COP-27 was ist zu erwarten?

Lesedauer 4 Minuten.   

von Renate Christ

Von Glasgow nach Sharm El-Sheikh

Nach zwei Jahren Pandemiepause haben sich Vertragsparteien und Delegierte erstmals im November 2021 wieder in Glasgow zur 26. Vertragsstaatenkonferenz der UNO Klimarahmen-konvention[1] (UNFCCC COP-26) getroffen. Dabei wurden beachtliche Erfolge erzielt. So wurde das Regelwerk für das Übereinkommen von Paris (Paris Agreement PA), wie Berichtspflichten und grundsätzliche Regeln für den globalen Emissionshandel, fertiggestellt. Erstmals wurden Kohleausstieg und fossile Subventionen im Schlussdokument direkt angesprochen and das 1,5°C Gard Ziel wurde klar bekräftigt. Dies allerdings mit dem Nachsatz des COP-Präsidenten, dass sein Puls bereits sehr schwach sei und dringendes Handeln geboten ist. Ein zentrales Element des Übereinkommens von Paris sind die national festgelegten Beiträge (Nationally Determined Contributions NDC), die alle wesentlichen Bereiche wie Emissionsminderung, Anpassung, Finanzierung, Technologietransfer etc. umfassen. Sie werden jeweils für einen Zeitraum von 5 Jahren vorgelegt. Eine Reihe von Staaten hat neue nationalen Beiträge vor allem im Bereich Emissionsminderung und netto Null Emissionsziele präsentiert und alle Staaten wurden zu einer Verschärfung ihrer NDC aufgefordert. Ein spezielles Arbeitsprogramm für weitere dringende Emissionsminderung, sowie Arbeitsprogramme für ein globales Anpassungsziel und für das im Jahr 2023 vorgesehene „global stock-take“ wurden verabschiedet, sowie weitere Arbeit zum Thema Verluste und Schäden vereinbart. Die Finanzierungszusage von 100 Mrd jährlich und eine Verdoppelung der Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen wurden zwar bekräftigt, im Bereich Verluste und Schäden blieben die Aussagen aber sehr vage.    

Mittlerweile hat sich viel geändert. Zwei weitere Berichte des Weltklimarats haben die Dringlichkeit des Handelns unmissverständlich aufgezeigt, während viele Weltregionen drastische Auswirkungen der Klimaveränderung bereits schmerzhaft erlebten. Damit rückt die Frage der Anpassungsmaßnahmen und die Problematik von klimabedingten Verlusten und Schäden noch stärker ins Zentrum. Dennoch stiegen die globalen Emissionen nach einer kurzen Corona-bedingten Abnahme wieder deutlich an und durch den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise hat sich der Fokus vieler Staaten von der Dekarbonisierung des Energiesystems auf die kurzfristigen Herausforderungen der Energiewirtschaft verlagert. Damit ist die Ausganglage diesmal besonders schwierig. Auch im Rahmen der Klimakonvention selbst kam es zu Veränderungen. Die Amtszeit von Executive Secretary Patricia Espinosa ist ausgelaufen und erst kürzlich wurde Simon Stiell, ehemaliger Umweltminister von Grenada zum Nachfolger bestellt. Weiters wird der Vorsitz turnusmäßig von Großbritannien an das afrikanische Gastgeberland Ägypten weitergegeben.  

Was steht auf der Agenda

Beim Studium der Dokumente ist zu beachten, dass es sich bei der COP formell um drei Vertragsstaatenkonferenzen handelt, nämlich der Klimarahmenkonvention (UNFCCC), des Kyoto Protokolls (KP) und des Übereinkommens von Paris (PA), und daher Themen wie Emissionsminderung, Anpassung oder Finanzen in unterschiedlichen Foren und unter mehreren Tagesordnungspunkten behandelt werden. Meist wird versucht, die Ergebnisse in einer Schlusserklärung zusammenzufassen. Die diesjährige COP steht ganz im Zeichen von Implementierung von Maßnahmen sowie Finanzierung. 

