Am Sonntag renaturieren und von Montag bis Freitag zubetonieren? S4F-Protest vor der SPÖ-Zentrale

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Klimawahljahr 2024 – Wissenschaftler:innen analysierten die Klimapolitik der SPÖ und stellten bei einer Aktion vor der Parteizentrale der SPÖ ein durchwachsenes Zeugnis aus: “Die Klimapolitik hat in der SPÖ unter dem Parteivorsitzenden Andreas Babler an Bedeutung gewonnen. Teile der SPÖ treiben allerdings nach wie vor den Bau neuer Autobahnen voran oder setzen auf Klimaschutz, den niemand merkt – Montag bis Freitag betonieren und am Sonntag renaturieren wird nicht reichen. Wir erwarten uns von der SPÖ mehr Mut und Klarheit in der Klimapolitik”, fasst Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik, zusammen. Dass sich die SPÖ für die Zustimmung zum Renaturierungsgesetz ausgesprochen hat, sei positiv zu beurteilen, erklärt Prof. Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien. 
Abgeordnete zum Nationalrat Julia Herr stellte sich der Diskussion und betonte, dass die SPÖ den Austausch mit der Wissenschaft sucht.

Reinhard Steurer: Am Sonntag renaturieren und von Montag bis Freitag zubetonieren – das geht sich nicht aus

Reinhard Steurer ist assoz. Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien.


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Reinhard Steurer: Am Sonntag renaturieren und von Montag bis Freitag zubetonieren – das geht sich nicht aus

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Sigrid Stagl: Der Schlüssel ist die soziale Frage

Prof. Sigrid Stagl ist Ökonomin am Department für Sozioökonomie der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien


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Sigrid Stagl: Der Schlüssel ist die soziale Frage

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Günter Emberger: Die SPÖ muss ihre selbstgesteckten Ziele konsequent verfolgen

Günter Emberger ist Professor am Institut für Verkehrswissenschaften der Technischen Universität (TU) Wien


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Die Rede von Prof. Günter Emberger zum Nachlesen

Sicherheitsrisiko Klimakrise

Die ersten Hitzetage und Unwetter bringen die unmittelbaren Gefahren der Klimakrise wieder verstärkt ins Bewusstsein der Bevölkerung und verdeutlichen, dass diese auch für die Menschen in Österreich bei weiterer Erwärmung ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen wird. “So ehrlich müssen wir sein: Klimaschutz ist Menschenschutz”, betont Dr. Fabian Schipfer und erinnert: “Allein eine Transformation unseres Mobilitätssystems bringt so viele Vorteile mit sich – darauf sollten wir nicht verzichten.“

Von guten Ansätzen bis zu Projekten des vorigen Jahrtausends

Klimapolitik habe in der SPÖ unter dem Parteivorsitzenden Andreas Babler an Bedeutung gewonnen. “Während die anderen Großparteien ÖVP und FPÖ beim Klimaschutz Teil des Problems sind, ist es gut und wichtig, dass die SPÖ Teil der Lösung sein will – und beim Beschluss des Renaturierungsgesetzes auch schon war. Allerdings fehlt nach wie vor ein umfassendes Programm, mit dem Klimaziele glaubhaft erreicht werden können. Ein Transformationsfonds, eine Attraktivierung öffentlicher Verkehrsmittel und ein Verbot von Privatjets wird nicht reichen. Besonders dann nicht, wenn Teile der SPÖ nach wie vor den Bau neuer Autobahnen vorantreiben und zudem glauben, man könne Klimaschutz so betreiben, dass niemand etwas davon bemerkt“, erklärt Steurer und fasst zusammen: “Montag bis Freitag betonieren und am Sonntag renaturieren wird nicht reichen. Wir erwarten uns von der SPÖ also mehr Mut und Klarheit in der Klimapolitik, vor allem den Mut, sich von Ideen und Projekten des vorigen Jahrtausends zu verabschieden, ob in der Lobau oder in Schwechat.”

Nachhaltige Mobilitätspolitik ist nachhaltig soziale Politik

Von der Wissenschaft und vielen Vertreter:innen der Zivilgesellschaft werden schon lange Tempolimits gefordert: 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Freilandstraßen und 30 km/h in Ortsgebieten. Dies diene sowohl dem Klimaschutz, als auch dem Menschenschutz durch weniger Feinstaub- sowie Lärmbelastung und weniger Todesfälle im Straßenverkehr. “Für eine Partei, die Teil des ökologischen Transformationsprozesses sein will, sollte es Priorität haben, dies rasch umzusetzen”, erklärt Günter Emberger, Professor am Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien und ergänzt: “Wir erwarten von der SPÖ außerdem, schnellstmöglich Maßnahmen zur Erreichung der Kostenwahrheit im Verkehr.” Das beginne damit, Prioritäten und finanzielle Mittel richtig zu setzen. “Damit meinen wir die Abschaffung der Steuerbefreiung von Flugbenzin, die Aufhebung der Dienstwagenprivilegien, eine Ökologisierung der Pendlerpauschale und die Beseitigung weiterer kontraproduktiver staatlicher Subventionen. Ein “Weiter-wie-bisher” im Verkehrssektor asphaltiert ein sozial ungerechtes Mobilitätssystem weiter ein und versiegelt landwirtschaftlich nutzbare Böden – die Grundlage für unsere eigene Nahrungsmittelversorgung”, führt Emberger abschließend aus.

Julia Herr: Wir wollen als Sozialdemokratie den Austausch mit der Wissenschaft suchen

Julia Herr ist Abgeordnete zum Nationalrat und stellvertretende Klubvorsitzende der SPÖ


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Die Rede von Julia Herr zum Nachlesen



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Günter Emberger zur Klimapolitik der SPÖ: Selbstgesteckte Ziele konsequent verfolgen

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Der Klimawandel ist zweifellos die größte Herausforderung unserer Zivilisation. Um diese globale Bedrohung bewältigen zu können, müssen wir unsere Lebensweise und unsere Mobilität drastisch überdenken.

Die Erhaltung intakter, landwirtschaftlich nutzbarer Böden ist die Voraussetzung für den Arten-, Natur- und Klimaschutz und damit für die Sicherstellung unserer eigenen Nahrungsmittelversorgung! Die Einhaltung internationaler, nationaler und regionaler Klimaziele ist daher von entscheidender Bedeutung. Dies erfordert, dass wir unsere Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen und vom Autoverkehr deutlich verringern. Dazu ist einerseits die Einführung von Kostenwahrheit im Verkehr notwendig und andererseits muss das Angebot für umweltfreundliche Verkehrsmittel wie Fußgänger, Fahrrad und öffentlicher Verkehr erhöht werden.

