand” mit “invisible foot” zu geringem ökologischen Fußabdruck

“Märkte werden durch bewusst gesetzte Regeln strukturiert. Die Frage ist daher nicht, ob, sondern wie der Markt reguliert wird”, betont Stagl: “Das hängt davon ab, welche Ziele erreicht werden sollen. Angesichts der Faktenlage muss der Klimaschutz oberste Priorität haben. Nicht zuletzt deshalb, weil die Klimakrise bestehende Krisen verschärft und jene besonders trifft, die am wenigsten dazu beigetragen haben.

Erfreulich sei, dass Österreich mit den NEOS eine liberale Partei rechts der Mitte hat, die sowohl die Klimakrise ernst nimmt als auch grundlegende Lösungsvorschläge anbiete, ergänzt Reinhard Steurer: “Die NEOS sind damit eine wichtige Alternative zur ÖVP, die die Klimakrise leider oft verharmlost und Lösungen blockiert. Kritisch zu sehen ist, dass die NEOS zu sehr auf Marktmechanismen setzen und bei der Notwendigkeit von Ge- und Verboten oftmals blind sind.”

“Die Lösung von Klima- und Umweltproblemen erfordert politischen Gestaltungswillen mit vielfältigen Instrumenten ohne ideologische Scheuklappen. Nur auf Technologie und marktbasierte Instrumente zu setzen, ohne über Ge- und Verbote nachzudenken, macht Klima- und Umweltpolitik weniger wirksam und riskiert soziale Probleme,” ergänzt Stagl. “Würden die NEOS diesen blinden Fleck korrigieren, wären wir unverzichtbaren ordnungsrechtlichen Lösungen, wie zum Beispiel einem Werbeverbot für klimaschädliche Produkte, einen Schritt näher” resümiert Steurer.

[1] APCC (2018). Österreichischer Special Report Gesundheit, Demographie und Klimawandel (ASR18). Austrian Panel on Climate Change (APCC), Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, Österreich, 340 Seiten, ISBN 978-3-7001-8427-0.

[2] APCC (2023). APCC Special Report Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben) [Görg, C., V. Madner, A. Muhar, A. Novy, A. Posch, K. Steininger und E. Aigner (Hrsg.)]. Springer Spektrum: Berlin/Heidelberg.

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Großglockner-Hochalpenstraßen-AG: Greenwashing empört Wissenschaftler:innen

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Expert:innen der Fachgruppe für Mobilität der Scientists for Future zeigen sich empört über die jüngsten Aussagen der Großglockner-Hochalpenstraßen-AG, die mit Blick auf Sanierungsmaßnahmen im Bereich der A10 Tauernautobahn in diesem Sommer die Großglockner Hochalpenstraße als „klimaschonende Alternative“ darstellten.

Großglockner-Hochalpenstraße als Transitroute – geht’s noch?

Am 11. April ging die Großglockner-Hochalpenstraßen-AG mit dem Slogan „Staufrei über den Großglockner“ an die Öffentlichkeit (APA-OTS, ORF Kärnten). Anlass sind die für Mai, Juni sowie September und Oktober dieses Jahres geplanten Bauarbeiten auf der A10 Tauernautobahn. In diesen Zeiten soll der Kfz-Verkehr in den beiden Scheiteltunneln jeweils nur durch eine Röhre im Gegenverkehr geführt werden. Für die Betreibergesellschaft der Hochalpenstraße ist das scheinbar ein willkommener Anlass, den Autoverkehr in der Hochgebirgsregion, quer durch Nationalpark und Landschaftsschutzgebiet zu maximieren. Man wirbt damit, dass „diese Strecken im Wesentlichen gleich lang sind“ und „keine zusätzlichen Pfade auslösen“ (O-Ton GROHAG-Vorstand Johannes Hörl).

Fake statt Fakten

Diese Aussagen haben mit Fakten und Realität wenig zu tun: Die Strecke von Bischofshofen bis Spittal/Drau beträgt auf der A10 104 km, über die Glocknerstraße 188 km. Diese Route führt auf 2.500m Höhe in hoch sensibles alpines Gelände. Eine Abkürzung in Richtung Italien über den Plöckenpass ist derzeit nicht möglich. Rechnet man mit 1.000 Autos pro Tag über drei Monate ergibt das über 10 Millionen Fahrkilometer. Daraus ergeben sich über 2.000 Tonnen CO2-Ausstoß, Feinstaubbelastungen und entsprechende Unfallzahlen. Selbst bei einröhrigem Betrieb wird im Vergleich weder die Strecke auf der A10 länger, noch fallen zusätzliche Höhenmeter ins Gewicht. Durch Tempo 60 im Tunnel und bei gutem Fahrverhalten wird sich die Fahrtzeit etwa um 10 Minuten erhöhen. Der Klimabilanz ist die niedrigere Geschwindigkeit jedenfalls zuträglich. Dass es zeitweise zu Staus kommen wird, ist unter diesen Rahmenbedingungen das kleinere Übel. Bequemer und klimaschonender ist freilich der Umstieg auf die Bahn. Aussagen zu den vermeintlichen Klimaschutzmaßnahmen wie Tempo 70 oder neue E-Ladepunkte auf der Glocknerstraße, durch die sich die Klimabilanz um 90 % verbessern soll, können nur als Greenwashing bezeichnet werden. Auf einer Straße, die mit 36 Serpentinen rund 1.500 Höhenmeter überwindet, spielt eine Temporeduktion kaum eine Rolle für die Emissionen. Und auch noch so viele E-Ladestationen können bei einem Verbrenner ein einziges Gramm CO2 einsparen.