Wichtige Themen und Tagesordnungspunkte sind: 

  • Emissionsminderung: In Glasgow wurde ein Arbeitsprogramm zur dringenden Verschärfung von Emissionsminderungsmaßnahmen und deren Implementierung „urgently scaling up mitigation ambition and implementation“ verabschiedet. Dabei  geht es vor allem um verschärfte Emissionsreduktion im Rahmen der nationalen  Beiträge (NDC) für 2020-2025. Neue NDC für 2025-2030 sollen 2024 vorgelegt werden.  
  • Weltweite Bestandsaufnahme: Laufende Arbeiten zur im Jahr 2023 vorgesehenen weltweiten Bestandsaufnahme „global stocktake“, die auf Basis der derzeitigen NDC und deren Implementierung, sowie neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse analysieren soll wo wir im Hinblick auf die Einhaltung der Paris Ziele stehen sind ein wichtiger Tagesordnungspunkt. Die Ergebnisse des „global stocktake“ bilden auch eine Grundlage für die Verschärfung der nationalen Beiträge für die Periode 2025-2030.
  • Anpassungsmaßnahmen: Bei der COP26 wurde das Glasgow – Sharm El Sheik Arbeitsprogramm für ein globales Anpassungsziel „global goal on adaptation“ beschlossen, und daher werden Beschlüsse bei dieser COP erwartet.
  • Verluste und Schäden: Klimabedingte Verluste und Schäden „loss and damage“, insbesondere die Schaffung eines Finanzierunginstruments, haben sich bisher sehr kontroversiell gestaltet und sind ein zentrales Anliegen der Präsidentschaft.  
  • Finanzierung: Eine Reihe von weiteren Tagungspunkten betreffen Finanzierung, einschließlich Finanzierungszusagen ab 2025 und eine Erhöhung der Gelder für Anpassungsmaßnahmen 
  • Kooperative Maßnahmen unter Art. 6 PA: Die Erarbeitung von Regeln für die Zusammenarbeit von Staaten zur Erreichung ihrer NDCs, z.B. durch Emissionshandel gestalteten sich sehr schwierig. Die wesentlichen Beschlüsse wurden in Glasgow gefasst. Einige Detailfragen betreffend Kohlenstoffmarkt und nicht marktbasierter Zusammenarbeit zwischen Vertragsstaaten sind noch zu klären.
  • Zweiter periodischer Review des langfristigen Ziels der Konvention: Hier geht es um die Frage ob auf Basis neuer Erkenntnisse, wie dem 6. IPCC Sachstandsbericht das Ziel die Erwärmung auf weniger als 2°C bzw. 1,5°C zu begrenzen noch angemessen ist. Eine diesbezügliche Entscheidung wird von dieser COP erwartet.  

Am 7.-8. Nov sind Regierungschefs eingeladen ihre Statements abzugeben, bei denen hoffentlich verschärfte nationale Pläne (NDC) zu hören sein werden und dadurch ein Momentum für den weiteren Verlauf der Konferenz geben werden. Interessant wird sein, wieweit die oft etwas allgemein formulierten und in weiter Ferne liegenden Netto-Null Ziele durch kurz- und mittelfristige Ziele und Strategien untermauert werden. 

Was tut sich am Rande 

Die jährlichen Klimakonferenzen bilden auch eine wichtige Plattform für Akteure der Zivilgesellschaft. So wurden bereits eine Reihe von Vereinbarungen und Selbstverpflichtungen z.B. von Städten und Industriezweigen getroffen deren Wirksamkeit nicht zu unterschätzen ist. Um diesen Austausch zu fördern wurde u.a. das Marrakech Partnership Programm gegründet. Auch bei dieser COP werden gemeinsam mit der Präsidentschaft „Climate Action“ Thementage organisiert. Dazu kommen eine Vielzahl von Side Events, organisiert von NGOs, wissenschaftlichen Institutionen, Vertretern von indigenen Völkern usw.   