Klimaschutz ist Menschenschutz

Verantwortungsbewusste Politiker haben die Aufgabe, diese notwendigen Verhaltensänderungen der Bevölkerung zu erklären und Maßnahmen umzusetzen, die diese Verhaltensänderungen ermöglichen. Wir fordern die SPÖ auf, in ihrem Verantwortungsbereich die von ihr selbst gesteckten Ziele in Wien – nämlich die Verlagerung der Wege auf den Umweltverbund auf 80%, die Halbierung des autobasierten Einpendlerverkehrs und die Halbierung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor bis 2030 – konsequent weiter zu verfolgen und die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen, wie den Ausbau von Fuß- und Radinfrastruktur, Beschattung und keinen weiteren Kapazitätsausbau im Straßenverkehr. Weiterhin fordern wir die SPÖ auf, alle Straßenbauprojekte in Wien und im Umland hinsichtlich ihrer Wirkung auf Klimaschutz, Ressourcenverbrauch, Zielkonformität und Enkelinnentauglichkeit neu zu beurteilen.  Wir fordern außerdem die rasche Umsetzung der von der Wissenschaft und vielen Vertretern der Zivilgesellschaft geforderten Tempolimits: 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Freilandstraßen und 30 km/h in Ortsgebieten. Dies dient dem Klimaschutz sowie dem Menschenschutz durch weniger Lärm, weniger Emissionen, weniger Unfälle und Todesfälle, weniger Flächenverbrauch, weniger Stau und Kosteneinsparungen für alle.

Weiterhin fordern wir die SPÖ auf, schnellstmöglich Maßnahmen zur Erreichung der Kostenwahrheit im Verkehr umzusetzen. Darunter verstehen wir die Abschaffung der Steuerbefreiung von Flugbenzin, die Abschaffung der Dienstwagenprivilegien, eine Ökologisierung der Pendlerpauschale und weiterer kontraproduktiver staatlicher Subventionen.

Durch diese Maßnahmen kann ein enkel:innentaugliches Verkehrssystem geschaffen werden, welches den Klimawandel verlangsamt, mit dem wir unsere Mobilitätsbedürfnisse umweltfreundlich befriedigen können und mit dem wir unsere Umwelt für kommende Generationen schützen und erhalten können.



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Sigrid Stagl zur Klimapolitik der SPÖ: Der Schlüssel ist die soziale Frage

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Der Schlüssel ist meines Erachtens die soziale Frage. Denn wir wissen dass weltweit – und Österreich ist nicht sehr viel anders – die obersten 10 Prozent, also die Haushalte oder die Menschen, die am meisten verdienen, 50 Prozent der Emissionen verursachen, und die unteren 50 Prozent nur 10 Prozent der Emissionen verursachen. Das heißt, es geht nicht nur darum, die Emissionen zu reduzieren, sondern die Frage ist auch: Wer soll sie reduzieren? Das ist ein wichtiger Schlüssel, um Menschen mitzunehmen. Und da möchte ich an Reinhard Steurer anschließen: Es wird nicht gelingen, Menschen die Nachhaltigkeit anzutun, sondern man muss sie aktivieren, mitnehmen, begeistern oder die, die schon begeistert sind, befähigen, dass sie sich organisieren und gemeinsam in die richtige Richtung gehen. Das ist eigentlich das Hauptsächliche, was uns derzeit fehlt. Und das ist eigentlich etwas, was recht billig ist, nämlich Political Leadership. Nämlich aufzuzeigen, in welche Richtung es geht, in Richtung eines klimaneutralen, in Richtung eines fairen Österreichs, das in den notwendigen raschen Schritten voranschreitet. Dafür muss man nur politisches Kapital investieren, das ist nicht einmal eine teure Maßnahme, was mir als Ökonomin natürlich wichtig ist.

Verteilungsgerechtigkeit ist in der DNA der SPÖ

Die Verteilungsgerechtigkeit ist in der DNA der SPÖ, das ist sehr positiv und deswegen hat die SPÖ wirklich den Schlüssel, um die Klimakrise zu adressieren, in der Hand. Ich glaube, sie muss sich nur noch ein bisschen mehr aktivieren. Den Transformationsfonds anzusprechen, zusätzlich zu anderen umweltökonomischen Instrumenten, das ist etwas sehr Positives. Das wird gesehen als eine Möglichkeit, Unternehmen umzubauen, Technologien zu entwickeln, das ist alles sehr positiv. Es wird nur noch nicht gesehen als ein umfassendes Vehikel, um wirklich Wirtschaft und Gesellschaft umzubauen, sondern es ist noch sehr punktuell in der derzeitigen Kommunikation.. Die Bundes-SPÖ hat sich gegen Straßenbau ausgesprochen, das ist sehr positiv. Mir geht es hauptsächlich darum, diese Vision einer sozialökologischen Transformation mit dem notwendigen Ausbau technischer und sozialer Infrastrukturen zu verbinden, der als Gesamtkonzept noch fehlt.

Es braucht eine integrierte Herangehensweise

Bei den 24 Ideen für Österreich mit Herz und Hirn, wie es auf der Webseite heißt, ist sehr viel Positives dabei, aber Umweltschutz und Klimaschutz wird als separater Punkt gesehen. Und das braucht ein integriertes Konzept, eben eine sozial-ökologische Transformation, die wirklich durchgedacht ist. Es braucht teilweise nicht nur neue Instrumente, wie einen Transformationsfonds, sondern es braucht auch eine neue Herangehensweise, beispielsweise eine Bedürfnisorientierung und darum geht die Bedürfnisse aller zu befriedigen und dafür bräuchte man halt eine Interaktion auch mit modernen Bewegungen, wie zum Beispiel der Beyond Growth Bewegung, die vor kurzem im Parlament eine Veranstaltung organisiert hat. Und da wäre es schön, wenn die SPÖ sich auch mehr engagiert. Zusammengefasst, ich glaube, in der Grundkonstitution der SPÖ liegt sehr viel Positives angelegt, um die Klimakrise adressieren zu können. Es braucht nur noch eine integriertere Herangehensweise und eine klarere Stoßrichtung, dass Klimaschutz in allen Belangen mitgedacht werden muss, Denn die Wirtschaft ist in die Gesellschaft eingebettet und die beiden basieren auf den biophysischen Grundlagen. Es wird uns nicht gelingen, wirtschaftliche oder soziale Probleme zu adressieren, ohne die Klimakrise immer mitzudenken.



