Renate Christ, langjährige Leiterin des Sekretariats des Weltklimarats fasst die wichtigsten Botschaften des jüngsten IPCC-Berichts zusammen.
Der Bericht sagt klar: Wenn wir so weitermachen wie bisher, steuern wir auf eine Erwärmung von 3,2°C zu, statt der angestrebten Begrenzung auf 1,5°C. Damit werden sich Klimarisiken wie Dürre, Überschwemmungen oder hitzebedingte Krankheits- und Todesfälle massiv erhöhen. Um die Temperaturerhöhung auf unter 1,5°C zu begrenzen, müssen die globalen Emissionen spätestens 2025, das ist in 3 Jahren, den Höchststand erreichen. Dann müssen die CO2 Emissionen drastisch abnehmen und zwar bis 2030 um 45%. Die Methanemissionen müssen um 34% sinken und auch bei den anderen Treibhausgas-Emissionen müssen starke Reduktionen erfolgen. Netto-Null CO2 muss 2050 erreicht werden. Für das 2°C Ziel sind die Erfordernisse ähnlich, nur etwas verzögert.
Der Bericht zeigt aber auch klar: Wir haben die Technologie, wir wissen welche Maßnahmen wirksam sind, wir müssen es nur tun. Zusätzlich zu den bereits oftmals wiederholten Forderungen einer Dekarbonisierung des Energiesystems geht der Bericht auf die Rolle von Städten, Management von Energie-Verbrauch, Lebensstil, Konsum, Produktion und Landnutzung ein. Dabei wird immer betont, dass der gezielte Einsatz von regulatorischen, strukturellen, technischen und finanziellen Maßnahmen gepaart mit Verhaltensänderung notwendig ist. Inger Andersen, UNEP Executive Direktorin, fasste es bei der Pressekonferenz sehr treffend zusammen: Mit halbherzigen Maßnahmen können die Emissionen nicht halbiert werden
Im Folgenden einige Beispiele:
- Alle Emissionsminderungspfade beinhalten im Energiesektor eine Abkehr von fossilen Brennstoffen ohne Kohlendioxid-Abscheidung und Speicherung (Carbon Dioxide Capture und Storage, CCS), verbrauchslenkende Maßnahmen zur Reduzierung des Verbrauchs und Steigerung der Energieeffizienz. Net-zero Treibhausgas (THG) Emissionen bedeutet auch Elektrifizierung des gesamten Energiesystems, einschließlich Endverbraucher, und Einsatz von Energieträgern und Speichern wie nachhaltigen Biokraftstoffen oder grünem Wasserstoff. Energieeffizienz und die Reduktion des Energieverbrauchs werden immer in Kombination als wichtige Faktoren genannt.
- Kohlendioxid-Abscheidung und Speicherung kann eine Rolle im Energie- und Industriebereich spielen, dort wo bei Prozessen große Mengen an CO2 anfallen und die entsprechenden geologischen Gegebenheiten für die Lagerung von CO2 vorhanden sind. Derzeit liegt die Anwendung allerdings weit unter dem von Modellen angenommenen Ausmaß.
CO2-Entnahme aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal, CDR) ist in einem gewissen Ausmaß nötig, um die schwer zu beseitigen Treibhausgas-Emissionen zu kompensieren und netto-null und Klimaneutralität zu erreichen. Dabei wird CO2 in geologischen und terrestrischen Reservoirs, im Ozean oder in Produkten gespeichert. Aufforstung und Bodenmanagement sind bewährte Methoden, haben allerdings begrenzte Kapazität und können, wenn im großen Stil angewendet, andere Ziele beeinträchtigen, wie zum Beispiel die Nahrungsmittelproduktion. Andere Maßnahmen sind großteils noch im Entwicklungsstadium. Außerdem müssen eventuelle Risiken z.B. durch „Ozean Alkalinisation“ sorgsam abgewogen werden. Daher soll man sich nicht darauf verlassen, dass durch diese Maßnahmen verspätete Emissionsreduktionen kompensiert werden können. - Netto-null im Industriebereich erfordert Maßnahmen entlang des gesamten Produktionsablaufs, einschließlich Bedarfsmanagement, effizientem Energie- und Materialeinsatz, Kreislaufwirtschaft, und Einsatz von emissionsfreiem oder emissionsarmem Strom und Wasserstoff oder von synthetischen Kraftstoffen. In vielen Fällen ist eine Transformation des Produktionsprozesses notwendig.
- Städte spielen eine immer wichtigere Rolle und können durch systematische Transformation der Infrastruktur, Reduktion von Energie und Materialbedarf, Elektrifizierung und Kohlenstoffbindung durch mehr Grünräume einen wichtigen Beitrag leisten. Das erfordert administrative Maßnahmen und konsequente Schritte in allen Bereichen und Versorgungssträngen. Dazu gehören z.B. bei bereits bestehenden Städten bauliche Veränderungen in Richtung kompaktere Landnutzung, Neugestaltung von Infrastruktur, Energieeffizienz von Gebäuden, bessere Verknüpfung von Arbeit und Wohnen und verstärkte Nutzung des öffentlichen Raums für aktive Mobilität, d.h. Gehen und Radfahren.
- Auch im Verkehr geht es um eine Kombination von Verringerung des Bedarf an Mobilitätsservices, Erleichterung des Umstiegs auf effizientere Mobilitätsformen und technologische Maßnahmen. Bei letzteren bieten E-Autos derzeit das höchste Dekarbonisierungspotenzial. nachhaltige Biofuels, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe spielen hingegen bei der Schiff- und Luftfahrt, sowie im Schwerverkehr eine Rolle. Allerdings sind noch weitere Schritte zu Verbesserung der Produktion und Senkung der Kosten nötig.
- Durch verbrauchsseitige Maßnahmen, die zu einer Veränderungen in der Nutzung der Infrastruktur und Änderung von anderen Konsumgewohnheiten führen könnten bis 2050 40-70% der THG Emissionen eingespart werden. Wichtig ist dabei, dass die entsprechende Infrastruktur bereitgestellt wird. Das höchste Potential liegt in Industriestaaten. Gerade Personen mit höherem Einkommen haben die höchsten Emissionen, können aber auch z. B als Investoren oder Rolemodels eine wichtige Rolle bei der Verhaltensveränderung spielen.
Gesichtet: Martin Auer
Titelbild: Smart Forest City Cancun, Entwurf von