Klimaschutz spart Gesundheitskosten – das rentiert sich
von Martin Auer

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Lesedauer 3 Minuten.   

Klimaschutz? Ja, natürlich, brauchen wir. Aber man muss auch an die Kosten denken! Wer soll denn das bezahlen? Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen: Klimaschutz lohnt sich. Und zwar nicht erst in hundert Jahren, sondern schon in den nächsten Jahrzehnten. Allein der Wert des Nutzens für die Gesundheit wiegt die Kosten für die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen auf. Und zwar nicht nur im ideellen Sinn, sondern nüchtern volkswirtschaftlich berechnet.

62 führende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus 21 Ländern haben die 10 neuesten Erkenntnisse der Klimawissenschaften des Jahres 2021 in einem 56 Seiten starken Bericht zusammengefasst. Als Partnerschaft von The Earth League, Future Earth und dem World Climate Research Programme (WCRP) wurde der Bericht in einer Pressekonferenz zusammen mit UNFCCC (United Nations Framework Convention on Climate Change) am 4. November bei der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow vorgestellt.

Dadurch, dass mehr und bessere Daten über Gesundheit und Wirtschaft zur Verfügung stehen, insbesondere auch von Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen, können die Kosten von Klimaschutzmaßnahmen einerseits und der Zusatznutzen von solchen Maßnahmen im Gesundheitsbereich andererseits besser berechnet werden, obowohl natürlich noch viel Forschungsarbeit notwendig ist.

Durch Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen könnten zum Beispiel in Deutschland im Jahr 2040 mehr als 200 Todesfälle pro 100.000 Einwohner*innen vermieden werden, und zwar Todesfälle durch Luftverschmutzung, durch falsche Ernährung und durch Bewegungsmangel. In den USA wären es über 250 Todesfälle pro 100.000 Einwohner*innen, in China über 300.

Durch die Vermeidung von Feinstaub würde sich die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen auf der Erde um 2,2 Jahre verlängern.

Jede Megatonne (1 Mio t) eingespartes Methan würde jährlich 1.430 vorzeitige Tode durch Ozon verhindern, den Verlust von 400 Millionen Arbeitsstunden durch Hitze vermeiden, und die Ernteerträge von Weizen, Sojabohnen, Mais und Reis um Tausende Tonnen jährlich erhöhen.

Wie wirken sich Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor auf die Gesundheit aus? Die wichtigste Voraussetzung ist eine bessere Stadt- und Raumplanung, die kürzere Wege schafft, den Verzicht aufs Auto erleichtert und die Möglichkeiten für aktive Mobilität, also sicheres und angenehmes Radfahren und zu Fuß gehen verbessert. Zusätzlich müssen die verbleibenden Fahrzeuge elektrifiziert werden. Das alles bringt Gesundheitseffekte durch verminderte Luftverschmutzung, verminderte Lärmverschmutzung, verminderte Verkehrsunfälle und verminderte Krankheiten durch Bewegungsmangel. Der Gesundheitsnutzen von Radfahren und Gehen ist natürlich umso größer, je geringer die Gefahr von Unfällen ist. Es kommt also auf die geeignete Infrastruktur ebenso an wie auf die individuelle Entscheidung für aktive Mobilität.

Im Bereich Land- und Forstwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung wirken sich Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität sowohl auf das Klima als auch auf die Gesundheit positiv aus. Der Erhalt der Biodiversität ist notwendig, um unsere Ernährung zu sichern und uns vor Krankheiten zu schützen. Erholung in der Natur wirkt sich positiv auf die seelische Gesundheit aus. Die zunehmende Entwaldung führt auch dazu, dass immer wieder Infektionskrankheiten von Tieren auf Menschen überspringen. Durch einen Stopp der Rodungen kann auch diese Gesundheitsgefahr verringert werden. Der Klimawandel könnte auch dazu führen, dass sich der Nährstoffreichtum1 von Nahrungspflanzen verringert. Eine Reduzierung des Fleischverbrauchs würde die Emissionen des starken Treibhausgases Methan ebenso verringern wie die Zahl von Herz- Kreislauferkrankungen.

Ein großer Teil der Luftverschmutzung durch Feinstaub entsteht im Energiesektor durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Diese Luftverschmutzung fordert jährlich Millionen Todesopfer. Sie hat auch dazu beigetragen, dass mehr Menschen an der Lungeninfektion Covid-19 gestorben sind. Der Umstieg auf saubere Energien hat also positive Auswirkungen sowohl auf das Klima als auch auf die Gesundheit.

Diese Erkenntnis, dass Klimaschutzmaßnahmen sich schon innerhalb kurzer Zeit lohnen, weil sie Einsparungen bei Gesundheitskosten bringen, sollte globalen und nationalen Entscheidungsträger*innen die Entscheidung für solche Maßnahmen erleichtern.

Aber auch jeder und jede Einzelne kann durch klimagerechtes Verhalten die eigene Gesundheit fördern und auch Kosten sparen. Ein Fahrrad, kombiniert mit öffentlichem Verkehr und Car-Sharing, ist billiger als ein eigenes Auto, eine gute Wärmeisolierung fürs Haus amortisiert sich oft in einigen Jahren und Gemüse, Obst und Getreideprodukte sind billiger als Fleisch – und der eigene Cholesterinspiegel sollte einem auch etwas Wert sein.

Quelle: Future Earth, The Earth League, WCRP (2021). 10 New Insights in Climate Science 2021. Stockholm. https://doi.org/10.5281/zenodo.5639539

https://10insightsclimate.science/

Gesichtet: Elisabeth Ötsch
Titelbild: Martin Auer


1Siehe auch unseren Beitrag: Bauern weltweit müssen sich schon innerhalb des nächsten Jahrzehnts auf neue Klimarealität einstellen

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