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Der Climate Action Tracker Leitfaden für gute Klimaziele 2035

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Zum zweiten Mal in Folge bricht die Welt Temperaturrekorde, während die Treibhausgasemissionen immer weiter steigen. Extreme Hitze und Überschwemmungen sind die Folge, die weltweit Menschenleben fordern und viele Menschen obdachlos machen.

Laut dem Pariser Abkommen sollen die Regierungen ihre Klimaziele („National festgelegte Beiträge“, – NDCs) mit Zielen für 2035 bis Anfang 2025 vorlegen. Die Analysen des Climate Action Tracker (CAT) zeigen jedoch immer noch, dass sowohl die individuellen als auch die kollektiven Minderungsambitionen der Länder für die Ziele für 2030 nicht mit dem übereinstimmen, was notwendig ist, um die Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Noch besorgniserregender ist, dass die Regierungen nicht genügend politische Maßnahmen ergreifen, um selbst diese unzureichenden Ziele zu erreichen!

Regierungen müssen in den Notfallmodus wechseln

Ab November dieses Jahres müssen die nationalen Regierungen 1,5°C-angepasste NDC-Ziele für 2035 vorlegen, aber damit die Welt das 1,5˚C-Temperaturziel des Pariser Abkommens einhalten kann, müssen sie in den Notfallmodus wechseln und die Ambitionen ihrer NDC-Ziele für 2030 sowie ihre aktuellen politischen Maßnahmen verstärken. Ziele und Maßnahmen für 2030 müssen mit dem Weg zu Netto-Null-CO2-Emissionen bis 2050 weltweit übereinstimmen, der dann auch die NDC-Ziele für 2035 definieren sollte.

Wenn es nicht gelingt, die Ambitionen der aktuellen Ziele und Maßnahmen für 2030 deutlich zu steigern, wird eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C nicht möglich sein und wahrscheinlich zu einer jahrzehntelangen, deutlichen Überschreitung dieser Grenze führen, selbst wenn dann strenge Ziele für 2035 folgen. In dem Briefing hebt das CAT vier Schlüsselelemente für das hervor, was von der nächsten Runde der NDCs für 2035 benötigt wird: Sie müssen ehrgeizig, fair, glaubwürdig und transparent sein und Aspekte der Klimafinanzierung sowie eines gerechten und fairen Übergangs beinhalten.

Ambition

Die Regierungen müssen in den Notfallmodus wechseln und sowohl ihre Ziele für 2030 als auch ihre aktuellen Richtlinien überarbeiten, um erhebliche Emissionssenkungen einzuschließen und wesentlich zur Schließung der Emissionslücke 2030 beizutragen, wenn die Welt eine echte Chance haben soll, die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Die Regierungen sollten bis Anfang 2025 ehrgeizige NDC-Ziele für 2035 vorschlagen, die mit einem 1,5°C-kompatiblen Netto-Null-Pfad übereinstimmen, damit die COP30 in Brasilien die Fortschritte in Richtung 1,5°C-Anpassung umfassend bewerten kann. Ehrgeizige landesweite NDC-Ziele müssen auf sektoralen Zielen und Plänen aufbauen, sich an 1,5°C-kompatiblen Benchmarks orientieren und zu den globalen sektoralen Zielen aus dem Global Stocktake beitragen.

Finanzen & Gerechtigkeit

Die Industrieländer müssen die internationale Klimafinanzierung und andere Unterstützungsmaßnahmen deutlich aufstocken. Die Industrieländer sollten in ihren NDCs 1,5°C-angepasste nationale Minderungsziele festlegen und die finanzielle und andere Unterstützung kommunizieren, die sie den Entwicklungsländern gewähren werden. Die Entwicklungsländer sollten klar kommunizieren, welche Klimafinanzierung, sie benötigen, um ehrgeizige 1,5°C-angepasste bedingte Ziele festzulegen und zu erreichen.

Glaubwürdigkeit

Glaubwürdige NDCs sollten auf robusten nationalen Planungsprozessen aufbauen, die das wirtschaftsweite Emissionsreduktionsziel in allen Sektoren in die Tat umsetzen. Die Regierungen müssen die Umsetzung ihrer bestehenden Ziele beschleunigen und ihre Strategien weiterentwickeln, um die – immer noch erhebliche – Emissionslücke zwischen den aktuellen Strategien und 1,5°C-kompatiblen Pfaden zu schließen.

Widersprüchliche Strategien müssen angegangen und umgekehrt werden: Die Produktion fossiler Brennstoffe muss schrittweise eingestellt werden, während die Exploration fossiler Brennstoffe und die Subventionen fossiler Brennstoffe beendet werden müssen.

Transparenz

Die Regierungen sollten absolute, wirtschaftsweite Emissionsreduktionsziele festlegen, die alle Treibhausgase einschließen und die Emissionswerte für jedes Jahr als X MtCO2e (ohne LULUCF3) angeben, damit sie klar, transparent und immun gegen kreative Buchführung sind. Die NDC-Ziele sollten sich in erster Linie auf ihre inländischen Reduktionen konzentrieren, indem alle Wirtschaftssektoren dekarbonisiert werden, anstatt sich auf Forstsenken, andere Kohlendioxidentfernungen (CDR) oder Kohlenstoffmärkte zu verlassen. Die Regierungen sollten die folgenden Elemente (zusätzlich zu ihrem inländischen Ziel) klar und transparent kommunizieren:

  • Der inländische Beitrag der Forstwirtschaft und Landnutzung
  • Der erwartete Beitrag anderer CDR nach Art
  • Ihre Absicht, Artikel 6 zu nutzen und die zu erwartenden Beiträge1


Titelbild: Martin Auer mithilfe von AI


1 Artikel 6 des Pariser Abkommens „erkennt an, dass sich einige Vertragsparteien für eine freiwillige Zusammenarbeit bei der Umsetzung ihrer national festgelegten Beiträge entscheiden, um ehrgeizigere Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen erreichen und eine nachhaltige Entwicklung und Umweltintegrität fördern zu können.“

2 Für die Jüngeren unter unseren Leser:innen: So hieß ein Western von Sergio Leone aus dem Jahr 1966 mit Clint Eastwood und Lee van Cleef .