Wie wird der Erfolg zu bewerten sein

Auch wenn von dieser Konferenz keine großen Würfe zu erwarten sind ist zu hoffen, dass sie dazu führt, dass sich alle Akteure trotz der gegenwärtigen Krisen wieder auf Klimaschutzmaßnahmen konzentrieren und eine entsprechende Balance zwischen der dringenden Emissionsreduktion, und Unterstützung für Anpassungsmaßnahmen und Verluste und Schäden in den Beschlüssen erzielt wird. Denn ohne sofortige drastische Mitigation steigen die Klimarisiken an, und je weniger Mitigation und Adaptation umso mehr Loss and Damage wird es geben. 

Weiterführende Links

unfccc.int und cop27.eg

Auf diesen beiden Websites kann man offizielle Dokumente, Hinweise auf Veranstaltungen, Webcasts von Sitzungen und Events, sowie Pressemitteilungen finden.

https://enb.iisd.org/topics/climate-change

Das „Earth Negotiations Bulletin“ des International Institute for Sustainable Development (IISD) verfasst täglich Berichte über die Verhandlungen und ausgewählte Side Events und am Ende der Konferenz eine Zusammenfassung und Analyse. Auch Berichte über frühere Meetings sind dort zu finden.     

www.unep.org

Seit mehr als 10 Jahren veröffentlicht das UNO Umweltprogramm kurz vor der jährlichen Klimakonferenz den sogenannten „Emissions Gap Report“ und bringt damit ordentlich Dynamik in die Debatte.  Der Emissions Gap Report 2022 wird im Oktober erwartet. 

www.ipcc.ch

Hier findet man Berichte des Weltklimarats (IPCC). Der kürzlich erschienene 6. Sach-standsbericht ist ein wichtiger Input für eine Reihe von Tagesordnungspunkten. 

Titelbild: Florian Pircher auf Pixabay

Gesichtet: Markus Palzer-Khomenko


[1] United Nations Framework Convention on Climate Change 

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Ein konkreter Vorschlag zur Erfassung militärischer Emissionen
von Martin Auer

Lesedauer 4 Minuten.   

Militärs gehören zu den größten Verursachern von Treibhausgasen. Bis zu fünf Prozent, in Kriegsjahren sechs Prozent aller Emissionen weltweit gehen auf ihre Rechnung.  Doch Militärs können ihre Emissionen nicht reduzieren, wenn sie sie nicht messen. Da ihnen lange Zeit keine Reduktionsziele vorgegeben waren, hinkt ihre Fähigkeit, den Überblick über ihre Emissionen zu wahren, hinter anderen Sektoren hinterher. Das Forschungsinstitut Conflict and Environment Observatory (CEOBS) hat daher ein Rahmenkonzept[1] für die Meldung von militärischen Emissionen im Rahmen der UNFCCC[2] ausgearbeitet. Das CEOBS arbeitet mit Harvard Law School, King’s College London, den Universitäten von Edinburgh und Leeds und verschiedenen NGOs zusammen. Es wurde 2018 mit dem Ziel gegründet, das Bewusstsein für die Umweltfolgen von Konflikten und militärischen Aktivitäten und für die humanitären Folgen, die sich daraus ergeben, zu fördern.

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​Der US „Inflation Reduction Act“ bringt trotz Verwässerung hunderte Milliarden USD zur Bekämpfung des Klimawandels

Lesedauer < 1 Minute.   

Nach langem Tauziehen hat der „Inflation Reduction Act“ der Biden-Administration am 7. August 2022 den US-Senat passiert. Entgegengestellt hatte sich dem Plan vor allem der demokratische Senator Joe Manchin, ein Vertreter der Kohlenlobby, der eine Reihe von Verwässerungen durchsetzen konnte, da die Demokraten auf seine Stimme unbedingt angewiesen waren. Dieses Gesetz soll einerseits neue Steuereinnahmen in Höhe von 739 Mrd. USD bringen, andererseits Ausgaben in Höhe von 370 Mrd. USD für die Bekämpfung des Klimawandels und die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit bewilligen. Der Rest soll der Verringerung des Budgetdefizits dienen. Eine vorläufige Analyse durch das REPEAT-Projekt (Rapid Energy Policy Evaluation and Analysis Toolkit) der Princeton-Universität kommt zu dem Schluss, dass dieses Budgetgesetz zwei Drittel der von der Biden-Administration angestrebten Halbierung der Emissionen bis 2030 bewirken kann.
https://repeatproject.org/docs/REPEAT_IRA_Prelminary_Report_2022-08-04.pdf

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Klimakonferenz in Glasgow
Was ist die „COP 26“ und warum ist sie so wichtig?
von Martin Auer

Lesedauer 10 Minuten.   