„Offensichtlich ist es für eine öffentliche Infrastrukturgesellschaft heute immer noch möglich, aus kommerziellen Motiven klar natur- und klimaschädliche Aktivitäten zu entwickeln und scham- und verantwortungsbefreit flockige Messages zu verbreiten. So liegt denn auch der wahre Skandal an dieser reichlich unlustigen Posse nicht so sehr in der Verdrehung von Tatsachen zugunsten des Geschäftszwecks, sondern darin, dass die Tourismuswirtschaft das Auto nach wie vor als Vehikel der Gewinnmaximierung betrachtet – je höher die Frequenz – desto besser.“ zeigt sich Johannes Fiedler von der Fachgruppe Mobilitätswende schockiert.

Dabei wäre es im Jahr nach einer präzedenzlosen Gletscherschmelze infolge jahrzehntelang ungebremsten CO2-Ausstoßes im Straßenverkehr eigentlich angebracht, über ein neues Betriebsmodell der Großglockner-Hochalpenstraße nachzudenken – ohne individuellen Kfz-Verkehr, mit E-Bussen und E-Rädern. Gerade der Blickauf die dahinschwindenden Überreste der ehemals mächtigen Pasterze würde das dringend nahelegen.

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An die 100 österreichische Wissenschaftler:innen unterschiedlicher Fachrichtungen fordern Politik auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Klimakrise (Protestserie der Scientist for Future)

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Bei einer öffentlichen Pressekonferenz am 4. April 2024 machten sie auf das Sicherheitsrisiko durch unzureichende Klimapolitik aufmerksam, und verlangten Politik mit Sachverstand im Super-Wahljahr. “Es geht um die Zivilisation, wie wir sie kennen – um Zivilisationsschutz. Wir hoffen, dass die ÖVP eine einer staatstragenden Partei entsprechende Klimapolitik entwickelt – und das noch vor den EU und NR Wahlen” so Dr. Nicolas Roux von der Universität für Bodenkultur Wien.

Sicherheitsrisiko Klimakrise
Die globale Erderhitzung liegt mit 1.48 °C über dem vorindustriellen Durchschnitt (1850 – 1900) gefährlich nahe an der 2015 in Paris völkerrechtlich bindend fixierten 1,5 °C-Grenze [1]. Was nach einem Zahlenspiel klinge, sei für die menschliche Zivilisation eine äußerst relevante Sicherheitsfrage erklärt Roux: “Mit der derzeitigen Klimapolitik wird es in Europa zwei- bis dreimal so viele Hitzetote geben, als wenn wir durch effizienten Klimaschutz die Erderhitzung langfristig auf 1,5 °C beschränken können. Da geht es um tausende Menschenleben jedes Jahr [2,3].”

Steinzeit-Metaphern der Volkspartei sind klimaschädlich
Das Regierungsprogramm 2020-2024 versprach, unsere Rechtsordnung klimafit zu machen. Es sei allerdings nur ein geringer Teil davon verwirklicht, resümiert die Juristin Dr. Leonore Theuer: “Jede weitere Erhitzung stellt für uns ein Risiko dar, das wir mit allen verfügbaren Möglichkeiten verhindern sollten – dafür müssen wir die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen.“ Nicht förderlich dafür sei dabei die Rhetorik der Volkspartei. “Alleine der ‘nicht-Bau’ einer neuen Straße kann laut ÖVP zurück in die Steinzeit führen. Dies ist eine völlig realitätsfremde Betrachtung, die einen konstruktiven Klimadiskurs unterläuft. Mit Blockade und Weiter-Wie-Bisher kommen wir da auch nicht raus.” so Dr. Willi Haas, Stellvertretender Institutsleiter des Instituts für Soziale Ökologie, BOKU.