3 LULUCF: Land use, land use change and forestry (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft)

Das komplette Dokument des CAT:



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Reinhard Steurer zur Klimapolitik der Neos

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Reinhard Steurer ist Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur. Hier die Zusammenfassungn seiner Rede bei der Aktion der S4F am 6. 5. 2024 vor der Neos-Parteizentrale

Die Neos sind eine liberale Partei rechts der Mitte, die das Problem ernst nimmt

Ich kann mit etwas Erfreulichem anfangen, im Unterschied zum Protest bei der ÖVP. Erfreulich ist, dass bei den Neos Sachverstand durchaus eine Rolle spielt und dass das Sicherheitsrisiko der Klimakrise dieser Partei bewusst ist. Der zweite erfreuliche Punkt ist, dass wir mit den Neos eine liberale Partei rechts der Mitte haben, die sowohl das Problem ernst nimmt, als auch ernst zu nehmende Lösungen anzubieten hat. Das unterscheidet die Neos auch von der liberalen Schwesterpartei FDP, die im EU-Parlament ja in derselben Fraktion ist als ALDE, und die leider wie die ÖVP Märchen erzählt: von E-Fuels für den Verbrennungsmotor, von Wasserstoff in den Heizungen. Diese Märchen habe ich von den Neos zum Glück noch nicht gehört. Das unterscheidet sie tatsächlich, auch von anderen liberalen Parteien in Europa. Und somit ist sie tatsächlich eine Alternative zur ÖVP für jene rechts der Mitte, denen Klimaschutz wichtig ist und die Scheinklimaschutz überwinden wollen.

Die Neos stehen aber in der Tradition des Neoliberalismus

Aber natürlich stehen die Neos als liberale Partei in der Tradition des Neoliberalismus, und der ist eindeutig ein Treiber der Klimakrise. Es ist kein Zufall, dass die Klimakrise etwa seit den 1990er Jahren eskaliert, parallel dazu, dass der Neoliberalismus als globales Modell Erfolge feiert. Mit dieser Interpretation bin ich nicht alleine, da gibt es durchaus prominente Wisenschaftlerkolleg:innen, die das ähnlich sehen. Zum Beispiel Naomi Oreskes, Autorin des Buchs „Merchants of Doubt“ schreibt im Buch „Der Kollaps der westlichen Zivilisation“: „Der Neoliberalismus ist eine Ideologie, und wie jede Ideologie fällt er in der Realität in Schlaglöcher.“ Das heißt, er kriegt Schwierigkeiten, weil die Ideologie nicht unbedingt zur Realität passt. Aus der ideologischen Sicht werfen dann Neoliberale Wissenschaftlern vor, ideologisch zu agieren. Das nennt die Psychologie „Projektion“. Man wirft den anderen das vor, was man selber tut, nämlich ideologisch denken.

Auf die Frage, „Kann ein neoliberale System langfristig agieren?“ sagt Oreskes: „Nein. Weil die neoliberale Anbetung von Deregulierung uns selbst und die Welt vergiftet.“ Das Resultat dieser Deregulierung sehen wir in der Klimakrise, das ist ein Faktum, das der Neoliberalismus maßgeblich mitgestaltet hat. Er ist somit unvereinbar mit einer ökosozialen Marktwirtschaft.

Zum Schluss noch ein Zitat von Kim Robinson, dem Autor des lesenswerten Buches „Das Ministerium für die Zukunft“: „The invisible hand never picks up the check“, also die unsichtbare Hand des Adam Smith bezahlt nie die Kosten. Und damit sich das ändert, braucht es einen ökologischen Handabdruck, der Regulierung einfordert und der die unsichtbare Hand dann lenkt. Deswegen; „ökologischer Handabdruck statt invisible hand“.

CO2-Preis statt Verbotspolitik?

Jetzt würden die Neos wahrscheinlich sagen: „Moment, Moment, wir sorgen ja dafür, dass die externen Kosten beglichen werden, nämlich mit unserem Konzept für einen CO2-Preis.“ Das ist durchaus ambitioniert, aber es steht nach wie vor stark in neoliberaler Tradition, und zwar in zweifacher Hinsicht: Zum einen ist das Konzept des CO2-Preises, wie es die Neos vorschlagen – mit einem hohen Preis und Entlastung bei den Lohnkosten – nicht wirklich sozial ausgewogen, weil diejenigen, die wenig Lohnsteuer oder keine Lohnsteuer zahlen, am wenigsten davon profitieren würden. Die hätten dann tatsächlich ein Akzeptanzproblem und würden zu Recht einwenden: „So eine Klimapolitik wollen wir nicht.“

Wenn man die FDP in Deutschland beobachtet, könnte man den Verdacht kriegen, dass das tatsächlich eine bewusste Taktik ist, einen möglichst hohen, politisch fast unmöglichen CO2-Preis anzusetzen, um damit Verbote zu verhindern. Wenn man dann schaut, was die Neos klimapolitisch im Programm haben, dann findet man Programmpapiere wie zum Beispiel eines von Neos-Lab aus dem September 2021 mit dem Titel: „CO2-Preis statt Verbotspolitik – liberale Optionen für Klimaschutz“.Und da müssen wir jetzt korrigierend eingreifen und sagen „Richtig wäre: CO2-Preis und Ge- und Verbote, Evidenz statt neoliberale Scheuklappen!“.

Es ist ganz eindeutig, dass ein CO2-Preis zwar wichtig ist, aber dass es darüber hinaus natürlich auch Verbote braucht, dass es den ganze politischen Werkzeugkoffer braucht, um diese große Krise in den Griff zu kriegen. Es ist ganz sicher eine falsche Dichotomie, also ein falscher Gegensatz, zu sagen: „CO2-Preis statt Verbote“.

Das Konzept der Neos ist sozial nicht ausgewogen

Wären wir noch in den 90er Jahren, würde ich sagen, eine ökologische Steuerreform ist durchaus sinnvoll, damit kann man umsteuern. Mittlerweile wissen wir, dass das nicht funktioniert, weil die politische Akzeptanz fehlt. Die Leute sehen die Entlastung auf der Lohnsteuerseite kaum, hingegen sehen sie die Belastung an der Zapfsäule sehr wohl. In Deutschland hat man gesehen, die Akzeptanz für so etwas ist nicht groß, es ist sozial nicht ausgewogen, und es funktioniert ganz sicher nicht als Ersatz für Verbote.