Seit fast drei Jahrzehnten bringt die UNO die allermeisten Länder der Welt zu Gipfelgesprächen über den Klimawandel zusammen. In dieser Zeit ist der Klimawandel von einem Randthema zum wichtigsten globalen Problem geworden. Wir sprechen nicht mehr von Klimawandel sondern von der Klimakatastrophe. Dass das Verbrennen von fossilen Brennstoffen (Kohle, Öl, Gas) zu einer Klimaveränderung führen würde, wurde bereits ab 1965 Jahren durch Modellrechnungen vorhergesagt und die Vorhersagen von damals stimmen mit der seither beobachteten Entwicklung überein. Darum gibt es heute keinen Zweifel mehr daran, dass diese Modelle stimmig sind und der Klimawandel, den wir erleben, menschengemacht ist. Auch die Folgen – Anstieg des Meeresspiegels, mehr Hitzewellen, mehr extreme Regenfälle – wurden schon früh vorhergesagt.

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Klimaschutz und Artenschutz brauchen einander
Erster gemeinsamer Bericht von IPCC und IPBES

Lesedauer 3 Minuten.   

Quelle: IPBES: Launch of IPBES-IPCC Co-Sponsored Workshop Report on Biodiversity and Climate Change

Am 10. Juni 2021 veröffentlichten die zwei großen zwischenstaatlichen Gremien für Klimaschutz und Artenschutz einen gemeinsamen Bericht, nämlich das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) und IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services). Es handelt sich um die erste Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler*innen der beiden Gremien.

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Erster gemeinsamer Bericht von IPCC und IPBES“
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CO2 einfangen und verwerten – Was ist möglich?

Lesedauer 3 Minuten.   

Quelle: Lehner, Markus (2021): Carbon Capture and Utilization (CCU). CCCA Factsheet #32. Online zugänglich unter https://ccca.ac.at/fileadmin/00_DokumenteHauptmenue/02_Klimawissen/FactSheets/32_carbon_capture_and_utilization_20210426.pdf

Wie können wir verhindern, dass immer mehr CO2 in der Atmosphäre abgeladen wird? Einerseits, indem wir Energie nicht mehr aus fossilen Brennstoffen gewinnen, sondern aus erneuerbaren Quellen. Andererseits aber auch dadurch, dass wir verhindern, dass das CO2, das bei industriellen Prozessen entsteht, in die Atmosphäre gelangt. Gearbeitet wird an zwei Gruppen von Technologien. Bei der einen geht es darum, Kohlenstoff langfristig zu speichern: Carbon Capture and Sequestration (CCS). Bei der zweiten Gruppe geht es darum, CO2 zu nutzen, um daraus kohlenstoffhaltige Produkte zur Weiterverarbeitung zu gewinnen: Carbon Capture and Utilization (CCU). Zur zweiten Gruppe von technischen Möglichkeiten hat das Climate Change Center Austria (CCCA) kürzlich sein 32. Factsheet herausgebracht.1

Einfangen oder zurückholen?

In erster Linie geht es bei CCU darum, CO2 einzufangen, bevor es in die Atmosphäre gelangt. Dafür kommen vor allem die Abgase aus der Zement- und Stahlproduktion in Frage. Es werden aber auch Methoden entwickelt, um CO2 direkt aus der Luft zu gewinnen (Direct Air Capture). Grundsätzlich wird sehr viel Energie benötigt, um CO2 zu gewinnen, und zwar umso mehr Energie, je geringer die Konzentration von CO2 ist. Daher ist CCU nur sinnvoll, wenn bei einem Prozess nicht mehr CO2 freigesetzt als gewonnen wird. Die gesamte CO2-Bilanz eines solchen Prozesses muss beachtet werden. Im Wesentlichen heißt das, dass der Prozess sinnvoll nur mit „sauberer“ Energie betrieben werden kann.