Jetzige Politik der Volkspartei führt in die Klimakatastrophe
Die eskalierende Klimakrise erfordere Klimapolitik mit Sachverstand statt Hausverstand erklärt Prof. Reinhard Steurer, denn „wie wir spätestens seit der Pandemie wissen, ist der Hausverstand bei der Lösung hochkomplexer Probleme ein Trottel. Klimapolitik mit Hausverstand ist wie Pandemiepolitik mit Pferde-Entwurmungsmittel: für viele tödlich“. Nicht nur die Kickl-FPÖ sondern auch die Nehammer-ÖVP seien somit ein Sicherheitsrisiko für Österreich: „Die Klimapolitik der ÖVP ist ein Sicherheitsrisiko, weil sie nicht nur Sicherheit und Wohlstand, sondern letztlich auch Menschenleben gefährdet“. Natürlich sei eine Klimapolitik mit Sachverstand dann eher möglich, wenn diese von einer großen Mehrheit eingefordert wird. Das Super-Wahljahr 2024 biete dafür zahlreiche Möglichkeiten, so Steurer.
 
2024: Jahr der Wende
“2024 wird ein Jahr der Wenden – in jeglicher Hinsicht. Werden in der EU und in Österreich klimaskeptische, wissenschaftsleugnerische Parteien an die Macht kommen oder hören Entscheidungsträger:innen die einheitliche Stimme der Wissenschaft und erkennen den Ernst der Klimakrise? Diese Stimme der Wissenschaft wird im nächsten Jahr laut sein, wir werden sie im Laufe der nächsten Monate vor die Parteizentralen aller Parteien tragen!” fasst Roux zusammen. Die Scientists For Future kündigen außerdem an, gemeinsam mit anderen Klimabewegungen Fragen an die wahlwerbenden Parteien zu stellen und deren Beantwortung sowie eine wissenschaftliche Einordnung zu veröffentlichen. Damit wollen sie für die Wähler:innen eine wissenschaftliche Basis für ihre Wahlentscheidung schaffen.

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Lösungen für das Wohlergehen der Allgemeinheit statt Blockade und Scheinlösungen beim Klimaschutz

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Offener Brief an den Verein oecolution und dessen finanzierende Organisationen Wirtschaftskammer Österreich und Industriellenvereinigung

Sehr geehrte Frau Mag.a Elisabeth Zehetner,

vielen Dank für die klare öffentliche Positionierung zu den Herausforderungen des globalen Klimawandels. Bedauerlicherweise scheinen Sie einer Sichtweise anzuhängen, die primär die wirtschaftlichen Erfolge einiger Einzelakteure im Fokus hat, anstatt Lösungen für das Wohlergehen der Allgemeinheit zu suchen. In Ihrer Stellungnahme zum Entwurf des Nationalen Klima- und Energieplans stellen Sie den bereits ausverhandelten Beitrag Österreichs zur Reduktion der Treibhausgase infrage und propagieren technologische Lösungen, ohne deren tatsächliches Potenzial zu nennen. Darüber hinaus bedeutet die Forderung, Österreich möge zum Ausgleich der Zielverfehlung Emissionszertifikate aus anderen Ländern ankaufen, eine Bestrafung all jener Akteure, die sich jetzt schon um echte Lösungen bemühen, und ein Abwälzen von Kosten aus der weiteren Verwendung fossiler Energieträger.

Im Artikel aus den OÖ Nachrichten vom 11.3.2024 sprechen Sie etwa von einer Erhöhung des biogenen Anteils in Treibstoffen. Mit einfacher Recherche und Rechnung sollte klar sein, dass dies zu großen Konflikten in der Flächennutzung und dem weiteren Verlust von Biodiversität führt.

Es muss auch klar sein, dass die anhaltende Blockadehaltung, die von den Verein oeculotion finanzierenden Organisationen Wirtschaftskammer Österreich und Industriellenvereinigung propagiert wird, ein Risiko für den Standort darstellt. Innovationen entstehen dort, wo die Akzeptanz wissenschaftlicher Erkenntnisse herrscht und es klare politische Zielsetzungen gibt. Durch Scheinlösungen, die unter dem Titel „Technologieoffenheit“ daherkommen sowie ein Infragestellen der Ambitionen zur Begrenzung des Klimawandels, wird das Gegenteil erreicht. Ein Verharren in veralteten Technologien und fossilen Energieträgern führt zu Rohstoffabhängigkeit und Krisenanfälligkeit.

Als vernünftige Lösungswege schlagen wir vor, einerseits den Verbrauch an Ressourcen und Primärenergie durch Effizienzsteigerungen zu reduzieren, und andererseits die fossilen Energieträger durch erneuerbare Quellen zu ersetzen. Beide Ansätze sichern die Versorgungssicherheit und bieten genug Raum für die wirtschaftliche Entwicklung aufgrund heimischer Innovationen. Warum sollten Österreich und Europa hier nicht die Vorreiterrolle einnehmen?

Unterzeichnende Organisationen

  • Klima-Allianz Oberösterreich
  • Scientists4Future Oberösterreich
  • Parents For Future Oberösterreich 
  • Südwind Oberösterreich
  • Fridays For Future Rohrbach

Weiterführende Informationen

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