Kurzum: Die Neos sind tatsächlich Teil der Lösung. Das ist positiv, aber es ist eine Lösung mit liberalen Scheuklappen. Wir laden die Neos ein, diese Scheuklappen abzunehmen, eine klimapolitische Programmatik zu erarbeiten mit weniger Ideologie und mehr Evidenz, und dass sie tatsächlich auch den Sachverstand berücksichtigen. Denn wir trauen den Neos zu, dass sie Sachverstand über den neoliberalen Hausverstand stellen. In diesem Sinne: Mut für eine neue Programmatik mit weniger neoliberalen Zügen, und dann kann das was werden.



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Sigrid Stagl zur Klimapolitik der Neos

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Sigrid Stagl ist Professorin für ökologische Ökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien.
Hier die Zusammenfassungn ihrer Rede bei der Aktion der S4F am 6. 5. 2024vor der Neos-Parteizentrale

Vor fünf Jahren haben wir, eine Gruppe von Wissenschaftler:innen, Schulnoten an die österreichischen Parteien für ihre klima- und umweltpolitischen Ambitionen im Wahlprogramm vergeben. Damals haben wir den NEOS zusammen mit den Grünen die besten Noten gegeben – zwischen gut und sehr gut. Diese gute Platzierung war damals nicht unumstritten, aber aufgrund des Programms gerechtfertigt. Fünf Jahre später muss ich sagen, dass ich aufgrund der weiteren Verschärfung der Klimakrise und der Verschärfung der sozialen Ungleichheit etwas kritischer geworden bin. Ich möchte daher drei positive und drei kritische Punkte nennen.

Neos sind eine wichtige Stimme für Vernunft und rationale Ansätze

  1. Ich begrüße die Bemühungen der Neos um bessere Bildung, mehr Transparenz und rationale Ansätze. Positiv sind auch die Geradlinigkeit und die erfrischende Rhetorik. Die NEOS sind eine wichtige Stimme für Vernunft und Verantwortung in der österreichischen Politik.
  2. Hervorzuheben ist auch das Eintreten für eine starke Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft und für evidenzbasierte Politik. Dies ist eine wichtige Grundlage für eine problemadäquate Klimapolitik.
  3. Wenn die Neos über Wirtschaft sprechen, meinen sie meist die innovativen Teile der Wirtschaft, nicht die Nachzügler:innen. Darunter sind auch Unternehmer:innen, die sich schon lange klare Vorgaben und eine ambitionierte Klimapolitik wünschen.

Neos setzen auf Marktinstrumente und lehnen Ge- und Verbote ab

Nun zu den kritischen Punkten:

  1. Reinhard Steurer hat es bereits gesagt: Die Neos setzen stark auf marktwirtschaftliche Instrumente und lehnen Gebote und Verbote ab. Marktbasierte Instrumente haben zwar den Vorteil, dass sie die volkswirtschaftlichen Kosten gering halten und Anreize für klimafreundliches Handeln setzen, aber es besteht die Gefahr, dass sie alleine nicht ausreichen, um die drängenden Herausforderungen zu bewältigen. Sicherlich ist die Bepreisung von Kohlenstoff gut und richtig. Wenn aber die Lenkungswirkung fast ausschließlich über sie erzielt werden soll, muss der Kohlenstoffpreis sehr hoch sein, bei 400 oder 500 Euro, um die notwendigen Treibhausgasreduktionen zu erreichen. Derart hohe Preise bedeuten für arme Haushalte drastische Veränderungen, während wohlhabendere Menschen für Teile ihres klimaschädlichen Verhaltens einfach mehr bezahlen. Dies gefährdet den sozialen Zusammenhalt und – aufgrund des besonders hohen ökologischen Fußabdrucks dieser Bevölkerungsgruppe – die Wirksamkeit der Klimapolitik. Verbote und Gebote bei gleichzeitigem Aufbau einer klimafreundlichen Infrastruktur werden als gerechter empfunden und fordern alle Teile der Gesellschaft gleichermaßen. Statt der unsichtbaren Hand brauchen wir also den unsichtbaren Fuß und den unsichtbaren Handschlag, um den ökologischen Fußabdruck ausreichend zu reduzieren.
  2. Die Neos fordern oft geringe Regulierung und weniger Bürokratie. Märkte bestehen aus sozialen Institutionen, also Regeln. Freie Märkte sind eine Illusion. Es geht nicht darum ob, sondern wie viel und in welche Richtung Märkte reguliert werden sollen. Je komplexer die Wirtschaft und je drängender die Problemlagen, desto mehr Regulierung ist erforderlich. Daher ist für die Zukunft eher mit mehr Regulierung und einer steigenden Rolle für den Staat zu rechnen.
  3. Die Neos befürworten eine liberale Innovationspolitik, um Unternehmen und Startups zu ermutigen, neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Mariana Mazzucato zeigte in ihren empirischen Studien zur pharmazeutischen und Elektronikindustrie auf, dass der Staat eine bedeutende Rolle im Innovationsprozess spielt.
    Geschichte: Ohne Regulierungen und Verbote hätte weder die Papierindustrie in den 1980er Jahren aufgehört, Flüsse zu verschmutzen, noch hätte die Atomindustrie aufgehört ihre Abfälle ins Meer zu kippen. Es gäbe keine Autokatalysatoren, keine Entstaubung und Entstickung von Industrieabgasen und kein Ende von ozonzerstörenden FCKW in Spraydosen und des verbleiten Benzins. Oder ein jüngeres Beispiel: Die Abschaffung der energieintensiven Glühbirne. Sie wandelte nur etwa fünf Prozent der Energie in Licht um, der Rest verpuffte als Wärme. Energiesparlampenlampen waren 2009 teuer und unausgereift: grell und wenig gemütlich, brauchten lange, um ihre volle Leuchtkraft zu entfalten und enthielten Quecksilber. Das erschwerte die Akzeptanz für die EU-Entscheidung. Heute dominieren LEDs. von 2010 bis 2017 sanken die Preise um 75 Prozent. Das Verbot führte also zu Innovationen.
    Die Lösung der Umwelt- und Klimaprobleme erfordert die Bereitschaft, evidenzbasiert und ohne ideologische Scheuklappe jene klima- und umweltpolitischen Maßnahmen umzusetzen, welche die besten Erfolgschancen haben. Ich fordere daher NEOS auf, in ihrer gewohnt rationalen Art die Klima- und Umweltprobleme anzugehen und die effektivste Kombination von Instrumenten einzufordern.