Für die CO2-Gewinnung aus Punktquellen (also direkt ab Schlot, sozusagen), sind Technologien schon bis zur industriellen Reife entwickelt. Herstellen könnte man im Prinzip alle Produkte, die Kohlenstoff enthalten. Interessant wäre zum Beispiel die Produktion von Harnstoff für Stickstoffdünger oder Kunstharze, oder von Polyol, dessen Endprodukt Polyurethan aus dem Baumarkt als PU-Schaum bekannt ist. Auch Methanol könnte man so gewinnen, das Ausgangsbasis für viele verschiedene chemische Produkte ist. Synthetischer Diesel und synthetisches Kerosin könnten ebenfalls erzeugt werden.

Geforscht wird auch daran, mineralische Rohstoffe durch Reaktion mit CO2 in Karbonate umzuwandeln, die dann zum Beispiel als Baustoff-Zuschläge verwendet werden könnten. Hier werden auch Möglichkeiten zur langfristigen Speicherung von Kohlenstoff untersucht.

Wie groß wäre der Nutzen von CCU?

Wie viel CO2 könnte auf diese Weise nun eingespart oder gar zurückgeholt werden? Hier gehen die Schätzungen sehr weit auseinander: Sie reichen von mehreren 100 Millionen Tonnen CO2 im Jahr bis zu 10 bis 15 Gigatonnen im Jahr 2050. Da der von Menschen verursachte CO2-Ausstoß 35 Gigatonnen (nach anderen Schätzung 40 Gigatonnen) pro Jahr beträgt, könnte das je nachdem einen Tropfen auf den heißen Stein bedeuten oder einen bedeutenden Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels. Grund für diese unterschiedlichen Einschätzungen ist, dass viele dieser Verfahren sich noch in der Entwicklung befinden, und dass ihre Wirtschaftlichkeit noch nicht absehbar ist. Je nach Produkt dürften sie die Kosten 50 € bis 1000 € pro Tonne genutztem CO2 nicht überschreiten, damit der Prozess gewinnbringend eingesetzt werden kann.

Derzeit steht für die industrielle Anwendung der Prozesse auch nicht genügend Strom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung. Und diese Prozesse brauchen, wie schon anfangs erwähnt, sehr viel Energie. Außerdem ist für die Klimawirksamkeit entscheidend, wie lange der Kohlenstoff in den Produkten gebunden bleibt: Bei Treibstoffen wird das CO2 schon nach Tagen oder Wochen wieder freigesetzt, bei Baustoffen kann das erst nach Jahrzehnten sein.

Es ist also noch nicht wirklich abzuschätzen, welche Bedeutung CCU bei der Eindämmung des Klimawandels wirklich haben kann. Doch in einigen Bereichen ist es dringend nötig, die Technologie voranzutreiben: Bei der Zementproduktion fallen fast 8 Prozent aller CO2-Emissionen an. Dieses CO2 muss möglichst schnell eingefangen werden. Grünes Kerosin aus einem CCU-Prozess wäre ebenfalls eine Möglichkeit, die Emissionen im Luftverkehr relativ schnell zu reduzieren.

Das Factsheet ist online frei zugänglich.

Gesichtet: A: B.

Titelbild: Richard Hurd: Exxon oil refinery near Chicago (edited). CC BY-SA 2.0


1 In einem weiteren Sinn könnte man unter CCU zum Beispiel auch Aufforstung und die Nutzung des Holzes als Baustoff oder Rohstoff für Treibstoff oder chemische Produkte verstehen. Das Factsheet bezieht sich aber auf CCU im engeren Sinn.

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Mai 2021: Höchste jemals gemessene CO2-Konzentration in der Atmosphäre

Lesedauer < 1 Minute.   

