Stellungnahme der Scientists4Future Salzburg zur geplanten Erweiterung der Mönchsberggarage

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Lesedauer 3 Minuten.   

Scientists4Future Salzburg ist ein interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen der Universitäten und Hochschulen in Salzburg. Ergänzend zu früheren Stellungnahmen wollen wir hiermit nochmals auf wichtige Aspekte hinsichtlich der Entscheidung zum möglichen Ausbau der Mönchsberggarage hinweisen.

Mobilität und Verkehr

Der geplante Ausbau der Mönchsberggarage widerspricht grundsätzlich den verkehrspolitischen Zielen von Stadt und Land Salzburg. Das Vorhaben konterkariert alle verkehrsplanerischen Bemühungen, den Umweltverbund (Fußverkehr, Radverkehr, Öffentlicher Personenverkehr) nachhaltig zu stärken (vgl. Masterplan Gehen und Radstrategie 2025+ der Stadt Salzburg sowie Landesmobilitätskonzept salzburg.mobil 2025salzburg). Der motorisierte Individualverkehr (MIV) ist nicht nachhaltig und nicht klimagerecht, seine Bedeutung nimmt in Europa vor allem in den Innenstädten seit Jahren ab. Die geplante Garagenerweiterung im Herzen der Stadt Salzburg ist ein falsches Signal für die Zukunft und mindert die Lebensqualität in Stadtteilen wie Riedenburg und Maxglan durch enorme zusätzliche Verkehrsbelastung. Eine echte Stärkung des Umweltverbundes im Zentralraum Salzburg, inklusive guter Integration von P+R Parkplätzen im Stadtumland sowie ein intelligentes Parkraum-und Mobilitätsmanagement wären zeitgemäße und vorausschauende Lösungen im Sinne einer lebenswerten Stadt Salzburg.

Die Erweiterung der Tiefgarage im Mönchsberg steht auch im diametralen Widerspruch zum S-Link Projekt. Dieses gemeinsame Vorhaben von Stadt, Land und Bund hat die Eigenschaft eines Leuchtturmprojektes für eine paradigmatische Neuausrichtung der Verkehrspolitik im Salzburger Zentralraum und ein Wirkpotential weit darüber hinaus, welches durch die Bereitstellung zusätzlicher Parkinfrastruktur geschmälert wird. Ausgehend von dieser Richtungsfunktion für die Infrastrukturentwicklung im Zentralraum sollte die Funktion der Parkgaragengesellschaft von Stadt und Land Salzburg auf gewünschte Ergänzungsfunktionen etwa beim Aufbau von Park/Ride-Infrastruktur im näheren und weiteren Umfeld des Zentralraums gelenkt werden, nicht jedoch auf den Aufbau von Parkkapazitäten in der zentralen Destination und den damit einhergehenden Pulleffekten. Zu wünschen wäre eine Klärung der Zielhorizonte für die Mobilitätspolitik des Zentralraums, welche im Einklang mit den europäischen und nationalen Klimaschutzzielen eines Ausstiegs aus der Fossilenergiewirtschaft bis 2040/50 stehen. In dieser Perspektive sollten bestehende Kapazitäten zur Infrastrukturentwicklung von Stadt und Land gebündelt und ausgerichtet werden.

Auswirkungen der Baustelle auf Mensch und Umwelt

Durch die fast zweijährige Bauzeit und die am Schutz- und Erholungsgebiet Krauthügel eingerichtete Baustelle mit starkem Baustellenverkehr würde eine enorme Beeinträchtigung für die unmittelbaren Anwohner*innen und das angrenzende Seniorenwohnhaus sowie Erholungssuchende entstehen. Der Schwerverkehr würde weitere Stadtteile wie Nonntal und Leopoldskron sehr stark belasten und die Verkehrssicherheit für den Fuß- und Radverkehr insbesondere im Umfeld von Schulstandorten negativ beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund sollte zudem auch die Bevölkerung in die Entscheidung eingebunden werden, z.B. durch eine Bürgerbefragung, wie schon mehrfach gefordert.

Die umfangreichen Zwischendeponien, Zufahrtswege, Reinigungsanlagen und Tankstellen für den Schwerkraftverkehr und Baufahrzeuge würden das Ökosystem auf dem Krauthügel gefährden. Die ephemeren (vorübergehend wassergefüllten) Tümpel sind seit 2012 als Naturdenkmal ausgewiesen (Amtsblatt Magistrat Salzburg, 2012). Diese haben wissenschaftliche Berühmtheit erlangt: dort wurden erstmals zahlreiche Einzeller-Arten gefunden und von Herrn Professor Wilhelm Foissner von der Universität Salzburg wissenschaftlich beschrieben. Damit werden die Tümpel des Krauthügels zu einer sogenannten Typuslokalität für diese Einzeller-Arten. Gibt es zukünftig Schwierigkeiten bei ihrer Wiedererkennung, sind erneute Probenahmen an dieser Stelle unumgänglich, um Ursprungsmaterial zu beschaffen und es weiteren Untersuchungen zu unterziehen. Trotz wohlgemeinter Pläne zur Renaturierung nach Abschluss der Arbeiten, werden diese Eingriffe zu massiven Beeinträchtigungen des Ökosystems führen. Ein simpler Abtrag der Tümpel und eine nachträgliche Ausbringung des Materials wird niemals den jetzigen Zustand nachbilden können; zu groß werden die Veränderungen der wasserführenden Boden- und Gesteinsschichten und deren Umschichtungen sowie in der Vegetation sein. Von den drohenden Staub- und Stoffeinträgen in diese Jahrhunderte alte Kulturlandschaft nicht zu reden.

Alternativen

Die städteplanerischen Alternativen liegen auf der Hand: Ausgewiesene, kostenfreie Park & Ride Parkplätze in der Peripherie werden durch attraktive Shuttledienste Richtung Altstadt bedient. Mit 42 Mio. Euro (voraussichtliche Kosten der Garagenerweiterung) könnte man zum Beispiel 40 neue Elektrobusse kaufen, etliche Kilometer Straßenbahnschienen verlegen oder das Radwegenetz ausbauen. Auch sollte eine umfassende Prüfung der Auslastung von Tiefgaragenkapazitäten von privaten und öffentlichen Betreiber*innen im Nahbereich der Altstadt erstmalig in eine neuerliche Bedarfserhebung einbezogen werden.

Abschließende Beurteilung

Aus interdisziplinärer wissenschaftlicher Perspektive der Scientists4Future kann festgehalten werden, dass der Ausbau der Mönchsberggarage mit den Prinzipien einer ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit nicht vereinbar ist. Vielmehr sollten in einer integrierten Konzeption die Ressourcen aller von Stadt und Land Salzburg kontrollierten Infrastrukturunternehmen im Mobilitätsbereich neben den Entscheidungs- und Finanzierungsressourcen der Gebietskörperschaften in die Umsetzung gemeinsamer, nachhaltiger Leuchtturmprojekte (z.B. S-Link) fließen. Als Wissenschaftler*innen sehen wir es als unsere Pflicht an, auf diese Aspekte hinzuweisen, um nachhaltiges Handeln in Salzburg zu unterstützen.

Autor*innen der Stellungnahme (alphabetisch):
Assoz. Prof.In Sabine Agatha, Univ.-Prof. Jens Blechert, BSc. Julian Hörndl, Dr. Franz Kok, Dr.In Daniela Molzbichler (Fachhochschule Salzburg), Assoz. Prof.In Jana Petermann, Dr. Bernhard Zagel

Salzburg, 3.3.2022

Titelbild: Arne Müseler via Wikimedia CC BY-SA

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