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Die ÖVP verharmlost die Klimakatastrophe
von Ivo Ponocny

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Es fällt schwer, ruhig zu bleiben, aber gerade jetzt ist eine sachliche Diskussion nötig. Und genau das ist die Rolle der Wissenschaft: Sachlichkeit einzubringen, und Sachlichkeit einzumahnen. Was ich hiermit nun tun werde. Für ein paar Minuten soll es jetzt weniger um die Schädigung des Klimas gehen als um die Verflachung der Gesprächskultur durch die ÖVP. Sie schädigt damit nicht nur Ihren Ruf als seriöse Partei, sondern nimmt der Jugend das Recht auf eine faire Diskussion ihrer Anliegen.

Es beginnt schon mit dieser vermeintlichen Positionierung in der Mitte. Das ist aus klimatologischer Sicht überhaupt nicht der Fall. Die ÖVP ordnet sich vielmehr in die Reihe der klimaleugnenden Bewegungen ein. Warum? Klimaleugnung besteht aus der Leugnung der Existenz des Klimawandels oder dessen menschlicher Ursache oder dessen Gefährlichkeit oder der Wirksamkeit klimaschützender Maßnahmen. Die ÖVP leugnet zwar nicht die ersten beiden, verharmlost aber die Gefährlichkeit und die Dringlichkeit notwendiger Maßnahmen.

Ich zitiere aus der Rede zum Zukunftsbericht: „So wie da der Untergang skizziert wird und behauptet wird, dafür gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis“. Naja, den gibt es natürlich, da braucht man nur die Wissenschaft fragen. Die Notwendigkeit der erforderlichen Reaktionen wird in Abrede gestellt, also handelt sich zwar nicht um das Leugnen des Faktums Klimawandel, aber das Leugnen der nötigen Implikationen.

Stichwort: das „Aber-China“-Argument. Dafür gibt es im Diskurs schöne Begriffe wie zum Beispiel Lukewarmism, das mehr oder weniger genau den Standpunkt der ÖVP beschreibt. Lukewarmism bedeutet lauwarmes Agieren, also nicht die rechten Konsequenzen zu ziehen und zu meinen, es gehe ohne unbequeme Maßnahmen – und das ist eben genau die moderne Form der Klimawandelleugnung, der jetzige Mainstream, das Sich-Zurückziehen von „das gibt es ja gar nicht“ hin zu „zu tun braucht man trotzdem nichts“.

Das ist auch demoskopisch nicht die Mitte, weil die Mehrheit der Bevölkerung für Klimaschutz ist und insbesondere die Jugend sich stärkere Klimaschutzmaßnahmen wünscht. Ob das jetzt dem Selbstverständnis der ÖVP entspricht, weiß ich nicht, aber sie steht nicht in der Mitte, sondern mitten im Klimaleugnungsmainstream.

Warum spricht man von Leugnung – heißt das jetzt, dass man andere Meinungen nicht akzeptiert? Nein, man spricht von Leugnung, weil die Argumente nicht sauber sind, weil sie nicht richtig sind. So ein Diskurs wäre selbst verfehlt, wenn es den Klimawandel wirklich nicht gäbe, weil man zum Beispiel Killer-Phrasen verwendet, weil man unsachlich argumentiert, wie zum Beispiel mit dem Versuch des Abschiebens von Verantwortung. Das ist typisch für Killer-Phrasen zu behaupten: „Was auch immer es ist, es ist nicht unser Kaffee“ – und da sind wir natürlich schon mitten im „Aber-China“-Argument, also dass man schließt: Österreich ist nur für 0,2 Prozent verantwortlich, also brauchen wir doch eigentlich gar nichts zu tun. Auch dafür gibt es einen Begriff, er heißt Absolutionism, das ist die Idee, dass ein Staat überhaupt nicht verantwortlich ist für das, was klimatologisch passiert. Und da kommt eben dieses „China verbraucht 30 Prozent“, wobei man natürlich verschweigt, dass der Pro-Kopf-Verbrauch ja recht ähnlich ist. Warum sollte ein*e Chines*in verpflichtet sein zu reduzieren und ein*e Österreicher*in mit demselben Verbrauch nicht?

Und da sieht man noch eine Komponente dieser Verflachung des Diskurses, diese Unsachlichkeit, dass wir Leute de facto verführen, indem wir ihnen billige Ausreden zur Verfügung stellen. Das ist ebenfalls höchst bedenklich, denn in einer Welt, in der man keine Beiträge leisten muss, weil sie klein sind, wäre ja viel erlaubt. Da kann ich Steuerhinterziehen, da kann ich den Müll im Wald entsorgen, da kann jeder Polizist, jede Polizistin sagen: „Was soll ich mich anstrengen, mein Beitrag zur Ausrottung des Verbrechens kann doch nur klein sein!“ Das funktioniert einfach so nicht und es ist schlicht und einfach auch unmoralisch. Der nächste Name für diese Strategie heißt Cherrypicking: Ich picke mir irgendein Detail heraus, anstatt das Gesamtbild zu sehen, und konzentriere mich auf das. Und ich muss schon sagen, es ist schon bitter, wenn man über Klimawandelleugnung liest und die entsprechenden Autoren sich ansieht, um daraufzukommen, dass ein Buch, das den Kanzler sehr inspiriert, genau aus dieser Ecke kommt. Und dass dann natürlich nicht debattiert wird, was im IPCC-Bericht steht, wo auf tausenden Seiten sachliche Argumentationen stehen, nein, man greift ausgerechnet auf etwas zurück, was wissenschaftlich höchst fraglich ist.