Das NOOA Observatorium auf dem Mauna Loa in Hawaii meldete für Mai die höchste jemals gemessene CO2-Konzentration. Sie betrug im Monatsdurchschnitt 419,13 ppm. Zum Vergleich: Im Mai 2020 betrug sie 417 ppm. Der Anstieg entspricht dem der letzten Jahre. Der wirtschaftliche Rückgang durch die Covid-19-Pandemie hat in den Messungen praktisch keine Spur hinterlassen. „Wir brauchen Einschnitte, die viel schärfer und viel nachhaltiger sind als die durch Covid-19 bedingten Schließungen“, sagt Ralph Keeling, der Leiter des Beobachtungsprogramms auf dem Mauna Loa. Sein Vater Charles Keeling entdeckte als erster, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre trotz jahreszeitlicher Schwankungen von Jahr zu Jahr steigt. Nach ihm ist die Keeling-Kurve benannt, die diese Schwankungen und den Anstieg aufzeichnet.

Keeling-Kurve
Quelle: Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0


Im Mai wird regelmäßig die höchste CO2-Konzentration gemessen. Danach beginnen die Pflanzen auf der Nordhalbkugel, der Atmosphäre CO2 zu entziehen.

Gesichtet: A. B.

Titelbild: Gerd Altmann auf Pixabay

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Schutz des Ozeans: Vorteile für Artenvielfalt, Produktion von Nahrungsmitteln und Klima
von Anika Bausch

Lesedauer 3 Minuten.   

Quelle: Sala, E., Mayorga, J., Bradley, D. et al. (2021) Protecting the global ocean for biodiversity, food and climate. Nature 592397–402 (2021).

Der Meeresboden ist das größte CO2-Reservoir auf der Erde. Besonders auf lange Sicht ist dies für uns wichtig – Der Meeresboden kann CO2 über Jahrtausende binden. Der Boden kann den gebundenen Kohlenstoff jedoch wieder als CO2 ins Wasser abgeben, wenn er beschädigt wird. Auslöser dafür können Schleppnetze sein, die beim industriellen Fischfang über den Meeresgrund gezogen werden. Das CO2, das dabei freigesetzt wird, kann eine Versauerung des Meeres verursachen. Dies kann sich wiederum negativ auf die Artenvielfalt und die Produktion von Nahrungsmitteln durch den Ozean auswirken.

„Schutz des Ozeans: Vorteile für Artenvielfalt, Produktion von Nahrungsmitteln und Klima
von Anika Bausch
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Benzin aus Strom?
Potentiale und Risiken von synthetischen Kraftstoffen für den Klimaschutz
von Martin Auer

Lesedauer 2 Minuten.   

Studie: Ueckerdt, F., Bauer, C., Dirnaichner, A. et al. Potential and risks of hydrogen-based e-fuels in climate change mitigation. Nature Climate Change (2021). https://doi.org/10.1038/s41558-021-01032-7

E-Fuels oder synthetische Kraftstoffe sind Kohlenwasserstoff-Brennstoffe, die aus Wasserstoff und CO₂ synthetisiert werden. Dabei wird Wasserstoff durch Elektrolyse aus Wasser gewonnten. CO₂ kann direkt aus der Atmosphäre, aus Biomasse oder aus Industrieemissionen gewonnen werden. Diese flüssigen oder gasförmigen Brennstoffe können ihr jeweiliges fossiles Gegenstück perfekt ersetzen. Sie zeichnen sich aus durch hohe Energiedichte und können gut gelagert und transportiert werden. Sie könnten also als Speicher für aus Windkraft- oder Solaranlagen gewonnene Energie genutzt werden.

Dadurch eignen sie sich sehr gut für den Einsatz in Bereichen, die nur schwer direkt elektrifiziert werden können, zum Beispiel für den Einsatz in der chemischen Industrie, für Langstreckenflüge, industrielle Prozesse, die hohe Temperaturen erfordern, Schwerlasttransporte und Langzeit-Energiespeicherung.

Problematisch ist laut den Autoren der Studie die Hoffnung, synthetische Brennstoffe könnten fossile Brennstoffe so weit ersetzen, dass der Umbau von Infrastrukturen für die direkte Elektrifizierung überflüssig wird. CO₂ mit Hilfe von synthetischen Brennstoffen einzusparen, kostet derzeit 800 bis 1.200 Euro pro Tonne. Bei großindustrieller Produktion könnten die Kosten bis 2050 auf 20 bis 270 Euro pro Tonne eingespartes CO₂ gesenkt werden. Doch die Autoren halten es für unwahrscheinlich, dass synthetische Brennstoffe früh genug reichlich und billig zu haben sein werden. Es wäre gefährlich, die Transformation zu direkter Elektrifizierung zu vernachlässigen. Das könnte zu einem Lock-In-Effekt führen: Sollten E-Fuels nicht den Erwartungen entsprechen, wäre man weiter auf fossile Brennstoffe angewiesen. Eine vernünftige Klimapolitik, so die Autoren, sollte den Einsatz von synthetischen Brennstoffen fördern, aber sich absichern gegen das Risiko, dass nicht genügend davon zur Verfügung stehen könnten.

Die Autoren berechnen, dass die Energieeffizienz – also die Umwandlung von Elektrizität in nutzbare Energie – je nach Einsatzgebiet 10 bis 35 Prozent beträgt. Daraus folgt, dass 2 bis 14 Mal so viel elektrische Energie benötigt wird, als für die direkte Elektrifizierung.

Die Klimawirksamkeit von E-Fuels hängt von der Kohlenstoff-Intensität der zur Erzeugung benötigten Elektrizität und der CO₂-Quelle ab. Beim derzeitigen Elektrizitätsmix in Deutschland etwa (Daten von 2018), würden E-Fuels in Autos, LKWs oder Flugzeugen 3 bis 4 Mal so viel Treibhausgas emittieren als fossile Brennstoffe! Bis 2030 kann also von synthetischen Kraftstoffen kein Klimaschutz-Effekt erwartet werden, es sei denn, sie könnten aus Ländern mit reichlich Wind- und Sonnenkraft und den für die Erzeugung notwendigen Anlagen importiert werden.

Der vollständige Text der Studie ist zum Beispiel mit einem Zugang von der Universität Wien erreichbar: https://www.nature.com/articles/s41558-021-01032-7.

Anmerkung: Da auch in Österreich unter anderem von der Wirtschaftskammer Oberösterreich für E-Fuels als Ersatz für die Elektrifizierung von Heizung und Verkehr geworben wird, hat S4F unabhängig von dem nun erschienenen Artikel eine eigene Stellungnahme zu diesem Thema erarbeitet und kommt zu den gleichen Schlussfolgerungen:

  • Auf Grund der geringen Gesamteffizienz können bis 2030 synthetische Treibstoffe keinen nennenswerten Beitrag zur Reduktion unseres Ausstoßes liefern.
  • Die Herstellung ist derzeit nicht wirtschaftlich rentabel in Österreich umsetzbar.
  • Aufgrund der kleinen zu erwartenden Produktionsmenge sind syntehtische Kraftstoffe nur für Nischenanwendungen eine Lösung, dürfen aber nicht als Ausrede verwendet werden, eine Elektrifizierung im Heiz- und Verkehrssektor zu verzögern.

Titelfoto: Pixabay

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1 Prozent der Weltbevölkerung verursacht 50 Prozent der CO2-Emissionen durch Flugverkehr

Lesedauer 2 Minuten.   

Gössling, Stefan, & Humpe, Andreas. (2020). The global scale, distribution and growth of aviation: Implications for climate change. Global Environmental Change, 65, 102194. https://doi.org/10.1016/j.gloenvcha.2020.102194

Fliegen ist eine der Energie-intensivsten Konsum-Formen, stellen die Studienautoren fest. Laut IATA 1 fliegt der „Durchschnittsbürger“ einmal alle 22 Monate. Dieser Durchschnitt sagt nicht viel aus, wenn man bedenkt, dass mehr als 80 Prozent der Bevölkerung noch nie ein Flugzeug bestiegen haben und in einem Jahr nur 11 Prozent fliegen. Von diesen nehmen höchstens 4 Prozent der Weltbevölkerung internationale Flüge in Anspruch. Und 1 Prozent der Weltbevölkerung ist für 50 Prozent der CO2-Emissionen durch Flugverkehr verantwortlich.