Das mit den Verboten wurde vorhin schon angesprochen, „Anreize statt Verbote“, auch das ist de facto eine Killerphrase, weil es suggeriert, wir würden ohne Verbote arbeiten und als wären Verbote unzulässig. Tatsächlich funktioniert eine Gesellschaft natürlich mit sehr vielen Verboten, allein schon im Straßenverkehr. Die ÖVP stößt sich ja auch nicht daran, das Gendern zu verbieten. Wir würden auch sehr merkwürdig reagieren, wenn man es der Eigenverantwortung des Einbrechers überlassen würde, ob man bei uns einbrechen darf oder nicht – aber beim Schutz der Jugend, für der Zukunft, da seien Verbote auf einmal verwerflich. Man sieht, wie fadenscheinig diese Argumente sind und wie irreführend dementsprechend der politische Diskurs. Keine Verbote heißt de facto: Schutz für die Jugend nur dann, wenn es gerade keinen Alten stört. Das kann es ja wohl nicht sein.

Auch Techno-Salvation wurde schon vorhin angesprochen, ja, auch dafür gibt es einen Begriff. Zum Glauben an technische Lösungen nur ganz kurz: Das wäre ungefähr, als würde ich meine Kinder zu Hause vollqualmen und ihnen dann erklären: „Bis ihr groß seid, wird schon jemand etwas gegen den Krebs gefunden haben.“ Das würden nur sehr, sehr schlechte Eltern tun.

Nun kommen wir zu einer ganz üblen Diskurstechnik, nämlich Meinungen anderer zu diffamieren, wie zum Beispiel von Irrsinn zu sprechen, wenn es um wissenschaftliche Erkenntnisse geht. Wenn man sich den IPCC-Report ansieht, ist da von Irrsinn nichts zu bemerken. Ein anderes Beispiel: die „Schein-Klima-Aktivisten“. Was in aller Welt soll daran „Schein“ sein? Die wissenschaftliche Vernunft, das Beste, was man Sachlichkeit zu bieten hat, für Irrsinn zu erklären, das ist doch genau eine Verkehrung von all dem, was Sinn macht.

Tatsächlich ist es so, dass das einzig Extremistische und Maßlose unser Lebensstil ist; wir verbrauchen mehr, als da ist. Extrem ist, nicht dagegen aufzutreten. Es gibt noch viele weitere Beispiele, aber ich denke, es genügt. Ich möchte auch ganz persönlich festhalten: Mir tut es privat furchtbar weh, wenn ich sehe, wie Menschen aus meinem eigenen Umfeld, meinem Bekanntenkreis diese Argumente aufgreifen und dann glauben, das wäre jetzt tatsächlich der berüchtigte Hausverstand. Zum Hausverstand nur eines: Der Hausverstand ist mehr als der erste Impuls des inneren Schweinehunds, darauf darf man den Hausverstand nicht reduzieren. Mein Hausverstand sagt mir: CO2 ist ein Treibhausgas, wir lassen zu viel davon in die Luft, die Wissenschaft hat schon lange vorhergesagt, ganz sachlich, was das bedeutet, wir sehen es mit freiem Auge, wir sehen es an den Gletschern, an den Wintern – also müssen wir das sofort stoppen. Was sonst sollte einem der Hausverstand sagen?

Was den Begriff „normal“ anbelangt: Ich habe drei Söhne, ich sage ihnen, was normal ist: Normal ist, alles für seine Kinder zu tun, das ist normal. Alles andere würde gerade die Mitte wahrscheinlich als krank und abartig bezeichnen. Und auch hier muss ich fragen: Was bewahrt eine konservative Partei, wenn nicht unsere Lebensgrundlagen? Was ist eine christliche Einstellung wert, die der Schöpfung nicht achtet? Was ist der Wert der Familie, wenn das Wohl der Kinder nicht priorisiert wird? Da bleibt doch nichts übrig!

Ich möchte jede Person, die solche Äußerungen von sich gibt, fragen: Haben sie keine Angst, dass man sich das einmal in 30 oder 40 Jahren ansehen wird, dass die Jugend sich das ansehen wird und rufen wird: „So ist uns unser Opa in den Rücken gefallen! So ist uns unsere Oma in den Rücken gefallen!“ Die Aufzeichnungen wird es ja dann noch geben, als Dokumente der Schande.

Sie sprechen von Geistiger Landesverteidigung, was hier betrieben wird, ist das genau Gegenteil. Geistige Landesverteidigung muss doch heißen, sich nicht zu drücken, sondern sich Gefahren entgegenzustellen. Nicht zu sagen: „Ah, wird schon nichts passieren!“ Es gibt nicht nur die militärische Landesverteidigung, die zivile, die wirtschaftliche, sondern auch eine ökologische, und die hintertreibt die ÖVP massiv. Dementsprechend wird die ökologische Landesverteidigung in der Zukunftsrede natürlich nicht erwähnt. Im Gegensatz zur wirtschaftlichen.

Das macht der Jugend Sorgen, deshalb kleben sich die Leute auf die Straße. Es gibt mittlerweile diesen Begriff der Ökoangst, der Eco-Anxiety. Sie kommt u.a. genau daher, dass die Jugend nicht das Gefühl hat, dass auf ihre Argumente fair reagiert wird, sondern dass mit einem strategischen Diskurs, mit rhetorischen Tricks argumentiert wird anstatt zur Sache. Wo bleiben die Äußerungen der Regierungspartei über die Auswirkungen der Treibhausgase? Das muss die Jugend hören und darauf hat sie ein Recht. Sie hat ein Recht auf eine faire Diskussion ihrer Anliegen und ihrer angemessenen Forderungen! Respekt gegenüber der Jugend bedeutet, ihr wenigstens die Chance auf eine sachliche Diskussion zu lassen.



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Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe statt Kriminalisierung friedlicher Proteste

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Univ-Prof. Dr. Alois Birklbauer vom Institut für Strafrechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz fordert Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe statt der Kriminalisierung friedlicher Proteste.

In einem modernen Rechtsstaat darf das Strafrecht nur verwendet werden, um gravierende Verstöße gegen den gesellschaftlichen Wertekonsens zu ahnden. Strafnormen müssen nach diesem Verständnis unbedingt erforderlich sein, um ein geordnetes menschliches Zusammenleben zu ermöglichen.

Die Kriminalisierung von gewaltfreiem Klimaprotest ist ein überzogenes Mittel, das dem Konsens einer modernen Gesellschaft von „Strafrecht als letztem Mittel“ widerspricht. Die Kriminalisierung führt dazu, sich die berechtigten Anliegen der Protestierenden nicht anhören zu müssen, weil sie von „Kriminellen“ geäußert werden. Wenn jene, die zu Recht Schritte zur Verhinderung der Klimakatastrophe fordern, an den Pranger gestellt werden, wird es zu keinem Umdenken kommen und die längst notwendigen Schritte werden auch weiterhin ausbleiben. Gegen friedlich Protestierende die Strafrechtskeule zu schwingen, und sei es auch aus einem Akt der Hilflosigkeit, lenkt ab von der Notwendigkeit, endlich Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele zu setzen.

In den vergangen Wochen wird zusätzlich zur Forderung von Straftatbeständen für Klimaproteste versucht, Klimaaktivist:innen als „kriminelle Vereinigung“ einzustufen. Dabei setzt die kriminelle Vereinigung einen Zusammenschluss zum Zweck voraus, Gewalttaten oder schwere Sachbeschädigungen zu begehen. Wenn der Hauptzweck einer Vereinigung darin besteht, mit friedlichem Protest wachzurütteln, fehlt es schon begrifflich an einer kriminellen Vereinigung. Dass dennoch versucht wird, den Klimaprotest mit „mafiaähnlichen Strukturen“ zu vergleichen, erscheint als weiterer Mosaikstein, um von der drohenden Klimakatastrophe abzulenken und sich die Welt schön zu reden.

Wir brauchen ein Umdenken und endlich effektive Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele. Denn die Kriminalisierung von Klimaaktivist:innen wird die Klimakatastrophe nicht abwenden können.


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Offener Brief zur Bedeutung einer Bodenschutzstrategie für Österreich

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Anlässlich der ÖROK-Sitzung am 27. September 2023 hat die Fachgruppe Bodenverbrauch der S4F Österreich einen weiteren offenen Brief formuliert, um erneut auf die Bedeutung einer Bodenschutzstrategie für Österreich aufmerksam zu machen.

Sehr geehrte/r Frau Landeshauptfrau/ Herr Landeshauptmann,

als lebendes Ökosystem bildet der Boden die Grundlage für die landwirtschaftliche Produktion, unser Trinkwasser, den Erhalt der Biodiversität und nicht zuletzt für unser eigenes Wohlergehen. Doch unsere Böden stehen unter zunehmendem Druck. Durch jeden Quadratmeter versiegelten Boden verlieren wir nicht nur die Basis für den Anbau unserer Lebensmittel, sondern auch die Möglichkeit zum Beispiel Kohlenstoff (und damit CO2) und Wasser zu speichern. Wir, Wissenschaftler:innen der Scientists for Future der Fachgruppe Boden, haben mit großer Sorge zur Kenntnis genommen, dass die in einem breiten Diskurs erarbeitete nationale Bodenschutzstrategie noch immer nicht beschlossen worden ist. Die aktuelle Praxis ohne Strategie gefährdet die Nahrungsmittelversorgung, fördert Überschwemmungen und führt zu hohen Kosten [1,2]. Jeder Tag ohne einen nationalen „Fahrplan“ bedeutet den Verlust weiterer wertvoller landwirtschaftlicher und biologisch aktiver Flächen. Boden ist eine nicht vermehrbare Ressource und kann nicht ersetzt werden.

In Österreich liegt es in der Hand der Bundesländer, hier geeignete Maßnahmen durch die überörtliche Raumplanung zu setzen. Die Bodenstrategie gibt ihnen dazu Vorschläge in die Hand. Viele dieser Vorschläge werden in den einzelnen Bundesländern bereits erfolgreich angewendet, doch gilt es nun diese zu bündeln und österreichweit umzusetzen. Und es ist Aufgabe von Bund und Ländern Ziele und Maßnahmen zur Reduktion des „Bodenverbrauchs“ festzulegen, um die von der EU festgelegten Netto-Null-Flächenneuinanspruchnahme bis spätestens 2050 zu erreichen [3,4]. Dazu braucht es einen nationalen Schulterschluss – nicht nur der Bundesländer, sondern aller administrativen Ebenen. Denn letztendlich müssen die Gemein-den gemeinsam mit Betrieben und den Bürger:innen vor Ort die Umsetzung bewerkstelligen und mittragen.

Vor diesem Hintergrund sehen wir eine zügige Beschlussfassung der Bodenstrategie als einen notwendigen ersten Schritt, damit dringend erforderliche Maßnahmen rasch umgesetzt und weitere Instrumente für den Erhalt unserer Böden entwickelt werden können. Als ein sehr wirksames Instrument sei eine Erhebung aller Gewerbe- und Industriebrachen und der Leerstände von Gebäuden angeführt. Durch eine Förderung der Nutzung dieser ca. 40.000 ha könnte ein Großteil des Bedarfs abgedeckt werden, ohne dass es zu neuen Bodenverlusten kommt.

Handeln wir nicht jetzt, werden zukünftige Lösungen deutlich mehr Konfliktpotential in sich bergen, weil die Einschnitte in die Lebensgewohnheiten der Menschen in Österreich immer gravierender werden.

In diesem Sinne tragen wir gerne mit unserem Wissen zu einer gemeinsamen Gestaltung unseres Lebensraumes bei und würden uns über die Möglichkeit direkter Gespräche freuen.

Mit freundlichen Grüßen,

DI Dr. Christina Hummel (Scientists for Future, Koordinatorin Fachgruppe Boden)
Univ.-Prof. DI Dr. Dr.h.c. mult. Martin H. Gerzabek (Universität für Bodenkultur Wien, ÖAW)
DI Gaby Krasemann (Universität Klagenfurt, Scientists for Future)
DI Dr. Sigrid Schwarz (Vizepräsidentin, Österreichische Bodenkundliche Gesellschaft)
DI MSc. Gerlinde Krawanja-Ortner (Bodenkunde, GeoPark Karnische Alpen)
Priv.Doz. DI Dr. Johannes Tintner-Olifiers (Umweltwissenschaftler, denkstatt gmbH)
DI Barbara Steinbrunner, MSc (Institut für Raumplanung, TU Wien)
DP DI Franz Fehr, MSc (UniNEtZ, Universität für Bodenkultur Wien)


1 https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Bund_2023_17_Lebensmittel.pdf
2 https://www.hagel.at/wp-content/uploads/2023/07/PK-Studie_Flaechenentwicklung.pdf
3 https://info.bml.gv.at/dam/jcr:0d5df73f-114b-447d-8186-cbf0d68fbe3e/Studie%20UBA%20Bodenverbrauch.pdf
4 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52021DC0699


Der offene Brief steht hier zum Download bereit.


Titelbild: geri cleveland auf Pixabay



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