Generell sind die Pro-Kopf-Emissionen auf der Welt höchst ungleich verteilt: 10 Prozent der Weltbevölkerung verursachen 45 Prozent der gesamten Emissionen, die untersten 50 Prozent tragen nur 13 Prozent bei. In der EU sind 1 Prozent der Bevölkerung für 27 Prozent der Emissionen verantwortlich, mit einem Pro-Kopf-Ausstoß von 55 Tonnen CO2e 2.

Im Kreis derer, die besonders viel CO2 verursachen, ist Flugverkehr die Konsumkategorie mit den höchsten Emissionen. Flugreisende sind überproportional wohlhabend. So ist zum Beispiel der Besitz von mehreren Wohnungen oder Häusern – womöglich in verschiedenen Ländern oder auf verschiedenen Kontinenten – ein Grund für häufiges Fliegen. Wer Business-Class fliegt, also einen größeren Teil des Flugzeugs für sich beansprucht, verursacht auch mehr Emissionen. Rund 70 Prozent aller Geschäftsreisen sind laut World Bank Business-Class (dreifache Emissionen) oder First Class (neunfache Emissionen). First Class Suite wird auf das Fünfzehnfache an Emissionen im Vergleich zu Economy geschätzt.

Doch die höchste Energie-Intensität haben Privatflugzeuge, da sie noch weniger Personen pro Energieeinheit transportieren. Schätzungen sagen, dass Privatflugzeuge bis zu 1.500 Tonnen CO2 pro Besitzer*in und Jahr verursachen.

Auch in Ländern mit hohem Durchschnitteinkommen fliegt nur eine Minderheit, z. B. 47 Prozent in den USA und 35 Prozent in Deutschland.

In einem Jahr besteigen 53 % der erwachsenen Bevölkerung der USA kein Flugzeug. 35 Prozent buchen 1 bis 5 Flüge pro Jahr. 12 Prozent buchen 6 oder mehr Flüge.
Quelle: Gössling, Stefan, & Humpe, Andreas. (2020). The global scale, distribution and growth of aviation: Implications for climate change. Global Environmental Change, 65, 102194. https://doi.org/10.1016/j.gloenvcha.2020.102194

Die Autoren der Studie kritisieren, dass der internationale Flugverkehr sowohl im Kyoto-Protokoll als auch im Pariser Abkommen aus der Berichtspflicht der Länder ausgenommen wurde. Ebenso halten sie fest, dass die beiden Abkommen sich nur auf langlebige Treibhausgase beziehen, aber den Strahlungsantrieb 3 durch Stickoxide und Wasserdampf (Kondensstreifen), der beim Flugbetrieb entsteht, außer acht lassen. Dieser Beitrag ist aber vergleichbar oder noch größer als der durch CO2 alleine, je nach Schätzung bis zu doppelt so hoch.

Die Autoren schließen, dass die gegenwärtige Klimapolitik in Bezug auf den Flugverkehr unzureichend ist. Sie fordern starke regulierende Eingriffe. Da eine geringe Zahl von sehr wohlhabenden Konsument*innen für den Großteil der Flugreisen verantwortlich ist, würden sich mäßige Preiserhöhungen kaum auswirken. Würde man dagegen die Flugaktivität des einen Prozent mit den meisten Flügen halbieren, so würde das die Emissionen aus dem kommerziellen Passagiertransport um über 25 Prozent senken.

Die Studie ist unter einer Creative Commons Lizenz allgemein zugänglich.

Foto: Hush Hush (CC BY 2.0)


1 International Air Transport Association

2 CO2-Äquivalent: Die Wirkung der Treibhausgase wird umgerechnet auf die Wirkung von CO2 und zusammengezählt.

3 Maß für die Änderung der Energiebilanz der Erde durch Änderung der Wirkung der Strahlung aus dem Weltraum, gemessen in Watt pro quadratmeter

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